[fessenheim-fr] Interview mit Sascha Adamek

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Mi Jul 27 14:48:41 CEST 2011


Hallo Leute!

Hier ein Interview mit dem Autor Sascha Adamek, der ein
bemerkenswertes Buch vorgelegt hat. Er breitet darin (uns
längst bekannte, aber in der Öffentlichkeit kaum
publizierte) Fakten aus, die belegen, daß es sich bei Merkels
Ankündigung nicht um einen Atom-Ausstieg handelt. 
Selbstverständlich muß dennoch niemand in jedem Detail 
derselben Meinung sein wie Adamek.

Ciao
   Klaus Schramm


Der Ausstieg vom Ausstieg aus dem Ausstieg des Ausstiegs
Reinhard Jellen 26.07.2011
Interview mit Sascha Adamek zu seinem Buch "Die Atomlüge"

In seiner neuesten Publikation Die Atomlüge zeigt der investigative 
Journalist Sascha Adamek in einer detaillierten Studie auf, mit 
welchen Tricks die deutsche Atomlobby und ihre politischen Handlanger 
zusammen agieren und die Öffentlichkeit täuschen, wie 
maßgeschneiderte Gesetze verabschiedet, staatliche Vergünstigungen 
durch die Hintertür abkassiert, Zwischenfälle verharmlost, im Ausland 
(auch nach Fukushima) ebenso hochriskante wie für die 
Energiewirtschaft profitable Projekte unterstützt werden und (dank 
rot-grüner Vorarbeit) Schwarz-Gelb innerhalb von nur kurzer Zeit den 
Ausstieg aus dem Atomausstieg beschließen konnte. Er hegt außerdem 
starke Zweifel, dass die propagierten Ausstiegspläne der Regierung 
Merkel/Westerwelle tatsächlich politisch unumstößlich sind.

Herr Adamek, Sie haben in Ihren Buch eine Diskrepanz zwischen den 
vorgeblichen Plänen der Bundesregierung, die Atomenergie in 
Deutschland schrittweise abzubauen und spätestens bis 2022 ganz 
einzustellen und den eigentlichen Absichten ausgemacht. Welche Ziele 
verfolgt die Bundesregierung Ihrer Meinung nach wirklich? Ist es 
tatsächlich möglich, dass (falls sich der durch Fukushima 
aufgewirbelte Staub wieder legen würde) der Ausstieg vom Ausstieg aus 
dem Ausstieg des Ausstiegs beschlossen werden könnte?

Sascha Adamek: Die Frage ist, welche Ziele eine kommende 
Bundesregierung verfolgt. Bis zum endgültigen Ausstieg haben wir noch 
drei Bundestagswahlen. Die Geschichte des angeblichen rot-grünen 
Atomausstiegs lehrt uns doch, dass es gerade mal knapp zehn Jahre 
brauchte, das zu kippen. Ohne Fukushima würden die AKW in Deutschland 
bis 2035 oder länger laufen. Deshalb hätte ich es vorgezogen, wenn 
die Parteien den Atomausstieg ins Grundgesetz geschrieben hätten. Das 
ist zwar nach deutschen Verfassungsmaßstäben ungewöhnlich, aber 
Österreich hat das auch getan. Der Vorteil ist, dass eine künftige 
Bundesregierung dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, um den 
Ausstieg wieder zu kippen - eine hohe Hürde.
	

Wie verhält sich die Bundesregierung nach Fukushima zu Projekten 
deutscher Atomkonzerne im Ausland?

Sascha Adamek: Während die Bundesregierung plötzlich die deutsche 
Reaktortechnologie nicht mehr für sicher genug hält, unterstützt sie 
in Brasilien den Bau eines veralteten Atomkraftwerks direkt am 
Atlantik in einem erdrutschgefährdeten Gebiet mit einer Bürgschaft 
über 1,3 Milliarden Euro. Damit straft sie ihre angebliche 
Überzeugung Lügen. Denn die Baupläne für das Kraftwerk Angra 3 
stammen aus den 70er Jahren. Anfang der 80er lieferte Siemens 
Reaktorbauteile für 750 Millionen DM, seither lagern sie dort und 
sollen nun verbaut werden. Die Abklingbecken liegen nur hundert Meter 
vom Strand entfernt und in den Nachbarreaktoren gab es häufiger 
Pannen. Aber Industriepolitik scheint hier vor Sicherheit zu gehen.

