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<strong>Ein lesenswerter Beitrag in der Stuttgarter Zeitung und drüber
(in schlechter Qualität) unsere aktuellen Kleinanzeigen in der BZ<br>
Sommersonnenhitzegrüße <br>
(insbesondere an den kleinen, bärtigen, im Artikel erwähnten
Franzosen...)<br>
Axel<br>
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</strong> <img src="cid:part1.05090700.06070207@bund.net" border="0"><br>
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style="font-family: Verdana,arial,Helvetica,sans-serif; font-size: 14px;">
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</strong> <img src="cid:part2.01050503.00000300@bund.net" border="0"> </p>
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<p><a href="http://www.stuttgarter-zeitung.de/index.html"> </a></p>
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<div class="articleHeader"><b><big> <big><strong>Energiepolitik</strong>
Ein Dorf kämpft um sein Kernkraftwerk
</big></big></b></div>
<span class="address">Christine Keck,</span>
<span class="time">27.06.2012 18:28 Uhr</span>
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<p class="figcaption">Ein Dauerärgernis: das französische AKW
Fessenheim nutzt das Wasser aus dem Rheinkanal zur Kühlung der Anlagen.
Foto: dpa</p>
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<div class="divider"> <a class="moz-txt-link-freetext" href="http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.energiepolitik-ein-dorf-kaempft-um-sein-kernkraftwerk.b8de7e0b-044c-40b6-b125-35cf82fb66bf.html">http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.energiepolitik-ein-dorf-kaempft-um-sein-kernkraftwerk.b8de7e0b-044c-40b6-b125-35cf82fb66bf.html</a></div>
<div class="articleTxt mgRight">
<p>Fessenheim - Es wäre bequemer zu schweigen. Es wäre einfacher, auf
den Direktor zu verweisen, auf die Hochglanzbroschüren, auf die Pariser
Pressestelle des mächtigen Energiekonzerns. Aber Nicolas Bernet (Name
geändert) will sich nicht verbiegen, um seinen Job zu retten und den
von Hunderten anderen. „Die Anlage ist alt, eng, und es ist gut, wenn
sie zumacht“, sagt der Mann, der im Dreischichtbetrieb einen Reaktor
steuert. Jetzt greift er am Küchentisch zu Notizblock und Filzstift.
Zwei Kreise für die Meiler, ein Rechteck für den Maschinenraum, ein
Strich, wo sein Schaltpult steht – fertig ist Fessenheim: mit seinen 35
Jahren das älteste Kernkraftwerk Frankreichs und ein idyllisch
gelegenes Dauerärgernis direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg.</p>
<p>Früher waren die politischen Lager klar abgegrenzt. Eine Handvoll
grüner Neinsager kämpfte gegen den Rest der Grande Nation, dem
eifrigsten Produzenten von Atomstrom in Europa. Mit Fukushima bröselten
die Fronten, mit François Hollande kam die Aussicht auf Veränderung. Er
wolle die Produktion von Atomstrom bis 2025 drosseln, von 75 Prozent
auf 50 Prozent, hatte der Präsident in sein Wahlprogramm geschrieben,
und er hat angekündigt, Fessenheim zu schließen.</p>
<p>Für die Umweltaktivisten in Frankreich und gleich nebendran in Baden
wäre das nach all den Jahrzehnten des Widerstandes endlich ein Sieg,
für die Bewohner des 2700-Einwohner-Ortes Fessenheim ist es eine
Niederlage. Fast das ganze Dorf kämpft gegen die Pläne – nur Nicolas
Bernet, der Mann im Kontrollraum des Meilers, stellt sich hinter seinen
Präsidenten.</p>
<p><strong>Die unbequeme Wahrheit spricht nur einer aus</strong></p>
<p>Die Wahrheit müsse jeder aushalten können, sagt Bernet. Er ist
Pragmatiker, hält Atomstrom für klimafreundlich und rentabel. Doch
Fessenheim, einst als Prototyp gebaut, sei in die Jahre gekommen. Die
beiden Druckwasserreaktoren der CP0-Baulinie hätten häufiger Probleme
als andere Meiler und lägen weit hinter den nachfolgenden Generationen
zurück. „Es wird immer aufwendiger, an Ersatzteile wie Pumpen oder
spezielle Motoren zu kommen“, sagt Bernet. „Und es ist schwieriger als
bei neueren Typen, das vorgeschriebene technische Niveau zu halten.“
Zumal in den letzten zehn Jahren bei der Instandhaltung gespart worden
sei. Das räche sich nun. Eine Stilllegung hält er deshalb für
konsequent.</p>
<p>„Wer soll bei mir essen, wenn das AKW weg ist?“, fragt sich der
Pizzabäcker im Al Pescatore und trocknet die Hände an seiner Schürze.
