[fessenheim-fr] Zur Stilllegung des AKW Fessenheim | Rückblick und Ausblick

Redaktion Umwelt RDL umwelt at rdl.de
Di Jun 23 16:16:55 CEST 2020


Hallo Leute!

In Ergänzung des gestern vesendeten Hör-Tips
hier noch ein Hinweis auf den im Anti-AKW-
Magazin 'restrisiko' enthaltenen Beitrag
"Zur Stilllegung des AKW Fessenheim | Rückblick
und Ausblick".

Auf folgender Internet-Seite findet Ihr
die mp3-Datei, so daß Ihr diesen Beitrag
jederzeit (und unabhängig vom laufenden
Radio-Programm) anhören könnt:

https://rdl.de/beitrag/zur-stilllegung-des-akw-fessenheim-r-ckblick-und-ausblick

Weiter unten das Skript hierzu.

Ciao
    Klaus Schramm


Zur Stilllegung des AKW Fessenheim | Rückblick und Ausblick

Die Stilllegung des AKW Fessenheim am 29. Juni 2020 ist zwar für die 
Anti-Atom-Bewegung im Dreyeckland ein Grund zur Freude, aber kein Anlaß 
für Triumph. Die Reaktoren haben über vier Jahrzehnte Strom, Geld und 
Gefahren produziert. Der dabei entstandene Atommüll muß für mindestens 
eine Million Jahre sicher gelagert werden und gefährdet das Leben 
zukünftiger Generationen auf dieser Erde.

Das AKW Fessenheim ist das älteste Atomkraftwerk Frankreichs. Der 
französische Strom-Konzern EdF entwickelte schon 1962 erste Pläne für 
den Bau eines Atomkraftwerks im elsässischen Fessenheim. Baubeginn war 
am 1. September 1971. Die beiden Druckwasser-Reaktoren à 880 Megawatt 
gingen am 7. März und am 7. Oktober 1977 in Betrieb. Ursprünglich wurde 
dieser - auf US-Blaupausen von Westinghouse und General Electric 
zurückgehende - Reaktor-Typ von den planenden Ingenieuren für eine 
Betriebszeit von 25 Jahren ausgelegt. Das AKW Fessenheim muß also schon 
seit 18 Jahren als überaltert bezeichnet werden.

In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer Leistung 
die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Umgerechnet auf die 
beiden Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet dies, daß dort in jedem 
Betriebsjahr die kurz- und langlebige Radioaktivität von 1.760 
Hiroshima-Bomben entstand. Die Freisetzung auch nur eines geringen Teils 
dieser Radioaktivität hätte verheerende Folgen für alles Leben in der 
gesamten Region. Ein Super-GAU -  wie 1986 in Tschernobyl oder 2011 in 
Fukushima - im AKW Fessenheim würde je nach Windrichtung eine Schneise 
der Zerstörung quer durch Deutschland und Dänemark bis nach Schweden 
hinein schlagen.

<img src="karte_super-gau_akw_fessenheim.png" alt="AKW Fessenheim, 
Super-GAU - Grafik: Project flexRISK - Creative-Commons-Lizenz 
Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0" width="520" height="629">

Bei einem Vergleich mit dem Super-GAU von Tschernobyl ist außerdem zu 
berücksichtigen, daß es sich im Fall des 1986 havarierten sowjetischen 
Meilers um einen Militärreaktor zur Erzeugung von Plutonium für 
Atombomben handelte. Dies bedeutet, daß die Brennelemente für nur wenige 
Tage bis höchstens zwei Monate im Reaktor verbleiben. Bei einem längeren 
Verbleib und damit höheren "Abbrand" vermischt sich ansonsten das 
Waffenplutonium mit unspaltbaren Isotopen wie Plutonium-240 und 
Plutonium-242. Im Vergleich hierzu verbleiben die Brennstäbe in 
europäischen "zivilen" Atom-Reaktoren bis zu sechs Jahre im Reaktor. 
Dies bedeutet, daß sich unter ungünstigen Voraussetzungen bis zu tausend 
mal mehr Radioaktivität in einem der Atom-Reaktoren des AKW Fessenheim 
befindet als in jenem des AKW Tschernobyl.

