[fessenheim-fr] TRAS-Kritik an Rueckbau des AKW Fessenheim

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Di Jun 8 01:28:17 CEST 2021


Hallo Leute!

Hier eine aktuelle PM der TRAS
mit ihrer Kritik am Abriß des
AKW Fessenheim - s.u.

Ciao
    Klaus Schramm


TRAS
ATPN

Basel

Rückbau von Fessenheim läuft mit bloss minimalen Vorsichtsmassnahmen

Die Electricité de France hat dem Trinationalen Atomschutzverbands 
(TRAS) mehr als 100 Dossiers zu den Sicherheitsvorkehrungen für den 
Rückbau des Atomkraftwerks Fessenheim überstellt. Die Entfernung der 
Brennstäbe läuft nach Plan. Die EDF erfüllt nur in minimalem Ausmass die 
von der Aufsichtsbehörde verlangten Risikovorkehrungen; bei der 
Sicherheit und bei der Transparenz bestehen grosse Lücken.

Der Schweizer Experte Dr. André Herrmann, ehemalige Präsident der 
Eidgenössischen Strahlenschutzkommission, hat die von der EDF 
übermittelten Dossiers analysiert. «Es zeigt sich, dass viele 
Schwachstellen, die seit dem Unfall von Fukushima von der französischen 
Aufsichtsbehörde kritisiert wurden, auch beim Rückbau ohne 
Sicherheitsvorkehrungen hingenommen werden.»

Die Betreiberin EDF hat die Notkühlung mittels Einbau einer neuen 
Grundwasserpumpe verstärkt; dies wird vom Experten begrüsst, «reicht 
aber nicht aus», so Herrmann. Ein schneller Wasserverlust der 
Brennelemente-Becken durch Rissbildung und die offensichtliche 
Schwierigkeit des Einsatzes der FARN (Force d'Action Rapide Nucléaire) 
nach einem Erdbeben werde nicht berücksichtigt.

Unter den übrigen Risiken werden kritisch taxiert:

  • Die Risikoabschätzungen der EDF berücksichtigen nicht das noch bis 
2023 in den Kühlbecken vorhandene radioaktive Potenzial der abgebrannten 
Brennstäbe.

  • Die Grundlagen zur Beurteilung des seismischen Risikos und der 
Beschleunigungsspektren von 2011 entsprechen nicht den aktuellen 
Erfordernissen wie sie bei anderen Atomanlagen in Frankreich zur 
Anwendung kommen. Die Empfehlungen der französischen Aufsichtsbehörde 
IRSN[1] wurden trotz des Drängens der ASN ignoriert.

• Die spezifischen Bodeneigenschaften am Standort Fessenheim wurden 
nicht – wie von der ASN ursprünglich verlangt – neu erfasst und bewertet.

  • Der Verbleib der sechs radioaktiv kontaminierten alten 
Dampfgeneratoren ist ungeklärt. Im ursprünglichen Stilllegungsplan wurde 
der mögliche Neubau von zwei neuen Lagergebäuden für die noch in den 
Reaktoren stehenden Dampfgeneratoren erwähnt. Zum Verbleib dieser 
radioaktiv stark kontaminierten Anlageteile macht die Betreiberin 
Electricité de France (EDF) keine verbindlichen Angaben.

  • Der Rückbauplan wurde mit Sicherheitsmargen von zusätzlich neun 
Monaten für die vollständige Entfernung der Brennstäbe und von 
zusätzlichen sechs Jahren für die Gültigkeit des Rückbaudekrets 
präzisiert; werden diese ausgeschöpft, würde sich die Entfernung der 
Brennstäbe bis ins Jahr 2024 erstrecken. Bis zum Ende des 1. Quartals 
2021 wurden 25 Prozent der Brennstäbe entfernt.

Der unabhängige Experte äussert folgende Wünsche und Empfehlungen an die 
Betreiberin EDF:

• Die Anwohnerinnen und Anwohner haben ein Recht auf Transparenz über 
die Ergebnisse der Echtzeit- Radioaktivitätsmessungen. Die offizielle 
Website (https://www.mesure-radioactivite.fr) gibt nur sporadische und 
selten aktuelle Werte an.

  • Während der Vorbereitung zum Rückbau müssen die Ergebnisse der 
Überwachungsmessungen der Abklingbecken (Radioaktivität, Temperatur, 
Wasserstände) regelmässig veröffentlicht werden.

  • Während des Rückbaus müssen die Ergebnisse der Überwachungsmessungen 
(Emissionen und Immissionen) regelmässig veröffentlicht werden, um die 
Einhaltung der Grenzwerte in Echtzeit nachzuweisen.

TRAS bedauert, dass die EDF die Forschungsarbeiten in Fessenheim auf 
Stilllegungsaspekte beschränkt und die Möglichkeit vernachlässigt, die 
Kenntnisse über die Alterung wichtiger Komponenten von Kernkraftwerken 
grundlegend zu verbessern. Dies gilt umso mehr als die Schweizer 
Aufsichtsbehörde Ensi alle ihre Anstrengungen darauf ausrichtet, die 
Laufzeiten der Schweizer Atomkraftwerke und damit die Gefährdungszeit 
der Bevölkerung zu maximieren.

Die Expertisen von André Herrmann können auf Deutsch und auf Französisch 
im Internet abgerufen werden:

  • Kurzfassung: Analyse der Unterlagen zur Vorbereitung des Rückbaus 
von Fessenheim (2 Seiten)

  • Résumé de l’analyse des documents de préparation au démantèlement de 
Fessenheim (2 Seiten)

  • Analyse des documents de préparation au démantèlement de Fessenheim 
(24 Seiten)


Rückfragen:
Dr. André Herrmann +41 61 261 28 67
Prof. Jürg Stöcklin, Präsident TRAS +41 79 817 57 33



[1] IRSN: Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN), 
wissenschaftliche Abteilung der französischen Aufsichtsbehörde Autorité 
de sûreté nucléaire (ASN)




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