[FoME] (n-ost) Pressemitteilung: Ungarns neue Verfassung beschädigt Informationsfreiheit

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Mo Apr 18 17:57:53 CEST 2011


Pressemitteilung, 18. April 2011

Ungarn: Neue Verfassung beschädigt InformationsfreiheitBudapest/Berlin/Madrid, 18. April 2011 – Das ungarische Parlament hat heute eine neue Verfassung verabschiedet, die eine unabhängige Kontrolle des Rechts auf Informationsfreiheit abschafft.  Das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung n-ost, Access Info Europe und das South East Network for Professionalization (SEENPM) kritisieren, dass damit die Meinungs- und Informationsfreiheit substanziell eingeschränkt wird.

Die drei Organisationen bemängeln, dass die neue Verfassung den unabhängigen Informationsfreiheits- und Datenschutzbeauftragten durch eine neue Behörde ersetzt. Das höhlt das Recht auf Informationsfreiheit in Ungarn aus, das im Jahr 1992 das erste osteuropäische Land war, das ein solches Gesetz verabschiedet hatte.

Die neue Verfassung erklärt nicht, wie die neue Behörde arbeiten soll und schafft eine Abhängigkeit von parteipolitischen Mehrheiten.  Denn das entsprechende Ausführungsgesetz (Artikel VI, Paragraf 3) muss direkt vom Parlament verabschiedet werden. Bis heute ist kein Entwurf eines solchen Ausführungsgesetzes bekannt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass die neue Behörde dieselbe Unabhängigkeit und dieselben Rechte besitzen wird wie der bisherige Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Die neue Verfassung beschränkt somit auch den Geltungsbereich des derzeitigen Informationsfreiheits-Gesetzes in Ungarn. Andere Absätze in der neuen Verfassung schränken die Unabhängigkeit der Justiz ein und erlauben es ungarischen Bürgern künftig nicht mehr, sich mit einzelnen Beschwerden an das Verfassungsgericht zu wenden.

„Die ungarische Regierung darf diese Beschneidung des Rechts auf Informationsfreiheit auf gar keinen Fall umsetzen. Die neue Verfassung beschädigt die Medienfreiheit. Und das ist umso bedauerlicher, weil Ungarn in Europa einstmals ein Vorreiter bei der Informationsfreiheit war“, sagte Andreas Bock, Redakteur der Journalistenorganisation n-ost.

„Der ungarische Informationsfreiheits- und Datenschutzbeauftragte war bislang eine Schlüsselfigur für die Garantie des Rechts auf Informationsfreiheit und weltweit vorbildhaft“, ergänzt Helen Darbishire, Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation Access Info Europe. „Dieser Schritt beendet die Unabhängigkeit des gegenwärtigen Informationsfreiheitsbeauftragten sofort und ersetzt ihn durch eine machthörige Behörde.“

 Access Info Europe, n-ost Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung und das South East Network for Professionalization (SEENPM) of the Media haben ihre Sorgen auch am vergangenen Freitag in Budapest geäußert. Dort haben sie im Rahmen eines mehrtägigen Trainings die ungarische Version des Legal Leaks-Handbuchs vorgestellt, mit dem ungarische investigative Journalisten bei der Anwendung ihres Rechts auf Informationsfreiheit ermutigt wurden.



Medienkontakt:
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Leiter medienpolitische Projekte
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Helen Darbishire
Geschäftsführerin
Access Info Europe
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ES-28005 Madrid
www.access-info.org
Tel: +34 667 685 319
E-Mail: helen at access-info.org



Hinweis für Redaktionen:

Das Legal Leaks-Projekt ermutigt Journalisten im Europa das Informationsfreiheitsrecht als ein selbstverständliches Rechercheinstrument anzuwenden. Während des mehrtägigen Legal Leaks-Trainings in Budapest haben Trainer aus Polen, Rumänien, Ungarn, Großbritannien, Irland, Schweden und Spanien, die ungarischen Journalisten juristisch weitergebildet und mit ihnen Datenschutztechniken geübt.

Das Legal Leaks-Handbuch haben Access Info Europe und n-ost gemeinsam entwickelt, die Ungarische Gesellschaft für Bürgerrechte (TASZ) hat es nun für den ungarischen Rechtsrahmen angepasst. Es vermittelt praktisch die Regeln zum Stellen von Informationsfreiheitsanfragen in Ungarn und jenen 45 OSZE-Staaten, die ein eigenes Informationsfreiheitsgesetz haben. Die Entwicklung des Handbuchs wurde von der OSZE-Beauftragten für Medienfreiheit gefördert.

Das vollständige Legal Leaks-Handbuch auf Englisch, Ungarisch und Russisch sowie interessante Fallstudien zu informationsfreiheitsrechtbasierten Recherchen gibt es auf www.legalleaks.info



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