Ebenso wie deutsche Atomkraftwerke ist auch das AKW Fessenheim nicht 
ausreichend gegen Terror-Angriffe wie etwa dem gezielten Absturz eines 
gekaperten Linienflugzeugs nach Vorbild des 11. September 2001 
geschützt. Allein im Umkreis von 30 Kilometern wohnen rund eine Million 
Menschen, die bei einem Super-GAU nicht rechtzeitig evakuiert werden 
könnten. In den vergangenen 42 Jahren des Betriebs des AKW Fessenheim 
gab es de facto keinen Katastrophenschutzplan. Bei einer Veranstaltung 
in Freiburg unter der Regie der Stadtverwaltung am 16. Oktober 2018 kam 
zutage, daß zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal Klarheit darüber 
bestand, wo die Busse parken sollen, mit denen die Freiburger 
Bevölkerung hätte evakuiert werden können. Ebenso wenig geklärt war bis 
zu diesem Zeitpunkt, wohin die Evakuierten gebracht werden sollten. Auf 
eine entsprechende Frage antwortete die zuständige Referatsleiterin (am 
16. Oktober 2018): "Wir sind in Gesprächen mit Regierungspräsidien 
außerhalb der Evakuierungszonen und mit dem Innenministerium." (Siehe 
unseren <a href="akwfrk181018.html" target=_blank>Artikel v. 
18.10.18</a>) Klar ist auf der anderen Seite, daß es in ganz 
Baden-Württemberg bei Weitem nicht genügend Plätze in Intensivstationen 
gibt, wo die radioaktiv kontaminierten Opfer eines Super-GAU versorgt 
werden könnten.

41 Jahre lang hatten Parteien-Politik und Verwaltung es vermieden, der 
Bevölkerung klar zu sagen, daß im Falle eines Super-GAU im AKW 
Fessenheim und vorherrschendem West-Ost-Wind für mehr als die Hälfte der 
EinwohnerInnen Freiburgs keine Chance besteht, lebend zu entkommen, weil 
sie nicht rechtzeitig evakuiert werden können. Die Ausfallstraßen werden 
innerhalb kürzester Zeit hoffnungslos verstopft sein...

Im März 1978 gelang es den badisch-elsässischen Bürgerinitiativen, Teile 
des geheimen Katastrophenschutzplanes zu veröffentlichen. Diese waren 
aus dem Landratsamt Lörrach gestohlen worden. In den Mainstream-Medien 
wurde allerdings mehr Skandal um den Diebstahl gemacht als um den 
skandalösen Katastrophenschutzplan - obwohl dieser doch die 
Hilflosigkeit der Behörden im Fall eines Super-GAU im AKW Fessenheim 
dokumentierte.

Hier im Folgenden nur eine kleine Auswahl der brisantesten Skandale in 
der Geschichte des AKW Fessenheim:

Im Herbst 1979 machte ein vormaliger Sicherheits-Ingenieur sein Wissen 
um Risse an den Stutzen des Reaktordruckbehälters öffentlich. 
Konsequenzen wurden daraus - wie kaum anders zu erwarten - nicht 
gezogen. EdF berief sich auf "bruchmechanische Berechnungen", die trotz 
der Risse die Sicherheit des Druckbehälters beweisen sollten.

1991 wurde bekannt, daß der Deckel des Reaktordruckbehälters von Block I 
Risse aufweist.

1995 wurde ein Mitarbeiter im AKW Fessenheim radioaktiv kontaminiert.

Im Juni 1996 wurden Risse im Deckel des Reaktordruckbehälters von Block 
II entdeckt. Dieser wurde erst zwei Jahre später ausgetauscht. In Block 
I wird der 54 Tonnen schwere Deckel im Juli 1996 ersetzt.

