[fessenheim-fr] Explosionsgefahr in Fukushima
klausjschramm at t-online.de
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Do Mai 12 23:13:15 CEST 2011
12.05.2011
Explosionsgefahr in Fukushima
Situation weitaus schlimmer als bislang dargestellt
AKW Fukushima Daiichi, Cryptome 14, verkleinert Zwei Monate nach dem
verheerenden Erdbeben und dem Beginn der Reaktor-Katastrophe im
japanischen AKW Fukushima Daiichi liegen Informationen vor, daß in
Reaktor I akute Explosionsgefahr besteht. Die bisherige (Des-
)Informationspolitik des AKW-Betreibers TEPCO offenbart sich damit
als Verharmlosung. Hinter einem Info-Nebel wird erkennbar, daß der
Reaktordruckbehälter beschädigt ist, und höchstwahrscheinlich Teile
der Kernschmelze bereits bis ins Grundwasser gelangt sind.
"Es muß ein Loch geben," erklärte TEPCO heute, ließ zunächst aber
offen, ob es sich um ein Leck im Sicherheitsbehälter oder in dem, den
Reaktorkern unmittelbar umschließenden Reaktordruckbehälter handelt.
Erst später wurde über Kyodo News bekannt, daß ein Leck im
Druckbehälter von der Kernschmelze verursacht worden ist und außerdem
auch direkt benachbarte Rohrstutzen beschädigt sind:
"Tokyo Electric Power Co., the operator of the crippled Fukushima
Daiichi nuclear power plant, revealed Thursday that holes had been
created by melted nuclear fuel at the bottom of the No. 1 reactor's
pressure vessel. The company said it has found multiple holes adding
up to several centimeters in welded piping."
http://english.kyodonews.jp/news/2011/05/90715.html
Bekannt wurde mittlerweile auch, daß in nahen Ortschaften im
Grundwasser Radioaktivitätswerte gemessen wurden, die darauf
schließen lassen, daß die Kernschmelze längst das Grundwasser unter
dem AKW Fukushima Daiichi erreicht hat. (Washington Post)
Angeblich wurde erst in dieser Woche von TEPCO festgestellt, daß das
Kühlwasser im Druckbehälter von Reaktor I fünf Meter unter dem
Normalwert liege. Dennoch behauptet TEPCO weiterhin, die Versuche,
den Druckbehälter von außen zu kühlen, seien erfolgreich. Nach
eigenen Angaben pumpt TEPCO täglich 150 Tonnen Wasser in die Anlage.
Mit den heute nach außen gelangten Informationen ist zumindest
offensichtlich, daß TEPCO weit davon entfernt ist, die Situation zu
beherrschen.
Nach wie vor geben weder TEPCO noch die japanische Regierung
entscheidende Daten über die Menge und Isotopen-Zusammensetzung in
dem nach der Kühlung abfließenden Wasser bekannt. Allein über solche
Informationen wären unabhängige wissenschaftliche Rückschlüsse auf
die tatsächliche Zerstörung des Reaktorkerns möglich. Immer mehr
internationale Reaktor-ExpertInnen sagen inzwischen ganz offen: Die
Daten, die TEPCO veröffentlicht, haben einen äußerst begrenzten Wert -
sie verraten aber zumindest, daß TEPCO die Situation noch lange
nicht unter Kontrolle hat.
Greenpeace geht derzeit (gegen 20 Uhr MEZ) noch vom Informationsstand
von gestern aus: "Die Situation ist eindeutig viel ernster als zuvor
berichtet. Die Lage kann rapide eskalieren, sobald der Kernbrennstoff
den Reaktordruckbehälter durchschmilzt."
Tepco beabsichtigt nach eigenen Angaben, den Raum zwischen
Sicherheitsbehälter und Reaktordruckbehälter zu fluten. Ob dies
überhaupt möglich ist, steht dahin, da weiterhin offenbar große
Mengen radioaktiv kontaminierten Wassers unkontrolliert abfließen und
nach wie vor ins Meer gelagen. Vieles deutet darauf hin, daß TEPCO
dies zumindest passiv in Kauf nimmt, da so große Mengen an
Radioaktivität billig "entsorgt" werden.
Algen vor Japans Ostküste sind bereits stark radioaktiv belastet wie
Radioaktivitätsmessungen von Greenpeace ergeben. Von Bord des
Greenpeace-Schiffes 'Rainbow Warrior' und vom Ufer aus hatte die
Umweltschutz-Organisation Algenproben gesammelt und mit dem
Geigerzähler untersucht. Zehn von 22 Proben wiesen Werte von mehr als
10.000 Becquerel pro Kilogramm auf, teilte Greenpeace mit. Die
radioaktive Kontamination liege damit um mehr als das Fünffache über
dem Grenzwert.
In einer Studie hat die US-amerikanische Atomaufsicht vor Gefahren
gewarnt, die durch große Wassermassen im Sicherheitsbehälter
entstehen. Der Behälter kann bersten, sobald es zu weiteren Erdbeben
kommt. Reaktor-ExpertInnen warnten bereits in den vergangenen Tagen
vor möglichen katastrophalen Folgen des geplanten Flutens. "Wenn der
Druckbehälter mit dem Kernbrennstoff ein Leck hat, so wie TEPCO es
jetzt zugeben mußte, ist die Gefahr groß, daß das radioaktive
Schmelzmaterial austritt," erklärte der schottische Reaktor-Experte
Shaun Burnie. "Wenn dann eine Mischung aus diesem Material und dem
geschmolzenen Metall des Reaktordruckbehälters auf Wasser trifft,
kann es zu einer Explosion kommen."
Der britische Ingenieur John Large kommt in einer Studie für
Greenpeace zum Schluß, daß ein Fluten des Sicherheitsbehälters
besonders riskant sei. In der gestern der Öffentlichkeit
präsentierten Studie (Brief opinion on the Tepco plan to flood the
primary containment of unit 1, Fukushima-Daiichi) warnt Large: "Wenn
es nach einem Durchschmelzen des Druckbehälters zu einer Explosion
kommt, kann es Schockwellen geben, die den Reaktor zerstören." Dies
würde erneut erhebliche Menge an Radioaktivität freisetzen.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Roboter in Reaktor-Ruinen von Fukushima
Hohe Radioaktivitäts-Werte (18.04.11)
Anti-Atom-Demo in Japan
(10.04.11)
Aktuelle Hintergrund-Informationen
zur Reaktor-Katastrophe von Fukushima
US-ExpertInnen befürchten negative Entwicklung
in den kommenden Monaten
Fotos von cryptome.org (6.04.11)
Japanischer AKW-Experte:
Reaktor I vermutlich schon am 11. März leck (29.03.11)
Fragen zur Situation in Japan,
zur Atomenergie und zu Deutschland (25.03.11)
Gesellschaft für Strahlenschutz:
Super-GAU ist längst Realität (23.03.11)
Die Situation in den havarierten japanischen AKW
Stand: Sonntag 16 Uhr (13.03.11)
Notkühlfall in japanischem AKW
Situation in Reaktor Fukushima Daiichi I spitzt sich zu
(11.03.11)
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