[Finews] Afghanistan/Naher und Mittlerer Osten: Podiumsveranstaltung am 24.10. in Coesfeld

FI Nottuln Info info at fi-nottuln.de
Di Okt 21 18:47:19 CEST 2008


INFORMATIONEN DER FI NOTTULN

 

 

Gerne geben wir eine Einladung zu einer Veranstaltung in Coesfeld weiter.

 

Mit freundlichen Grüßen

Robert Hülsbusch 

 

 

---------------------------------

 

Ihr seid herzlich eingeladen zur Podiumsdiskussion der Pax-Christi-Gruppe
Coesfeld mit den Bundestagsabgeordneten Nachtwei, Schiewerling und
Schwall-Düren zum Thema: "Wege aus der Eskalation im Nahen und Mittleren
Osten - welche Rolle kann die deutsche Politik dabei übernehmen?"

Die Veranstaltung findet am Freitag, dem 24. Oktober, statt und beginnt um
19:30 Uhr im Pfarrheim St. Lamberti in Coesfeld, Walkenbrückenstraße 14.

 

Anbei das Thesenpapier, das die Coesfelder Gruppe dazu verfasst hat und den
MdBs vorab zuschicken wird.

 

Mit herzlichen Friedensgrüßen

Veronika Hüning

 

 

 

Wege aus der Eskalation im Nahen und Mittleren Osten –

Welche Rolle kann die deutsche Politik dabei übernehmen?

 


Thesen von pax christi


 

 


Afghanistan


 

1.	Die Bilanz des Afghanistan-Einsatzes ist bis auf lokale Ausnahmen
verheerend. Anstatt die Konsequenzen daraus zu ziehen, wird auf ein „Mehr
desselben!“ gesetzt. Die Verlängerung des Bundeswehrmandats stellt eine
weitere Eskalationsstufe dar.


2.	Die Sicherheitslage hat sich immer mehr verschlechtert statt
verbessert. Die größte Bedrohung für die Zivilbevölkerung geht nicht von den
Taliban aus, sondern von der Drogenmafia und ihren Profiteuren: Warlords und
in die Geschäfte verwickelte Politiker.
Die Hauptaufgabe der Soldaten wird es sein, sich selbst zu beschützen.
Zivile Aufbauteams und humanitäre Organisationen werden durch die
militärische Präsenz eher gefährdet als geschützt.


3.	Die Vermischung der Mandate (ISAF / Operation „Enduring Freedom“)
mit dem Einsatz von Spezialeinheiten und Tornado-Flugzeugen der Bundeswehr
war der Sündenfall der deutschen Beteiligung.


4.	Mit der Parole: „Wir dürfen Afghanistan nicht im Stich lassen!“
werden Interessen hinter dem militärischen Einsatz verschleiert: die von den
USA gelenkte Neuordnung des Mittleren Ostens mit seinen ökonomischen
Ressourcen.
In diesem Interesse wird ein Regime von US-amerikanischen Gnaden gestützt;
daraus folgt  eine langfristig nötige Besatzung und permanente
„Aufstandsbekämpfung“.


5.	Die Behauptung: „Ein Rückzug würde Chaos auslösen“, stimmt so nicht.
Jetzt herrscht Chaos! Es kommt auf eine geordnete Exit-Strategie an. Diese
setzt einen sofortigen Strategiewechsel und Umlenkung der Geldmittel voraus:
massive Unterstützung des zivilen Wiederaufbaus, die Entwicklung von
wirtschaftlichen Perspektiven für die Bevölkerung jenseits vom Drogenanbau,
Stärkung von Polizei und Justiz.


6.	Die Förderung eines demokratischen Afghanistan kann nur gelingen,
wenn alle wichtigen Gruppierungen (u.a. die Islampartei) in Gespräche
einbezogen werden. Auch unter den Taliban gibt es Verhandlungspartner.

 

 


Irak


 

1.	Die Ablehnung einer militärischen Intervention war richtig.


2.	Jetzt ist ein verstärktes Engagement der Bundesrepublik im Rahmen
der EU notwendig, mit folgenden Zielen:
- den demokratischen Neuaufbau des Irak fördern, ggf. als föderalen
  Bundesstaat, der seine Minderheiten schützt (auch die bedrängten
Christen);
- einen Bürgerkrieg und eine schiitische Diktatur verhindern, indem die
  Partizipation von Sunniten, Schiiten und Säkularen gewährleistet wird;
- einem Staatszerfall vorbeugen, indem das Selbstbestimmungsrecht der
  Kurden geachtet wird; 
- den wirtschaftlichen Wiederaufbau so unterstützen, dass er spürbar den
  Bürgerinnen und Bürgern nützt.


3.	Diese Politik setzt eine größere Unabhängigkeit von den USA, ihrem
„Masterplan“ und ihren Megaprojekten im Irak voraus.