Im November 1996 stand eines von drei Sicherheitsventilen über einen 
Monat lang offen, ohne daß es bemerkt wurde. Veröffentlicht wurde dies 
erst am 8. Dezember.

Im April 1997 wurden Fehler an den Röhren des Primärkreislaufs entdeckt.

Im November 1998 wurde eine defekte Schweißnaht im Noteinspeisekreislauf 
publik.

Im August 2000 mußte die EdF eingestehen, daß die Wasserbecken des 
Notkühlsystems und das Abklingbecken für verbrauchte Brennelemente nicht 
erdbebensicher sind.

Im Januar 2004 wurden Konstruktionsfehler im Notkühlsystem der 
französischen Druckwasserreaktoren bekannt - ohne Folgen für das AKW 
Fessenheim (Siehe unseren <a href="akwfr040110.html" 
target=_blank>Artikel v. 10.01.04</a>).

Ebenfalls im Januar 2004 wurden bei Reparaturarbeiten am Primärkreislauf 
des AKW Fessenheim sieben Arbeiter verstrahlt. Über vier Tage hin 
versucht die Kraftwerksleitung den Unfall zu verheimlichen (Siehe 
unseren <a href="akwfe040129.html" target=_blank>Artikel v. 
29.01.04</a>).

Mitte Februar 2004 wurde bekannt, daß am Samstag, 14. Februar, weitere 
drei Arbeiter einer Fremdfirma bei Arbeiten am Reaktordruckbehälter 
kontaminiert wurden (Siehe unseren <a href="akwfe040216.html" 
target=_blank>Artikel v. 16.02.04</a>). In den darauf folgenden Tagen 
sickern Informationen durch, daß die Gesamtzahl der Kontaminierten 
mindestens 12 beträgt (Siehe unseren <a href="akwfe040219.html" 
target=_blank>Artikel v. 19.02.04</a>).

27. Oktober 2007

Vier Tage zuvor wurde nach offiziellen Angaben bei einem Arbeiter eine 
"leichte innere Verstrahlung" festgestellt. Falls er auch nur wenige 
Nanogramm Plutonium eingeatmet hat, ist ihm Lungenkrebs sicher. Zugleich 
wurden Defekte an drei Pumpen publik (Siehe unseren <a 
href="akwfes071027.html" target=_blank>Artikel v. 27.10.07</a>).

Exakt einen Monat darauf wurde publik, daß erneut Mitarbeiter verstrahlt 
wurden: Diesmal vier sogenannte Nuklear-Nomaden, Mitarbeiter einer 
externen Leiharbeitsfirma (Siehe unseren <a href="akwfes071127.html" 
target=_blank>Artikel v. 27.11.07</a>).

April 2009

Das französische Greenpeace-Büro wurde offenbar systematisch 
ausspioniert. Gegen zwei hochrangige Mitarbeiter des französischen 
Energie-Konzerns und AKW-Betreibers EdF ermittelte die 
Staatsanwaltschaft in Paris. Ihnen wurde vorgeworfen, illegal in 
Greenpeace-Computer eingedrungen zu sein und Daten ausspioniert zu haben 
(Siehe unseren <a href="akwdem090401.html" target=_blank>Artikel v. 
1.04.09</a>).

23. Februar 2010

Erst mit nahezu zwei Monaten Verspätung wurde bekannt, daß es sich bei 
der "Störung" von Ende Dezember 2009 im AKW Fessenheim um einen weitaus 
brisanteren Vorgang gehandelt hatte. Beim Wiederanfahren von Block II 
war es zu einer "teilweisen Verstopfung" des Kühlsystems gekommen, 
nachdem mit dem Kühlwasser aus dem Rhein-Seiten-Kanal auch 
Pflanzenmaterial in die Rohre gelangt war. In der Folge habe ein 
Meßfühler an einem Trommelsieb versagt, welches das Wasser filtern 
sollte. Daraufhin versagte die automatische Abschaltung und das 
Trommelsieb wurde aus der Verankerung gerissen. Dadurch konnte eine 
größere Menge Pflanzenreste tiefer in das Rohrsystem und in die 
Kühlkreisläufe gelangen. Betroffen war laut der nun vorliegenden 
Darstellung auch das sicherheitsrelevante Nebenkühlsystem SEB, das zur 
Kühlung sicherheitstechnisch wichtiger Komponenten dient.

