[fessenheim-fr] ...die Energie-Wende ist schuld!
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Mi Sep 14 13:07:00 CEST 2022
Hallo Leute!
Hier ein interessanter Artikel, der
(indirekt) aufzeigt, daß das
"atomar-fossile Energiesystem"
(Hermann Scheer) Morgenluft wittert.
Bei der AKW-Laufzeitverlängerung
geht es in erster Linie darum, die
Energie-Wende zu stoppen!
Ciao
Klaus Schramm
Französischer Abgeordneter: „Wir leiden seit Jahren unter der deutschen
Energiewende“
Von: Paul Messad | EURACTIV France | übersetzt von Thomas Lehnen
13-09-2022
Raphaël Schellenberger (Les Républicains, LR) ist seit 2017 Mitglied der
französischen Nationalversammlung. Er vertritt den Wahlkreis 4 des
Haut-Rhin [Bureau Raphaël Schellenberger]
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EURACTIV Frankreich sprach mit dem konservativen Abgeordneten Raphaël
Schellenberger über seine Vision einer „europäischen
Energiesolidarität“, die er an die Entscheidungsfreiheit der Staaten
über ihren eigenen Energiemix knüpft. Hier wirft er Deutschland vor,
stattdessen eine einheitliche EU-Politik durchgesetzt zu haben.
Raphaël Schellenberger (Les Républicains, LR) ist seit 2017 Mitglied der
französischen Nationalversammlung. Er vertritt den Wahlkreis 4 des
Haut-Rhin und war Vorsitzender der parlamentarischen
Informationsmission, die die Schließung des Kernkraftwerks Fessenheim an
der Grenze zu Deutschland verfolgte.
Grundsätzlich meint Raphaël Schellenberger, dass seine Partei nicht
gegen die Entwicklung der erneuerbaren Energien ist, insbesondere der
Gezeiten- und Wellenenergie.
Andererseits „sind wir uns der Grenzen jedes dieser Produktionsmittel
bewusst“, fügte er hinzu und sagte, dass „wir beim gegenwärtigen Stand
der Dinge nicht auf die Kernenergie verzichten können, die die
kohlenstoffärmste Art der Energieerzeugung ist“.
Deswegen kritisierte er besonders die Schließung des Kraftwerks
Fessenheim an der deutsch-französischen Grenze im Juni 2020.
Für ihn hat diese Entscheidung, die während der Amtszeit des ehemaligen
französischen Präsidenten François Hollande getroffen wurde, „das
Angebot und die Nachfrage nach Strom aus dem Gleichgewicht gebracht und
zu einer Schwächung der Produktionsmittel in der großen Rheinebene,
einem der industriellen Herzen Europas, geführt“.
Vorschlag zur Wiederbelebung des Atomsektors
Als Reaktion darauf hat Schellenberger einen Gesetzesentwurf vorgelegt,
der das Ziel eines Gesetzes aus dem Jahr 2019 ändern soll, den Anteil
der Kernenergie auf maximal 50 Prozent des französischen Strommixes zu
reduzieren.
Heute liegt der Anteil der Kernenergie am französischen Strommix bei
voller Leistung zwischen 60 und 70 Prozent, was Frankreich zu einem der
kohlenstoffärmsten Länder in der Stromerzeugung macht.
Dieser Gesetzentwurf soll „die Inkonsistenzen in Emmanuel Macrons
Rhetorik aufzeigen“, so der Abgeordnete. Der französische Präsident will
nun die Atomindustrie wiederbeleben, während er das Gesetz von 2019
politisch unterstützt hat.
„Tun wir es also“, sagte der Abgeordnete. „Geben wir das Signal, das es
dem [Atom-]Sektor ermöglicht, Pläne zu machen, indem wir das Ziel der
Reduzierung des Anteils der Kernenergie im französischen Mix verdrängen.“
Er räumte jedoch ein, dass „die Sanierung des Atomsektors eine
mittelfristige Lösung sei“ und dass die erneuerbaren Energien die Lücke
bis 2030 schließen können.
Dennoch unterstrich er die Bedeutung der Kernenergie für die Bewältigung
der aktuellen Energieversorgungskrise in Europa. Die französische
Nuklearflotte leidet derzeit unter mehreren Einschränkungen, darunter
die verschobene Wartung der Reaktoren aufgrund der Abschaltungen 2020
und 2021 sowie Korrosionsprobleme.
