[fessenheim-fr] Anne Lauvergeon / Areva
klausjschramm at t-online.de
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Sa Jun 18 23:32:53 CEST 2011
18.06.2011
Anne Lauvergeon, eine der härtesten
Atomkraft-Kämpferinnen tritt ab
Nach heftigen Rückschlägen beim Bau zweier neuer EPR-Atomkraftwerke
im nordfranzösischen Flamanville und im finnischen Olkiluoto tritt
Anne Lauvergeon, eine der international härtesten Atomkraft-
Kämpferinnen, ab. Das französische Netzwerk für den Atomausstieg
spricht von einer Krise der Nuklearbranche.
Seit 1999 leitete Anne Lauvergeon den französischen - und zeitweilig
in Kooperation mit Siemens deutsch-französischen - Nuklear-Konzern
Areva (1999 bis 2001 noch unter dem Firmennamen Cogema). Sie war
zudem Mitglied der Vorständen von Suez, Total, SAFRAN und Vodafone.
Seit 2004 wird sie von 'Forbes' in der Liste der 100 mächtigsten
Frauen der Welt geführt, 2008 belegte sie auf der Weltrangliste Platz
8. Ihre Karriere begann einst unter dem pseudo-sozialistischen
Präsidenten François Mitterrand.
Areva beschäftigt derzeit rund 48.000 MitarbeiterInnen. Der Konzern
mischt vom Uran-Bergbau über die Planung des EPR-Reaktors bis hin zur
Separierung von Plutonium aus abgebrannnten Brennelementen für die
militärische Nutzung an allen Stufen der nuklearen Verarbeitung, des
sogenannten Atomkreislaufs, mit. Nach dem Super-GAU von Fukushima
steht auch in Frankreich die vor über einem Jahrzehnt angekündigte
"Renaissance der Atomenergie" zur Disposition.
Die Bilanz, die Lauvergeon zu verantworten hat, sieht wenig
schmeichelhaft aus. Die Verzögerungen und aufgedeckten Schlampereien
beim Bau der beiden Prestige-Objekte in Flamanville und Olkiluoto
brachten Areva in solch ernste fianzielle Schwierigkeiten, daß
Siemens im Januar 2009 die Trennung bekannt gab. Erst vor kurzem ging
nun auch noch ein "Jahrhundertauftrag" über 20 Milliarden US-Dollar
über Reaktoren für Abu Dhabi verloren.
Die EPR-Technologie, die der Nuklear-Branche einen neuen Durchbruch
verschaffen sollte, wurde von Lauvergeon hartnäckig in den höchsten
Tönen gepriesen. Doch selbst in der Nuklearbranche erachten viele sie
mittlerweile als gescheitert. Mehr als zwei Jahre Bauverzögerungen in
Flamanville hatten bereits zu einer Kostensteigerung von gut zwei
Milliarden Euro gegenüber den anfänglich veranschlagten 3,2
Milliarden Fixkosten für das Vorzeige-Projekt geführt. Der Reaktor-
Neubau in Olkiluoto sollte bereits im April 2009 fertiggestellt sein.
Doch hier summierten sich die zusätzlichen Kosten bereits auf über
drei Milliarden Euro, die aus franzöischen Steuergeldern bezahlt
werden müssen.
Anne Lauvergeon war ein herausragender Kopf der französischen Nuklear-
Branche. Für das Netzwerk für den Atomausstieg 'Reseau Sortir de
nucléaire', einer Dachorganisation von 878 französischen Anti-Atom-
Initiativen, ist die Demission Lauvergeons keineswegs ein Signal, daß
die Nuklear-Branche die Zeichen der Zeit erkannt hätte. Vielmehr
müsse der Schritt als Versuch einer "Reorganisation" gesehen werden,
als "ein Stühlerücken, das nur eine Veränderung vortäusche, wo sich
real nichts verändere."
Luc Oursel, "Nummer Zwei" bei Areva und der jetzige Nachfolger
Lauvergeons, hat nach offizielen Angaben die Aufgabe, die Performance
des Konzerns zu verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und
dessen Wachstum voranzutreiben. Auf der Agenda des Konzerns steht
eine aggressive Export-Strategie, die sicherlich weiterhin
ungebrochen von ihrem ersten Handlungsreisenden, dem französischen
Präsidenten Nicolas Sarkozy, personifiziert wird. Auch für die
Zukunft steht zu befürchten, daß an erster Stelle an der Anlagen-
Sicherheit gespart wird.
