[fessenheim-fr] Rede MAP 29.8. zu Krypton 85
"Amish D. Leßmann"
bodhi-amish at sonnenkinder.org
Mi Aug 31 19:45:09 CEST 2011
Hallo zusammen,
für diejenigen unter Euch, die es interessiert hier der Text meiner
Rede, die ich am Montag, den 29.8. beim Montags-Atom-Protest in
Freiburg gehalten habe.
Gruß Euer
Amish
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Autor: Amish D. Leßmann
Freiburg, 03.06.2007 + 27.08.2011
Krypton 85 – die unterschätzte Gefahr
oder wie Atomkraft Wetter und Klima verändert
Im Jahr 2007 bin ich bei meinen Recherchen zum Thema Atomkraft für das
Umweltmagazin „Burning Beds“ bei Radio Dreyeckland auf ein
radioaktives Isotop namens Krypton 85 aufmerksam geworden und habe
mich genauer darüber informiert. Meinen Radio-Beitrag von damals habe
ich für die heutige Kundgebung etwas überarbeitet…
Daß Atomkraftwerke nicht dazu geeignet sind, den Klimawandel zu
bremsen, gehört in der Anti-Atom-Bewegung mittlerweile zu den
Grundkenntnissen. Doch neben der Tatsache, daß auch Atomstrom bei
näherer Betrachtung erhebliche Kohlendioxidemissionen verursacht,
ergaben meine damaligen Recherchen, daß bei der Kernspaltung das
radioaktive Edelgas Krypton 85 entsteht. Obwohl Fachleuten die Fakten
spätestens seit der Studie von Roland Kollert aus dem Jahr 1994
bekannt sein sollten, hört man in den Mainstream-Medien nichts über
die vielfältigen Wirkungen von Krypton 85.
Die heutige Konzentration von Krypton 85 in der Atmosphäre stammt zu
mehr als 99% aus den sogenannten Wiederaufarbeitungsanlagen –
beispielsweise La Hague in Frankreich und Sellafield in England. Es
ist in abgebrannten Brennstäben enthalten und wird bei der
Wiederaufarbeitung freigesetzt. Der Rest von weniger als einem Prozent
entstand bei oberirdischen Atombombentests.
Krypton 85 ionisiert die Luft unter allen radioaktiven Stoffen am
intensivsten. Einmal freigesetzt, bleibt es so lange in der
Atmosphäre, bis es innerhalb eines Zeitraumes von 110 Jahren auf 1
Promille zerfällt. Es löst sich in den Meeren nur gering – etwa 15mal
weniger als Kohlendioxid.
Krypton 85 ist ein sogenannter Beta-Strahler. Das bedeutet, daß es
beim Zerfall Elektronen verschießt. In menschliches Gewebe wie die
Haut dringt die Beta-Strahlung von Krypton 85 maximal 2,2 mm tief ein.
Beim Atmen kryptonhaltiger Luft werden zunächst Bronchial- und
Lungengewebe belastet, über Weitertransport von gelöstem Krypton 85 im
Blut dann auch andere Organe. Weil sich Edelgase in Fett anreichern,
ist fetthaltiges Körpergewebe etwa zehnmal stärker belastet als
nicht-fetthaltiges Gewebe. Daneben wandert Krypton 85 in die
Thymus-Drüse, in die Lymphknoten, ins Knochenmark und in die Nebennieren.
Die Strahlenschutzverordnung von 1989 ließ eine maximal zulässige
Aktivitätskonzentration für Krypton 85 in der Abluft von 3 Millionen
Bq/m3 zu. Gegenüber dem besonders gefährlichen Edelgas Radon 222
bewertete die Verordnung Krypton 85 je Becquerel als 5.500mal weniger
wirksam.
Dagegen schätzt der Wissenschaftler Diethorn die strahlenbiologische
Wirksamkeit von Krypton 85 zehnfach höher ein als in der
Strahlenschutzverordnung angegeben. Schon 1975 erwähnte der
Wissenschaftler Bonka eine Wechselwirkung zwischen UV- und
ionisierender Strahlung bei der Bildung von Hautkrebs.
Im Jahre 1994 betrug die durchschnittliche Konzentration von Krypton
85 laut Kollert auf der Nordhalbkugel bereits 1 Becquerel pro
Kubikmeter, im Jahr 2005 waren es bereits 1,3 Bq/m³ Luft. Das ist 13
Milliarden mal mehr als sein natürliches Vorkommen und bedeutet, daß
in jedem Kubikmeter Luft alle 0,8 Sekunden ein Krypton-85-Atom
zerfällt. In einem 20m² großen Raum mit einer Höhe von 2 Meter 30
zerfallen in jeder Sekunde 60 Krypton-85-Atome.
Neben möglichen Gesundheitsgefahren hat eine Erhöhung der
Krypton-85-Konzentration in der Atmosphäre jedoch noch andere teils
erstaunliche Wirkungen. Wie schon erwähnt, handelt es sich um einen
Beta-Strahler, der durch die bei seinem radioaktiven Zerfall
verschossenen Elektronen die Luft ionisiert.
Nun ist es so, daß die Luft aufgrund ihres natürlichen Ionengehalts
Elektrizität leitet. Die natürliche Radioaktivität erzeugt diese Ionen
durch ionisierende Bestrahlung der Gasmoleküle der Luft. Jede
Steigerung der Luftionisation erhöht deshalb die Leitfähigkeit der
Luft und verändert das luftelektrische System der Atmosphäre.
Die Atomkraftwerkskatastrophe von Tschernobyl 1986 hat in Regionen
Polens, Griechenlands und der Alpen zeitweise zu einem starken Anstieg
der elektrischen Leitfähigkeit der Luft auf das Zehnfache bzw. zu
einem starken Rückgang des luftelektrischen Feldes geführt. In den
hauptverseuchten Gebieten Mittelschwedens wurde sogar eine auffallende
Zunahme der Blitzhäufigkeit registriert.
Experimente haben gezeigt, daß Krypton-85-haltige Abgasschwaden
intensive strahlenchemische Wirkungen auf andere Luftschadstoffe
ausüben können. Sie verursachen insbesondere deren Umwandlung in
aggressive sogenannte Oxidantien; das bedeutet Strahlensmog und mehr
sauren Regen über den betroffenen Ländern. Krypton 85 bewirkt
außerdem, daß Wasserdampf länger in der Atmosphäre bleibt und sich
dadurch die Niederschlagsmengen verändern. Dies trägt – wie die
Kondensstreifen der Flugzeuge – ebenfalls zur Verstärkung des
Treibhauseffekts bei.
Die fatalen Auswirkungen der Krypton-85-Emissionen auf Wetter und
Klima sollten für sich genommen bereits Grund genug für einen
weltweiten raschen Atomausstieg und insbesondere einen sofortigen
Stopp der Wiederaufarbeitung sein.
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