Die EdF hatte wegen des "Störfalls" den internen Notfallplan in Kraft 
gesetzt und auch die französische nukleare Sicherheitsbehörde ASN hatte 
ihren internen nationalen Notfallstab einberufen und MitarbeiterInnen 
ins AKW Fessenheim entsandt. All dies wurde wochenlang geheim gehalten 
(Siehe unsere <a href="akwfes100223.html" target=_blank>Artikel v. 
23.02.10</a> und v. <a href="akwfes091227.html" 
target=_blank>27.12.09</a>).

26. September 2010

Mit über einem Monat Verspätung erfuhr die deutsche Öffentlichkeit von 
einem "unkontrollierten" Austritt von radioaktiven Gasen aus dem AKW 
Fessenheim am 24. August. Dieser "Störfall" wurde entgegen wiederholter 
Zusagen in der Vergangenheit von den deutschen Behörden nicht 
veröffentlicht. Noch wenige Tage zuvor hatte das Regierungspräsidium 
Freiburg eine Mitteilung der ASN zum AKW Fessenheim vom 16. September in 
einer Kurzfassung herausgegeben, in der für den Zeitraum zwischen 
Februar und September 2010 lediglich unbedeutende "Pannen" erwähnt 
werden, mit keinem Wort jedoch wurde auf den Vorfall vom 24. August 
eingegangen.

Danach wurde zwar publik, daß 50 Kubikmeter radioaktiver Gase 
freigesetzt worden waren, jedoch nicht, wie viel Radioaktivität damit an 
die Umwelt abgegeben wurde (Siehe unseren <a href="akwfes100926.html" 
target=_blank>Artikel v. 26.09.10</a>).

14. Juni 2011

Eine Studie, die im Auftrag der regionalen Überwachungs-Kommission und 
des Regionalrates in Colmar erstellt wurde, kam zum Ergebnis, daß das 
AKW Fessenheim nicht ausreichend gegen die Folgen eines Dammbruchs 
gesichert ist. Sie bestätigte damit eines der von der Umwelt- und der 
Anti-Atom-Bewegung dies- und jenseits des Rheins seit Jahren 
vorgebrachten Argumente.

Der Betreiber EdF hatte bis dahin immer behauptet, das AKW sei gegen 
Überflutungen in Folge eines Dammbruches geschützt. Doch laut einer 
TV-Dokumentation auf 'France 2' hielt der Konzern einen internen Bericht 
zurück, in dem Untersuchungsergebnisse über den katastrophalen Zustand 
des Rheinseitenkanals zu lesen sind (Siehe unseren <a 
href="akwfes110614.html" target=_blank>Artikel v. 14.06.11</a>).

23. September 2011

Im AKW Fessenheim ereignete sich wieder eine "Panne". Bei Arbeiten im 
Rahmen der Zehnjahres-Revision von Reaktor-Block II wurde ein 
Mitarbeiter eines Subunternehmens, ein "Nuklear-Nomade", verstrahlt 
(Siehe unseren <a href="akwfes110923.html" target=_blank>Artikel v. 
23.09.11</a>).

Die Reihe an Skandalen läßt sich für die Jahre 2012 bis 2020 fortsetzen 
und in atomkritischen Publikationen nachlesen.

15. Februar 2013

Jean-Louis Basdevant, hochrangiger Kernphysiker und Professor an der 
polytechnischen Hochschule, fordert die Stilllegung des ältesten 
französischen Atomkraftwerks Fessenheim. Er bezeichnet dies in einem 
Interview als "moralische Pflicht." Neben vielem anderen, das zumindest 
AtomkraftgegnerInnen seit vielen Jahren bekannt ist, weist Basdevant auf 
die dramatischen Auswirkungen eines Super-GAU im AKW Fessenheim auf das 
größte Trinkwasservorkommen Europas hin. Der Meiler befindet sich an der 
Basis des Oberrhein-Aquifers. Das Rheintal zwischen Basel und Rotterdam 
ist das am dichtesten besiedelten Gebiet Europas mit einer hohen 
Konzentration von Industrieanlagen.

