[fessenheim-tn] IPPNW zu angeblichem Streit um Atomausstieg

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Di Nov 1 14:17:29 CET 2005


Hallo Leute!

Hier ein interessanter Artikel zum angeblichen Streit in den schwarz-
roten Koalitionsverhandlungen um den "Atomausstieg", einige Zahlen die
IPPNW zur realen Begrenzung der AKW-Laufzeiten vorlegt und einige
klärende Worte von Hermann Scheer.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


31.10.2005 

          IPPNW: Uranvorräte bestimmen Zeitpunkt für "Atomausstieg" 

          Angeblicher Streit in schwarz-roten Verhandlungen ist reine Farce 

             Der Treibstoff der Atomkraftwerke, Uran, wird immer
             teurer, denn die weltweiten Vorräte gehen zur Neige. Die
             atomkritische ÄrztInnenvereinigung IPPNW erklärt
             aktuell vor dem Hintergrund der "schwarz-roten"
             Koalitionsverhandlungen, längere Laufzeiten für
             Atomkraftwerke als die im sogenannten Atomausstieg
             beschlossenen seien Unsinn. Denn den Betreibern geht
             bald das Uran aus. 

             IPPNW weist darauf hin, daß der Uranbedarf für die
             weltweit über 440 kommerziellen Atomkraftwerke bei
             rund 62.000 Tonnen pro Jahr liege. Allein in der EU
             werden nach öffentlich verfügbaren Angaben jährlich
             rund 20.000 Tonnen Uran zur Stromerzeugung in
             Atomkraftwerken benötigt. 

             Bekanntlich bestimmen Angebot und Nachfrage den
             Preis. Während jedoch die Nachfrage ohne einen
             weiteren Ausbau der Atomenergie konstant bleibt,
             verkleinert sich das Angebot. Laut Angaben der
             'Internationalen Atomenergieorganisation' (IAEO) ebenso
             wie der 'Nuclear Energy Agency' (NEA) in der
             Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
             Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 1999 lag die Menge
             des - je nach Höhe der unterstellten Förderkosten - des
             mehr oder weniger "wirtschaftlich" abbaubaren Urans
             bei insgesamt noch 1,25 bis vier Millionen Tonnen. 

             Dabei handele es sich nur zum Teil um gesicherte, zum
             Teil jedoch um nur vermutete Uranvorkommen, so
             IPPNW. Die Gesamtmenge des - immer aufwendiger und
             entsprechend teuerer zu gewinnenden - Urans reicht
             demnach aufs Jahr 2005 berechnet nur noch 14 bis
             maximal 59 Jahre. Auch IPPNW verweist darauf, daß
             knappe Güter im allgemeinen immer teurer werden.
             Demzufolge dürfte der Uranpreis in den kommenden
             Jahren drastisch ansteigen. IPPNW stellt dies in den
             Gesamtzusammenhang unvermeidlich steigender
             Energiepreise wegen der zunehmenden Verknappung
             der fossilen Energieträger. Bei Erdöl war das weltweite
             Fördermaximum bereits in den Jahren 2000 oder 2001
             erreicht und seitdem schrumpft das Angebot. 

             Vor diesem Hintergrund sei es verwunderlich, so IPPNW,
             wenn der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
             in seiner jüngsten Studie mit dem Titel "Ökonomische
             Auswirkungen alternativer Laufzeiten von
             Kernkraftwerken in Deutschland" annimmt, die
             Brennstoffkosten für Atomkraftwerke würden den
             kommenden 25 Jahren konstant bleiben. Es seien daher
             Zweifel am ökonomischen Sachverstand des
             'Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu
             Köln' erlaubt, das die Studie im Auftrag des BDI
             federführend erstellt hat. 

             "Angesichts des knappen Urans und der knappen
             fossilen Energieträger können wir es uns nicht leisten,
             noch mehr Zeit mit absurden Diskussionen um die
             Atomenergie zu verschwenden", erklärte Henrik Paulitz,
             Energieexperte der IPPNW, am Wochenende in Berlin.
             "Alle Kraft ist nun einzusetzen für eine drastische
             Reduktion des Energieverbrauchs und für die zügige
             Umstellung des Strom-, Wärme- und Verkehrssektors auf
             erneuerbare Energien. Ein solcher Umbau der
             Energiewirtschaft ist auch erforderlich, um Kriege um
             knappe Energierohstoffe wie Öl, Erdgas und Uran zu
             verhindern." 

             Im Hinblick auf die in den Mainstream-Medien zur Zeit
             lancierte Diskussion um einen "deutschen
             Atomausstieg" ist zudem daran zu erinnern, daß der
             Vertrag der "rot-grünen" Bundesregierung vom Jahr
             2000 nicht allein eine Bestandsgarantie für die 17
             gewinnträchtigen Atomkraftwerke darstellte, sondern
             darüber hinaus mit einer Reihe "geldwerter Vorteile"
             verknüpft war. So erklärte der SPD-Energieexperte und
             Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer dieser Tage:
             "Der Ausstiegskonsens war mit Gegenleitungen
             verknüpft. Wir haben auf eine wirkungsvolle Haftpflicht
             verzichtet. Wir haben als einziges Land in Europa keine
             Regulierungsbehörde geschaffen, bis uns die EU im
             Sommer dazu gezwungen hat. Die Konzerne dürfen ihre
             steuerfreien Rückstellungen für die atomare Entsorgung
             nach belieben verwenden. Sie hatten vom Atomkonsens
             einen jährlichen Vorteil von fünf bis sieben Milliarden
             Euro." 

             Zur Zeit kursiert ein Witz in der Anti-Atom-Bewegung:
             "Was ist der Unterschied zwischen dem rot-grünen
             Atomausstieg und einer schwarz-roten
             Laufzeitverlängerung? Antwort: Merkel ist Physikerin -
             sie kann die Laufzeit der AKWs auch dann noch
             verlängern, wenn das Uran zu Ende ist." 

               

             Adriana Ascoli