[fessenheim-fr] Demo Lingen - 2 Texte aus Lokalteil der NOZ

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
So Jun 10 21:44:44 CEST 2018


Hallo Leute!

Hier zwei Texte aus dem Lokalteil der NOZ (s.u.)
zu der Demo gestern in Lingen...

Ciao
    Klaus Schramm

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www.noz.de/lokales/lingen/artikel/1255896/atomkraftgegner-fallen-in-lingen-wie-tot-zu-boden#gallery&0&0&1255896

Demonstration am Samstag
Atomkraftgegner fallen in Lingen wie tot zu Boden

Von Thomas Pertz

Auf ein Kommando legten sich die Demonstranten beim „Die-In“ wie tot vor 
den Eingangsbereich des Kernkraftwerkes. Fotos: Thomas Pertz

Lingen. Rund 500 Menschen haben am Samstagnachmittag vor dem 
Kernkraftwerk Emsland in Lingen und der benachbarten Brennelementefabrik 
im Industriepark für die sofortige Abschaltung des Reaktors und die 
Schließung der Fabrik demonstriert.

Diese Zahl nannten die Veranstalter, die Schätzungen der Polizei 
beliefen sich auf 450 Teilnehmer.

Auf ein Kommando legten sich die Demonstranten am Samstagnachmittag vor 
dem Eingangsbereich des Kernkraftwerks wie tot auf den Boden hin. Das 
sogenannte „Die-in“ war ein emotionaler Höhepunkt der Demonstration 
gegen das Atomkraftwerk der RWE und die Brennelementefabrik von ANF im 
Industriepark.

Im Vorfeld hatten 80 Anti-Atomkraft-Initiativen, Umweltgruppen und 
Parteiverbände zu der

Demonstration aufgerufen. Zu den Veranstaltern gehörten unter anderem 
das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, der Arbeitskreis 
Umwelt (AKU) Gronau, der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Schüttorf, der 
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, die Deutsche Sektion der 
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in 
sozialer Verantwortung und der Elternverein Restrisiko Emsland.
Ein Urgestein der Anti-Atombewegung

Dessen Vorsitzender ist Gerd Otten, der zu den Urgesteinen der 
Anti-Atom-Bewegung gehört. Die ist vor der Haustür der Atomanlagen in 
Lingen kleiner als in benachbarten Bundesländern und den Niederlanden. 
Von dort waren zwei Busse mit Demonstranten gekommen. Teilnehmer kamen 
auch aus dem Münsterland, dem Aachener Raum und aus Thiange in Belgien, 
dessen wegen Rissbildungen in die Kritik geratenes Kernkraftwerk mit 
Brennelementen aus Lingen beliefert wird. Ebenso wie die Anlage im 
belgischen Doel, „Schrottreaktoren“ nach Darstellung der Atomkraftgegner.

„30 Jahre Lingen II sind genug“, betonte Gerd Otten und spielte damit 
auf die bisherige Laufzeit des Kernkraftwerks Emsland an. Der erste 
Reaktor, der in Lingen ans Netz gegangen ist, ist abgeschaltet und 
befindet sich im Rückbau. „Diese Art der Energieerzeugung lehnen wir 
damals wie heute ab, weil das Risiko für die Bevölkerung zu groß ist“, 
sagte der Sprecher des Elternvereins Restrisiko Emsland unter dem 
Beifall der Teilnehmer.

Die Bevölkerung in Lingen und der Umgebung würden die Anlage verdrängen, 
kritisierte der Umweltschützer. Dass der Atomausstieg Arbeitsplätze 
vernichte, sei im Übrigen falsch. Die Zahl der Arbeitsplätze, die im 
Bereich der regenerativen Energien geschaffen werden, ist nach seinen 
Worten um ein Vielfaches größer.