Eingefädelt hat den Deal Außenminister Guido Westerwelle bei einem 
Besuch 2010 in Brasilien. Er sprach davon, die 
Außenwirtschaftsförderung nicht mehr mit spitzen Fingern anfassen zu 
wollen und lobte das große Potenzial der Nuklearindustrie Brasiliens. 
Bis heute hat die Bundesregierung das Projekt nicht gestoppt, es auch 
nach Fukushima noch im Bundestag verteidigt. Ich denke, das sagt 
alles.

War die von Merkel durchgesetzte Rücknahme des rot-grünen 
Atomkompromiss überhaupt verfassungskonform? Was passiert, wenn das 
Bundesverfassungsgericht das Atomgesetz für verfassungswidrig 
erklärt?

Sascha Adamek: Wichtige deutsche Verfassungsexperten sind sich 
sicher, dass das nicht verfassungskonform war. Wenn Atomkraftwerke 
länger laufen, verlängern sich auch die Aufgaben der Atomaufsicht der 
Länder. In deren Verwaltungshandeln wird also eingegriffen. Trotzdem 
überging die Merkel-Regierung bei ihrer Laufzeitverlängerung 2010 die 
Länder. Es wäre ein Treppenwitz, wenn das Verfassungsgericht dieses 
Laufzeit-Verlängerungs-Gesetz, das nun ja nicht mehr gültig ist, für 
verfassungswidrig erklärt. Das wäre zwar peinlich für die 
Bundesregierung, zugleich könnte sie sich freuen, wenn sie es mit dem 
Ausstieg ernst meint, denn es wäre eine robuste juristische 
Schützenhilfe bei Verfahren der Energiekonzerne gegen den jetzigen 
Ausstieg.

Welche Summe müsste die deutsche Energiewirtschaft im Falle eines 
Reaktorunglücks zahlen und wie hoch wären in etwa die realen Kosten?

Sascha Adamek: Die Schätzungen von Reaktorsicherheitsexperten gehen 
international von bis zu fünf Billionen Euro für einen Super-Gau mit 
massiver Feisetzung des radioaktiven Inventars aus. Deshalb findet 
sich auch kein Versicherungskonzern für diese Hochrisiko-Technologie. 
Die Konzerne sind in Deutschland gezwungen, bis zu Schäden von 2,5 
Milliarden Euro aufzukommen - alles, was darüber liegt, tragen wir 
Steuerzahler - vorausgesetzt, wir leben dann noch.

Wie viele ernstzunehmende Reaktorunfälle hat es Ihren Informationen 
nach in deutschen Atomkraftwerken gegeben und wie hoch schätzen Sie 
die Dunkelziffer?

Sascha Adamek: Allein seit Tschernobyl hat es auch in Deutschland ein 
gutes Dutzend schwerwiegender Störfälle gegeben, glücklicherweise 
betrafen sie meist nur die Notsysteme. Sie hätten aber im Fall eines 
schwerwiegenden Unfalls im Reaktor die Beherrschung dieses Unfalls 
verhindern können. Schlimmer aber ist, dass zahlreiche Vorfälle nicht 
gemeldet oder falsch deklariert wurden, um die Anfälligkeit auch 
deutscher Reaktoranlagen für technisches oder menschliches Versagen 
zu vertuschen.

Zum Teil, wie in Philippsburg 2010 geschehen, beteiligte sich an 
dieser Vertuschung sogar die Landesbehörden. Bei Reparaturarbeiten 
hatte sich ein Abdichtstopfen verkantet, so dass 270 000 Liter 
Kühlwasser aus dem Brennelementebecken ausliefen. Nach Aussagen eines 
Insiders wäre die Kühlung nicht mehr möglich gewesen, wenn der 
Wasserstand um weitere 6 Zentimeter gefallen wäre. Dieser Störfall 
wurde zunächst gar nicht gemeldet.

Von wem werden eigentlich die deutschen Kernkraftwerke auf Sicherheit 
geprüft?

