[fessenheim-fr] 'spiegel' zu AKW Philippsburg + Leser-Zuschrift
klausjschramm at t-online.de
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Fr Dez 14 21:11:53 CET 2012
13.12.2012
AKW Philippsburg Mitarbeiter werfen EnBW Atom-Schludereien vor
Atomkraft: Stress im AKW Philippsburg
Von Jörg Schindler
Mitarbeiter des Atomkraftwerks Philippsburg erheben schwere Vorwürfe
gegen den Betreiber EnBW. Aus Kostengründen werde bei
Sicherheitsmaßnahmen geschludert, die Atomaufsicht getäuscht,
Zwischenfälle würden verschwiegen. Der Konzern wiegelt ab, doch das
Umweltministerium in Stuttgart ist alarmiert.
Berlin - Der Brief ist sechs Seiten lang und eng bedruckt. Er stammt
vom 7. Dezember 2012 und ist unterzeichnet von einem "besorgten
Mitarbeiter". Der Betreff: die "aktuelle Situation im Kernkraftwerk
Philippsburg".
Die ist, folgt man dem Schreiben, seit geraumer Zeit chaotisch. Das
Motto "Sicherheit vor Wirtschaftlichkeit" werde in der baden-
württembergischen Atomanlage derzeit mit Füßen getreten. Dies vor
allem, seit der ältere Block 1 im Mai 2011 endgültig stillgelegt
wurde. Seither, so die Vorwürfe, gehe es "nur noch um Fragen, wie
können die Kosten des abgeschalteten Blockes gesenkt werden. Welche
Systeme können auch ohne Stilllegungsgenehmigung außer Betrieb
genommen werden, auf welche Prüfungen kann verzichtet werden, wie
kann dies dem Sachverständigen bestmöglich 'verkauft' werden."
* Konkret soll im November eine wichtige Beckenkühlpumpe, welche die
hochradioaktiven Brennelemente kühlt, "durch Fehlverhalten kaputt
gefahren" worden sein - ohne dass das Ereignis gemeldet worden wäre.
* Das gleiche gelte für einen Zwischenfall Anfang September, damals
sei Wasserstoffperoxid bei der Anlieferung ausgetreten.
* Darüber hinaus seien großflächig defekte Gebäudefugen im
Notspeisegebäude entdeckt worden, durch die "im Brandfall ein Feuer
ungehindert in weitere Räume vordringen" könnte. Auch darauf sei
nicht sachgemäß reagiert worden.
Das sind harte Vorwürfe. Aber sind sie auch stichhaltig? Beim
Betreiber EnBW wiegelt man ab. "Eine erste Überprüfung der pauschalen
Anfeindungen und Unterstellungen hat ergeben, dass diese haltlos
sind", sagte ein EnBW-Sprecher auf Anfrage des SPIEGEL. So habe es
zwar in der Tat am 2. Oktober einen Zwischenfall mit
Wasserstoffperoxid gegeben. Dabei seien aber lediglich während der
Anlieferung zwei bis drei Liter der Flüssigkeit ausgelaufen. Von
einer Meldepflicht des Ereignisses könne keine Rede sein. Ob alle
anderen Vorwürfe ebenfalls aus der Luft gegriffen seien, wollte der
EnBW-Sprecher nicht sagen. Man werde sich nicht in der Öffentlichkeit
rechtfertigen, sondern alle Fragen dem zuständigen Ministerium
beantworten.
Dort nimmt man das anonyme Schreiben sehr ernst. Zumal es nicht das
erste ist, das aus Philippsburg das Umweltministerium erreicht hat.
Bereits im Februar 2011 hatte ein Unbekannter auf Missstände in dem
Atomkraftwerk hingewiesen, das aus einem älteren Siedewasser- und
einem etwas jüngeren Druckwasserreaktor besteht. Seinerzeit sah sich
EnBW gezwungen, meldepflichtige Ereignisse zähneknirschend
nachzumelden.
Alle Vorwürfe "zügig, unaufgeregt und sachgerecht" erörtern
Auch der aktuelle Briefeschreiber sei "offensichtlich ein Insider",
sagt ein Ministeriumssprecher. "Wir sind alarmiert." Sollte sich
tatsächlich herausstellen, dass der Betreiber aus Kostengründen
Sicherheitsstandards vernachlässigt, werde das Folgen haben. Den
Zwischenfall mit Wasserstoffperoxid stuft das Ministerium nach einer
ersten Prüfung jedoch ebenfalls als harmlos ein. Vom Ausfall der
Beckenkühlpumpe sei man informiert gewesen. Allerdings: Während der
Briefeschreiber behauptet, das Gerät sei fahrlässig zerstört worden,
meldete EnBW dem Ministerium, die Pumpe sei "für Wartungsarbeiten
außer Betrieb genommen" worden. Was stimmt? Man werde alle Vorwürfe
mit dem Betreiber "zügig, unaufgeregt und sachgerecht" erörtern und
dabei auch der Frage nachgehen, ob die Belegschaft in Philippsburg
derzeit wirklich so frustriert und demotiviert sei, wie der
Briefeschreiber behauptet.
Den Grünen im Bundestag reicht das nicht. Philippsburg sei sicher
"nicht das einzige Problemkind unter lauter Musterknaben", argwöhnt
deren atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. Sie fordert
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) auf, sämtliche
Atomkraftwerke in Deutschland genau unter die Lupe zu nehmen. Es
müsse dringend geklärt werden, so Kotting-Uhl, "wo Druck der
Konzernspitze zu Lasten der Sicherheit im Betriebsalltag geht, wo
Zwischenfälle nicht sauber gemeldet werden und wo aus Fehlern nicht
gebührend gelernt wird".
Denn immerhin: Auch nach dem Regierungsbeschluss zum Atomausstieg
sollen in Deutschland noch bis zum Jahr 2022 Kernkraftwerke am Netz
bleiben.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/akw-philippsburg-
mitarbeiter-erheben-schwere-vorwuerfe-gegen-enbw-a-872817.html
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Leser-Zuschrift:
Traurige Engstirnigkeit
carlmørck
gestern, 19:50 Uhr
Ich glaub die Menschen haben noch immer nicht verstanden, das auch
bei der Atomkraft um Wirtschaftlichkeit geht. Und natürlich wird da
gepfuscht, sie glauben doch nicht ernsthaft, das nur die bösen
Japanern bei den Sicherheitsbedingungen gepfuscht haben. Da kann ich
nur müde lächeln.
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