„Ich müsste dann schließen“, kündigt der junge Apotheker an. Und auch
Super-U, einem gerade erst vergrößerten Einkaufsmarkt mit
Selbstscankassen, würde der Umsatz wegbrechen. Fessenheim hängt am
Tropf des Kernkraftwerks, es ist mit ihm gewachsen, ist von ihm
abhängig geworden. Die vielen Millionen Gewerbe- und Grundsteuer ließen
die elsässische Gemeinde und ihre Nachbarn aufleben. Allein Fessenheim
erhält von der Électricité de France (EdF) rund drei Millionen Euro
jährlich, etwa die Hälfte des kommunalen Haushalts.</p>
<hr toc="Seite 2: Wie das Dorf von den Atommillionen profitiert hat"
title=" Wie das Dorf von den Atommillionen profitiert hat"
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<p>Das Dorf hat sich herausgeputzt, die Atommillionen machten es
möglich. Der Asphalt auf der Hauptstraße ist frisch aufgetragen, die
Schule wurde saniert. Im Medienzentrum, ein schicker Flachbau, sind die
Regale bestens bestückt. Gegenüber dem Rathaus zeigt eine elektronische
Tafel wahlweise die Öffnungszeiten und die Außentemperatur an.
Bürgermeisterin Fabienne Stich ließ zwischen Kirchturm und Rathaus ein
Transparent aufspannen, das für den Erhalt des Doppelmeilers plädiert.
„Wer weiß, ob wir nicht bald Schulklassen schließen müssen, weil die
Leute wegziehen“, hat sie vor Kurzem gesagt. Rund ein Drittel der 750
Kraftwerksmitarbeiter wohnen in ihrer Gemeinde, Hunderte weitere sind
über Zulieferer in der Region beschäftigt, alle zehn Jahre kommen zur
großen Revision Tausende in den Ort.</p>
<p>„Das AKW ist der wichtigste Motor unserer Stadt“, sagte die
Bürgermeisterin in viele Mikrofone, doch neuerdings hat sie das Reden
eingestellt – zumindest mit der Presse. „Weder französische noch
deutsche Journalisten erhalten Interviews“, sagt die ansonsten
freundliche Empfangsdame im Rathaus. Und im AKW gibt man sich ähnlich
zugeknöpft. Man lasse niemanden hinein, wiegelt die Pressesprecherin
der Électricité de France in Paris ab, vielleicht sei das in ein paar
Monaten anders.</p>
<p><strong>Die Abwärme wird in den Rheinkanal geleitet</strong></p>
<p>Von der Fessenheimer Schleuse am Rheinkanal sind es zu Fuß nur
wenige Minuten bis zum Kernkraftwerk. Auf dem Wasser zieht ein
belgischer Containerfrachter vorbei. Schmetterlinge flattern zwischen
Löwenzahn und Gänseblümchen, und wären da nicht ein paar
Verbotsschilder, der Elektrozaun und die Patrouille – fiele das AKW
kaum auf. Ihm fehlt der Kühlturm samt weißer Himmelsfahne. Die Abwärme
landet im Fluss.</p>
<div class="InlinebildLinks Inlinebild"><img
src="cid:part4.06080507.01050001@bund.net" width="204">
<p>Umweltaktivist Jean-Paul Lacote sitzt in der lokalen
Kontrollkommission für Fessenheim. StZ</p>
</div>
Die beiden Meiler sind vom Kiesweg am Ufer aus bestens zu sehen.
Hierher hat der Umweltaktivist Jean-Paul Lacote, ein kleiner,
kugelrunder Mann mit schier unerschöpflicher Energie, schon so manchen
Protestzug geführt. Für ihn ist es der perfekte Ausgangspunkt, um sich
ein Szenario des Schreckens auszumalen. „Mit einer Rakete könnten Sie
locker die Schwachstellen der Anlage treffen“, sagt der quirlige
Franzose und zeigt auf zwei weiße Gebäude auf der andere Uferseite, gut
hundert Meter Luftlinie entfernt. Es sind die beiden Abklingbecken,
dort lagern die verbrauchten Brennelemente.<br>
<br>
<p>Es ist stürmisch am Kanal, der Gegenwind nimmt zu. „Die alte Kiste
gehört vom Netz, das hat Hollande zugesagt“, ruft Lacote gegen die Böen
an. Er kann es nicht fassen, dass der Stromkonzern EdF bei all den
Protesten nicht längst eingeknickt ist. „Fukushima hat die härtesten
Atombefürworter umgedreht“, sagt der 66-Jährige. Auch im Elsass
forderten immer mehr Gemeinden die Abschaltung. „Das ist ein
Schrottreaktor, ständig gibt es Pannen“, schimpft Lacote. Wenn er sich
ärgert, und das tut er beim Thema Kernkraft oft, werden seine Augen
unter den struppigen Brauen zu Schlitzen. Die Worte schießen wie Pfeile
aus seinem Bart, der wild und nahtlos übergeht in eine Sturmfrisur.