Laut Basdevant würde dies im Falle einer partiellen Kernschmelze mit 
Austritt von Radioaktivität aus dem Reaktordruckbehälter und einem 
Dammbruch bedeuten, daß der Rhein bis nach Rotterdam kontaminiert wird. 
Ein schwerer Unfall im AKW Fessenheim wäre eine dramatische Katastrophe 
für ganz Europa und nach den Worten Basdevants "ein Dolchstoß, der das 
Leben dieser Region für mehr als 300 Jahre vernichten würde." (Siehe 
unseren <a href="akwfes130215.html" target=_blank>Artikel v. 
15.02.13</a>).

Bereits im sogenannten Normalbetrieb eines Atomkraftwerks wird 
Radioaktivität freigesetzt. Im Jahr 2007 kam eine Studie im Auftrag des 
Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) zu dem Ergebnis, daß im Umkreis von 
50 Kilometern um ein Atomkraftwerk signifikant mehr Kleinkinder an 
Leukämie erkranken. Je näher die Kinder am Atom-Reaktor aufgewachsen 
waren, desto höher lag ihr Risiko, an Blut-Krebs zu erkranken.

Konkret bezieht sich dieses Ergebnis auf Kinder in den ersten fünf 
Lebensjahren. Die beauftragten Mainzer WissenschaftlerInnen hatten für 
ihre Studie eine aufwendige Vorgehensweise gewählt. In die Studie wurden 
alle von 1980 bis 2003 diagnostizierten Krebs-Fälle von Kindern unter 
fünf Jahren einbezogen, die in den Landkreisen wohnten, die an die - zu 
dieser Zeit - 17 deutschen Atomkraftwerke grenzen. Insgesamt sind das 41 
Landkreise. In diesen Regionen erkrankten 1.592 Kleinkinder an Krebs, 
darunter 593 an Leukämie. Den 1.592 krebserkrankten Kindern stellten die 
Forscher 4.735 gesunde Kinder gegenüber, die zur selben Zeit in 
derselben Gegend aufgewachsen waren. Diese als "Fall-Kontroll-Studie" 
bezeichnete Vorgehensweise gilt für derartige Fragestellungen als 
besonders zuverlässig. Der Wohnort wurde bis auf 25 Meter genau 
bestimmt.

Bereits im Juli 2007 lag eine entsprechende US-amerikanische Studie vor, 
die nach einer Untersuchung an 136 Atomkraftwerke zum Ergebnis kam, daß 
das Krebsrisiko im näheren Umkreis von Atomkraftwerken um 
durchschnittlich 24 Prozent erhöht ist. Eine deutsche Studie aus dem 
Jahr 2001 ermittelte bei einer Untersuchung dreier bayerischer AKW, daß 
die kindliche Krebsrate in deren Umkreis hochsignifikant um 30,6 Prozent 
erhöht ist.

Mit der Stilllegung des AKW Fessenheim sinkt zwar das Risiko eines 
Super-GAU. Doch während der Zeit des Abrisses muß weiter mit einer 
schleichenden radioaktiven Kontamination im Umkreis von Fessenheim 
gerechnet werden. Naive Gemüter erwarten, daß schon in wenigen Jahren 
die vielzitierte "grüne Wiese" besichtigt werden könne.

Klar ist aber, daß es - nach offizieller Abriß-Planung - noch mindestens 
25 Jahr - also bis 2045 dauern wird, bis das Gelände frei von 
radioaktivem Material sein kann. Und wenn wir den Zeitverzug im Fall des 
Abrisses des französischen AKW Chooz A zugrunde legen, muß eher mit 30 
bis 35 Jahren gerechnet werden, statt mit 25.

