[fessenheim-fr] Anti-Atom-Aktivistin tritt Haft an: Knast statt Geld - für die Freiheit
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Di Apr 19 14:54:47 CEST 2022
-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: [antiAtom-Initiativen] Fwd: Anti-Atom-Aktivistin tritt
Haft an: Knast statt Geld - für die Freiheit
Datum: Tue, 19 Apr 2022 13:17:36 +0200
Von: Irene <irene at nirgendwo.info>
An: antiatom-initiativen at lists.nadir.org
Ist zwar schon ein bisschen her, aber dazu noch ne aktuelle Ergänzung:
Bericht: Rechtsbrüche durch Knäste in Schleswig und Lübeck
Im April und Mai 2021 war ich zum Absitzen einer Ersatzfreiheitsstrafe
erst 14 Tage in Quarantäne im Jugendknast in Schleswig und dann weitere
sechs Tage in Lübeck inhaftiert. Anlass war eine Aktion gegen
Urantransporte, berichten möchte ich aber heute über Gerichtsverfahren,
welche ich gegen Maßnahmen der beiden Knäste geführt habe, auch als ich
lange schon wieder frei war.
Verteidiger*innen-Besuch verweigert
Verteidigt wurde ich von Freund*innen, die vom Gericht als
Laienverteidiger*innen zugelassen worden waren. Normalerweise können
Verteidiger*innen Inhaftierte ohne Kontrollen und unbeschränkt besuchen.
Schon beim ersten Besuch machte der Knast in Schleswig Probleme und
wollte mein Verteidigi ohne Anwaltsausweis nicht durchlassen, diese*r
schaffte es jedoch, klar zu machen, dass die Gerichtszulassung galt. Dem
Knast gefiel das nicht und er fragte bei der Staatsanwaltschaft und dem
Oberlandgericht nach, die beide meinten die Zulassung erstrecke sich
nicht auf die Strafvollstreckung. Also gab es keinen Verteidigungsbesuch
mehr – auch in der JVA Lübeck nicht. Ich klagte dagegen. Beide
zuständigen Gerichte, also Landgericht in Kiel und Lübeck entschieden,
dass die Besuchsverweigerung rechtswidrig war, da sich die Zulassung
eben doch auf das Strafvollstreckungsverfahren erstreckt und neben
Rechtsanwält*innen explizit auch Verteidiger*innen im entsprechenden
Gesetz genannt sind.
Aushändigung von Corona-Vorschriften und Quarantäneregelungen
Zum Zeitpunkt meiner Inhaftierung galt für Reiserückkehrer*innen eine
Quarantäne von 5 Tagen mit Freitestungen mit PCR-Tests. Ich wurde 14
Tage lang isoliert und ein einfacher Schnelltest wurde erst am Ende
dieser Tage gemacht. Weil gerade die Isolierung viele Gefangene trifft,
entschied ich mich hier für eine Klage gegen diese Regelungen. Sie wurde
aus formalen Gründen abgewiesen (ich hätte nur auf Neuentscheidung,
nicht auf Aufhebung der Regelung klagen können). Zumindest ist
mittlerweile unabhängig davon im Knast die Quarantäne-Zeit deutlich
verkürzt worden.
Ebenso wurde eine Klage abgewiesen auf Aushändigung der für den
Zeitpunkt im Knast geltenden Corona-Regeln. Ich hätte kein
Feststellungsinteresse, weil kein schwerwiegender Grundrechtseingriff
vorläge. Warum sollten auch Gefangene wissen dürfen, welche Regeln für
sie gelten? Damit wird bewusst verhindert, dass einige nur auf dem
Papier existierende Rechte eingefordert und eingeklagt werden.
Duschen verweigert
In der Quarantäne in Schleswig wurde mir erst am 13. Tag der
Inhaftierung ermöglicht, zu duschen. Da mir das vorher verweigert wurde,
stellte ich erst einen schriftlichen Antrag und nachdem ich dazu von
keiner Entscheidung erfuhr erhob ich Klage beim Landgericht in Kiel.
Eine kurzfristige Entscheidung, die geholfen hätte, gab es nicht, aber
im Nachhinein entschied das Gericht nach einigem Hin und Her doch, dass
die Verweigerung des zweimaligen Duschens in der Woche rechtswidrig war.
Der Knast hatte in mehreren Stellungnahmen versucht zu behaupten, dass
nicht sein kann, was nicht sein darf und ich hätte duschen dürfen und
teilweise auch, dass ich tatsächlich geduscht hätte, inklusive
entsprechender Aussagen von Justizvollzugsbeamt*innen – was ich
einigermaßen dreist fand, denn ich bin sicher ich hätte ein
entsprechendes Angebot wahr- und angenommen. Denn soviel passiert auch
nicht, wenn mensch 23 Stunden in der Zelle eingesperrt ist. Ich erfuhr
in den Stellungnahmen auch von einem mir angeblich ausgehändigten
Informationsblatt, was ich vor dem Schreiben nie gesehen hatte und
davon, dass es der Knast auch gar nicht so wichtig findet, ob Menschen
duschen können. Ich bekam zwar Recht vom Landgericht Kiel, denke aber
auch an die vielen anderen Menschen, denen ebenfalls Duschen verweigert
wurde oder denen andere ihrer Rechte im Knast nicht zugestanden werden.
Denn ich galt schon wegen dem begrenzten Einfordern meiner Rechte durch
mich und andere von außen als „schwierig“ und „zeitaufwändig“.
