[FoME] Afrika: Ausbau der Internet-Infrastruktur

Christoph Dietz christoph.dietz at CAMECO.ORG
Mo Mär 22 08:27:58 CET 2010


Internet: Regeln für Afrikas Datenautobahnen

Von Claudia Isabel Rittel

in: E +Z (Entwicklung und Zusammenarbeit) Nr. 3/2010, S.92-93
http://www.inwent.org/ez/articles/168510/index.de.shtml 


Auf ihrem Gipfel Anfang Februar hat die Afrikanische Union (AU)
In-for-ma-tions- und Kommunikationstechno-lo-gien zur Priorität erklärt.
Die AU-Kom-mission soll nun eine digitale Agenda entwerfen.
Unterstützung be-kommt sie von der Internationalen Fern-melde-union.
Es geht vor allem darum, die Infrastruktur geschickt aus-zubauen und
po-li-ti-sche Rahmen-bedingungen für univer-sel-len Zugang zu schaffen.

In Afrika hat manch einer sein Mobiltelefon schon zum Bezahlen genutzt,
als in Europa davon noch nicht die Rede war. Inzwischen geht das zwar
auch in Europa, aber durchsetzen wird es sich wohl nicht. Überhaupt sind
Handys in Afrika nicht nur Telefone, sondern für viele auch Zugang zum
Internet. In Südafrika etwa gehen doppelt so viele Menschen mobil ins
Internet wie über PCs. In Europa und Nordamerika hingegen ist der
Computer immer noch das wichtigste Gerät, um sich ins weltweite
Datennetz einzuklinken.

„Internet und Mobiltelefonie sind in Afrika ganz eng miteinander
verbunden“, sagt Geraldine de Bastion. Sie ist Beraterin bei
newthinking, einer Berliner Agentur für Open-Source-Strategien. Und die
Zahlen steigen rasant: 2005 nutzten 138 Millionen Afrikaner
Mobiltelefone, 2008 waren es mehr als doppelt so viele, nämlich 370
Millionen. Inzwischen gibt es auf dem Kontinent 40 Mal so viele Handys
wie feste Telefonleitungen. Und trotz der Wirtschaftskrise ist die
Nachfrage weiterhin hoch.

Weil Internet und Kommunikation überhaupt für die Entwicklung der
Wirtschaft so wichtig sind, haben die Staats- und Regierungschefs der
Afrikanischen Union das Thema bei ihrem Gipfel Anfang Februar zur
Priorität gemacht und die AU-Kommission damit beauftragt, eine digitale
Agenda zu entwerfen. De Bastion hält das für eine „sehr positive
Entwicklung“. Nie zuvor habe sich die afrikanische Politik des Themas
mit dieser Dringlichkeit angenommen. 

Die Internationale Fernmeldeunion (ITU), die sich seit 1865 mit
technischen Aspekten der Telekommunikation beschäftigt und inzwischen
eine Sonderorganisation der UN ist, soll die Kommission dabei
unterstützen. Auf dem politischen Parkett ist das Thema Internet noch
relativ jung: Erst die Weltgipfel zur Informationsgesellschaft in den
Jahren 2003 und 2005 haben das Thema in Afrika auf die Agenda gebracht.
2006 und 2008 trafen sich dann afrikanische Minister, um sich über die
neuen Technologien zu beraten.

Der Ausbau der Daten-Infrastruktur geht derweil voran: Im vergangenen
Jahr wurde Ostafrika an zwei neue Unterseekabel angeschlossen (siehe
auch E+Z/D+C -7-8/2009). Ein drittes wird gerade verlegt. Glasfaserkabel
in den Ozeanen sind die Hauptschlagadern des internationalen
Datenverkehrs: Sie transportieren den Großteil der weltweit verschickten
Daten und verbinden die Kontinente miteinander. Ostafrika war bis vor
kurzem von diesen Verbindungen ausgeschlossen. 

