[fessenheim-fr] 11.000 in Tokio gegen Neustart
klausjschramm at t-online.de
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Sa Jun 16 17:05:37 CEST 2012
16.06.2012
11.000 protestieren in Tokio
gegen Neustart der Atomenergie
Tokio (LiZ). 11.000 Menschen protestierten heute in Tokio gegen den
Beschluß der japanischen Regierung zu einen Neustart der Atomenergie.
Nach dem Super-GAU von Fukushima am 11. März 2011 waren nach und nach
sämtliche 50 noch funktionsfähigen Atom-Reaktoren abgeschaltet
worden.
Zum ersten Mal nach dem Beginn des Super-GAU von Fukushima gab die
japanische Regierung dem Strom-Konzern Kansai Electric Power (KEPCO)
die Erlaubnis, Atom-Reaktoren wieder hochzufahren. Es handelt sich um
zwei Reaktoren des AKW Oi. Das in der Präfektur Fukui an der
Westküste unmittelbar am Ufer des Japanischen Meeres gelegene AKW mit
insgesamt vier Druckwasser-Reaktoren hatte in den vergangenen Jahren
etliche "Pannen" zu verzeichnen. So wurde etwa am 5. Mai 2004
festgestellt, daß Borsäure an einem Ventil austritt, am 22. Dezember
2005 kam es wegen eines Orkans zu Problemen mit den Stromleitungen in
deren Folge das AKW vom Netz genommen werden mußte und am 22. März
2006 wurde ein Brand in der Anlage bekannt. Das AKW Oi wurde am 16.
Juli 2011 heruntergefahren. Angeblicher Grund war ein Druckverlust in
einem Borsäure-Behälter.
Der Strom-Konzern KEPCO versorgt die Großstädte Osaka, Kyoto und
Kobe. Er drohte wiederholt mit Stromausfällen in den Sommermonaten.
Ministerpräsident Yoshihiko Noda erklärte danach, der Stop der Atom-
Reaktoren schneide "das Land von 30 Prozent seiner Stromerzeugung
ab." Es drohe ein "Erlahmen der Wirtschaft". Atomkraft sei eine
"wesentliche Energiequelle" und wichtig, damit das Land wieder auf
die Beine komme.
11.000 Menschen versammelten sich vor dem Büro des
Ministerpräsidenten in Tokio, um gegen die Entscheidung zu
protestieren. Sie verlangten Nodas Rücktritt und riefen: "Leben sind
wichtiger als die Wirtschaft". Wie sich im Laufe der Monate
herausgestellt hat, ist es in vier der sechs Atom-Reaktoren des AKW
Fukushima Daiichi nach dem Erdbeben und Tsunami am 11. März zu
Kernschmelzen gekommen. Vermutlich in Folge von Wasserstoff-
Explosionen wurde Radioaktivität weiträumig freigesetzt. Obwohl der
Wind den größten Teil der Radioaktivität auf den Pazifik blies, sind
große Gebiete im Umkreis von 40 Kilometern um das AKW für Jahrzehnte
unbewohnbar. Große Teile der Bevölkerung haben kein Vertrauen mehr in
die Regierung, die sie offenbar monatelang im Zusammenspiel mit dem
AKW-Betreiber TEPCO belog. Laut Umfragen gibt es in Japan eine
stabile Mehrheit gegen Atomenergie. Laut 'Japan Times' ergab
insbesondere eine landesweiten Umfrage, daß 59,5 Prozent der
Befragten den Weiterbetrieb der Reaktoren des AKW Oi ablehnen und nur
26,7 Prozent das erneute Hochfahren befürworten.
Trotz des vielfach kritisierten "Krisenmanagements" der Regierung
versicherte Wirtschaftsminister Yukio Edano heute: "Die Sicherheit
ist unser größtes Anliegen." Es werde noch einige Wochen dauern, bis
die Reaktoren 3 und 4 des AKW Oi wieder Elektrizität erzeugten.
Weiterhin müsse Strom gespart werden.
Zuvor hatten örtliche Behörden der Präfektur Fukui dem Neustart des
AKW Oi zugestimmt. Der Gouverneur der Präfektur, Issei Nishikawa
erklärte seine Entscheidung damit, daß so die Wirtschaft stabilisiert
werde. Die staatliche Atomaufsicht bescheinigte dem Atomkraftwerk Oi
ausreichende Sicherheit.
In den vergangenen Monaten wurde der Strom in Japan in thermischen
Kraftwerken erzeugt, die wegen eines weit überdimensionierten
Kraftwerksparks zur Verfügung stehen. Es besteht - ebenso wie im
Falle eines realen Atom-Ausstiegs in Deutschland - keine Gefahr einer
Versorgungslücke. Entscheidend sind aus wirtschaftlicher Sicht die
reinen Betriebskosten, die im Falle von Kohle, Öl und Gas höher
liegen als bei dem für Atomkraftwerke benötigten Uran. Daß
Atomenergie unter Berücksichtigung der gesamten volkswirtschaftlichen
Kosten die mit Abstand teuerste Form der Stromgewinnung ist, stört
die Energie-Konzerne nicht im Geringsten, solange der weitaus größte
Teil der Kosten der Gesellschaft aufgebürdet werden kann. Der Ausbau
regenerativer Energien etwa wie Strom aus Solarzellen - in diesem
Bereich war Japan viele Jahre führend - oder Windenergie wurde in
Japan in den vergangenen drei Jahrzehnten rigoros blockiert.
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Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Atomkraftwerke in Japan
Alle Reaktoren abgeschaltet (5.05.12)
Der permanente Super-GAU von Fukushima
"Kaltabschaltung" obsolet
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Japan: Nur noch 3
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(30.01.12)
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Hinweise auf fortdauernde Kernspaltung (2.11.11)
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(13.10.11)
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zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima
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