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klausjschramm at t-online.de
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Mi Feb 29 23:47:27 CET 2012
29.02.2012
Schweizer AKW Bezau
jetzt ältestes Atomkraftwerk der Welt
Nachdem in diesem Monat der 45 Jahre alte britische Atom-Reaktor
Oldsbury stillgelegt wurde, ist nun das Schweizer AKW Beznau das
Älteste der Welt. Entsprechend dem von der Schweizer Regierung im
vergangenen Jahr verkündeten "Atom-Ausstieg" sollen die 1969 und 1971
in Betrieb genommenen Reaktoren des AKW Beznau bis 2019 und 2021 am
Netz bleiben. Mit dem AKW Leibstadt ginge das letzte Schweizer
Atomkraftwerk im Jahr 2034 vom Netz.
Der "jüngere" der beiden Magnox-Reaktoren des AKW Oldsbury, der im
April 1968 ans Netz ging, wurde bereits Ende Juni 2011 stillgelegt -
angeblich aus Kostengründen. Mit dem nun im Februar stillgelegten
Reaktor (Inbetriebnahme: November 1967) bleiben in Großbritannien nur
noch 8 Atomkraftwerke mit insgesamt 17 Reaktoren am Netz. Stillgelegt
wurden in Großbritannien nunmehr insgesamt 26 Atom-Reaktoren.
Offiziell bekundeten sämtliche britische Regierungen der vergangenen
Jahre, von der unter Premierminister Antony Blair (1997 bis 2007)
über die unter Gordon Brown (bis 2010) bis zur heutigen unter David
Cameron, an der Atomenergie festhalten zu wollen. Dennoch wurden in
den Jahren 2000 bis 2010 deutlich mehr Atom-Reaktoren pro Jahr
stillgelegt als etwa in Deutschland.
Das AKW Beznau liegt am Fluß Aare kurz vor dessen Einmündung in den
Rhein und damit in Grenznähe zu Deutschland. Im Mai 2011 attestierte
das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) dem
Atomkraftwerk etliche Sicherheitsmängel, die jedoch angeblich durch
Nachbesserungen des Betreiber-Konzerns Axpo behoben werden konnten.
Der ältere der beiden Atom-Reaktoren des AKW Beznau wird im Juli
dieses Jahres bereits 42 Jahre am Netz sein. Von Seiten der Anti-Atom-
Bewegung wird seit Langem darauf hingewiesen, daß die Gefahr durch
das Verspröden der Reaktordruckbehälter im Laufe der Jahre
exponentiell zunimmt. Hinzu kommt, daß das AKW Beznau über keinen
nennenswerten Schutz gegen Flugzeugabstürze und Terrorangriffe
verfügt. Es liegt im Einflugbereich des Züricher Flughafens.
Kritisiert werden auch - insbesondere nach den Erfahrungen mit dem
Super-GAU von Fukushima - die unzuverlässige Notstromversorgung und
Risse im Reaktordeckel.
Eine besondere Gefährdung ist durch die Lage des AKW gegeben, das auf
einer Insel in der Aare errichtet wurde. Damit ist es einem
Hochwasser stärker ausgeliefert als andere Atomkraftwerke, wie sich
nicht zuletzt im Falle des US-amerikanischen AKW Fort Calhoun im Juli
vergangenen Jahres dramatisch zeigte. Um die konkrete Gefahr
abschätzen zu können, mußte der Betreiber-Konzern Axpo umfangreiche
Sicherheitsberechnungen vorlegen. Nach genauer Analyse der Axpo-Daten
kritisierte die Schweizer Anti-Atom-Bewegung: Die Annahmen, die den
Berechnungen zugrunde liegen, sind unvollständig und zu optimistisch.
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI jedoch
bewertete das AKW Beznau weiterhin als sicher.
Erneut forderten auch Schweizer Umweltschutz-Organisationen in diesem
Monat die Stilllegung des AKW Beznau. Der Betreiber-Konzern Axpo wies
die Kritik zurück. Der Reaktordeckel habe zwar keine Risse; dennoch
werde dieser aber vorsorglich in nächster Zeit ausgetauscht. Axpo
verweist darauf, daß in den vergangenen Jahren 1,6 Milliarden Franken
(umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro) in die Sicherheit des Reaktor
investiert worden seien; weitere 700 Millionen Franken (580 Millionen
Euro) seien bereits fest eingeplant.