Wenn die Leitung des Eastern Africa Submarine Cable Systems im August
kommerziell in Betrieb gehen wird, liegen rund um den afrikanischen
Kontinent hochleis-tungsfähige Glasfaserkabel. Einige Länder bereiten
sich bereits auf die neuen Möglichkeiten vor: Sambia, Ruanda, Kenia und
Ghana beispielsweise bauen ihre Kabelnetze aus. Bisher werden
größtenteils Satellitenverbindungen genutzt – doch das ist teuer
und langsam. Zur flächendeckenden Verbreitung aber ist es noch ein
weiter Weg. „Das wird Jahre dauern“, meint de Bastion.

Abgesehen von der Infrastruktur gibt es aber auch zahlreiche technische
und rechtliche Fragen. Wo werden Datenkabel über die Grenzen hinweg
verlegt? Für welchen Preis können Daten aus dem Inneren des Kontinents
durch die Netze anderer Länder geleitet und auf die Datenautobahnen
unter dem Meer geschickt werden? Muss der Markt reguliert werden oder
herrscht freier Wettbewerb?

Wie werden Frequenzen und Übertragungskapazitäten verteilt? Mit diesen
und weiteren Fragen beschäftigt sich ein Projekt der ITU, in dessen
Zentrum die Harmonisierung der Regelungen zu den
Kommuni-kationstechnologien im südlichen Afrika (HIPSSA) steht. Das Geld
kommt von der EU, auch Deutschland ist mit im Boot. Die Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) berät die Westafrikanische
Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) bei der Regulierung und die
Südafrikanische Ent-wick-lungsgemeinschaft (SADC) zu der Frage, wie
möglichst alle Zugang zum Internet bekommen können. 2008 hat die ITU
das Projekt gestartet. Eine erste Bestandsaufnahme zu bereits
existierenden nationalen und regionalen Politikansätzen legte sie den
Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union auf deren
Gipfeltreffen vor. 

Aus dem Bericht geht hervor, dass es schon einige Regelungen und auch
zuständige Behörden gibt. Die Umsetzung in nationales Recht aber sei
teilweise sehr schwierig, meint Jean-François Le Bihan, der das Projekt
für die ITU koordiniert. Schwerpunkte der nun anstehenden Regulierung
sind laut ITU zum einen die Vergabe von Lizenzen, das Management von
Frequenzen und Nummern und Internetsicherheit. Zum anderen geht es
darum, wie möglichst viele Menschen Zugang zum Internet bekommen und wie
sich die Staaten untereinander besser vernetzen können. Bisher werden
noch zahlreiche Telefonanrufe in Nachbarländer über Europa geleitet,
weil die direkten Verbindungen fehlen. Das aber ist teuer und dauert
länger. 

Ein weiteres Problem sind Monopole, die mancherorts die Verbindungen
verteuern. Doch das ändert sich bereits. „Man kann in vielen Ländern den
sprießenden Wettbewerb beobachten“, sagt de Bastion. Das ist aber
nicht immer leicht und dauert seine Zeit. In Nigeria beispielsweise
versucht die Regierung seit fast neun Jahren, das ehemalige staatliche
Telefonunternehmen Nitel zu verkaufen.

Anders als in der Europäischen Union gibt es in Afrika nicht nur die
politischen Ebenen der Einzelstaaten und der AU. Auch die regionalen
Staatenverbünde spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung der
Telekommunikation. Sie funktionieren nach sehr unterschiedlichen
Modellen. Während die einen Empfehlungen an ihre Mitgliedsstaaten
aussprechen, entwerfen andere verbindliche Regeln. Die ITU will mit
ihrem Projekt auf allen Ebenen ansetzen. Sie sieht sich dabei vor allem
als Plattform, auf der die Themen diskutiert werden können. „Es wäre
gut, wenn sich die afrikanischen Länder stark untereinander
austauschen“, meint auch de Bastion. „Vorreiterländer wie zum
Beispiel Südafrika könnten andere beraten.“ 






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