[fessenheim-fr] Artikel ueber Wyhl-Archiv - direkt
Redaktion Umwelt RDL
umwelt at rdl.de
Di Dez 11 23:02:04 CET 2018
Hallo Leute!
Hier der Artikel aus der 'Badischen Zeitung' über das
Wyhl-Archiv, ohne daß Ihr den Umweg über eine
Viren-trächtige pdf-Datei gehen müßt (s.u.)...
Ciao
Klaus Schramm
"Das Archiv ist schon weltbekannt"
Von Iva Gerich (Klasse 9c)
Di, 11. Dezember 2018
Weisweil
BZ-SERIE:In Weisweil lagern rund 300 000 Seiten Dokumente, die vom Kampf
gegen das Atomkraftwerk Wyhl erzählen.
Die Tür zum Archiv | Foto: Lena Marie Jörger
Anna Haag und Kurt Schmidt blättern in alten Unterlagen. | Foto:
Lena Marie Jörger
WEISWEIL. Der Adventskalender darf in der Vorweihnachtszeit in vielen
Haushalten nicht fehlen. Jeden Tag wird ein Türchen geöffnet, hinter dem
sich ein Bild oder etwas Süßes verbirgt. Auch die BZ-Redaktion, die
Presse-AG und die AG "Journalistisches Arbeiten" des Gymnasiums
Kenzingen öffnen bis Weihnachten Türen in der Region und erzählen, was
sich dahinter verbirgt. Heute: das Archiv der Badisch-Elsässischen
Bürgerinitiativen in Weisweil.
Kurt Schmidt öffnet die Tür des Archivs und betritt den Raum. Sofort
macht sich der Duft von alten und lange gelagerten Unterlagen bemerkbar.
An den Wänden des kleinen Raums, der sich im alten Gemeindehaus in
Weisweil befindet, stehen Regale und Schränke, die bis obenhin mit
Ordnern, Unterlagen und Büchern gefüllt sind – alles Nachlässe, die vom
Kampf gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl in den 70er Jahren
zeugen. Auch die gerahmten Fotos und Plakate, die an der Wand hängen,
sind ein beeindruckender Anblick. Auf einem der zwei großen
Schreibtische findet sich ein weiteres Einzelstück – die Gitarre von
Liedermacher Roland Burkhart, auch genannt "Buki".
Laut Kurt Schmidt lagern in dem Archiv ungefähr 300 000 Seiten. Viele
davon gehören zum Briefverkehr von Lore Haag, die ab den 70er Jahren
sehr aktiv war und viele Kontakte ins Ausland pflegte.
Natürlich ist nicht alles in dem Raum auf Papier, es gibt auch einen
Computer, auf dem die teils digitalisierten Dokumente zu finden sind. In
der Mitte des Raumes stehen mehrere Stühle.
Kurt Schmidt steht im Raum und schaut sich um. Der 59 Jahre alte
Weisweiler ist politisch sehr aktiv. Er ist Vorsitzender der
Bürgerinitiative Weisweil und engagiert sich zum Beispiel auch in der
Kirchengemeinde.
Die zweite Vorsitzende der Bürgerinitiative, Anna Haag, ist 64 Jahre
alt. Sie wuchs wie Schmidt in Weisweil auf und ist für die Organisation
der monatlichen Mahnwachen zuständig. Diese dienen dazu, den Kampf gegen
die Atomkraft in Erinnerung zu halten. Sie sind nicht die einzigen
Aktionen. Nach Absprache und Bedarf werden im Archiv auch Führungen
angeboten. Viele internationale Gäste zeigen Interesse, besonders aus
Japan und den USA, aber auch Abgeordnete des belgischen Parlaments und
Gäste aus Südkorea waren schon da. "Das Archiv ist schon weltbekannt",
sagt Kurt Schmidt.
Er ist durchgehend auf der Suche nach neuen Nachlässen, immer wieder
kommen weitere Dokumente zu den bereits vorhandenen 300 000 Seiten dazu.
"Es sind Riesenmengen", sagt Schmidt. Die meisten Aktivitäten laufen
über Erhart Schulz, Kurt Schmidt ist zum Beispiel für Führungen oder die
Digitalisierung der Dokumente zuständig.
Die Idee, die hinter dem Archiv steckt, ist die Erinnerung an die
Bedeutung des Kampfs gegen Atomkraft und die Erhaltung der Unterlagen
für die Nachwelt. Viele Menschen wissen jedoch nicht, was sich dort
verbirgt – und Kurt Schmidt denkt, dass ohne das Archiv alles in
Vergessenheit gerate, wie er sagt. Deshalb sei es ihm wichtig, das
Archiv zu erhalten.
Kurt Schmidt kann sich noch gut an eine Schulklasse erinnern, die einmal
das Archiv besucht hat. Keiner der Schüler wusste damals, was um Wyhl
herum passiert war – obwohl ihre Eltern selbst dabei waren. Das habe ihm
gezeigt, dass der Kampf gegen das AKW Wyhl bei der neuen Generation
einfach kein Thema mehr sei. Ganz anders sei das allerdings im Ausland.
Besonders in Japan sei die Geschichte von Wyhl bekannt, da Wyhl dort als
Paradebeispiel für einen erfolgreichen Widerstand gegen Atomkraft gelte.
Viele Professoren und Studenten kommen laut Kurt Schmidt in das Archiv,
um zu recherchieren. "Es ist einfach ein Stück Zeitgeschichte", sagt der
BI-Vorsitzende.
Für ihn selbst und auch für Anna Haag sind die Erinnerungen an den Kampf
fest im Bewusstsein verankert. Beide waren damals auch selbst vor Ort.
Schmidt war zu der Zeit 15 oder 16 Jahre alt, Anna Haag erinnert sich
noch gut an die Protestbesuche mit ihrem neugeborenen Sohn. "Man war
dabei oder man war nicht dabei", sagt Kurt Schmidt rückblickend. Die
Erinnerungen an und die Verbundenheit mit der Geschichte des
Anti-AKW-Protests bestärken die beiden darin, weiterzumachen und das
Thema auch an jüngere Generationen zu vermitteln.
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