[fessenheim-fr] Fwd: [antiAtom-Initiativen] Gross-Demo - zu Ort und zu Aufruf-Text

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
So Aug 7 18:21:54 CEST 2022


z.K.:

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Betreff: [antiAtom-Initiativen] Gross-Demo - zu Ort und zu Aufruf-Text
Datum: Sun, 7 Aug 2022 18:18:27 +0200
Von: Klaus Schramm <klausjschramm at t-online.de>
An: [Anti-Atom-Inis] <antiatom-initiativen at lists.nadir.org>

Hallo Leute!

Ich wollte jetzt nicht zu viel in ein eMail
reinpacken - deshalb hier separat zu zwei
weiteren wichtigen Vorentscheidungen in
Hinblick auf eine Groß-Demo gegen AKW-
Laufzeitverlängerung.

a) Ort
Angesichts der gegenwärtigen Schwäche der
Anti-AKW-Bewegung hielte ich es für
kontraproduktiv, sich zu verzetteln und
an drei Orten zu demonstrieren (Lingen?
Neckarwestheim/Stuttgart? Landshut/München?)!
Wir müssen m.E. alles auf eine Karte setzen
und versuchen, mit einer Mobilisierung nach
*Berlin* den damit verbundenen Symbolcharakter
zu nutzen! (Auch wenn es m.E. illusionär ist,
anzunehmen, eine Mehrheit der MdB im Bundestag
beeinflussen zu können.

b)
Aufruf-Text

In der Kürze liegt die Würze - ja, aber:
5 Punkte sind unumgänglich!
In ihrem Beitrag von heute (7.08.) in spiegel.de
(Gastbeitrag) haben Achim Brunnengräber, Albert
Denk und Lucas Schwarz diese m.E. treffend
beschrieben:

(leicht redigiert)
+++
*Erstens* ist Atomkraft eine der umweltschädlichsten
Energiequellen der Menschheitsgeschichte, obwohl
gern das Gegenteil behauptet wird. Das wird nur
dadurch möglich, daß nicht die gesamte Energiekette
betrachtet wird, die mit dem Uranabbau beginnt. Der
Ressourcen-Kolonialismus hat im brasilianischen,
kasachischen oder namibischen Tagebau auch zu
Vertreibungen indigener Völker, Brandrodungen,
Grundwasser-Kontaminationen, zum Verlust der
Biodiversität oder der Hebung von Grubenwasser samt
der Verunreinigung mit Schwermetallen geführt. Nicht
nur beim Betrieb des Tagebaus werden große Mengen an
Diesel verbraucht, energieintensiv sind auch die
Transporte des nuklearen Materials rund um den
Globus und die Herstellung der Brennelemente, die
wiederum zu den Atomkraftwerken und später zum
Zwischenlager oder den Anlagen zur sogenannten
Wiederaufarbeitung transportiert werden müssen.

*Zweitens* nimmt die Menge an Atommüll, die in ein
sogenanntes Endlager eingelagert werden soll, weiter
zu, obwohl bis heute – weltweit (!) – noch kein
einziges "Endlager" in Betrieb genommen wurde. Laut
Paragraf 9a des Atomgesetzes wurde ein
"Entsorgungsvorsorgenachweis" gefordert. Eine Surrogat-
Funktion für einen solchen Nachweis, wo der Atommüll
unschädlich und ungefährlich gelagert werden könnte,
hatte das Erkundungsbergwerk Gorleben erfüllt.
Gorleben ist allerdings Ende 2020 nach über vier
Jahrzehnten des Widerstandes aus der Standortsuche
ausgeschieden. Daraus leitet sich die Frage ab, auf
welcher Grundlage eigentlich der Weiterbetrieb von
Atomkraftwerken angesichts dieses immensen ungelösten
Problems zu rechtfertigen wäre. In der aktuellen Debatte
verschiebt sich der Fokus auf angeblich kurzfristige
Lösungen, die aber mit den  langfristigen
Herausforderungen im Widerspruch stehen.

