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<body bgcolor="#ffffff" text="#000000">
<a title="Zur Homepage" href="http://www.freitag.de"> </a><br>
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<div class="artikel_content_meta">
<div class="artikel_content_meta_l"> Medien | 06.05.2009 12:44 | <span
 class="autor_redaktion"> Mario Lubetkin</span><!--<a href="#"></a>--> </div>
<div class="artikel_content_meta_r"> <a
 id="article-kommentieren-not-logged-in" class="request-login"><br>
</a> </div>
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<h2>Thementod aus Zeitungsnot</h2>
<h3>Der
Schwund bei den etablierten Printmedien in Nordamerika und Westeuropa
wirkt sich immer mehr auf die Themenwahl aus. Und das zu Lasten der
Bedürfnisse des Südens </h3>
<div>
<p>Die weltweiten Rezession setzt
Dominosteine auf praktisch allen wirtschaftlichen und sozialen Feldern
aneinander. Trotzdem konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Medien
vorrangig dort auf die Krise, wo Machtzentren erschüttert werden. Die
Peripherie interessiert weniger, obwohl dort die chronische Armut so
vertieft wird, dass die Folgen für die Menschen mehr als dramatisch
sind.</p>
<hr>
<p><strong><em>Mehr zum Thema:</em></strong></p>
<p><a target="_blank"
 href="http://www.freitag.de/kultur/0914-usa-zeitungen-pressefreiheit"><em>Viele
traditionsreiche US-Zeitungen verlagern ihre Berichterstattung ins
Netz. Doch die E-Medien brauchen den "alten Journalismus" – droht das
Ende der Pressefreiheit?</em></a></p>
<hr>
<p>Wir beobachten das nun seit
einem Jahr und zwar Tag für Tag. Auf der ersten Seite dominiert die
Berichterstattung über die Tausenden Millionen von Dollars und Euros,
die die Industrieländer in ausufernder Weise zur Rettung ihrer Banken
aufwenden, über Krisensitzungen, Tagungen und Debatten in den
Hauptstädten des Nordens, über die steigende Arbeitslosigkeit und
fallenden Wachstumsraten in den entwickelten Ländern. Das Finanzsystem
und die Rezession in den übrigen zwei Dritteln der Erde finden kaum
Erwähnung. Und wenn, dann bestenfalls in fragmentierten
sensationslüsternen Kurznachrichten.</p>
<p>Diese ungleiche Behandlung
von Informationen zugunsten des Nordens und zum Nachteil des Südens ist
eigentlich nichts Neues, wirkt aber besonders krass inmitten einer
Wirtschaftskrise, bei der es dringend geboten wäre, dass sich die
öffentliche Meinung auch in Kenntnis der Lage in Afrika oder Asien
bildet.</p>
<p><span class="c04_Zwischentitel">Globale Themen lassen sich schlecht
verkaufen</span></p>
<p>Gleichzeitig
gehen essentielle Veränderung in den Massenmedien selbst vor sich, so
dass besonders bei den Tagesmedien der Raum für internationale Themen
schrumpft, besonders für globale, „die sich schlecht verkaufen lassen“
wie Armut, Klimawandel, nachhaltiges Wachstum, Menschenrechte,
Demokratisierung oder Sicherheitsfragen (verstanden als friedliche
Lösung von Konflikten). Während die wirtschaftliche Depression, auch
wenn sie noch so ernst ist, früher oder später in irgendeiner Form
überwunden wird, und vermutlich wieder eine Phase des Wachstums
eintritt, so ist die Transformation der Massenmedien eher strukturell.