Diese Situation erfordere die Sicherung der nuklearen Produktionsmargen,
„anstatt die Umwandlung des Energiesystems zu gestalten, indem
Sicherheitsmargen genutzt werden, um unter anderem variable erneuerbare
Energiequellen zu entwickeln“, prangerte er an.
In der Zwischenzeit kündigte die französische Regierung an, dass sie
bereit sei, alle ihre Reaktoren in diesem Winter wieder anzufahren. Laut
Schellenberger ist dieses Ziel jedoch „ein wenig zu ehrgeizig“, vor
allem, wenn die Pläne nicht von einer Politik der Nachfragereduzierung
begleitet werden.
„Was hat Vorrang?“, fragte er, „sicherzustellen, dass wir um 19 Uhr
PlayStation spielen können, oder die Produktionskapazität
aufrechtzuerhalten, um einen wirtschaftlichen, technischen und sozialen
Zusammenbruch zu vermeiden?“ Mit einem Anflug von Ironie verglich der
Abgeordnete die französische Strategie mit der deutschen Strategie.
Deutschland sollte sich nicht in die Entscheidungen Frankreichs einmischen
Seiner Meinung nach sollte Frankreich der Energiesicherheit seiner
Industrie Vorrang vor den Haushalten gewähren. Derweil fürchte er, dass
die französische Industrie unter der Solidarität mit Deutschland leiden
könnte.
Die derzeitige Situation sei unfassbar, so der Abgeordnete: „Wir leiden
seit Jahren unter der deutschen Energiewende“. Und das, obwohl
Frankreich eher ein Nettoexporteur als ein Importeur von Strom ist.
Außerdem habe Deutschland kein Recht, sich in Frankreichs
Energieentscheidungen einzumischen. Und wenn „die Solidarität keine
Grenzen haben soll“, ist es notwendig, „eine gemeinsame europäische
Politik zu haben“, die akzeptiert, dass „die Staaten unterschiedliche
Industrie- und Energiestrategien haben, bevor sie diese natürlich
zusammenlegen“.
Er sei jedoch bereit, an „gemeinsamen Vorschriften für die Sicherheit,
die Behandlung und die Sicherung von Atommüll“ zu arbeiten. Gleichzeitig
betont er: „Auch wenn das Kernkraftwerk Fessenheim an der Grenze [zu
Deutschland] liegt, sage ich unseren deutschen Nachbarn, dass es nicht
ihre Aufgabe ist, über unsere Energiepolitik zu entscheiden“.
Gleichzeitig fordert er strukturelle Veränderungen im europäischen
Energiesystem, um die Strompreise von den Gaspreisen abzukoppeln, die in
den letzten Monaten aufgrund des Ukraine-Krieges in die Höhe geschnellt
sind.
Einen „einseitigen Ausstieg aus dem Markt“, wie ihn der Vorsitzende
seiner Fraktion in der Nationalversammlung befürwortet, unterstützt der
Abgeordnete jedoch nicht. Die Bedingung für einen solchen Ausstieg wäre,
dass der Markt nicht reformiert wird, auch wenn eine große Mehrheit der
Mitgliedstaaten eine Reform wünscht.
Andererseits „müssen wir auch aus dem Wasserkraftmarkt aussteigen und
uns endlich für das Instrument der Energieerzeugung interessieren und
nicht für die Art und Weise, wie es rechtlich betrieben wird“, so
Schellenberger abschließend.
Der „Abgeordnete von Fessenheim“, wie er sich selbst nennt, wird viel
Zeit haben, seinen Standpunkt in der parlamentarischen Kommission zur
Energiesouveränität Frankreichs zu verteidigen, die von der LR-Fraktion
in der Nationalversammlung eingesetzt wurde und deren Vorsitzender er
sein wird, wie EURACTIV Frankreich erfuhr.
„Mein Interesse an diesen Themen ist sehr groß und ich habe die Absicht,
den Franzosen zu ermöglichen, die inkohärenten Entscheidungen der
letzten zehn Jahre zu verstehen, damit wir angemessen auf die
Herausforderungen reagieren können, vor denen wir stehen“, sagt er.
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https://www.euractiv.de/section/energie/interview/franzoesischer-abgeordneter-wir-leiden-seit-jahren-unter-der-deutschen-energiewende
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