[fessenheim-fr] Fukushima-Eilverordnung der EU-Kommission für Lebens- und Futtermittel aus Japan
"Amish D. Leßmann"
bodhi-amish at sonnenkinder.org
Fr Apr 1 22:37:23 CEST 2011
Hallo zusammen,
die EU-Kommission hat mit einer "Fukushima-Eilverordnung" auf den
(vermutlich) vierfachen Super-GAU im japanischen AKW Fukushima reagiert.
Aber wie? Vielleicht mit besonders intensiven Kontrollen für aus Japan
importierte Lebensmittel? Mitnichten! Die untenstehende Meldung von
Greenpeace belegt mal wieder, daß es bei der Festlegung von
Grenzwerten nicht darum geht, jedes Risiko für die Bevölkerung (oder
in anderen Zusammenhängen für ArbeiterInnen) auszuschließen oder es
zumindest zu minimieren.
Nein, die Grenzwerte richten sich immer danach, was ohne größeren
Aufwand einzuhalten ist. Als vor einiger Zeit bei mehreren Obst- und
Gemüsesorten (u.a. Paprika) die Pestizid-Grenzwerte bei der Mehrzahl
der Stichproben überschritten war, wurden die Grenzwerte einfach
erhöht. Da diese höheren Grenzwerte weitgehend eingehalten wurden,
schien die Welt wieder in Ordnung - wenn auch nur auf dem Papier
(einschließlich Zeitungspapier)...
Oder erinnert sich noch jemand an die Geschichte mit den
Ozon-Grenzwerten? Da wurde vor etlichen Jahren, nachdem es des öfteren
zu Ozonwarnungen gekommen war, einfach die Bezugstemperatur gesenkt,
die Zahlen aber beibehalten. Nun, Luft dehnt sich bekanntlich aus,
wenn sie wärmer wird. Folglich hat ein Kubikmeter Luft bei 20 °C
weniger Masse als bei 0 °C.
Wenn man die Ozon-Meßwerte in µg/m² (Mikrogramm je Kubikmeter Luft)
angibt, dann ist bei der gleichen Konzentration der Wert bei einer
Bezugstemperatur von 0 °C niedriger als bei 20 °C.
Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob die Meldung stimmt oder
ob sich Greenpeace hier einen Aprilscherz erlaubt hat. Falls es sich
um einen Scherz handeln sollte, dann fände ich das makaber und
ziemlich daneben, da ich es für sehr wahrscheinlich halte, daß die
EU-Kommission (oder eine zuständige staatliche Stelle) tatsächlich so
reagieren könnte.
Gegen die Annahme, daß es sich um einen Aprilscherz handeln könne,
spricht, daß auf der betreffenden Seite zwei Links zum Herunterladen
einer Tabelle mit Grenz- und Richtwerten für Radioaktivität in
Lebensmitteln sowie einer Rechtsexpertise zu der Verordnung zu finden
sind. Diese Rechtsexpertise (mit Briefkopf einer Anwaltskanzlei) zu
fälschen wäre dann doch erstens ein erheblicher Aufwand und zweitens
ziemlich dreist für einen Scherz.
Viele Grüße
Euer
Amish
URL:
http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/eu_kommission_erhoeht_strahlengrenzwerte_fuer_lebensmittel_aus_japan/
P.S.: Außerdem wurde ich von jemandem auf folgende (amtliche)
Internetseite hingewiesen:
http://www.bfs.de/de/ion/papiere/schauinsland.html
Text-Auszug:
Aufgrund der aktuellen Ereignisse wird der Luftstaubsammler seit dem
23.03.2011 im Tagesrhythmus betrieben. Die Ergebnisse der
anschließenden Messungen liegen einen Tag nach dem Ende der
Probenentnahme vor und können hier
http://www.bfs.de/de/ion/imis/spurenmessungen.html
abgerufen werden. Mit der Messung vom 25.03.2011 wurde von der
BfS-Messstation auf dem Schauinsland erstmals Jod-131 gemessen, das
auf den Unfall in Japan zurückzuführen ist.
____________________
EU-Kommission erhöht Strahlengrenzwerte für Lebensmittel aus Japan
Details zum Artikel:
* Artikel veröffentlicht am: 01.04.2011,
* Artikel veröffentlicht von:
Sigrid Totz
Die EU-Kommission hat am 25. März 2011 mit einer
"Fukushima-Eilverordnung" die Cäsium 134-Grenzwerte für Lebens- und
Futtermittel aus Japan erhöht. So wurde der Grenzwert für
Milcherzeugnisse von 370 Becquerel pro Kilogramm (Bq/kg) auf 1000
Becquerel heraufgesetzt.