Einen ausführlichen Bericht zu den Klagen mit Zitaten aus Stellungnahmen
und Beschlüssen und den entsprechenden Aktenzeichen gibt es hier:
https://nirgendwo.info/blog/2022/04/16/knast-nachlese-ii-schoen-dass-ich-haette-duschen-duerfen-muessen/
Verlinkte Infos und Briefe aus dem Knast sowie zum Anlass:
https://nirgendwo.info/hamburg/#person3
Am 21.04.21 um 14:56 schrieb Markus Pflüger:
>
>
>
> -------- Weitergeleitete Nachricht --------
> Betreff: Anti-Atom-Aktivistin tritt Haft an: Knast statt Geld - für die
> Freiheit
> Datum: Wed, 21 Apr 2021 13:51:39 +0200
> Von: hanna at contratom.de
> An: mail at markus-pflueger.de
>
>
>
> Am 23.04 wird unsere Freundin Ibi in der JVA Lübeck eingesperrt. Sie
> wurde wegen einer Ankettaktion 2014 zu 30 Tagessätzen verurteilt und hat
> beschlossen, einen Teil der Ersatzfreiheitsstrafe davon abzusitzen.
>
> Bei der Aktion 2014 wurde ein Zug im Hamburger Hafen blockiert, der Uran
> aus Namibia und Kazachstan geladen hatte. Dort wird es unter miserablen
> Arbeitsbedingungen und mit verheerenden Folgen für die Umwelt abgebaut.
> In Namibia mit viel Strahlenbelastung aufgrund offener Tagebauen und in
> Kazachstan durch Fracking und Chemikalien im Boden.
> "Es gibt vieles, wogegen wir es für richtig halten zu kämpfen und das
> immer wieder tun: Gegen Atomkraft, Kohlekraftwerke, Umweltzerstörung,
> Ausbeutung, Ungerechtigkeiten, Kapitalismus. Die allermeisten dieser,
> aus unserer Sicht unerträglichen, Dinge sind explizit legal. Deshalb
> legen wir als Handlungsmaßstab eben nicht die herrschenden Gesetze an.
> Manchmal verurteilt der Staat uns, so wie auch hier beim angehaltenen
> Urantransport." sagt Ibi, die verurteilt wurde, weil sie eine der
> angeketteten Personen mit Essen und Trinken versorgt und ein Transparent
> hochgehalten hat. "Wenn der Staat mich tatsächlich dafür einsperrt, dass
> ich Urantransporte und damit Umweltzerstörung stoppe, dann bitte: Hier
> bin ich. Ich habe entschieden, die Geldstrafe jedenfalls nicht komplett
> zu zahlen und einen Teil davon im Knast abzusitzen."
>
> Die Ladung zum Haftantritt ist allerdings auch unter einem anderen
> Aspekt zu kritisieren. Eigentlich sind derzeit Ersatzfreihetzsstrafen
> ausgetzt. Nur in Fällen, bei denen das besonders relevant sei, um die
> verurteilte Person von weiteren Straftaten abzuschrecken, sollen die
> Strafen trotzdem vollstreckt werden.
> "Das heißt, entweder gilt die Regel für mich nicht oder fast sieben
> Jahre nach der Tat meinen sie, mich von weiteren Straftaten abschrecken
> zu können, indem sie mich einsperren", meint Ibi dazu.
>
> Für sie ist Knast ein weiterer Punkt, der falsch läuft. Durch die
> derzeitige Corona-Pandemie, kann auch außerhalb der Gefängnismauern
> beobachtet werden, was Isolation mit Menschen macht. Dennoch werden
> weiterhin Menschen in Haft isoliert - noch mehr als bereits vor der
> Pandemie - und leider wird dies nur von wenigen beachtet. Und so ist es
> sicher kein Zufall, dass Menschen, die sich Urlaub leisten können, mit
> Tests nur fünf Tage in Quarantäne bleiben müssen, im Gefängnis aber nach
> wie vor 14 Tage Quarantäne angeordnet werden.
> "Knäste lösen keinerlei Probleme, sind aber bedauerlicherweise
> elementarer Teil der Gesellschaft, denn ohne würde das aktuelle System
> von Ausbeutung, Unterdrückung und Problemverdrängung nicht
> funktionieren. Also lasst uns einen Weg der Auseinandersetzung finden
> und sie abschaffen", so Hanna Poddig, eine der Unterstützer*innen, die
> ebenfalls an der Aktion 2014 beteiligt war.
>
> Kundgebung zum Haftantritt
> Am Fr, 23.4. von 16.30 bis 18 Uhr gibt es vor der JVA Lübeck eine
> Kundgebung zum Haftantritt (natürlich mit Abstand und Masken).
> Kontakt zur Soligruppe für Presseinterviews und Nachfragen:
> Hanna Poddig
> 0175/9767027
>
> Informationen zur Haft und zu Prozessen gegen Anti-Atom-Aktivist*innen:
> nirgendwo.info
> Informationen zu Atomtransporten: urantransport.de bzw
> atomtransporte-hamburg-stoppen.de
> Artikel zur konkreten Aktion 2014:
> https://www.contratom.de/2014/08/18/hamburg-ankettaktion-stoppt-uranzug/
>
>
> _______________________________________________
> antiAtom-Initiativen mailing list
> antiAtom-Initiativen at lists.nadir.org
> https://lists.nadir.org/mailman/listinfo/antiatom-initiativen
>
_______________________________________________
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