[fessenheim-fr] Fwd: Pressemitteilung der Anti-Atom-Gruppe Freiburg zum Erdbeben am 6. März

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mi Mär 8 16:55:50 CET 2017


-------- Original Message --------
Subject: Pressemitteilung der Anti-Atom-Gruppe Freiburg zum Erdbeben am 
6. März
Date: Wed, 08 Mar 2017 15:08:21 +0100


Sehr geehrte Damen und Herren!

Anläßlich des Erdbebens am 6. März in der Schweiz erinnert die
Anti-Atom-Gruppe Feiburg an das Risiko eines durch ein Erdbeben
ausgelösten Super-GAU im AKW Fessenheim. Wir bitten um redaktionelle
Verwendung unserer Pressemitteilung (siehe weiter unten und als
odt-Datei im Anhang).

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Schramm
für die
Anti-Atom-Gruppe Freiburg


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AKW Fessenheim und Erdbeben-Risiko

Am Dienstag um 21:12 Uhr ereignete sich in der Zentralschweiz ein 
Erdbeben der Stärke 4,6 auf der Richterskala. Aus diesem Anlaß erinnert 
die Anti-Atom-Gruppe Freiburg daran, daß das AKW Fessenheim nicht 
ausreichend gegen Erdbeben geschützt ist und an die vielfältigen anderen 
Risiken des vom Stadtzentrum Freiburgs nur 24 Kilometer Luftlinie 
entfernten Meilers.

Immer wieder wird behauptet, das AKW Fessenheim sei selbst vor einem 
starken Erdbeben wie jenem in Basel im Jahr 1356 geschützt, da es vor 
vier Jahren nachgerüstet wurde. Lokale Medien zitierten den 
Bürgermeister von Fessenheim mit dem Satz: "Das AKW wurde nachgerüstet; 
es würde sogar ein Erdbeben von 6,5 auf der Richterskala aushalten, wie 
es 1356 die Stadt Basel in Trümmer legte." Basel ist rund 40 Kilometer 
von Fessenheim entfernt. WissenschaftlerInnen sagen: "Das AKW Fessenheim 
übersteht möglicherweise ein zweites Beben von der Stärke des Basler 
Bebens, wenn dessen Epizentrum mindestens 30 Kilometer vom AKW-Standort 
entfernt ist." Die Aussage des Bürgermeisters von Fessenheim ist also 
ebenso falsch wie jene der Chef-Manager von TEPCO aus der Zeit vor 2011, 
als diese behaupteten: "Das AKW Fukushima Daiichi ist vor Tsunamis 
geschützt." Sie meinten damit Tsunamis mit einer Kammhöhe von maximal 
sechs Metern und zugleich hielten sie einen Tsunami mit über 13 Metern 
Höhe für ausgeschlossen.

Berücksichtigt werden muß auch die wissenschaftliche Erkenntnis, daß 
nicht allein die Stärke des Erdbebens - gemessen nach der Richterskala - 
und die Entfernung des AKW Fessenheim von dessen Epizentrum entscheidend 
ist, sondern vor allem die Stärke der Horizontalbeschleunigung. Am 11. 
März 2011 traf das Erdbeben, dessen Epizentrum 163 Kilometer nordöstlich 
lag, das AKW Fukushima Daiichi mit einer Horizontalbeschleunigung von 
über der Hälfte der Erdbeschleunigung (9,81 m/s²). Dies überschritt die 
bauliche Auslegung der Reaktorgebäude deutlich. Beim 
Christchurch-Erdbeben in Neuseeland vom Februar 2011 war sogar eine 
Horizontalbeschleunigung von mehr als dem Doppelten der 
Erdbeschleunigung - also über 20 m/s² gemessen worden.

ExpertInnen des Schweizer Erdbebendienstes erinnerten gestern völlig 
zurecht an die unabweisbare Tatsache, daß es früher oder später in der 
Schweiz auch wieder zu einem Erdbeben mit einer Stärke von über 6 
Einheiten auf der Richterskala kommen wird - "Wann und wo es genau 
stattfinden wird, ist aber nicht vorherzusehen." Der gesamte 
Oberrheingraben gehört aus wissenschaftlicher Sicht zu den seismisch 
aktivsten Zonen in Europa.

Die Anti-Atom-Gruppe Freiburg verweist zudem darauf, daß das Gelände des 
AKW Fessenheim direkt an den Rheinseitenkanal mit seiner völlig maroden 
Uferbefestigung angrenzt. Bei einem Erdbeben können laut des im Auftrag 
der regionalen Überwachungskommission und des Regionalrates in Colmar 
erstellten und im Juni 2011 veröffentlichten Gutachtens die Betonplatten 
des Rheinseitenkanals brechen. In der Folge kann das AKW-Gelände 
innerhalb von acht bis neun Stunden einen Meter hoch überflutet werden. 
Ein Super-GAU wäre dann - wie im Fall Fukushima - kaum mehr zu verhindern.

