[fessenheim-fr] katastrophaler Artikel in der 'Bad. Ztg.'

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Fr Apr 23 12:02:23 CEST 2021


Hallo Leute!

Heute wurde ein katastrophaler Artikel in
der 'Bad. Ztg.' veröffentlicht, der neben
etlichen sachlichen Fehlern das Risiko
einer Kernschmelze in den Naßlagern
in Abrede stellt - s.u.

Die Gebäude der beiden Naßlager (sogenannte
Abklingbecken) sind wegen extrem dünner
Außenwände und Leichtbauweise noch
stärker bei einem möglichen Terror-Angriff
gefährdet als die Reaktorgebäude. Wird
die Außenhülle eines solchen Naßlagers des
stillgelegten AKW Fessenheim beispielsweise
durch Beschuß mit einer Panzerfaust
aufgerissen, fließt das Wasser ab und es
greift auch kein Notkühlsystem mehr.
Brennelemente, die nicht mehr vom Kühlwasser
umflossen werden, erhitzen sich auf bis zu
800 Grad Celsius. Sie entzünden sich selbst
und Radioaktivität in der Größenordnung
eines Vielfachen der Hiroshimabombe gelangt
in die Umwelt.

Daher ist auch die in diesem Artikel zitierte
Aussage des Herrn Küppers vom sogenannten
Öko-Institut sachlich unzutreffend.

Ciao
    Klaus Schramm



Kritiker besorgt über Brennelemente

Von Bärbel Nückles

Fr, 23. April 2021

Elsass

Welches Risiko geht für die Bevölkerung vom abgeschalteten Atomkraftwerk 
Fessenheim im Elsass noch aus?.

FESSENHEIM. Vor mehr als einem Jahr wurde der Betrieb von Reaktor 1 in 
Fessenheim eingestellt, seit Ende Juni 2020 ist auch Reaktor 2 endgültig 
abgeschaltet. Die Gefahr eines schweren nuklearen Unfalls ist damit im 
elsässischen Atomkraftwerk ausgeschlossen. Als letzte Risikoquelle 
bleiben aber die ausgelagerten Brennelemente. Während die Planung und 
die Vorbereitungen zum Rückbau laufen, hat ihr Abtransport im 
vergangenen Jahr begonnen. Bis spätestens Mitte 2023, so kündigt der 
Betreiber Electricité de France (EDF) an, wird sämtliches Brennmaterial 
vollständig weggebracht sein.

» Wo liegen nach der Stilllegung aktuell die Schwachstellen?

Die radioaktiven Brennelemente wurden nach der Abschaltung der Reaktoren 
entladen. Sie liegen jetzt unter Wasser in überbauten Abkühlbecken 
jeweils hinter den Reaktorgebäuden. Ein Transport ist erst nach 
mehrmonatiger Lagerung möglich. 2020 haben zehn solcher Transporte mit 
insgesamt 120 Brennelementen mit dem Ziel der Wiederaufarbeitungsanlage 
Orano in La Hague in Nordfrankreich das Akw verlassen. Für 2021 hat die 
EDF 15 Transporte vorgesehen. Jeder Reaktorkern war im Betrieb mit 157 
Brennelementen befüllt. 2020 wurde Brennmaterial abtransportiert, das 
bereits vor der Stilllegung des Akw entnommen worden war. Die aktuell 
noch auf dem Gelände lagernden 313 Brennelemente bleiben ein 
Sicherheitsrisiko.

» Wie sind die Brennelemente geschützt?

Entscheidend ist, dass die Kühlung der Brennelemente intakt bleibt. Ein 
Flugzeugabsturz oder ein Erdbeben könnten zu Schäden an den Lagerbecken 
führen und die Kühlung unterbrechen. Die Brennelemente könnten dann 
überhitzen – in letzter Konsequenz würde dann Radioaktivität entweichen. 
Wegen solcher Gefahren müssen die Systeme zur Stromversorgung und für 
die Kühlwasserzuleitung grundsätzlich besonders robust angelegt sein. 
Die Ansprüche an die Sicherheit wurden nach der Erfahrung des nuklearen 
Unfalls im japanischen Fukushima 2011 erhöht. Insbesondere am seismisch 
aktiven Oberrhein ist ein Gefährdungsszenario Erdbeben plus 
Überschwemmung denkbar. Das Akw liegt am Rheinseitenkanal – mehrere 
Meter unterhalb der Dammoberkante.