Sascha Adamek: Für die Prüfung von AKW ist der TÜV zuständig. 
Allerdings scheint der im Fall von AKW nicht immer so streng wie bei 
unseren Autos zu kontrollieren. Denn für den TÜV als 
profitorientiertes Unternehmen sind die AKW ein wichtiger Markt. 
Bereits 2008 haben das Beamte des Bundesumweltministeriums in einem 
internen Papier bemängelt, sie schrieben von einem "Ungleichgewicht 
zwischen Behörde und Sachverständigen Organisationen" und 
kritisierten, dass die "große Betreibernähe des TÜVs die Qualität und 
Unabhängigkeit der Begutachtung" beeinträchtige. Natürlich streitet 
der TÜV so etwas energisch ab.

Wie ist es Leuten ergangen, die gegen die Errichtung von 
Kernkraftwerken in ihrer Gegend geklagt haben?

Sascha Adamek: Es gab eine Zeit, da wurden die Verfahren von der 
Betreiberseite so lange in die Länge gezogen, dass den Klägern 
(darunter Rentner oder Studenten) finanziell die Luft ausgehen 
musste. Atomkonzerne sorgten dafür, dass die Streitwerte entsprechend 
hoch waren und die Gerichte spielten mit. Eine Studentin aus Hamburg 
sollte 6044,70 DM an die RWE-Anwälte zahlen und versuchte zunächst, 
einen Teil davon erlassen zu bekommen. Doch die Kanzlei weigerte 
sich, so ging die Studentin auf der Straße betteln.

Eine andere Studentin konnte nicht zahlen und wollte auch keinen 
Offenbarungseid leisten, also ging sie auf Antrag der RWE-Kanzlei in 
Beugehaft. Unter den 200 Klägern gegen das erdbebengefährdete 
Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich war auch ein Rentnerehepaar aus dem 
niedersächsischen Flecken Todtglüsingen. Der ältere Herr saß bereits 
16 Tage in Beugehaft und musste 34 000 DM Anwalts- und Gerichtskosten 
zahlen - ein Teil seiner Rente wurde gepfändet.

Wie schätzen Sie den "Atom-Ausstieg" der damaligen rot-grünen 
Bundesregierung ein? Wer hat diesen "Atomkonsens" zu jener Zeit 
erarbeitet?

Sascha Adamek: Dieser Ausstieg war keiner und letztlich war das allen 
Beteiligten klar. Die Grünen hatten im Wahlkampf mit einem Sofort-
Ausstieg versprochen, bei den Konsensverhandlungen mit den 
Energiekonzernen kamen dann 32 Jahre Laufzeit für die bestehenden 
Atomkraftwerke heraus, inklusive einer Erklärung der rot-grünen 
Bundesregierung, die Sicherheitsstandards nicht zu verschärfen - 
damit war dem Profitinteresse der Atomkonzerne Genüge getan. Die 
Grünen, so drückte es ein hochrangiges Mitglied damals aus, ging es 
um die Frage: 32 Jahre Laufzeit oder 32 Jahre Opposition. Denn klar 
war, Bundeskanzler Schröder war zu einem robusten, schnellen Ausstieg 
nicht bereit.

Sie schreiben, dass das Umweltministerium von Jürgen Trittin 
seinerzeit eine brisante Atom-Studie zurückgehalten hat. Was stand 
drin und warum sollte ausgerechnet ein grüner Umweltminister eine 
solche Expertise zurückhalten?

Sascha Adamek: In der Studie stand skurrillerweise schon damals das 
gleiche, das heute von der Bundesregierung als Argument für den 
schnelleren Ausstieg benutzt wird: dass nämlich kein deutsches 
Atomkraftwerk gegen gezielte Terrorangriffe oder den Absturz großer 
Verkehrsmaschinen geschützt ist. Rainer Baake, der damals Trittins 
Staatssekretär war, erzählte mir jetzt, man habe diese Ergebnisse 
geheimhalten müssen, um nicht Terroristen die Verwundbarkeit 
offenzulegen. Er gestand aber auch ein, dass man auf Grundlage dieser 
Erkenntnisse schon damals hätte entschädigungsfrei abschalten können 
- angesichts der Gefahren nach 9/11. Nur sei das gegen den Widerstand 
des Kanzleramtes und der SPD-Ministerien für Inneres und Justiz nicht 
durchsetzbar gewesen. Also entschied man sich fürs Weiterregieren und 
für das Schweigen und Deckeln.