„Wir Ärzte sind nicht ausgebildet“

Angelika Claussen von der Vereinigung „Internationale Ärzte für die 
Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung“, kritisierte, 
dass es weder für das Kernkraftwerk in Lingen noch für den Reaktor in 
Grohnde einen wirksamen Katastrophenschutz gebe. „Auch wir Ärzte sind 
für einen solchen Katastrophenfall nicht ausgebildet“, meinte sie. Der 
Weiterbetrieb der Atomanlage in Lingen sei deshalb unverantwortlich. Das 
gelte ebenfalls für die Brennelementefabrik. „Atomausstieg heißt auch 
Stilllegung der Brennelementefertigung“, unterstrich Matthias Eickhoff 
vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Hier dürfe es kein 
„Ja, aber“ geben.

Jan Schaake von der Initiative „Enschede voor Vrede“ aus den 
Niederlanden verwies darauf, dass 1,2 Millionen Menschen in den 
Niederlanden in einem Radius von 100 Kilometern um das Lingener 
Kernkraftwerk wohnen würden. „Im Falle eines großen Störfalls stimmen 
die Katastrophenschutzpläne beider Länder nicht überein. Radioaktive 
Strahlung stoppt aber nicht an der Grenze.“

Marsch zur Brennelementefabrik

Vom Kernkraftwerk aus machten sich die Demonstranten dann auf den gut 
zwei Kilometer langen Fußmarsch zur Brennelementefabrik, wo die Polizei 
die Zufahrt vor dem Parkplatz abgesperrt hatte. In Sichtweite des 
Unternehmens forderten Teilnehmer in mehreren Redebeiträgen den 
Exportstopp von Brennelementen und die Schließung des Betriebs.

„Großer Widerstand ist im Emsland nicht zu befürchten“, räumte die 
Lingenerin Heidi Kuhnert ein. Sie zollte deshalb Gerd Otten Respekt, 
dass er seiner Linie trotz persönlicher Anfeindungen treu geblieben sei.

Walter Schumacher vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie und ein 
belgischer Vertreter aus Thiange hoben die erfolgreichen gemeinsamen 
Bemühungen hervor, ein kritischeres Bewusstsein gegenüber dem 
„Schrottreaktoren“ in Thiange zu entwickeln. Man werde den Betreibern 
ein deutsches Wort beibringen, sagte der Belgier: „Ab-schal-ten“. Und 
die Menge ruft im Rhythmus mit.

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www.noz.de/lokales/lingen/artikel/1255970/atomkraftgegner-bleiben-unter-sich

10.06.2018, 05:59 Uhr

Demo in Lingen
Atomkraftgegner bleiben unter sich

Von Thomas Pertz
Zwischen 450 und 500 Teilnehmer waren am Samstag bei der Demonstration 
in Lingen dabei. Foto: Thomas Pertz

Lingen. Sie kamen aus vielen Teilen der Bundesrepublik und auch aus den 
Niederlanden, die wenigsten aus Lingen: Die Teilnehmer der Demonstration 
gegen das Kernkraftwerk Emsland und die Brennelementefabrik blieben am 
Samstag, wie auch bei ähnlichen Veranstaltungen in den Vorjahren, 
weitgehend unter sich.

Woran liegt das? Die große Mehrheit der Bürger im Emsland hat sich seit 
der Inbetriebnahme des Reaktors 1988 mit der Anlage offenbar abgefunden. 
Ihr Vertrauen in die technische Beherrschbarkeit der Atomenergie im 
laufenden Betrieb ist größer, als der Zweifel daran: Es wird schon gut 
gehen bis Ende 2022.

Dass die Demonstrationsteilnehmer dennoch zufrieden den Heimweg antreten 
konnten, hat zwei Gründe: Selbst wenn sich ein schnelleres Abschalten 
des Kernkraftwerkes nicht realisieren lässt, fällt sein Ablaufdatum 
nicht auf den St. Nimmerleinstag. Es rückt von Tag zu Tag näher. Und die 
Brennelementefabrik? Sie muss auf die Exportkarte setzen, weil die 
Inlandkunden aussteigen müssen. Und sie bleibt im Fokus politischer 
Schließungsdebatten. Diese Diskussion weiter in Gang halten werden auch 
die knapp 500 Demonstranten von Samstag – ob mit emsländischer 
Unterstützung, oder ohne sie.

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