[FoME] Gutes und weniger gutes Kinderfernsehen weltweit

Christoph Dietz christoph.dietz at CAMECO.ORG
Fr Jul 2 09:15:37 CEST 2010


Nicht alle Kinder lachen über Tortenschlachten
Gutes Kinderfernsehen spiegelt den Alltag von Jungen und Mädchen
Von Bärbel Röben
In: "Welt-Sichten", Nr. 7-2010, S. 48
http://www.welt-sichten.org/artikel/art-07-010/nicht-alle-kinder-lachen-ueber-tortenschlachten.html
In vielen Ländern hat das Fernsehen großen Einfluss auf das Weltbild
von Kindern. Kinderprogramme sollten deshalb auf die Alltagserfahrungen
von Jungen und Mädchen zugeschnitten sein und ihnen Möglichkeiten der
Identifikation bieten. Das diesjährige Kinderfernsehen-Festival „Prix
Jeunesse“ hat gezeigt, dass das in vielen Weltregionen nicht der Fall
ist. 
Der „Prix Jeunesse“ ist die wichtigste internationale Auszeichnung für
Kinder- und Jugendfernsehen. Beim diesjährigen Festival von Ende Mai bis
Anfang Juni in München stand das Thema „Vielfalt“ im Mittelpunkt. Die
TV-Realität in vielen Ländern sei weit davon entfernt, den Alltag von
Kindern widerzuspiegeln, kritisierte Festivalleiterin Maya Götz.
Südafrika zum Beispiel habe eines der weißesten Kinderprogramme
weltweit – zum einen weil auch südafrikanische Produzenten sich an den
Standards der globalisierten TV-Welt orientierten, zum anderen wegen der
hohen Zahl vor allem in Nordamerika eingekaufter Programme. Nur 15
Prozent der Weltbevölkerung sind Weiße, aber im Kinderfernsehen weltweit
haben sie einen Anteil von 72 Prozent, sagt Götz. Ebenfalls
überrepräsentiert seien Jungen sowie Kinder aus der wohlhabenden
Mittelschicht. Lediglich China zeige mehr asiatische als
mitteleuropäische Figuren im Kinderprogramm, das zum größten Teil in
der Volksrepublik selbst hergestellt wird. 
Wie diese Bilder im Kinderfernsehen wirken, erläutert Götz am Beispiel
der Prinzessinnen in den Filmen von Walt Disney. Bis auf Mulan und
Aladdins Frau Yasmin seien alle Disney-Prinzessinen weiß, blond und
blauäugig. Außerdem stammten auch Mulan und Yasmin aus gut situierten
Familien. „Das führt dann vor allem bei Mädchen mit afro-ethnischer
Herkunft dazu, dass sie glauben, sie seien nicht gut genug, um eine
Prinzessin zu sein.“ Kinderfernsehen solle aber das Selbstbewusstsein
von Jungen und Mädchen stärken, ihnen Identifikationsmöglichkeiten
bieten und ihnen helfen, ihren Weg zu finden. 
Der Themenpreis des Festivals ging nach Kolumbien 
Das schafft die kolumbianische Produktion „La Lleva“, die den
Themenpreis des Festivals erhielt. „Ein wunderschönes Konzept, eine
frisch, mit Leichtigkeit erzählte Geschichte, flott geschnitten, mit
viel Musik“, schwärmt Festivalleiterin Götz von der Filmreihe, die
Kinder aus unterschiedlichen Kulturen des lateinamerikanischen Landes
zusammenführt. Ein Junge aus der Hauptstadt Bogotá, der seinen Glauben
an Gott lebt und als Messdiener arbeitet, bekommt Besuch von einem
coolen, dunkelhäutigen Freund aus der Karibik und nimmt ihn mit zum
Gottesdienst. Der Freund ist zunächst skeptisch, findet nachher aber:
„Das war ein tolles Erlebnis!“ Der Alltag der Jungen werde hier so
gezeigt, dass sich jedes Kind wiederfinden könne. 
Das ist gar nicht so einfach, denn die Inhalte der Sendungen werden
aufgrund von Alltagserfahrungen interpretiert. Ein Film aus Brasilien
zeigt zum Beispiel wie ein Junge aus einem Slum einen Topfdeckel
stiehlt, um in einer Sambaband mitspielen zu können. „90 Prozent der
Kinder aus marginalisierten Kulturen wussten gleich, das ist Diebstahl.
Die aus wohlhabenden Verhältnissen verstanden das nicht, weil ein
Topfdeckel für sie keinerlei Wert darstellt“, erläutert Götz. Und auch
beim Humor unterscheiden sich die Kinder der Welt: Wenn jemand mit einer
Torte wirft, „ist das für europäische Jungen und Mädchen der Brüller.
Die aus Soweto dagegen finden das gar nicht lustig.“ 
www.prixjeunesse.de
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