"Äußerst pannenträchtiger Schrottreaktor"

Die rotgrüne Bundesregierung hat damals deutsche Energiewirtschaft 
bei Atomprojekten im Ausland mit sogenannten Hermesbürgschaften 
unterstützt. Um was handelt es sich dabei?

Sascha Adamek: Just in der Zeit, in der rot-grüne Spitzenpolitiker im 
Juli 1999 erste Ergebnisse bei den Verhandlungen zum Atomausstieg in 
Deutschland der Öffentlichkeit präsentierten, erhielt die Siemens AG 
eine Hermes-Bürgschaft über 18 Millionen Euro für die Nachrüstung des 
slowenischen Atomkraftwerks Krsko. Nach 20 Jahren Zurückhaltung in 
Exportfragen entschied sich die rot-grüne Koalition im März 2000 für 
ein Megaprojekt in China - den Neubau eines Atomkraftwerks. In der 
Sonderwirtschaftszone Lianyungang baute Siemens gemeinsam mit 
russischen Partnern zwei Reaktoren des russischen Typs WWER-1000. Auf 
einer Reise mit Siemens-Managern war der in Deutschland angeblich so 
atomkritische Kanzler Schröder zu Besuch auf der Kraftwerksbaustelle 
gewesen und hatte sich davon begeistert gezeigt, wie die Presse 
damals schrieb.

Laut Spiegel hatte der interministerielle Ausschuss, in dem jedoch 
kein grüner Vertreter saß gleich drei Hermes-Bürgschaften für 
ausländische Atomkraftwerke genehmigt, darunter 150 Millionen für die 
Siemens-Beteiligung an den chinesischen Reaktoren, ein argentinisches 
und ein litauisches Kraftwerk. Bei dem argentinischen Kraftwerk 
handelte es sich um eine Nachrüstung durch Siemens für den Reaktor 
Atucha-1 - übrigens auch ein äußerst pannenträchtiger Schrottreaktor.

"Lehrstück für üblen Lobbyismus"

Das Scheunentor, das die rot-grüne Bundesregierung seinerzeit bei 
ihrem "Atomausstieg" für die Energiekonzerne zu einem Ausstieg aus 
dem Ausstieg offengelassen hatte, wurde am 5.9.2010 von Schwarz-Gelb 
durchschritten. Dafür wurde eine Erhöhung der Sicherheitsstandards 
angekündigt. Wurden dieses Versprechen eingehalten?

Sascha Adamek: Die Verbesserung der Sicherheit als Gegenleistung für 
die schwarz-gelbe Laufzeitverlängerung gehört zu den gravierenden 
Atomlügen. Laut internen Berechnungen des Bundesumweltministeriums 
hätte es dazu Nachrüstungen im Wert gut 20 Milliarden Euro für eine 
Laufzeitverlängerung von 12 Jahren bedurft. Das ließ sich die 
Atomlobby natürlich nicht bieten und so blieb von den zunächst 
formulierten Sicherheitsstandards nicht viel übrig.

Außerdem wurde von Schwarz-Gelb ein Trick angewandt: im Gegenzug zur 
Laufzeitverlängerung sollten die Kernkraftbetreiber in einen Fonds 
für erneuerbare Energien einzahlen. Eine geheime Klausel gestand 
ihnen im Fall teurer Nachrüstungen aber nur bis zu einer Summe von 
500 Millionen Euro selbst dafür aufkommen. Wenn solche Nachzahlungen 
teurer werden, zahlen sie entsprechend weniger in den Fonds 
erneuerbarer Energien. Die Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 ist 
ein Lehrstück für üblen Lobbyismus. Die Atomkonzerne hatten sich 
klammheimlich durchgesetzt, dass für die - ohnehin technisch kaum zu 
leistende - Sicherheit ihrer Altmeiler am Ende der Steuerzahler 
aufkommt.

Das "Sicherheitsgesetz wurde unter der Leitung des Lobbyisten Gerald 
Hennenhöfer formuliert. Entbehrt die Einsetzung ausgerechnet dieser 
Person nicht einer gewissen Pikanterie?

