[FoME] Kasachische Medien unter Druck / Nasarbajew in Berlin (8.2.)

Christoph Dietz Christoph.Dietz at CAMECO.ORG
Di Feb 7 13:27:17 CET 2012


>>> ROG / Anja Viohl <presse at reporter-ohne-grenzen.de> 07.02.2012 12:56
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Kasachstan: 
Vor dem Staatsbesuch in Deutschland: Kritische Medien unter Druck

07.02. 2012 - Vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem
kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew am Mittwoch (8. Februar)
erinnert Reporter ohne Grenzen (ROG) an die widrigen Bedingungen, unter
denen Journalisten in dem zentralasiatischen Land arbeiten. Die
autoritäre Regierung in Almaty hat den Druck auf unabhängige Medien
nach gewalttätigen Zusammenstößen bei Ölarbeiterstreiks im Dezember
erheblich verstärkt. Nasarbajew und Merkel wollen in Berlin eine
deutsch-kasachische Rohstoffpartnerschaft unterzeichnen. 

Die jüngsten Angriffe der kasachischen Behörden richteten sich gegen
die wichtigsten unabhängigen Zeitungen des Landes, Golos Respubliki und
Wsgljad. Anfang Februar lud der kasachische Geheimdienst die
stellvertretende Chefredakteurin von Golos Respubliki, Oksana
Makuschina, mehrmals zum Verhör. Die Redaktionsräume der Zeitung wurden
durchsucht und Computer beschlagnahmt. Wenige Tage zuvor hatte
Makuschina eine Pressekonferenz geleitet, auf der sie sich für den
inhaftierten Journalisten Igor Winjawski einsetzte. 

Igor Winjawski, Herausgeber der Zeitung Wsgljad, wurde am 23. Januar
festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Er wird
beschuldigt, zum Sturz des kasachischen Präsidenten aufgerufen zu haben,
Menschenrechtsorganisationen halten die Vorwürfe jedoch für politisch
motiviert. Wsgljad kann nicht mehr erscheinen, weil bei der Festnahme
Winjawskis die gesamte Redaktionstechnik sowie dessen persönlicher
Computer konfiziert wurden. 

Den Druck auf unabhängige Medien hatte die kasachische Regierung
besonders nach den Unruhen in der Region Mangistau verstärkt. Dort
streiken Ölarbeiter seit dem Frühjahr 2011 für höhere Löhne, am 16.
Dezember starben bei schweren Zusammenstößen mit der Polizei in der
Stadt Schanaosen mindestens 16 Menschen. Präsident Nasarbajew verhängte
einen 20-tägigen Ausnahmezustand über die Region, Journalisten konnten
sich dort seither nur unter Aufsicht bewegen. Der Blogger Murat
Tungischbajew wurde zusammengeschlagen, als er versuchte, eine
Polizeikontrolle zu filmen.

Während der Unruhen waren Internet- und Mobilfunknetze nicht verfügbar.
Führende Nachrichtenseiten wie der Online-Auftritt der
Oppositionszeitung Respublika, der YouTube-Kanal des
Satellitenfernsehens K+ und die Seite der landesweit bekannten
kritischen Journalistin Guljan Jergalijewa, guljan.org, konnten tagelang
nicht aufgerufen werden. 

Um zu verhindern, dass Informationen über die Streiks an die
Öffentlichkeit gelangen, ging die Regierung bereits seit Monaten
gegen unabhängige Medien vor. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen das
unabhängige Video-Nachrichtenportal Stan TV sowie das
Satellitenfernsehen K+ und die Nachrichtenagentur Namystan, die oft
Material von Stan TV übernehmen. Im September sollte die Redaktion von
Namystan mit der Begründung geschlossen werden, dass deren Räume
Brandschutzbestimmungen nicht genügten. Wenig später stufte das
Gesundheitsamt die Satellitenanlage von Stan TV als Gefahr für die
Bevölkerung ein. Ende Oktober wurden zwei Stan TV-Reporter mit
Baseballschlägern verprügelt, als sie versuchten, protestierende
Ölarbeiter in der Region Magistau zu filmen.

INTERVIEWANGEBOT 
Asel Limschanowa, Chefredakteurin des Videoportals stan.kz, steht ab
Mittwoch (7. Februar), eine Woche lang in Deutschland für Interviews
bereit (in russischer Sprache). Reporter ihres Senders waren während der
gewalttätigen Zusammenstöße im Dezember als einzige vor Ort in
Schanaosen. Ende Januar wurden Stan-Mitarbeiter einzeln zu Verhören beim
Geheimdienst einbestellt. 

Pressekontakt: 
Ulrike Gruska
Tel.: 030 202 15 10 – 16
presse at reporter-ohne-grenzen.de




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