„Und wir sind mitten in einer Erdbebenzone. Bricht der Deich des
Kanals, bekommt das AKW nasse Füße“, warnt Lacote, der bis zu seiner
Rente beim Bund für Umwelt und Naturschutz in Freiburg angestellt war.</p>
<p><strong>Die Kontrollkommission kann Gutachten erstellen lassen</strong></p>
<p>Als einer der wenigen darf der Franzose den Betreibern von
Fessenheim auf die Finger schauen, auch in der Anlage. Er sitzt als
Repräsentant des Umweltverbandes Alsace Nature in der lokalen
Kontrollkommission für Fessenheim (CLIS) – zusammen mit Vertretern
deutscher und französischer Behörden, des Kraftwerks und
Mandatsträgern. „Wir haben keine Entscheidungsmacht, aber können
lästige Nachfragen stellen“, sagt Lacote und erzählt von Gutachten zur
Erdbebengefährdung oder Überschwemmungsgefahr. Risiken, die die EdF
lieber ausblenden würde.</p>
<p>Die Stilllegung Fessenheims ist nicht mehr als ein Versprechen. Zwar
das eines Präsidenten, aber entschieden ist nichts. Der Doppelmeiler
könnte noch lange Strom liefern, das hat die französische
Atomaufsichtsbehörde genehmigt. Und damit rechnet auch AKW-Direktor
Thierry Rosso, er geht von einer Gesamtlaufzeit von bis zu 60 Jahren
aus. Die reguläre Zehnjahresinspektion sei problemlos verlaufen. Den
europäischen Stresstest, der nach Fukushima Pflicht wurde, hat das AKW,
an dem der baden-württembergische Energiekonzern EnBW 17,5 Prozent
Anteile hält, auch bestanden. Alle 58 Reaktoren in Frankreich seien
sicher, urteilte die Behörde und verordnete lediglich Nachbesserungen.
In Fessenheim müssen die Bodenplatten unter den Reaktoren verstärkt
werden. Sie sind mit einem Meter fünfzig die dünnsten in ganz
Frankreich und könnten im Fall einer Kernschmelze bersten. Mängel gab
es auch bei der Notkühlung. Eine zusätzliche Grundwasserpumpstation ist
Teil der behördlichen Auflagen.</p>
<p>Für Jean-Paul Lacote sind das Fehlinvestitionen, verlorene
Millionen, wie er sagt. Für den AKW-Betriebsrat Martin Kupfer ist es
die Rettung für Fessenheim. „Wir müssen kämpfen“, fordert der
Gewerkschafter der Force Ouvrière, „wenn es sein muss mit Streik.“ Der
Fachingenieur für Elektrotechnik ist auf die Umweltaktivisten nicht gut
zu sprechen. Nur ungern würde er sich mit Lacote an einen Tisch setzen,
das gibt er offen zu. „Das ist ein Supergrüner“, sagt er und nimmt in
einem Besprechungszimmer gleich im Eingangsgebäude des AKW Platz.
Kupfer geht es um Arbeitsplätze und Rentenansprüche, nicht um Störfalle
oder gar Sicherheitsbedenken. Jeden Tag höre er die Sorgen seiner
Kollegen, müsse sie hinhalten, könne nur zuhören, vertrösten. Ob es
Neuigkeiten gebe? Ob sie ihr Haus jetzt schon verkaufen sollten – wegen
des Wertverlusts.</p>
<p>Umsonst ist der Gewerkschafter zu Hollande nach Paris gefahren, hat
versucht zu verhindern, was er als Katastrophe für die Region
beschreibt. Kupfer hat dem Präsidenten die Zahlen des Niedergangs
vorgerechnet. Wenn Fessenheim schließt, werde die Arbeitslosigkeit
zwischen Colmar und Mulhouse schlagartig um zwei Prozent steigen – auf
elf Prozent.</p>
<p>Das AKW war der letzte Anker. Die Chemieindustrie sei geschrumpft,
auch der größte Arbeitgeber weit und breit, Peugeot-Citroën in
Mulhouse, habe massiv Stellen abgebaut. Zwar werde der Stromkonzern EdF
seine Leute nicht entlassen, weiß Kupfer, aber Hunderte von
Beschäftigten in den anderen Kernkraftwerken des Landes unterzubringen,
das dauere sicher zwei bis drei Jahre.</p>
<p>Die Angst seiner Kollegen kann Reaktorfahrer Nicolas Bernet nicht
teilen. „Warum nicht umziehen?“, fragt er. „Warum nicht etwas Neues
wagen? Für den Familienvater ist das Ende von Fessenheim schon längst
beschlossen, das hätte jeder sehen könne. Die Abschaltung sei nur eine
Frage des Wann. Bernet nimmt eine Postkarte von der Wand, die hat er
gefunden und über seinen Schreibtisch gepinnt. Sie zeigt Fessenheim als
Schrottreaktor, ratternd, tropfend, voller Lecks und Schrammen, alles
notdürftig repariert. Im Rheinkanal schwimmen nur noch Fischskelette.
Dazu zwei Worte: Fessenheim. Stilllegen!</p>
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