Sascha Adamek: Mehrere Verwaltungsrechtler halten das nicht nur für 
pikant oder geschmacklos, sondern für gesetzeswidrig. Trotzdem 
erklärte das Bundesumweltministerium, dass Gerald Hennenhöfer, der ja 
zuvor auf Seiten der Atomkonzerne den rot-grünen Ausstieg mit 
verhandelt hatte, nun mit keinerlei Fragen befasst sein würde, die 
seine früheren Arbeitgeber beträfen. Ich kann mich dann nur fragen: 
was treibt der Mann als Chef der Abteilung Reaktorsicherheit dann den 
ganzen Tag? Wir müssen das glauben, oder wir lassen es.

Nun ist der erste grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann formal 
dazu in der Lage, in seinem Bundesland die Reaktoren vorzeitig vom 
Netz zu nehmen. Dagegen sprechen allerdings die massiven finanziellen 
Interessen der Betreiber? Wie wird Kretschmann ihrer Einschätzung 
nach agieren?

Sascha Adamek: Kretschmann hat (wie die Grünen) dem schwarz-gelben 
Atomausstieg zugestimmt, das war´s. Dabei nahm er aber auch in Kauf, 
dass das Kraftwerk Neckarwestheim 2 bis 2022 am Netz bleibt, obwohl 
es auf unterhöhltem Kalkgestein gebaut ist - und das nahe einer der 
wenigen Erdbebenzonen Deutschlands. Auch nimmt er in Kauf, dass das 
Kernkraftwerk Brokdorf bis 2021 in der Elbmündung in Betrieb bleibt, 
obwohl wichtige Geologen auch in der Nordsee eine Tsunami-Gefahr 
nicht ausschließen. Sie fürchten Flutwellen durch Gesteinsabrisse in 
den Fjorden Norwegens oder Schottlands.

Dieses Risiko wäre unnötig gewesen. Man hätte bis 2017 aussteigen 
können, das hat sogar das Umweltbundesamt der Bundesregierung 
ausgerechnet und die Grünen hatten das noch vor kurzem als Gesetz in 
den Bundestag eingebracht. Fest steht aber auch: Baden-Württemberg 
würde bei einem früheren Ausstieg selbst Milliardeneinnahmen 
verlieren, weil es direkt am Atomkonzern EnBW beteiligt ist. Der 
erste grüne Ministerpräsident verhält sich entsprechend nicht anders 
als ein Ministerpräsident von CDU oder SPD es täte.

Welche Folgen drohen dem deutschen Staatsbürger nach Darstellung der 
Atom-Lobby durch den Ausstieg und welches Szenario halten Sie für 
realistisch?

Sascha Adamek: Die Atomlobby hat immer das Schlimmste skizziert: 
Blackouts, horrende Strompreis-Anstiege und eine Gefährdung des 
deutschen Industriestandorts. Nichts davon wird eintreten. Im Mai 
waren zeitweise nur noch vier AKW in Betrieb und ich habe nichts von 
einem Blackout gehört. Die Strompreise werden allerdings moderat 
ansteigen, was nach mehreren Studien für einen 3-Personenhaushalt gut 
100 Euro mehr im Jahr bedeuten würde. Ich finde, das ist nicht viel 
dafür, dass wir endlich von der Hochrisikotechnologie wegkommen.

Wie müsste Ihrer Einschätzung Merkel politisch agieren, um einen 
erneuten energiepolitischen Richtungswechsel pro Atom durchzusetzten?

Sascha Adamek: Ich möchte nicht über die persönlichen Beweggründe der 
Bundeskanzlerin für ihre politische Radikalwende spekulieren, ich bin 
Journalist. Warum auch immer, sie selbst hat sich selbst auf den 
Atomausstieg festgelegt und würde als Bundeskanzlerin eine erneute 
Wende politisch nicht überstehen. Das gilt natürlich nicht für 
potentielle Nachfolger im Amt und eine andere politische Stimmungs- 
und Wirtschaftslage. Wir konnten leider miterleben, wie 2010 eine 
Bundesregierung und eine omnipotente Energielobby das rot-grüne 
Ausstiegsgesetz innerhalb weniger Monate zunichte gemacht hat. 

http://www.heise.de/tp/artikel/35/35162/1.html





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