[fessenheim-fr] Kapazitaetsmarkt und "Dunkelflaute"

Klaus Schramm klausjschramm at t-online.de
Mo Feb 23 12:34:45 CET 2015


Hallo Leute!

Manche unterschätzen das Thema "Kapazitätsmarkt" bis
heute oder wissen gar nicht, worum es geht (kurz
gesagt: um einen Rettungring, eine Überlebensgaratie
für die "Großen Vier" aus Steuermitteln!). Heute
in der 'Badischen Zeitung' ein lesenswerter Artikel
von Bernward Janzing (s.u.).
Und hier mal wieder mein notorisches Wett-Angebot:
Ein Kasten Bier, wenn Gabriel nicht umfällt - wer
hält dagegen?
(Siehe: www.netzwerk-regenbogen.de/sozwit150121.html)

Ciao
    Klaus Schramm


www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/feuerwehr-fuer-den-energiemarkt-x1x

Unrentable Kraftwerke
Feuerwehr für den Energiemarkt

Sollen unrentable Kraftwerke weiter finanziert werden, damit der Strom 
stets sicher fließt?.

     [Arbeiten oft nicht mehr rentabel:Gaskraftwerke | Foto: DPA]

FREIBURG. Ein Schlagwort bestimmt die energiepolitische Debatte: der 
Kapazitätsmarkt. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte dieses 
Marktmodell als das Gegenteil von vernünftiger Energiepolitik 
bezeichnet, Eon-Chef Johannes Teyssen hatte gekontert, Gabriel habe 
"nicht den Anspruch der päpstlichen Unfehlbarkeit"; der Kapazitätsmarkt 
werde eines Tages sehr wohl kommen. So ist eine heftige Debatte 
entbrannt – doch was steckt hinter diesem Begriff?

Auslöser der Diskussion ist der zunehmende Anteil erneuerbarer Energien 
im Strommix. Vor allem Photovoltaik und Windkraft führen dazu, dass die 
konventionellen Kraftwerke während weniger Stunden im Jahr sinnvoll 
eingesetzt werden können. Viele Kohle- und Gaskraftwerke arbeiten nicht 
mehr rentabel. Einige von ihnen werden aber im Fall von Dunkelflauten – 
bei Windstille und fehlender Sonne – noch benötigt.

Skepsis bei Sigmar Gabriel

Ein Kraftwerk, das einerseits betriebswirtschaftlich unrentabel, 
andererseits aber für die Versorgungssicherheit nötig ist, kann die 
Politik nicht ruhen lassen. Eine Lösung könnte ein neuer Markt sein, an 
dem nicht wie bisher nur die erzeugte Kilowattstunde vergütet wird, 
sondern auch die vorgehaltene Leistung, unabhängig davon ob tatsächlich 
Strom erzeugt wird. Weil man in diesem Fall dafür bezahlt, dass 
Erzeugungskapazitäten bereitgestellt werden, hat sich dafür die 
Bezeichnung Kapazitätsmarkt etabliert.

Die Befürworter des neuen Modells vergleichen die Reservekraftwerke 
gerne mit der Feuerwehr – die wird bekanntlich auch finanziert, wenn sie 
nicht ausrücken muss. Gegner sprechen hingegen von Subventionen. Oder, 
wie Sigmar Gabriel, von einer Art "Hartz-IV für Kraftwerke". Der 
Wirtschaftsminister setzt stattdessen auf einen Weg, den er als eher 
marktwirtschaftlich empfindet: Bestehende Kraftwerksüberkapazitäten 
müssten abgebaut werden, dann ergäben sich im Stromhandel Marktpreise, 
mit denen die nötigen Reservekraftwerke überleben können.

Auch die Verbände sind sich uneinig. Der Bundesverband der Energie- und 
Wasserwirtschaft, der viele konventionelle Stromerzeuger vertritt, 
erklärte nach Gabriels Äußerungen: "Ein verantwortungsvoller Umgang mit 
dem dringlichsten Problem des Energiemarktes sieht anders aus." Hingegen 
lehnt der Bundesverband Neue Energiewirtschaft, der stark von 
Energiehändlern und Dienstleistern geprägt ist, Kapazitätsmarktmodelle 
ab. Diese seien nur eine "Bestandskonservierung in Zeiten der 
Überkapazitäten", sie seien "teuer, wettbewerbsfern und 
regulierungsträchtig".

Wettbewerbsfern müssen Kapazitätsprämien aber gar nicht sein. Das zeigt 
der existierende Regelenergiemarkt, der faktisch ein kurzfristig 
reagierender Kapazitätsmarkt ist. Am Regelenergiemarkt kaufen die 
Übertragungsnetzbetreiber, die für die Netzstabilität zuständig sind, 
zu- und abschaltbare Kapazitäten ein und bezahlen dafür von jeher 
Leistungspreise, die auch dann fällig werden, wenn die Regelenergie 
nicht angefordert wird.

Keine eindeutige Definition des Begriffs

Unterdessen liegt ein Hauptproblem der gesamten Debatte darin, dass es 
keine eindeutige Definition des Begriffs Kapazitätsmarkt gibt. So geht 
in der Diskussion die entscheidende Frage, ob auch flexible 
Stromverbraucher an diesem Markt teilnehmen können, regelmäßig unter. 
Aus Sicht der Physik ist es egal, ob in Engpass-Situationen ein 
zusätzliches Kraftwerk anspringt, oder ob ein Verbraucher seinen 
Strombezug auf Abruf drosselt. Und da es mitunter billiger ist, den 
Stromverbrauch zu mindern (und den Verbraucher zu entschädigen) als 
zusätzliche Kilowattstunden zu erzeugen, müssen in einem 
diskriminierungsfreien Kapazitätsmarkt auch flexible Stromverbraucher 
mitbieten können.

So wird die Debatte weiter gehen. Das jetzige Modell kann nicht auf 
Dauer bestehen. Es funktioniert so: Wenn ein Unternehmen ein unrentables 
Kraftwerk abschalten will, muss es das bei der Bundesnetzagentur 
beantragen. Erachtet die Behörde die Anlage als für die Stabilität des 
gesamten Systems relevant, verbietet sie deren Stilllegung und gewährt 
dem Eigentümer eine Entschädigung. Von allen diskutierten Modellen ist 
dieses jedoch das am wenigsten marktwirtschaftliche.




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