[Finews] Afghanistan-Erklärung des pax christi-Präsidenten Bischof Heinz Josef Algermissen

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Mo Jan 23 16:58:02 CET 2012


INFORMATIONEN DER FI NOTTULN

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

 

ausnahmsweise leiten wir mal eine Erklärung weiter – von Pax Christi, vom
Bischof Algermissen -  zur Entscheidung die Beteiligung am Afghanistan-Krieg
weiter fortzusetzen.

 

Mit freundlichem Gruß

Robert Hülsbusch 

 

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In Deutschland ist Krieg wieder zu einer Handlungsoption geworden

der Präsident der deutschen Sektion der internationalen katholischen
Friedensbewegung pax christi und Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen,
wendet sich heute mit einer Erklärung zur bevorstehenden Entscheidung des
Deutschen Bundestages über die Verlängerung des Afghanistan-Mandates an Sie
und an die Öffentlichkeit.

Den vollständigen Text der Erklärung finden sie im Folgenden. 

 

 

In Deutschland ist Krieg wieder zu einer Handlungsoption geworden

Erklärung von pax-christi-Präsident Bischof Heinz Josef Algermissen zur
Verlängerung des Afghanistanmandats

 

Nach zehn Jahren entscheidet der Deutsche Bundestag erneut über die
Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan. Es ist Zeit, Bilanz zu
ziehen und politische Konsequenzen zu benennen.

 

Zu Beginn der deutschen Beteiligung an der internationalen Intervention in
Afghanistan im Jahre 2001 wurde mit den kämpfenden Truppen eine
Friedensmission verbunden. Es war die Rede vom Entwicklungshelfer in
Uniform, von Frauenrechten und der Hilfe beim Aufbau einer eigenen Polizei.
Die Stimmen, die vor der Eskalation einer militärischen Intervention
warnten, fanden kein Gehör. Heute wissen wir, dass seither weniger ziviler
Aufbau und Staatsbildung als die Kriegsdynamik das Geschehen in Afghanistan
bestimmten.

 

Die Bundeswehr wird zur Armee im Einsatz umfunktioniert. Die
Verteidigungsrestriktion des Grundgesetzes verliert faktisch ihre Bedeutung.
Der Afghanistankrieg als vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung hat die
Änderung der Verteidigungs- hin zur Einsatzarmee gefördert. Die junge
Generation in Deutschland wächst in einer Gesellschaft auf, die zwar Krieg
führt, es aber zugleich leugnet. Was für die Trümmerfrauen und für viele
Kriegsrückkehrer des Zweiten Weltkrieges undenkbar schien, ist heute wieder
möglich.

 

Gleichzeitig fehlt der politische Diskurs über diese Entwicklung. Die
deutsche Gesellschaft akzeptiert seit Jahren eine beschönigende Darstellung,
die den Blick auf die Grausamkeit des Krieges vernebelt.

 

In Afghanistan blockieren die Kriegsfolgen den zivilen Aufbau

 

Die erneute Entscheidung über das Afghanistanmandat für die Bundeswehr wird
zwar politisch als Beginn des Abzugs bis 2014 deklariert. Von einer
Exit-Strategie kann aber bisher nicht die Rede sein. Auch in der jetzigen
Mandatsentscheidung wird der Vorrang des Militärs vor ziviler Hilfe
festgeschrieben:

-       Die Strategie von der Übergabe in Verantwortung bedeutet die
Übergabe der sogenannten Präsenz in der Fläche an afghanische Soldaten und
Sicherheitskräfte. So wird die Gefahr für die Interventionsarmeen reduziert
und an die Afghanen delegiert.

-       Die Afghanistankonferenz vom Dezember 2011 in Bonn hat finanzielle
und personelle Unterstützung für die afghanische Armee über 2014 hinaus
zugesichert.

-       Ein Vertrag zwischen den USA und Afghanistan vereinbart die
Stationierung amerikanischer Truppen an fünf zentralen Stützpunkten in
Afghanistan bis ins Jahr 2024.

-       Die internationalen Truppen setzen ungeachtet der völkerrechtlichen
und kriegsrechtlichen Brisanz auf neue Distanztechniken wie den
Drohnenkrieg.

 

Verantwortung wahrzunehmen – oder eben diese zu „übergeben“ – ist in
Deutschland zum Argument für die politische Rechtfertigung der Kriegführung
geworden. Das vielfach beschworene Szenario eines drohenden Bürgerkrieges
bei sofortigem Abzug der internationalen Truppen funktioniert seit Jahren,
um die Befürworter einer sofortigen Beendigung der Kämpfe durch
Waffenstillstand zu diskreditieren. Auf diese Weise wurde und wird in
belastender Weise in der Bevölkerung Zweifel am Wert der friedlichen Option
und der Ablehnung des Krieges gesät. Der Erfolg dieser Kriegsstrategie
gründet auch darin, dass die grausamen Kriegsfolgen für die Menschen in
Afghanistan in der Medienberichterstattung bilderlos bleiben. Nach 32
Kriegsjahren ist Afghanistan in allen Bereichen von Kriegsfolgen gezeichnet.
Die Zahl der Verletzten und Toten ist nicht gesichert. Wir müssen aber
befürchten, dass sie in die Hunderttausende geht.

 

Deutschland muss sich diesen Kriegsfolgen stellen. Auch in unserer Kirche
gibt es gute Gründe, sich mit dem Problem der fortgesetzten
Mandatsverlängerung auseinanderzusetzen. Der Krieg wird auch dort vielerorts
als „humanitärer Einsatz“ gesehen, das Kämpfen der Soldaten als
Friedensdienst bezeichnet. Ich habe hohen Respekt vor der
Gewissensentscheidung eines jeden Soldaten und dessen Einsatz für die
Menschenrechte. Nach zehn Jahren Krieg in Afghanistan – das ist fast doppelt
so lang, wie der Zweite Weltkrieg dauerte – gilt aber umso mehr das Wort der
deutschen Bischöfe „Gerechter Friede“ aus dem Jahre 2000, nach dem es auch
in Situationen extremer Menschenrechtsverletzungen keine „Gewöhnung an das
Mittel der Gewaltanwendung“ geben darf (GF 161).

 

Angesichts der fortgesetzten Gewalt in Afghanistan frage ich: Warum hören
wir nicht inständiger auf unsere eigenen Worte und entscheiden uns endlich
für eine umfassende und konsequente zivile Hilfe für Afghanistan?

 

Deshalb rät pax christi den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zur
Beendigung dieses Krieges. Das vorliegende Mandat ist aus der Perspektive
der katholischen Friedensbewegung pax christi nicht zustimmungsfähig, weil
es die Fortsetzung der Kämpfe statt ihre Beendigung bedeutet. Schaffen Sie
dagegen die Bedingungen für einen zivilen Wiederaufbau des Landes!

 

Berlin/Fulda, den 23. Januar 2012

 

+ Heinz Josef Algermissen

 

Präsident von pax christi Deutschland

Bischof von Fulda

 

***

Informationen

Sie finden die Datei im Anhang als PDF und auf unserer Homepage
<http://www.paxchristi.de/news/kurzmeldungen/one.news.km/index.html?entry=pa
ge.news.km.828> 

 

Ansprechpartnerin bei pax christi für die Presse:

Christine Hoffmann

Telefon: 030-200767812 und 0177- 5283530 www.paxchristi.de;
sekretariat at paxchristi.de

 

pax christi-Spendenkonto: pax christi, Kto-Nr.: 4000 569 017, BLZ 370 601
93, Pax Bank Köln

 

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