» Welche Sicherheitsvorkehrungen verlangt die Atomaufsicht?

Für alle französischen Akw hat die Atomaufsicht (ASN) infolge der 
Fukushima-Stresstests Nachbesserungen verlangt. In Fessenheim muss die 
EDF nach der Abschaltung lediglich die Abklingbecken zusätzlich 
absichern. Bei den zusätzlich angeschafften Notstromgeneratoren handelt 
es sich um kleinere, beziehungsweise weniger leistungsfähige Geräte als 
für Anlagen, die noch in Betrieb sind. In Fessenheim soll im Ernstfall 
vor allem die Funktion der Leitsysteme und der Anzeigesysteme garantiert 
werden. Die Einspeisung von Kühlwasser sichern zusätzliche 
Grundwasserpumpen ab. Käme es zu einem einschneidenden Ereignis, das die 
Kühlung in Frage stellt, kann die EDF außerdem eine eigene 
Eingreiftruppe (FARN) nach Fessenheim schicken. Die EDF beschreibt ein 
mögliches Gefährdungsszenario auf Anfrage wie folgt: Bei einem abrupten 
Ausfall der Stromzufuhr und der Kühlung zum jetzigen Zeitpunkt würde es 
theoretisch etwa 20 Tage im Falle des Lagergebäudes 2 und 30 Tage bei 
Lagergebäude 1 dauern, bis das Kühlmittel verdampft wäre. Bis dahin 
sollte die FARN längst vor Ort sein und Maßnahmen ergriffen haben. 
Schäden an den Lagerbecken durch einen Angriff von außen könnten 
allerdings – darauf weist die EDF hier nicht hin – zu einem sehr viel 
schnelleren Verlust des Kühlwassers führen.

» Was sagen Kritiker zu den Schutzmaßnahmen?

Die geforderten Nachbesserungen zur zusätzlichen Sicherung der 
Brennelementelager wurden Ende 2020 ausgeführt, also neun Jahre nach dem 
GAU in Fukushima. Immerhin hat die ASN für die Nachrüstungen eine 
Auslegung gegen stärkere potenzielle Beben im Vergleich zu früher 
verlangt. Die Lagergebäude wurden jedoch nicht zusätzlich ertüchtigt. 
Dabei sind die entsprechenden Forderungen nicht neu. „EDF hätte die 
Gebäude um die Abklingbecken von Anfang an etwa durch dickeren Beton und 
eine andere Dachlösung sichern müssen“, meint André Hatz, Vorsitzender 
des Vereins Stop Fessenheim. Die Brennelemente sollten in der 
Übergangsphase, so seine Forderung, wenigstens zur Kanalseite mit einer 
zusätzlichen Mauer vor Angriffen geschützt werden. Die Atomaufsicht hält 
die bauliche Struktur hingegen für ausreichend. Für die Gefahrenabwehr 
gegen Terror, sagt Pierre Bois, Leiter der ASN in Straßburg, sei die 
Staatsgewalt zuständig.

» Wie ist das Restrisiko einzuschätzen?

Klar ist: Es hätte Alternativen gegeben, die im Zweifel mehr Schutz 
bieten. In Deutschland etwa lagern benutzte Brennelemente in den noch 
betriebenen Druckwasserreaktoren innerhalb der Reaktorgebäude. Sie sind 
damit besser gegen Gefahren von außen abgeschirmt. Langfristig werden 
benutzte Brennelemente in Deutschland zudem trocken und in stabilen 
Spezialgussbehältern verschlossen. Dennoch sind die Risiken in 
Fessenheim mehrere Monate nach Abschaltung erheblich reduziert. „Würde 
es zum jetzigen Zeitpunkt zu einem Leck kommen“, so erklärt Christian 
Küppers, Kernkraftexperte am Öko-Institut in Freiburg und Darmstadt, 
„dürfte sich die austretende Radioaktivität im Rahmen geltender 
Grenzwerte bewegen.“ Ein Katastrophenszenario mit einer Evakuierung der 
umliegenden Städte hält er für ausgeschlossen.




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