[fessenheim-fr] Fukushima
klausjschramm at t-online.de
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Fr Mär 25 14:46:09 CET 2011
23.03.2011
Gesellschaft für Strahlenschutz:
Super-GAU ist längst Realität
Foto: AKW Fukushima Daiichi, 16.03.2011
Offizielle Meß-Daten aus einer Entfernung von bis zu 200 Kilometern
um das zerstörte japanische AKW Fukushima Daiichi erreichen
mittlerweile die Größenordnung wie bei der Reaktor-Katastrophe von
Tschernobyl im Jahr 1986. Darauf weist Sebastian Pflugbeil, Präsident
der Gesellschaft für Strahlenschutz, hin. Nach seiner Einschätzung
gehe "das Problem in Japan erst los."
Um seine Einschätzung zu untermauern verweist Pflugbeil auf die Meß-
Daten, die auf der Internet-Seite der Internationalen Atomenergie-
Agentur IAEA veröffentlicht wurden.* Diese stammen vom Betreiber
Tepco und den japanischen Behörden. Noch in 200 Kilometer Entfernung
des zerstörten AKW Fukushima Daiichi wurden demnach erhöhte Gamma-
Dosis-Raten und Beta-Gamma-Kontaminationen gemessen. Die Meß-Daten
liegen zwischen 0,2 und 6,9 µSv/h. Die übliche - zum Teil noch durch
die Atombomben-Tests der 1960er Jahre verursachte - generelle
Hintergrundstrahlung beträgt rund 0,1 µSv/h. Die IAEA gibt an, daß
hohe Werte von Beta-Gamma-Kontaminationen zwischen 16 und 58
Kilometer Entfernung vom AKW Fukushima Daiichi gemessen wurden. Die
Werte liegen zwischen 200.000 und 900.000 Bequerel (Bq) pro
Quadratmeter. Laut IAEA ist nicht auszuschließen, daß solche hohen
Werte auch in größeren Entfernungen auftreten. Bislang war die IAEA,
deren Aufgabe in der weltweiten Propagierung und Sicherung der
"friedlichen" Nutzung der Atomenergie besteht, eher durch die
Verharmlosung der Lage in Fukushima aufgefallen.
Zur Bewertung dieser Zahlen liegt ein Vergleich mit der Tschernobyl-
Katastrophe nahe. Sogenannte Hot Spots" (deutsch: heiße Spitzenwerte)
wurden von den Behörden damals als lokal begrenzte Kontaminationen
von mehr als 555.000 Bequerel pro Quadratmeter definiert. Es handelt
sich dabei um dieselbe Größenordnung, die in Japan im Umkreis
zwischen 16 und 58 Kilometer gemessen wurde. Die Ausdehnung dieser
Zone in Japan und die dortige Strahlenbelastung ist vergleichbar mit
der Sperrzone westlich von Tschernobyl.
Diese Zahlen belegen, daß es sich bei den Unfällen im AKW Fukushima
Daiichi längst nicht mehr um einen GAU handelt, denn dabei handelt es
sich definitionsgemäß um den "größten anzunehmenden Unfall", für den
die Sicherheitsvorkehrungen eines Kraftwerks ausgelegt sind. Ein
Super-GAU ist allein bereits dadurch eingetreten, daß weitaus mehr
Radioaktivität in die Umgebung der Anlage ausgetreten ist, als im
sogenannten Normalbetrieb abgegeben werden darf. Laut Pflugbeil dürfe
auch die radioaktive Kantaminierung des Meeres nicht bagatellisiert
werden. Die veröffentlichten Meß-Ergebnisse weisen darauf hin, daß es
zumindest in einem der Reaktoren des AKW Fukushima Daiichi zu einer
Kernschmelze gekommen ist. Ob dabei nur ein Teil oder das gesamte
Inventar an radioaktiven Brennelementen geschmolzen ist, kann bei der
gegenwärtigen de-facto-Nachrichten-Sperre und den widersprüchlichen
Aussagen von offiziellen japanischen Stellen nicht beurteilt werden.
Obwohl in den Mainstream-Medien nach wie vor überwiegend abgewiegelt
und verharmlost wird, sprechen die Meß-Ergebnisse eine deutliche
Sprache. Sebastian Pflugbeil rät daher dringend zu weiteren
Evakuierungsmaßnahmen. Prekär ist allerdings die Lage für den
Großraum Tokio, in dem rund 35 Millionen Menschen leben, und der mit
den heute verfügbaren Mitteln nicht evakuiert werden kann.
Nach der Warnung vor radioaktivem Jod im Leitungswasser von Tokio
gibt es unterdessen kaum noch abgefülltes Wasser in Flaschen zu
kaufen. Viele BewohnerInnen der Hauptstadt versuchten daraufhin, in
Online-Shops Wasser zu bestellen. Das verfügbare Angebot reiche aber
nicht für alle aus, berichtete der Fernsehsender NHK. Die Behörden
ordneten an, daß Babys in 23 Stadtteilen von Tokio sowie in fünf
weiteren Städten kein Leitungswasser mehr zu trinken bekommen
sollten. Bei Messungen in einer zentralen Wasseraufbereitungsanlage
der Hauptstadt waren erhöhte Werte von radioaktivem Jod-131
festgestellt worden.
Nach Einschätzung von Pflugbeil könne die Schadensentwicklung im
Atomkraftwerk mit den gegenwärtigen Methoden wie dem notdürftigen
Kühlen mit Meerwasser bestenfalls gebremst werden, weitere schlimme
Ereignisse könnten eventuell eingedämmt werden. Allerdings sei kein
effektiver Ansatz erkennbar, wie das Schlimmste noch verhindert
werden könne. Niemand wisse, wie die Prozesse in den Reaktoren
zeitlich weiter ablaufen werden. Pflugbeil glaubt auch nicht, daß
sich die Situation stabilisiert hat. Das halte er für ein Gerücht.
"Also die Prozesse, die dort stattfinden, haben eine negative
Tendenz. Die Versuche, die gemacht wurden mit den Hubschraubern und
den Feuerwehrspritzen, haben die Sache vielleicht ein klein wenig
verzögert, aber die Probleme überhaupt nicht gelöst. Der Zerfall des
radioaktiven Materials geht weiter." Es sei damit zu rechnen, daß
sich der jetzt zu beobachtende Zustand über Wochen und Monate
hinzieht und möglicherweise weiter verschärft. Das sei
"wahrscheinlich nicht zu stoppen."
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
* Link zur Seite der IAEA:
http://www.iaea.org/newscenter/news/tsunamiupdate01.html
Siehe auch unsere Artikel:
Die Situation in den havarierten japanischen AKW
Stand: Sonntag 16 Uhr (13.03.11)
Notkühlfall in japanischem AKW
Situation in Reaktor Fukushima Daiichi I spitzt sich zu
(11.03.11)
Nach jahrelangem Stillstand
Japanischer Schneller Brüter Monju im Probebetrieb (7.05.10)
Feuer in japanischem AKW
Ein Arbeiter verletzt (5.03.09)
Brand im weltgrößten AKW
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auf unabsehbare Zeit abgeschaltet (20.09.07)
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Über 50 Prozent mehr Radioaktivität ausgetreten (18.07.07)
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