Die Betonhülle der beiden Reaktor-Gebäude mit einer Stärke von 80 
Zentimetern kann nach wie vor beispielsweise nicht einmal dem gezielten 
Absturz eines Cessna-Kleinflugzeugs standhalten, geschweige denn dem 
eines gekaperten Linienflugzeugs nach Vorbild des 11. September 2001.

Die Reaktordruckbehälter, die wegen der Neutronenstrahlung zunehmend 
verspröden, können in einem Atomkraftwerk nicht ausgetauscht werden. Die 
beiden Atom-Reaktoren des AKW Fessenheim, die lediglich für eine 
Betriebsdauer von 25 Jahren ausgelegt sind, hätten wegen der Versprödung 
der Reaktordruckbehälter spätestens im Jahr 2002 stillgelegt werden 
müssen. Bereits im Herbst 1979 wurden durch die Aussagen eines 
vormaligen Sicherheits-Ingenieurs Risse an den Stutzen des 
Reaktordruckbehälters von Block I bekannt. In den Jahren 1991 und 1996 
kam zu Tage, daß sich in den Deckeln der Reaktordruckbehälter Risse 
gebildet hatten. Die jeweils 54 Tonnen schweren Deckel wurden ausgetauscht…

Das AKW Fessenheim kann vom gegenüberliegenden Ufer des 
Rheinseitenkanals, das mit LkW zu erreichen ist, leicht mit 
panzerbrechenden Waffen beschossen werden. Auch auf diese Weise kann ein 
terroristischer Angriff den Super-GAU auslösen.

Immer wieder kommt es im AKW Fessenheim zu sogenannten "Störfällen" und 
automatischen Schnellabschaltungen. Es liegt eine Vielzahl an Hinweisen 
vor, die belegen, daß es im Verlauf der vergangenen 40 Jahre bereits 
mehrmals zu höchst gefährlichen Situationen kam, bei denen eine 
Kernschmelze nur noch knapp vermieden werden konnte.

In jedem Atomkraftwerk wird jährlich pro Megawatt elektrischer Leistung 
die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Umgerechnet auf die 
beiden Reaktorblöcke des AKW Fessenheim bedeutet dies, daß dort in jedem 
Betriebsjahr die kurz- und langlebige Radioaktivität von 1.760 
Hiroshima-Bomben entsteht. Die Freisetzung auch nur eines geringen Teils 
dieser Radioaktivität hätte verheerende Folgen für alles Leben in der 
gesamten Region. Als Folge einer Reaktorkatastrophe kann bei der meist 
vorherrschenden Windrichtung ein Territorium bis in den Raum 
Nürnberg-Würzburg für Jahrzehnte unbewohnbar werden. Hinzu kommt, daß 
Europas größtes Trinkwasser-Reservoir bis nach Rotterdam radioaktiv 
verseucht werden kann.

Neben allen technischen Unzulänglichkeiten wird jedoch häufig die größte 
Gefahrenquelle in einem Atomkraftwerk übersehen: der Mensch. Die 
Kernschmelz-Katastrophen in dem gerade einmal drei Monate alten Reaktor 
des AKW Harrisburg am 28. März 1979 und jene vom 26. April 1986 in 
Tschernobyl wurden durch menschliches Fehlverhalten verursacht. Die 
Nutzung der Atomenergie in Atomkraftwerken ist eine Technologie, die 
nicht fehlertolerant ist. Deshalb ist das sogenannte Restrisiko, das 
Risiko eines Super-GAU, nicht statistisch erfaßbar.

Es ist daher völlig unsinnig, wenn davon die Rede ist, die beiden 
baden-württembergischen Atomkraftwerke, das AKW Neckarwestheim bei 
Heilbronn und das AKW Philippsburg bei Karlsruhe, seien "sicher". Auch 
ein Super-GAU in einem der fünf in der Schweiz in Betrieb befindlichen 
Atom-Reaktoren an vier Standorten kann je nach Windrichtung die gesamte 
Schweiz oder auch Süddeutschland bis über Stuttgart hinaus für 
Jahrzehnte in eine Todeszone verwandeln.

Ingo Falk von der Anti-Atom-Gruppe Freiburg sagt: "Wer vor den Gefahren 
der Atomenergie nicht die Augen verschließt, kann sich nicht mit dem 
Versprechen eines Atomausstiegs in fünf oder zehn Jahren oder am 
Sankt-Nimmerleins-Tag zufrieden geben. Die Forderung nach der sofortigen 
Stilllegung aller Atomanlagen ist daher so aktuell wie vor fünf, vor 
zehn oder vor vierzig Jahren."




-------------- nächster Teil --------------
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