Wenig glaubwürdig sind die Verlautbarungen der "grün-roten"
Landesregierung in Baden-Württemberg. Während diese den Weiterbetrieb
der beiden Atom-Reaktoren in Neckarwestheim bei Heilbronn und
Philippsburg bei Karlsruhe bis zum voraussichtlichen Ende ihrer
Amtszeit im Jahr 2016 gewährleistet, fordert sie das Abschalten des
AKW Beznau. "Da die deutsche Bevölkerung im Grenzgebiet durch die
Reaktoren gefährdet ist, setzt sich Baden-Württemberg folgerichtig
für eine rasche Stilllegung der grenznahen Kernkraftwerke in der
Schweiz ein," erklärte ein Regierungssprecher. "Folgerichtig" müßte
sich die Landesregierung unter dem pseudo-grünen Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann erst recht für die Stilllegung der Atom-
Reaktoren im "Ländle" einsetzen.
Völlig zurecht verwies die Landesregierung auf die Gefahr durch
Terroranschläge mit Verkehrsflugzeugen und die dünne Betonschale über
den Reaktordruckbehältern, die nur mit der des im Jahr 2005
abgeschalteten AKW Obrigheim zu vergleichen sei. Doch auch dies
berührt einen wunden Punkt in der Karriere des heutigen baden-
württembergischen Ministerpräsidenten. Die "rot-grüne"
Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder hatte die Stilllegung
des AKW Obrigheim für 2002 angekündigt. Und Kretschmann hatte noch im
Jahr 2002 getönt, eine Verlängerung der Betriebsdauer "wäre
politischer Selbstmord."
Und um die Peinlichkeiten zu komplettieren, erläuterte der pseudo-
grüne baden-württembergische "Umwelt"-Minister Franz Untersteller,
auf den Fall einer nuklearen Katastrophe im AKW Beznau vorbereitet zu
sein: "Beim Regierungspräsidium Freiburg gibt es daher Katastrophen-
Einsatzpläne." Dies beweist ein weiteres Mal, daß die Drähte zur Anti-
Atom-Bewegung seit langem gekappt sind. Denn diese hatte schon vor
über vielen Jahren aufgezeigt, daß solche - früher nicht ohne Grund
geheim gehaltenen - Katastrophen-Einsatzpläne im Falle eines Super-
GAU völlig wertlos sind.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
AKW Mühleberg abgeschaltet
Schwere Vorwürfe
gegen Schweizer Atom-Aufsicht ENSI (4.07.11)
Atom-Ausstieg in der Schweiz?
Regierung versucht Volksverdummung (26.05.11)
20.000 beim AKW Beznau
Größte Schweizer Anti-AKW-Demo seit 25 Jahren (22.05.11)
AKW Leibstadt
Mitarbeiter verstrahlt (18.02.11)
Schweizer Studie:
AKW-Neubau unwirtschaftlich (8.06.10)
5000 bei Schweizer Anti-AKW-Demo
Für Abschaltung des AKW Gösgen und gegen neue AKW (25.05.10)
Schlechte Noten für Schweizer Atomkraftwerke
Verfahren gegen zwei AKW-Betreiber (6.05.10)
Schweizer AKW Mühleberg bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?
Unbefristete Betriebsgenehmigung ohne BürgerInnenbeteiligung
(22.12.09)
August 2009: "Panne" im AKW Beznau
Zwei Angestellte verstrahlt - bis heute verharmlost (9.11.09)
Desinformation in der 'Badischen Zeitung'
Die Schweizer Endlager-Suche (18.06.09)
Patt bei Atomenergie in der Schweiz
Hauptstadt Bern will auf erneuerbarre Energien umsteigen
(29.05.09)
Demo gegen Schweizer
Atom-Endlager in Benken (20.09.08)
Endlager-Pläne in Ton zerbröseln
Konsequenzen für Benken (Schweiz) und Bure (Frankreich)
(4.01.08)
'Stopp-Atom'-Allianz in der Schweiz gegründet
Breites Bündnis unter Federführung von Greenpeace Schweiz
(31.08.07)
Neuformierung der Anti-Atom-Bewegung in der Schweiz
Mehrjährige Kampagne gegen AKW-Neubau geplant
Kein Kampf um Atomausstieg? (3.07.07)
Benken: Schweizer Kirchenvertreter kritisieren
geplantes Endlager für Atommüll (26.10.05)
Schweiz: Alternativen zu Atom-Endlager Benken? (29.09.04)
Demo gegen Atomares Endlager im Schweizerischen Benken
(20.07.04)
Öko-Institut schadet Schweizer Atomkraft-GegnerInnen (3.02.04)
Die Schweiz zwischen Atom und "direkter Demokratie" (10.03.01)
Atomklo Würenlingen
extreme Rechenfehler unfähiger Nuklearexperten (25.10.2000)
Hier strahlt die Schweiz: Atomklo Hochrhein
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