[fessenheim-fr] Kurz-Analyse des aktuellen Ifo-Gutachtens zur AKW-Laufzeitverlängerung
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Do Sep 15 20:45:06 CEST 2022
Hallo Leute!
Hier eine Kurz-Analyse (leicht redigiert)
des aktuellen Ifo-Gutachtens zur AKW-Laufzeitverlängerung,
die über die Mailingliste [Anti-Atom-Inis] kam:
Link zum Ifo-Gutachten
https://www.ifo.de/DocDL/sd-2022-09-mier-erdgaspreise-strompreise-klima.pdf
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Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, daß all
die Schlagzeilen der Art
"AKW-Laufzeitverlängerung senkt laut Ifo-Institut Strompreis"
(zeit.de) eine drastische Verkürzung der Inhalte
des Gutachtens darstellen.
1. In dem Gutachten wurden mehrere Szenarien betrachtet.
Die Szenarien mit AKW-Laufzeitverlängerung gehen nicht
nur von dem sog. Streckbetrieb aus, sondern von einem
Weiterbetrieb der letzten drei Blöcke bis 2030 (!).
2. Der in der Presse vielzitierte Effekt auf die
(Börsen-) Strompreise liegt in 2023 bei ca. 4% Reduktion.
Das ist laut Gutachten weniger als ein Cent/kWh.
Für einen Durchschnittshaushalt (3.500 kWh/Jahr) reden wir
also von einer Entlastung von *unter drei Euro Euro pro Monat*.
Schon ab 2024 sinkt die Entlastung beim Strompreis auf
ca. 1,2% bzw. unter 0,2 Cent/kWh. Das ist weniger als ein
Euro pro Monat und Haushalt. Danach geht die Entlastung
noch weiter zurück.
3. Der Erdgasanteil an der Stromerzeugung in D sinkt laut
Ifo-Szenario nur von 8,3 auf 7,6% in 2023 und von
7,6% auf 7,2% in 2024. Dadurch wird schon in 2023, dem Jahr
mit der höchsten Einsparung, nur etwa
*ein halbes Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs*
eingespart. Bis 2030 sinkt die Einsparung etwa auf 0.
4. Der Erdgasverbrauch sinkt laut Ifo-Szenarioauch nur
so leicht, weil weniger in Wind und PV investiert und
daher weniger Strom aus Erneuerbaren produziert wird!
Im Artikel heißt es wörtlich: "*Die Laufzeitverlängerungen
behindern schlußendlich den Ausbau von Windturbinen und
Photovoltaik-Anlagen*." D.h. die Energiewende wird - anders
als in der aktuellen Situation dringend erforderlich - gebremst
und nicht beschleunigt.
Wenn man jetzt noch bedenkt, dass das Ifo-Institut
traditionell ein Atomkraft-freundliches Institut ist,
dessen Chef Clemens Fuest die Abkehr von der Atomkraft
"völlig verrückt" findet, muß man das Gutachten als
*ausgewogen* bezeichnen.
Es bleibt festzuhalten:
- Der Einspareffekt für Erdgas durch eine
AKW-Laufzeitverlängerung ist winzig.
- Es ist von unverdächtiger Seite belegt, daß
eine AKW-Laufzeitverlängerung den Ausbau der
Erneuerbaren behindert. (Das ist ja auch deren
hauptsächlicher Zweck.)
Die Energiewende würde blockiert.
- Dämpfende Effekte auf den Strompreis sind zwar
vorhanden, aber gering. Mir ist bewusst, daß
in der aktuellen Situation jeder Euro mehr für
Energie für viele untragbar ist.
Dennoch: Die AKW-Laufzeitverlängerung in dieser
Situation, in der die monatlichen Gasrechnungen
zum Teil um mehrere Hundert Euro pro Monat steigen,
als ernsthaftes Gegenmittel darzustellen, ist
absolut zynisch.
Dieses Gutachten kann eher als Argumentationshilfe
für die Anti-Atom-Bewegung dienen und torpediert
im Grunde die Propaganda pro AKW-Laufzeitverlängerung!
Es taugt noch nicht mal, um den Streckbetrieb zu
begründen. Wenn es schon AKW-Befürwortern nicht
gelingt, Argumente pro AKW-Laufzeitverlängerung
vorzubringen, dann gibt es keine!
+++
Ciao
Klaus Schramm
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