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<DIV class=pubication>3. April 2010, Neue Zürcher Zeitung</DIV>
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<H1><FONT size=2>Flagge zeigen in Arabiens Wohnzimmern:</FONT></H1>
<H1><FONT size=2>Immer mehr ausländische Fernsehsender ringen um die öffentliche arabische Meinung</FONT></H1>
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<H5>Von Mona Sarkis</H5>
<H5>Nahida Nakad klingt geradezu euphorisch. Von gegenwärtig 10 werde man den Sendebetrieb auf 15 Stunden ausweiten, erzählt die Leiterin der arabischsprachigen Abteilung von France 24. Ziel seien letztlich aber 24 Stunden. Hierfür werde die französische Regierung das derzeitige Budget von 7 auf 10 Millionen Euro aufstocken. Mit seinem Expansionsvorhaben steht France 24 keineswegs alleine da. Gleiches ist bei den arabischsprachigen Stationen der BBC und der Deutschen Welle zu beobachten. Die Europäer schliessen sich damit einer Entwicklung an, die mit der amerikanischen Invasion des Iraks einsetzte. 2004 lancierte die Administration Bush einen amerikanischen Fernsehsender in arabischer Sprache: al-Hurra, «Die Freie». Kurz zuvor war der von Iran finanzierte arabischsprachige Sender al-Alam, «Die Welt», an den Start gegangen. Im Jahr 2007 kamen die Russen, 2009 folgten die Chinesen.</H5></DIV></DIV>
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<DIV class="clear hollyhacked">Miserable Einschaltquoten</DIV></DIV>
<P>Der unbefangene Steuerzahler könnte nun vermuten, dass eine enorme Nachfrage bei den rund 320 Millionen arabischen Fernsehzuschauern bestehe. Wie sonst wäre zu erklären, dass allein al-Hurra die US-Bürger bisher über 600 Millionen Dollar gekostet hat?</P>
<P>Doch die Statistiken zeichnen ein anderes Bild. So ergab eine Umfrage des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup von 2007, dass 30 Prozent aller Saudi al-Jazira einschalten, aber nur 2 Prozent al-Hurra. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen 2009 Zogby International und die Universität von Maryland: 55 Prozent aller von ihnen befragten Ägypter entschieden sich für al-Jazira. Al-Hurra rutschte unter die 0,5-Prozent-Marge ab.</P>
<H4>«Klare ideologische Aufträge»</H4>
<P>Für das arabischsprachige France 24 liegen Nahida Nakad keine Zahlen vor. Allerdings ist ihr die «französische Vision» des Senders auch wichtiger. Diese ruhe auf drei Eckpfeilern: «Erstens der französische Journalismus. Wir betrachten das Tagesgeschehen zunächst aus dem Blickwinkel der Gesellschaft und wenden uns dann erst an die Entscheidungsträger.» Zweitens herrsche in Frankreich die Auffassung, dass die Kultur eine ebenso grosse Bedeutung habe wie Wirtschaft oder Politik. Drittens verfolge die französische Vision kein politisches Projekt. «Obwohl wir ein öffentlichrechtlicher Sender sind, agieren wir unabhängig von der Regierung», betont Nakad.</P>
<P>As'ad Abu Khalil entlocken derartige Behauptungen ein reichlich ungläubiges Lächeln. Tatsächlich sieht der Medienexperte und Politologe an der Stanislaus University in Kalifornien bei allen Sendern einen klaren ideologischen Auftrag: «Die USA suchen eine Bestätigung für ihre kriegerischen Aktionen und ihre Politik. Auch die anderen tun dies. Zugleich wollen sie, ob sie nun mit den USA konform gehen oder nicht, das Terrain nicht völlig den Amerikanern überlassen.» Dergestalt sei ein regelrechter Wettbewerb um die Eroberung der öffentlichen arabischen Meinung entbrannt. Europäische Länder wie Frankreich und Deutschland akzentuierten zudem noch die Verbreitung ihrer Kultur – vor allem angesichts der von den USA geprägten Globalisierung.</P>
<P>Die hauptsächliche Schlacht aber spielt sich auf dem politischen Parkett ab. Wie, das zeigt das Beispiel Iran. Mitte Februar, zum Jahrestag der islamischen Revolution, unterbrach das Land die Ausstrahlung von Voice Of America, BBC und der Deutschen Welle. Umgekehrt hatten die mit dem Westen verbündeten Staaten Ägypten und Saudiarabien das iranische Al-Alam-TV bereits vor Monaten von ihren Satelliten genommen. Faysal Abdel Sater, Pressesprecher von al-Alam, sieht darin politische Entscheidungen von höchster Stelle. «Saudiarabien erlaubt uns zwar wieder die Ausstrahlung, aber das nur, weil das Konfliktpotenzial zwischen ihm und Iran grösser ist als jenes zwischen Ägypten und Iran.» Eine dauerhafte Unterbindung wäre einem Eklat gleichgekommen.</P>
<P>Abu Khalil prognostiziert indes eine Zuspitzung im Kampf um die Meinungsbildung, zumal nun auch der Privatsektor in die Arena steigt. So wird sich Rupert Murdoch an Rotana beteiligen, dem gigantischen Medienunternehmen des saudischen Milliardärs Walid bin Talal. 20 Prozent der Rotana-Aktien kaufte der amerikanische Medienmogul im vergangenen Dezember auf. «Infolgedessen werden einige arabische Stationen wie Varianten von Murdochs fundamentalistischem Nachrichtensender Fox News auftreten», glaubt Abu Khalil. Dies werde die arabische Öffentlichkeit «derart reizen, dass die Kluft zwischen ihr und der politischen Ausrichtung der saudischen Medien immer grösser wird».</P>
<H4>Komplexe Lage</H4>
<P>Sind die ausländischen Bemühungen – finanziell wie ideologisch – demnach reine Eigentore? Fast könnte man dies meinen, zumal kürzlich noch eine Initiative des US-Kongresses scheiterte. Dieser wollte Sender, die er als «terroristisch» einstuft, auch von arabischer Seite her mit Sanktionen belegt sehen. Auf der Liste stand jedoch kein «Al-Kaida»-Sender, der ohnedies nirgends Sendeerlaubnis erhält, sondern unter anderem al-Manar, der amerikakritische Sender des libanesischen Hizbullah. Die Intention war somit recht durchsichtig und die arabische Antwort entsprechend eindeutig: Des einen Terroristen, des anderen Widerstandskämpfer. Keiner dieser Sender würde mit Sanktionen belegt.</P>
<P>Abu Khalil sieht aber auch hier die Lage komplexer. Denn der Vorstoss des amerikanischen Kongresses habe auf eine Entpolitisierung der arabischen Zuschauer abgezielt. Die aber werde längst inoffiziell betrieben, und zwar – von arabischer Seite her: «Die einheimischen Sender bombardieren die Zuschauer regelrecht mit Seifenopern, Musik- und Sportsendungen, mit allem, ausser Politik – um sie genau davon zu entfremden.»</P></DIV></BODY></HTML>