*Drittens* übergeben wir damit ein hohes Risiko an alle
uns nachfolgenden Generationen. In Deutschland hat der
Gesetzgeber eine möglichst sichere Lagerung der hoch
radioaktiven Abfälle für einen Zeitraum von einer Million
Jahre festgeschrieben. 500 Jahre lang soll die Bergung
der Abfälle möglich sein. Welche Gefahren für den
Menschen und seine natürliche Umwelt in diesem nach
menschlichem Ermessen unüberschaubaren Zeitraum noch
entstehen werden, ist heute nicht annähernd abzuschätzen.
Schon die Lasten durch den Bau und die Einlagerung
eines "Endlagers" werden erheblich sein. Die negativen
Konsequenzen der Energiegewinnung durch Atomkraft sind
folglich nicht nur heute im globalen Süden spürbar, sondern
werden auch zukünftig lebenden Menschen Sorgen bereiten,
ohne daß diese irgendeinen Nutzen daraus ziehen konnten.
Atomkraft funktioniert schlicht auf Kosten anderer.

*Viertens* bleibt Atomkraft eine vom Menschen nicht
vollkommen kontrollierbare Hochrisikotechnologie.
Der permanente Vergleich, die deutschen Atomkraftwerke
seien die sichersten der Welt, hat letztlich keine
Aussagekraft darüber, ob sie nun sicher sind oder nicht.
Im Zweifelsfall besteht das Prädikat der Sicherheit
nur bis zum Unfall, der sowohl räumlich als auch zeitlich
weitreichende Folgen hätte. Die drei letzten Atomkraftwerke
in Deutschland, um die es geht, sind betagte 34 Jahre alt.
Die letzten Sicherheitsüberprüfungen fanden 2009, also vor
13 Jahren (!) statt.

Selbst die sichersten Kraftwerke werden nie frei von der
Gefahr eines Super-GAU sein, der Reaktorkatastrophe mit
Kernschmelze und dem Austritt radioaktiver Strahlung. Nach
der Reaktorkatastrophe im heute ukrainischen Tschernobyl (1986)
wurde noch auf eine veraltete sowjetische Technologie
verwiesen. Nach dem Super-GAU im japanischen Fukushima (2011),
bei dem mit einem Tsunami dieses Ausmaßes schlicht nicht
gerechnet wurde, war dies nicht mehr möglich. Der Klimawandel
wird aufgrund von Wetterextremen für weiteren solchen
Unberechenbarkeiten sorgen. Was geschieht, wenn – wie jetzt
schon in Frankreich zu beobachten – AKW aufgrund von steigenden
Temperaturen der umliegenden Flüsse nicht mehr hinreichend
gekühlt werden können? Oder Katastrophen plötzlich und
unerwartet – wie bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal – die
gesamte Infrastruktur zerstören? Nicht grundlos ist die Frage
der Haftung bei einem Streckbetrieb noch ungeklärt. Die
Betreiberfirmen der AKW wollen diese ab 2023 nicht mehr
übernehmen.

*Fünftens* sind Atomkraftwerke, wie Rußland der Welt
vorgeführt hat, im Krieg von doppelter strategischer Bedeutung.
Wer die zentralen und großen Versorgungsanlagen zur
Stromgewinnung unter seine Kontrolle bringt, kann weite Teile
des gesellschaftlichen Lebens kontrollieren. Neben der
Kontroll- besteht eine Abschreckungsfunktion. Wer ein AKW
direkt angreift, der provoziert oder riskiert immer den
Super-GAU. Putins damit verbundene Drohung gegenüber der
NATO, sich in seinen Krieg nicht einzumischen, war so
drastisch wie unmißverständlich. Aber auch terroristische
Anschläge stellen ein erhebliches Risiko hinsichtlich der
Atomkraftwerke wie auch hinsichtlich des hoch radioaktiven
Atommülls dar.

Wenn diese fünf Problembereiche der Atomkraft entgegen aller
eindimensionalen Argumente pro Atomkraft berücksichtigt
werden, offenbaren sich die Widersprüche in der Debatte: Der
Angriffskrieg wird moralisch verurteilt, gleichzeitig aber
große Risiken sowie die Ausbeutung von Menschen und ihrer
natürlichen Umwelt zugelassen. Selbst zukünftige Generationen
werden dabei ungefragt in die Pflicht genommen. Die
gegenwärtigen, Atomkraft nutzenden Gesellschaften erhöhen mit
jedem Tag, an dem AKW noch am Netz sind, eine historische
Schuld.
+++

Ciao
     Klaus

     Klaus Schramm
    (Anti-Atom-Gruppe Freiburg)
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