[fessenheim-fr] EU-Gericht schmettert Subventions-Klage bzgl. AKW-Projekt Hinkley Point C ab
Klaus Schramm
klausjschramm at t-online.de
Fr Sep 30 18:06:44 CEST 2016
Hallo Leute!
Schlechte Nachrichten:
www.linkszeitung.de/akwhin160929liz.html
(Text siehe unten)
Ciao
Klaus Schramm
29.09.2016
AKW-Projekt Hinkley Point C
EU-Gericht schmettert Subventions-Klage ab
Luxemburg (LiZ). Der Ökostrom-Anbieter Greenpeace Energy hatte vor dem
Gericht der Europäischen Union wegen der massiven Wettbewerbs-Verzerrung
infolge der Subventionierung des AKW-Projekts Hinkley Point geklagt.
Doch die Klage wurde nun als "nicht zulässig" abgewiesen.
Laut einer Pressemitteilung vom heutigen Donnerstag prüft Greenpeace
Energy, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einzulegen.
Neben Greenpeace Energy hatten auch die oekostrom AG aus Österreich
sowie die deutschen Stadtwerke Aalen, Bietigheim-Bissingen, Bochum,
Mainz, Mühlacker, Schwäbisch-Hall, Tübingen und Energieversorgung
Filstal vor dem Gericht der Europäischen Union (EUG) - der ersten
Instanz des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) - geklagt und der
baden-württembergische Ökostrom-Anbieter Energiewerke Schönau (EWS)
hatte die Klage unterstützt.
Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung, weil Hinkley Point C als
Blaupause für ein Dutzend weiterer AKW-Projekte in Großbritannien und
anderen europäischen Staaten dienen kann. "In unserer Klage geht es
nicht nur um die wirtschaftliche Betroffenheit einiger Unternehmen und
nicht allein um Fragen der britischen Nuklearförderung, sondern gerade
im Hinblick auf die Gründe der Kommission, die Beihilfe zu genehmigen,
auch um eine entscheidende Weichenstellung für die europäische
Energiepolitik," sagt Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy.
"Das Gericht verkennt aus unserer Sicht die Tragweite der Entscheidung,
wenn es nun unsere Bedenken gegen die exorbitanten britischen
Atomsubventionen abweist," so Tangermann.
Die geplante vielfältige Subventionierung für das AKW-Projekt Hinkley
Point C summiert sich laut einer von Greenpeace Energy in Auftrag
gegebenen Studie des deutschen Analyse-Instituts Energy Brainpool auf
108 Milliarden Euro. Die EU-Kommission hatte die Subventionierung 2014
genehmigt (Siehe unseren Artikel v. 9.10.14). Zusätzlich verspricht der
britische Staat dem Betreiber-Konzern EdF ein umfangreiches
Garantiepaket in zweistelliger Milliardenhöhe. Das Subventions-Paket
wurde mittlerweile von der britischen Regierung unter der neuen
Premierministerin Theresa May angeblich geprüft und überarbeitet.
Gestern erst hatte EdF den neuen Subventions-Bedingungen zugestimmt. Der
Vertrag für das Projekt Hinkley Point C an dem AKW-Standort im
idyllischen Somerset, an der Südwestküste Englands, wurde am
Donnerstagnachmittag in London unterzeichnet. Der nach offiziellen
Angaben 31 Milliarden Euro teure Neubau zweier Reaktoren am Standort des
AKW Hinkley Point wird durch den EURATOM-Vertrag gerechtfertigt.
Weitere EU-Staaten wie Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn planen
ebenfalls AKW-Neubau-Projekte. Am weiteres fortgeschritten ist derzeit
nach Hinkley Point C das AKW-Projekt Paks II in Ungarn. Die vier Staaten
hatten Anträge beim EuG gestellt, als Streithelfer in das Verfahren zu
Hinkley Point C auf Seiten der beklagten EU-Kommission einzusteigen, um
deren Argumentationsweise zur Genehmigung der Atom-Subventionierung zu
verteidigen. Sollten die AKW-Projekte in der EU nach dem Vorbild von
Hinkley Point C realisiert werden, drohen nach Ansicht von Greenpeace
Energy noch stärkere Wettbewerbs-Verzerrungen auf den immer enger
vernetzten europäischen Strommarkt.