"Dem Verbraucher wird nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima ein
Mehrfaches an radioaktivem Cäsium zugemutet. Das entspricht nicht dem
vorbeugenden Gesundheitsschutz, es ist sogar rechtswidrig", sagt der
Chemiker und Greenpeace-Experte Manfred Santen. Greenpeace hat die
neuen Grenzwerte juristisch prüfen lassen, das Ergebnis ist eindeutig.
Massiv betroffen ist neben Milcherzeugnissen aus Japan importierter
Fisch. Bisher galt für Fisch der allgemeine Lebensmittelgrenzwert von
600 Becquerel (Bq). Die Eilverordnung lässt jetzt einen doppelt so
hohen Cäsium-Grenzwert zu: 1250 Bq pro Kilogramm. Nur bei
Säuglingsnahrung fiel die Erhöhung geringer aus. Hier wurde der
Grenzwert von 370 auf 400 Bq hochgesetzt.
Die Verordnung sieht nur Lebensmittelkontrollen für Cäsium-134,
Cäsium-137 und Jod-131 in japanischen Produkten vor. Die Kontrollen
müssen aber auf Strontium sowie Plutonium und andere Alphastrahler
ausgeweitet werden. Aus den havarierten Reaktoren in Fukushima treten
neben radioaktivem Cäsium und Jod auch Radionuklide wie Strontium,
Plutonium und Transplutonium-Elemente aus.
Radioaktivität macht zudem nicht an den japanischen Grenzen halt.
Greenpeace fordert daher, alle Fische und Meeresfrüchte aus den
Hauptfanggebieten des pazifischen Raumes zu berücksichtigen. Die
Radionuklide werden ins Meer und über dem Meer freigesetzt. Von der
Küste vor Fukushima können sie mit den Meeresströmungen auch in die
Beringsee verfrachtet werden. Von dort stammt ein Großteil der in
Deutschland verkauften Fische.
"Der vorsorgende Verbraucherschutz muss oberstes Gebot sein", sagt
Santen. "Die Anhebung der Grenzwerte muss rückgängig gemacht werden."
Greenpeace fordert, die Grenzwerte auf ein Minimum zu senken.
Um etwas Übersicht in den Dschungel der Grenz- und Richtwertregeln zu
bringen, hat Greenpeace eine Übersichtstabelle erstellt. Daraus sind
die unterschiedlichen Anforderungen ersichtlich:
Die sogenannte Fukushima-Eil-Verordnung, die Durchführungverordnung
(EU) 297/2011, basiert auf der Verordnung EURATOM 3954/87. Darin sind
die jetzt gültigen Grenzwerte für Lebensmittel, die aus Japan stammen,
festgelegt.
Bis zum Zeitpunkt der EU-Eilverordnung galten für ALLE Lebensmittel
die Werte, die in den sogenannten Nach Tschernobyl-Verordnungen (EG)
733/2008 und (EG) 1048/2009 veröffentlicht waren: 370 Bq/kg für
Milchprodukte und 600 Bq/kg für alle anderen Lebensmittel. Diese
Grenzwerte gelten auch jetzt noch für alle Lebensmittel, die nicht aus
Japan stammen.
Theoretisch könnte also japanischer Fisch, dessen Strahlenbelastung
mit Cäsium-134 und Cäsium-137 oberhalb des Grenzwertes von 600 Bq/kg,
aber unterhalb von 1250 Bq/kg liegt, nach der jetzt geltenden Regelung
in die EU eingeführt werden. In Japan darf dieser Fisch nicht verkauft
werden, weil die Höchstgrenze dort bei 500 Bq/kg Fisch liegt.
Russische Pilze mit derselben Belastung hingegen dürften nicht in die
EU eingeführt werden.
Kritische Strahlenbiologen vom Münchner Umweltinstitut sowie von der
Gesellschaft für Strahlenschutz legen noch deutlich niedrigere
Höchstmengen an als die Nach Tschernobyl-Verordnung bzw. der Codex
Alimentarius von der Weltgesundheitsorganisation WHO und der
Welternährungsorganisation FAO.
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr