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Sa Mai 14 20:01:35 CEST 2011


14.05.2011

Kurswechsel der Linkspartei
beim Thema Atom-Ausstieg

Berlin (LiZ). Vor kurzem noch hieß es in den Mainstream-Medien, die 
Linkspartei habe sich selbst "ins Aus katapultiert." Der Grund: Als 
einzige der in den Parlamenten vertretenen Parteien fordere sie einen 
sofortigen Atom-Ausstieg. Das muß den "Spitzen" der Linkspartei-
Fraktion im Bundestag so in die Glieder gefahren sein, daß sie 
schnell ihre "Politikfähigkeit" unter Beweis stellen wollten...

Nun hat die Linkspartei-Fraktion im Bundestag ein Konzept für einen 
Atom-Ausstieg bis 2014 vorgelegt. Das erscheint zwar immer noch 
radikaler als die Konzepte von "Grün-Rot" oder dem, was von "Schwarz-
Gelb" nach Auslaufen des dreimonatigen Moratoriums im Juni verkündet 
wird (gerüchteweise soll nun ein Atom-Ausstieg bis 2021 versprochen 
werden), doch mit diesem Kurswechsel gibt die Linkspartei den 
Schulterschluß mit der Anti-Atom-Bewegung auf.

Genügend schlechte Erfahrungen hat die Anti-Atom-Bewegung bereits in 
den 1990er Jahren sammeln müssen, als die Pseudo-Grünen, die bis 
dahin als der verlängerte Arm der Atomkraft-GegnerInnen im Parlament 
gegolten hatten, Schritt für Schritt ihre zwischen 1979 und 1990 
eindeutige Position zum Atom-Ausstieg aufweichten. Vor über zehn 
Jahren hatte Jürgen-Trittin, nachmaliger Atom-Minister unter Gerhard 
Schröder, getönt, kein Atomkraftwerk dürfe "länger als als 25 Jahre 
laufen." Dies hätte immerhin einen Atom-Ausstieg bis 2014 bedeutet - 
der jüngste deutsche Reaktor, Neckarwestheim II, ging im Januar 1989 
in Betrieb. Dann redete Trittin von 28 Jahren. Wenig später erklärte 
er: "30 Jahre - 30 Jahre gehen auch ohne Konsens." Und am Ende 
verkündete Trittin die Bestandsgarantie des Jahres 2000 als Erfolg 
und wollte diese als Atom-Ausstieg verkaufen: "32 Jahre sind ein 
gutes Ergebnis." Dabei war schon damals klar, daß selbst bis zum Ende 
der zweiten "rot-grünen" Legislaturperiode im Jahr 2006 (diese endete 
wegen der von Schröder forcierten Neuwahl vorzeitig im Jahr 2005) nur 
die beiden längst nicht mehr wirtschaftlich zu betreibenden Alt-
Reaktoren in Stade und Obrigheim stillgelegt würden. 17 von damals 19 
Reaktoren wurden bis heute nicht stillgelegt.

Die Bundestagsfraktion der Linkspartei folgt nun dem 
"realpolitischen" Beispiel der Pseudo-Grünen. In ihrem Konzept heißt 
es vorsichtig: Die sieben in Folge des dreimonatigen Moratoriums vom 
Netz genommenen Reaktoren sowie der schon seit Mitte 2007 mit 
Ausnahme kurzfristiger Anläufe zum Weiterbetrieb abgeschaltete 
Siedewasserreaktor des AKW Krümmel sollten im Juni stillgelegt 
werden. Auch die sofortige Stilllegung von Neckarwestheim II sowie 
von Gundremmingen B und C wird gefordert. Doch die verbleibenden 
sechs Reaktoren sollten schrittweise "bis Ende 2014" abgeschaltet 
werden.

Und um die Bevölkerung vollends in die Irre zu führen, greift die 
Linkspartei ein altes Argument der Anti-Atom-Bewegung auf und 
verfälscht dieses im Sinne einer Aufweichung klarer Positionen und 
Sachverhalte, die selbst vom Bundesverband der Energie- und 
Wasserwirtschaft (BDEW) nicht geleugnet werden können. Statt der 
offiziellen Zahl von 129 GW an tatsächlich vorhandener Netto-
Gesamtleistung des deutschen Kraftwerksparks arbeitet sie mit einer 
fiktiven Angabe von 89,9 GW. Die derzeit noch nicht abgeschalteten 17 
Reaktoren verfügen nominell über eine Gesamtleistung von 22 GW. Da 
die bisherige Spitzenlast im Winter 2007 einmal bei 80 GW lag, 
scheint es also derzeit nicht möglich zu sein, sämtliche 17 Reaktoren 
sofort stillzulegen.

Mit dieser - anhand einer dubiosen Zahl über die tatsächliche 
Gesamtleistung des deutschen Kraftwerksparks - verfälschten 
Argumentation begründet die Linkspartei nun also ihre Abkehr vom 
Grundkonsens der Anti-Atom-Bewegung. Doch selbst dieser Kurswechsel 
beim Atom-Ausstieg geht offenbar manchen "RealpolitikerInnen" in der 
Linkspartei noch nicht weit genug: Sie mäkeln, ihre Partei solle doch 
nicht länger versuchen, "grüner als die Grünen" zu sein.


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