In den kommenden Jahren steht für die Anti-Atom-Bewegung im Dreyeckland 
noch ein harter Kampf bevor, um wenigstens die gröbsten Mißgriffe beim 
Abriß des Atomkraftwerks zu verhindern. Der AKW-Betreiber EdF wird 
erfahrungsgemäß versuchen, in jedem Fall die billigste Variante 
durchzusetzen. So muß etwa damit gerechnet werden, daß radioaktiv 
kontaminierte Metall-Teile ins Metall-Recycling geschleust werden 
sollen. Radioaktiv strahlende Kochtöpfe wären in der Folge nicht 
auszuschließen. Aus der vorliegenden skizzenhaften Abriß-Planung geht 
zudem hervor, daß die EdF die Fundamente des AKW Fessenheim nicht 
herausreißen und das mit Tritium kontaminierte Erdreich nicht ausheben 
will. Stattdessen sollen die "Keller" des AKW Fessenheim dazu genutzt 
werden, um diese mit einem Teil des radioaktiven Abriß-Materials zu 
verfüllen.

Über den so "entsorgten" radioaktiven Bauschutt kann eine dünne Schicht 
Humus und darüber Rollrasen wie im Fußballstadion aufgebracht werden. 
Das sähe dann hübsch grün aus. Deutschland ist auch hier ein schlechtes 
Vorbild: Zu erinnern ist an die sogenannte Sanierung der Wismut. Es 
handelte sich bei der SDAG Wismut um den sowjetisch-deutsche Uranabbau 
auf einem riesigen Areal im Grenzgebiet zwischen Thüringen und Sachsen. 
Bis 1990 war die SDAG Wismut der weltweit viertgrößten Produzenten von 
Uran.

Ehemalige Absetzbecken wurden nach 1990 nur abgedeckt und nicht 
abgedichtet. Ein Teil der Niederschläge sickert nach wie vor durch die 
feinkörnigen Bergbaurückstände hindurch, so daß giftige Stoffe ins 
Grundwasser gelangen. Es gibt eine dauerhaft erhöhte radioaktive 
Belastung in den betroffenen Gebieten Thüringens und Sachsens. Im Jahr 
2007 sollte die Bundesgartenschau Gera-Ronneburg einen Teil der 
verwüsteten Landschaften hübsch überdecken. Auf 75 Hektar konnte ein 
gigantischer Blumenteppich aus mehr als 100.000 Stauden, 30.000 Rosen 
und Begleitpflanzen sowie ein 500 Meter langer Blütencorso im 
Wechselflor besichtigt werden.

Doch um sich an einem schlechten Beispiel zu orientieren, muß der 
AKW-Betreiber EdF seinen Blick nicht bis ins Gebiet der ehemaligen DDR 
streifen lassen. Auch Baden-Württemberg ist hier leider "vorbildlich": 
Mit Hilfe des wissenschaftlich nicht zu begründenden 
10-Micro-Siefert-Konzepts soll im deutschen Südwesten leicht 
radioaktiver Müll "freigemessen" werden, um ihn dann - um nur einen Fall 
zu nennen - auf der Deponie Sansenhecken im Neckar-Odenwald-Kreis 
abkippen zu können (Siehe unseren<a href="akwmue170713.html" 
target=_blank>Artikel v. 13.07.17</a>).

Zugleich zeichnet sich für die Anti-Atom-Bewegung ein leichter 
Hoffnungsschimmer am Horizont ab. Es kursieren Angaben, die den von 
Seiten der EdF seit vielen Jahren befürchteten Domino-Effekt im Falle 
der Stilllegung des AKW Fessenheim möglich erscheinen lassen: So soll 
bereits am 15. September dieses Jahres ein Reaktor des französischen AKW 
Dampierre folgen. Für die Stilllegung jeweils eines Reaktors der 
Atomkraftwerke Tricastin und Gravelines steht der 15. Dezember im Raum. 
Und ein Reaktor des AKW Blayais soll demnach im Dezember 2021 
stillgelegt werden.



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