Die Tendenz der Berichterstattung, internationale Information über
globale Prozesse zu verringern, scheint eine eher längerfristige zu
sein.</p>
<p>Die sich fortsetzende Abwärtsbewegung der traditionellen
Printmedien ist dem Wettbewerb mit dem Fernsehen geschuldet und wird
nun beschleunigt durch die Konkurrenz im Internet, dazu kommt das
Erscheinen von gedruckten und elektronischen Medien, die gratis zu
beziehen sind und sich vollständig über den Umweg der Werbung
finanzieren.</p>
<p>In den USA ist während der vergangenen Jahre die
Zahl der Leser von Online-Informationen um 17 Prozent angestiegen,
allein seit 2008 hat die Zahl der Leser der größten 50 Websites um 27
Prozent zugenommen. Hier zeigt sich sehr deutlich, wohin die Leser der
Printmedien abwandern. Gleichzeitig ist ein wesentlich größerer Teil
der Werbung von den Printmedien abgezogen worden und in die
Online-Ausgaben gesteckt worden. Trotzdem erreicht heute noch die
Gesamtauflage von <a target="_blank"
 href="http://www.freitag.de/kultur/0914-usa-zeitungen-pressefreiheit?searchterm=Lotta+">Tageszeitungen
in den USA</a> 48 Millionen. Und einige Erzeugnisse machen immer noch
Gewinne.</p>
<p><span class="c04_Zwischentitel">Mit der Online-Version allein könnte
die "New York Times" noch 20 Prozent der Belegschaft halten</span></p>
<p>Um
zu überleben, reduzieren die Verlage die Belegschaft der Redaktionen,
schließen Auslandsbüros, verschulden sich neu, verkleinern Formate oder
sparen Seiten. Es gibt Schätzungen, wonach 2008 in den USA der
journalistische Bereich um zehn Prozent geschrumpft ist. In den Jahren
zwischen 2001 bis 2009 werden die journalistischen Arbeitsplätze um 25
Prozent geschrumpft sein.</p>
<p>Das erklärt auch die verbreitete Sorge, dass in nächster Zukunft die
gedruckte Ausgabe einer Zeitung wie der <a target="_blank"
 href="http://de.wikipedia.org/wiki/The_New_York_Times"><em>New York
Times</em></a>
eingestellt werden muss, weil sie etwa 400 Millionen Dollar Schulden
mit sich herumschleppt. Dann würde es das Traditionsblatt nur noch
online geben. Doch mit einer solchen Version allein könnte die NYT nur
noch 20 Prozent der Belegschaft halten.</p>
<p>Wir stecken also mitten
in einem widersprüchlichen Prozess, der selbst bei verbesserten
ökonomischen Bedingungen nur teilweise gedämpft werden kann. Es gibt
allen Grund zu befürchten, dass daraus auch negative Folgen für die
Berichterstattung über zentrale entwicklungspolitische Themen
erwachsen. Die Medien, die sich darum bemühen, verlieren an Einfluss
und bekommen Probleme, die Berichterstattung zu konzentrieren, die
anderen, die tonangebenden, werden weiter ihre Themen auf der
internationalen Agenda durchsetzen.</p>
<p>Die kleineren Medien könnten
eine Art Austauschnetzwerk zum Thema Entwicklungspolitik aufbauen, um
den Aufwand für Expertise und professionelle Information zu teilen
(ähnlich wie es die großen Medienkonzerne machen). Es würde freilich
einer massiven Anstrengung bedürfen, um die eingangs erwähnten
negativen Einflüsse zu überwinden. Dies kann nicht von den
Kommunikationsprofis im Alleingang in Angriff genommen werden. Es ist
ein Kampf, an dem sich die zivile Gesellschaft als Akteurin im
Eigeninteresse beteiligen müsste. Auch die akademischen Zirkel, die
sich mit der Ausbildung von entwicklungspolitischen Kadern
beschäftigen, müssen sich dieses Problems annehmen.</p>
</div>
<div id="freitag-article-info" class="artikel_content_info">
<div>
<div class="artikel_content_info_head"> <span
 class="artikel_content_info_head_c">Hintergrund</span> </div>
<div class="artikel_content_info_content">
<p><strong>Mario Lubetkin</strong> ist Generaldirektor der
Nachrichtenagentur IPS, die ihren Schwerpunkt auf "Eine-Welt"-Themen
legt</p>
</div>
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</div>
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<br>
<strong>der Freitag</strong> Artikel-URL: <a
 href="http://www.freitag.de/positionen/0918-krise-zeitungssterben-entwickungspolitik">
http://www.freitag.de/positionen/0918-krise-zeitungssterben-entwickungspolitik
</a> </div>
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