Hinkley Point C soll nach jetzigem Planungsstand im Jahr 2023 in Betrieb
gehen. Dabei ist heute trotz der gigantischen finanziellen Zusagen der
britischen Regierung keineswegs sicher, daß Hinkley Point C jemals
fertiggestellt wird. Denn die beiden Prestige-Projekte, mit denen die
EdF und Areva der Welt beweisen wollten, daß die neue Atom-Reaktor-Linie
vom Typ EPR "schlüsselfertig" zum Festpreis von 3,2 Milliarden Euro pro
Reaktor angeboten werden könne, haben sich bereits als Flop
herausgestellt. Das EPR-Projekt Olkiluoto wurde 2005 begonnen und sollte
bis 2011 fertiggestellt sein. Bei dem im französischen Flamanville 2006
begonnenen EPR-Projekt war anfangs die Rede von einer Fertigstellung bis
2012. Mittlerweile ist zumindest sicher, daß es nicht vor 2019 ans Netz
gehen wird. Hinzu kommt, daß aus internen Quellen Hinweise ans Licht
kamen, daß das Risiko von Erdbeben beim AKW-Projekt Hinkley Point C
völlig unzureichend berücksichtigt wurde.
Im Jahr 2013 war der Plan der britischen Regierung bekannt geworden, dem
französischen Strom-Konzern und AKW-Betreiber EdF finanzielle Garantien
zu geben, damit dieser zwei neue Atom-Reaktoren am Standort des AKW
Hinkley Point baut. Zugleich wurden Pläne publik, daß sie über eine
Dauer von 35 Jahren einen garantierten Abnahmepreis von umgerechnet rund
108 Euro pro Megawattstunde Atomstrom gewähren will. Schon 2014 konnten
EdF und Areva in Verhandlungen einen noch höheren Garantie-Preis
herausgeschlagen: Die britische Regierung verpflichtet sich, 117 Euro
pro Megawattstunde Atomstrom (92,50 Pfund) zu gewährleisten. Mit
weiteren zugesagten Garantien und vertraglich zugesichertem
Inflationsausgleich stünde laut Berechnungen der Tageszeitung 'Financial
Times' der Stromabnahmepreis im Jahr 2058 — also 35 Jahre nach der
anvisierten Inbetriebnahme — bei 279 Pfund pro Megawattstunde (355 Euro
nach heutigem Kurs). Das entspricht mehr als dem 10-fachen des heutigen
Großhandels-Preises für Strom an der Leipziger Börse. Allein die
Bau-Kosten für Hinkley Point C werden offiziell auf 31 Milliarden Euro
(nicht auf 21 Milliarden Euro wie heute in Teilen der Mainstream-Medien
"berichtet" wurde) veranschlagt. Der Betrag von 24,5 Milliarden Pfund
und somit umgerechnet 31 Milliarden Euro ist in der am 8. Oktober 2014
veröffentlichten Entscheidung der EU-Kommission nachzulesen, mit der die
Subventions-Pläne der britischen Regierung zum Bau und Betrieb der
beiden EPR-Atomreaktoren gutgeheißen wurden.
In Großbritannien sind nach wie vor 16 Atom-Reaktoren in Betrieb (Siehe
unseren Artikel v. 2.11.13) - darunter einige der ältesten der Welt.
Zwei dieser "Technik-Museen" - beide seit 40 Jahren in Betrieb - stehen
in Hinkley Point. Im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre wurde in
Großbritannien kein AKW gebaut.
LINKSZEITUNG
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Hinkley Point: EdF spielt Vabanque
Der Einsatz beträgt 22 Milliarden Euro (28.07.16)
Japan: Atomkraft-Renaissance
steht auf der Kippe (22.06.16)
Ausbau der Atomenergie in Europa?
EURATOM gibt Richtung vor (20.03.16)
Hinkley Point: Chinesischer Staats-Konzern
investiert in schwarzes Loch (21.10.15)
AKW-Projekt Flamanville bis 2018?
Zum fünften Mal in die Verlängerung
Junktim mit AKW Fessenheim obsolet (3.09.15)
Areva, ein 5-Milliarden-Loch und Ärger
mit der französischen Finanzaufsicht (15.05.15)
EU-Kommission blockiert AKW-Deal
zwischen Ungarn und Rußland (14.03.15)
Atom-Konzern Areva pleite
2 Milliarden Euro von François Hollande (21.11.14)
EU-Kommission genehmigt Subvention
für AKW Hinkley Point (9.10.14)
Große Mehrheit in Polen für Energie-Wende
Regierung für Atomenergie und Kohle (12.11.13)
AKW Temelin: Ausbau verzögert
EU-Kommission streitet mit Tschechien (10.11.13)
Atom-Ausstieg?
Ein Vergleich zwischen D und GB (2.11.13)
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