[fessenheim-tn] Indianerland in Utah - Friedhof für nukleare Abfälle (fwd)
Klaus Schramm
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Di Jul 4 17:15:14 CEST 2006
Friedhof für nukleare Abfälle
Betreiber von US-Atomkraftwerken wollen ihren Atommüll in einem
Reservat der Goshute-Indianer in Utah zwischenlagern
Josef Hebert
AP
03.07.2006 11:34
Skull Valley/USA - Leon Bear, ein stämmiger Mann in T-Shirt und
Jeans, schaut über das mit Salbeibüschen bewachsene weite Tal im US-
Staat Utah, die Heimat seiner Vorfahren. Der Führer der Goshute-
Indianer denkt an die Zukunft seines Volkes, die nach seiner
Überzeugung in der Lagerung von Atommüll liegen könnte. Im Skull-
Valley-Goshute-Reservat am Rand des großen Salzsees will Bear 4.000
Stahl- und Betonbehälter mit hochradioaktiven, verbrauchten
Brennstäben aus Atomkraftwerken lagern. Dafür soll sein Volk in den
nächsten 40 Jahren dutzende Millionen Dollar Miete erhalten.
«Mir wurde gesagt, es gäbe kein Problem. Die Art und Weise, wie das
Projekt gehandhabt wird, ist absolut sicher», sagt der 46-jährige
Goshute-Indianer, während er einen Besucher in seinem, von
Energieversorgern gesponserten, nagelneuen Geländewagen durch das
Reservat fährt.
Acht Stromunternehmen unterzeichneten 1997 einen Vertrag mit den
Indianern, der es ihnen erlaubt, 36.000 Tonnen Atommüll im Reservat
zu lagern. Andere Indianervölker haben einen solchen Vertrag
abgelehnt - wie ihn wohl die meisten Gemeinden unter dem Motto «Nicht
vor meiner Tür» ablehnen würden.
Dagegen sieht Bear dem Zwischenlager mit Zuversicht entgegen. Der
Deal bedeute neue Häuser, neue Jobs und eine bessere
Gesundheitsversorgung für die 118 Stammesmitglieder. Derzeit leben
zwar nur noch rund zwei Dutzend Menschen in dem 7.200 Hektar großen
Reservat. Doch würden viele Goshutes durch das Projekt wieder
zurückkehren, prophezeit er.
Die staatliche Nuklearbehörde erteilte im Februar eine Lizenz für das
Atommüll-Zwischenlager. Sie wies Vorwürfe zurück, der Standort sei
als Atommüll-Lager zu unsicher. Das Reservat grenzt an ein
militärisches Sperrgebiet. Die US-Armee testet dort Kampfjets und
Raketen, hunderte F-16-Bomber überfliegen dabei das geplante
Zwischenlager. Das Risiko eines Absturzes, bei dem Strahlung
freigesetzt werden könnte, liege bei eins zu einer Million und sei
damit akzeptabel.
Die Firma Private Fuel Storage aus Wisconsin will das Lager
betreiben. Das Konsortium wirbt nun bei Kernkraftwerken um
Atommülllieferungen. «Wir müssen dieses Zeug doch irgendwo lagern»,
sagt John Parkyn, Vorsitzende der Firmengruppe. Den Kraftwerken
«wurde versprochen, dass dieses Material abgeholt und an einem
zentralen Ort gelagert werden soll. Und jetzt haben wir einen Ort
gefunden.»
Sollte das Projekt von Bear und Parkyn scheitern, stünde die
Atomindustrie vor einem riesigen Problem: Wo sollen die 54.000 Tonnen
radioaktive Abfälle, die derzeit in Kernkraftwerken in 31 US-Staaten
deponiert sind, gelagert werden? Und was passiert mit den
zusätzlichen 2.000 Tonnen, die jährlich erzeugt werden?
Ursprünglich sollte 1998 das Atommüll-Endlager Yucca Mountain im US-
Staat Nevada fertig gestellt sein. Doch das Projekt der Regierung in
Washington verzögert sich seit Jahren. Manche sagen, Yucca Mountain
werde vielleicht nie gebaut.
Private Fuel Storage hat bislang 20 Millionen Dollar (16 Millionen
Euro) in das Projekt investiert. Keiner der Verantwortlichen gibt
preis, wie viel Geld die Goshutes von dem Konsortium erhalten haben
oder in den nächsten 40 Jahren bekommen werden. Es wird spekuliert,
dass die Gesamtsumme bis zu 100 Millionen Dollar (knapp 80 Millionen
Euro) betragen könnte.
«Das ist Umweltrassismus»
Es gibt nur wenige Befürworter des Projekts in Utah. Laut einer
Umfrage der Allianz für eine gesunde Umwelt in Utah sind 85 Prozent
der Bevölkerung von Utah gegen das Endlager. Die Gegner des
Zwischenlagers konnten inzwischen einen wichtigen Etappensieg
erzielen: Durch die Schaffung eines Naturschutzgebietes in der Nähe
des Goshute-Reservats kann das geplante Bahngleis zur Atommülldeponie
nicht gebaut werden. Man könne den radioaktiven Abfall aber auch per
LKW transportieren, kontert Parkyn.
Früher lebten mehr als 20.000 Goshutes in Utah und Nevada. Laut Bear
sind es heute nur noch rund 500 Stammesangehörige in den beiden
Staaten, darunter 118 in Skull Valley. Die meisten Haushalte im
Reservat leben unter der Armutsgrenze. Durch den Vertragsabschluss
mit Private Fuel Storage haben sich einige Stammesangehörige aber
eine bessere Zukunft erkauft. Inmitten der baufälligen Häuser wurden
Fertighäuser errichtet. In einem dieser Häuser lebt Bear, in weiteren
leben andere Befürworter des Projekts.
Margene Bullcreek ist Bears Nachbarin und Kontrahentin. Ihr wurde
solch ein Haus nicht angeboten. «Das ist Umweltrassismus», sagt die
59-jährige Großmutter. «Du hast mit großen Unternehmen zu tun, die
dir den Atommüll, den keiner will, vor die Tür stellen wollen.»
Bullcreek befürchtet, dass ihr Land zum Friedhof für nuklearen
Atommüll werde. «Dieses Gift zerstört unsere Harmonie und die Ruhe in
unserem Tal», sagt sie. Bear reagiert darauf spöttisch: «Wir müssen
heute leben», erklärt er. «Wir können nicht zurückkehren und wie
früher leben. So kannst du deine Kinder und deine Familie nicht
ernähren.»
(AP)
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