Die französischen Atomkraft-GegnerInnen erwarten keine grundlegende
Änderung der Konzernpolitik, auch wenn sich am Stil, wie der
zukünftige Areva-Chef auftreten wird, das ein oder andere verändern
sollte. Das Netzwerk für den Atomausstieg erinnert an Aufsehen
erregende Äußerungen von "Atomic Anne". Diese hatte etwa behauptet,
der neue Reaktortyp EPR könne "dem Absturz eines Passagierflugzeugs
zu widerstehen", sie hatte beschworen, der Atommüll könne "zu 96
Prozent recycelt werden", Atomenergie sei CO2-frei und Japan
durchlaufe "keine nukleare Krise." Lauvergeon hatte die Herzen
mancher Männer höher schlagen lassen, als sie erklärte, daß "Frauen
deshalb häufiger gegen die Atomenergie eingestellt seien, weil deren
rechte Gehirnhälfte, der Sitz des Irrationalen, größer" sei und daß
Fukushima "eine Aufforderung" sei, bei Areva neue AKW einzukaufen.
Zugleich wird heute in den europäischen Mainstream-Medien kundgetan,
Anne Lauvergeon habe den französischen Nuklear-Konzern Areva zu einem
weltweit führenden Unternehmen gemacht.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Studie: AKW Fessenheim nicht ausreichend
gegen Dammbruch gesichert (14.06.11)
Sarkozy und die Atombombe
für Gaddafi (23.02.11)
Reihe schwerer Sicherheitsmängel
in französischen AKW (22.02.11)
Schrott-AKW Tricastin
ASN verlängert Laufzeit um 10 Jahre (6.12.10)
AKW Flamanville
Dach eingestürzt (5.12.10)
Frankreich: Laufzeitverlängerung auf 40 Jahre
kostet 600 Millionen Euro pro Reaktor
AKW Fessenheim bis 2017? (27.06.10)
Verbrecherische Menschenversuche
bei französischen Atombomben-Tests (17.02.10)
Atomenergie verursacht Stromlücke
in Frankreich (18.12.09)
Streit um die neue Atomkraftwerks-Linie EPR in Frankreich
Sicherheitsbehörden kritisieren elektronisches Steuerungs-
System
(3.11.09)
Unverantwortlicher Umgang mit dem hochgiftigen
Bombenstoff Plutonium (15.10.09)
Ende des finnischen AKW-Neubaus Olkiluoto?
Areva droht mit Baustop (1.09.09)
Euratom,
Milliarden-Subventionen und die Bombe (22.04.09)
Greenpeace in Frankreich bespitzelt
Kam der Auftrag von EdF? (1.04.09)
Siemens steigt bei Areva aus
Ist das Atomkraftwerk-Modell EPR am Ende? (27.01.09)
Renaissance der Atomenergie?
Wo in aller Welt? (7.01.09)
Frankreichs Verbrechen auf Moruroa
188 Atom-Bomben und die Folgen (29.09.08)
EdF schluckt British Energy
Wirtschaftliche Konzentration nimmt zu (24.09.08)
Prestigeobjekt als Rohrkrepierer
Fortlaufende Pannen beim Bau
des neuen EPR-Atomkraftwerks in Flamanville (27.08.08)
1,5 Milliarden Zusatzkosten beim EPR-Atomkraftwerk
Siemens blamiert sich mit "Vorzeige-Kraftwerk" Olkiluoto
(30.03.08)
Neues EPR-Atomkraftwerk
kann durch Flugzeug-Attacke zerstört werden (26.03.08)
Zwei Irre und die A-Bombe
Sarkozy offeriert Gaddafi AKW als Eintritt in den Club
(27.07.07)
Der Anschlag auf Greenpeace
Französischer Geheimdienst tötete 1985 einen Menschen
beim Versenken der 'Rainbow Warrior'
Der siamesische Zwilling: Atombombe
Info-Serie Atomenergie - Folge 4
Atomenergie in Frankreich
Folge 11 der Info-Serie Atomenergie
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