4.	Die Gefahr eines „Kampfes der Kulturen“ kann nur durch Respekt vor
der Andersartigkeit und durch Vertrauensbildung gebannt werden.

 

 


Iran


 

1.	Die deutsche und europäische Politik muss sich von dem
Bedrohungsszenario abgrenzen, das die USA aufgebaut haben.
Signale der Verhandlungsbereitschaft müssen diplomatisch aufgegriffen
werden.


2.	Verhandlungen können nur auf gleicher Augenhöhe erfolgreich geführt
werden.
Auf vertrauensbildende Maßnahmen müssen Gesprächsangebote mit niedriger
Schwelle folgen. Bisherige Verhandlungen sind an Maximalforderungen des
Westens gescheitert; Forderungen und Zugeständnisse müssen vielmehr
ausgewogen sein.


3.	Der Iran ist politisch kein monolithischer Block. Ahmadinedschad
könnte durch die Stärkung gemäßigter reformerischer Kräfte zunehmend
isoliert werden.


4.	Die Bevölkerung Irans braucht Zeichen aus den westlichen Ländern,
dass nicht ein ganzes Volk unter Islamismus-Verdacht gestellt und
diskriminiert wird.

 

 


Israel / Palästina


 

1.	Die EU muss stärker auf Israel einwirken und es zu einer
Friedenslösung unter Verzicht auf die Westbank drängen.
Die friedensfeindlichen Kräfte und radikalen Gruppen auf israelischer und
palästinensischer Seite dürfen nicht länger die Politik bestimmen, indem auf
jeden Akt der Gewalt mit Gegengewalt und Dialog-Abbruch reagiert wird.


2.	Es ist höchste Zeit für die Gründung eines lebensfähigen
palästinensischen Staates.
Dazu bedarf es der Stärkung der staatlichen Strukturen Palästinas.


3.	Ebenso bedarf es einer ökonomischen Perspektive für die Bevölkerung
in den jetzt besetzten Gebieten.


4.	Die Nachbarstaaten müssen für eine Friedenslösung gewonnen werden.
Ein Zugang dazu wäre eine Konferenz über die gerechte Verteilung der
Wasser-Ressourcen, bei der die EU die Schirmherrschaft übernehmen könnte.


5.	Die Bundesregierung muss stärker als bisher bereit sein, die
israelische Politik zu kritisieren: Verstöße gegen das Völkerrecht und gegen
die Menschenrechte, fortgesetzten Siedlungsbau, Annexion von Land für die
Sicherheitsmauer und für Straßen, Zerstörung von Häusern und Feldern,
Kollektivstrafen, Schikanen an den Kontrollpunkten u.a.m.
Bisher verhindert ein ganz bestimmtes Verständnis der besonderen Beziehungen
zu Israel und der Solidarität mit ihm eine solche klare Kritik aus
Deutschland.


6.	Die Lieferung von Rüstungsgütern an Israel ist kontraproduktiv.


7.	Auch die Politik des NATO-Partners Türkei im Nahostkonflikt muss
kritisch betrachtet werden.



 


Der Zusammenhang der Probleme


 

1.	Der Israel-Palästina-Konflikt ist der Schlüsselkonflikt im Nahen und
Mittleren Osten. „It’s time for Palestine!“ (Weltrat der Kirchen) Die Lösung
dieses Konflikts würde dem Regime des Iran die Grundlage entziehen, auf der
es die Rechtfertigung seiner Feindschaft und Bedrohung gegenüber Israel
aufbaut.


2.	Die militärischen Interventionen haben nicht mehr Sicherheit in
Deutschland und Europa geschaffen; im Gegenteil: Sie haben den Terrorismus
noch gestärkt. Die hohen Verluste in der Zivilbevölkerung erhöhen den Zulauf
zu antiwestlichen Gruppierungen und das Gefühl der Demütigung verstärkt die
Gewaltbereitschaft.


3.	Es bedarf eines realistischen Blicks auf die innerislamischen
Konflikte und auf das Gewaltpotenzial radikaler Gruppierungen. Doch
verlorenes Vertrauen in den islamischen Ländern kann der Westen nur
zurückgewinnen, wenn diese Länder nicht dämonisiert werden und dem Islam als
Religion Respekt entgegengebracht wird.


4.	Die wirtschaftlichen Fragen sind die zentralen Friedensfragen.
Frieden wird nicht durch militärische Siege gewonnen, sondern durch einen
fairen Interessenausgleich (Ressourcenfragen).


5.	Die Bundesregierung sollte sich innerhalb der EU stark machen für
eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren
Osten und für die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone dort.


6.	Der Weg führt nur über Verhandlungen – auch mit unliebsamen
Partnern.                   

 

-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: https://listi.jpberlin.de/pipermail/finews/attachments/20081021/2c019ab9/attachment-0001.htm