[fessenheim-fr] Witz in WAZ

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Sa Jan 27 18:08:24 CET 2018


Hallo Leute!

Auch der WAZ-Konzern findet plötzlich das Thema
"Stilllegung des AKW Fessenheim" interessant -
und haut in seinen vielen Tageszeitungen und
in der online-Ausgabe einen Artikel mit dem
Titel 'AKW Fessenheim blickt seinem Aus entgegen'
raus (.s.u.). Dieser enthält nichts Neues - ebenso
wie die in den vergangenen zwei Wochen in bemerkenswerter
Anzahl rausgehauenen in der suggestiven Tendenz
entsprechenden Artikel vieler anderer Mainstream-
Medien-Konzerne - wie heiße Luft aus einem
elektrischen Heizlüfter...

Bekanntlich liest die Mehrheit der KonsumentInnen
von Mainstream-Medien nur die Überschrift und
erliegt so der Suggestion, die Stilllegung des
AKW Fessenheim sei in nächster Zeit (oder wahl-
weise: bis März 2019) sicher. Und weniger als
90 Prozent kommen über die ersten drei Zeilen
hinaus...

Das "Dementi" der Überschrift folgt erst in
der zweiten Hälfte des Artikels. Dort heißt es
in Bezug auf den EPR-Atom-Reaktor Flamanville:
"Dessen Einweihung dürfte das Aus für das AKW
Fessenheim bedeuten."
Und aus diesem Teil des Artikels geht klar hervor,
daß die Inbetriebnahme des EPR-Reaktors keineswegs
bis Anfang 2019 gesichert ist.

LeserInnen, die bis hierhin "vorgedrungen"
sind, können dann auch lachen: Denn sie erkennen,
daß der Satz zu Beginn des Artikels "Die Regierung
unter Macron hat sich nun zu einer Entscheidung
durchgerungen." ein Witz war.

Ciao
    Klaus Schramm


Umstrittener Reaktor
AKW Fessenheim blickt seinem Aus entgegen

25.01.2018 17:23 Uhr

Eigentlich hatte Frankreichs Ex-Präsident François Hollande die 
Schließung des ältesten französischen Kraftwerks versprochen und an die 
Eröffnung eines modernen Druckwasserreaktors in der Normandie gekoppelt. 
Doch diese verzögert sich. Die Regierung unter Macron hat sich nun zu 
einer Entscheidung durchgerungen.

Paris/Fessenheim. „Das Atomkraftwerk Fessenheim wird schließen“: Diese 
klare Botschaft sendete Sébastien Lecornu, Staatsminister für die 
Energiewende im Umweltministerium bei seinem dreitägigen Ortsbesuch vor 
einigen Tagen zwar aus. Aber wann und unter welchen Bedingungen? Das 
blieb weiter offen. Ein Leitungsgremium soll das heikle Thema besprechen 
und bis Mitte April präzisere Angaben machen.

Ende des Jahres könnte Schluss sein

Beim ältesten französischen Atomkraftwerk, das 1977 ans Netz ging, 
handelt es sich um eines jener heißen Eisen, an dem sich bereits die 
vorherigen Regierungen zu verbrennen fürchteten. Die Sorgen um die 
Pannenanfälligkeit der beiden Reaktoren, der Druck der kritischen 
Nachbarländer Deutschland und Schweiz sowie der Nukleargegner in der 
Region stehen auf der einen Seite; auf der anderen verweisen lokale 
Politiker und Gewerkschafter auf die wirtschaftliche Bedeutung des 
Kraftwerks für die Region, die 2000 direkt und indirekt davon 
abhängenden Jobs und die mehr als 14 Millionen Steuereinnahmen, die es 
im Jahr einbringt. Auch der staatlich dominierte Betreiber EDF kämpfte 
lange für eine Laufzeit-Verlängerung. Vor einem Jahr sagte der Staat dem 
Konzern hohe Entschädigungszahlungen zu.

Mit 58 Reaktoren hat Frankreich den zweitgrößten Atompark der Welt; in 
der Bevölkerung ist dies wenig umstritten, auch wenn seit der 
Katastrophe in Fukushima 2011 ein Umdenken einsetzt. Bei seiner Wahl zum 
Präsidenten 2012 hatte François Hollande daher sowohl versprochen, bis 
2025 den Anteil der Nuklearenergie in Frankreich von 75 auf 50 Prozent 
zu senken, als auch das AKW Fessenheim im Laufe seiner Amtszeit zu 
schließen. Den Wegfall der beiden Reaktoren sollte der Europäische 
Druckwasserreaktor (EPR) in Flamanville in der Normandie kompensieren. 
Zwischen 2030 und 2050 will EDF-Chef Jean-Bernard Lévy Frankreichs 
altersschwache Reaktoren zu modernen EPR umrüsten. Doch Zeitplan und 
Kosten des ersten EPR-Baus liefen völlig aus dem Ruder. Hätte der 
Reaktor einer neuen Generation ursprünglich 2012 fertig gestellt sein 
sollen, so ist nun von Ende diesen Jahres oder Anfang 2019 die Rede.

Hoffen auf deutsche Hilfe

Dessen Einweihung dürfte das Aus für das AKW Fessenheim bedeuten. 
Während der Gewerkschafter Thierry Raymond eine „wirtschaftliche und 
soziale Katastrophe“ kommen sieht, versprach Staatsminister Lecornu, es 
werde eine „neue Seite in der industriellen Geschichte des Elsass“ 
aufgeschlagen. Zugleich lasse sich die wirtschaftliche Entwicklung einer 
Region „nicht per Dekret beschließen“. Die 800 dort beschäftigten 
Mitarbeiter von EDF sollen andere Posten erhalten. Auf die Frage neuer 
Jobs für die 330 Angestellten der Zulieferer erhoffe man sich eine 
„deutsch-französische Antwort“, so Lecornu: „Deutschland kann diese 
Profile brauchen.“ Eine steuerliche Harmonisierung in der Grenzregion 
sowie der Ausbau der Infrastruktur seien geplant. Lecornu versprach, an 
dem Standort „dauerhafte Aktivitäten“ anzusiedeln, möglicherweise im 
Bereich der erneuerbaren Energien.

Deren Anteil erreicht in Frankreich nur 19 Prozent; längst wird das 
Potenzial nicht ausgeschöpft, gerade bei der Windenergie, die bei 4   
Prozent liegt. Noch gibt es keine einzige Windkraftanlage auf See.

Präsident Emmanuel Macron hat zwar erklärt, die Abhängigkeit vom 
Atomstrom reduzieren zu wollen – zugleich versicherte er, Nuklearenergie 
habe eine Zukunft in Frankreich. Atomenergie-Gegner reagierten empört, 
als Umweltminister Nicolas Hulot im Herbst ankündigte, das von Hollande 
gesetzte Ziel der Reduzierung des Atomstrom-Anteils um ein Drittel bis 
2025 sei unrealistisch und nur umsetzbar, wenn die vier bestehenden 
Kohlekraftwerke länger liefen und 20 neue Gaskraftwerke gebaut werden. 
Das aber würde den CO2-Ausstoß erhöhen – was man verhindern möchte. Zwar 
sollen weitere Reaktoren in den kommenden Jahren geschlossen werden. 
Welche, ist noch nicht bekannt. Das Beispiel Fessenheim zeigt, mit wie 
viel Widerstand jeweils zu rechnen ist.

Von Birgit Holzer/RND



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