[fessenheim-fr] Die Gefahr einer iranischen Atombombe
klausjschramm at t-online.de
klausjschramm at t-online.de
So Feb 21 17:41:52 CET 2010
Die Gefahr einer iranischen Atombombe
Die IAEA und dubiose Geheimdienst-Dossiers
Mahmud Ahmadinedschad Unter ihrem neuen Chef, dem Japaner Yukiya
Amano, klagt die IAEA das iranische Regime an, bereits mit der
Herstellung der Atombombe begonnen zu haben. Doch im Gegensatz zu der
Zeit bis November 2009, als noch die Vorgänger Amanos, Mohammed al-
Baradei und Hans Blix (bis 1997) im Amt waren, stützt sich die
aktuelle Expertise der IAEA auf dubiose Geheimdienst-Dossiers. Der
Vertreter Irans bei der IAEA, Ali Ashgar Soltaniyeh, nannte die
Expertise "langweilig", weil sie lediglich alte Vorwürfe enthalte.
Noch im vergangenen Jahr hatte die IAEA die Aussage des iranischen
Regimes bestätigt, keine Pläne zum Bau der Atombombe zu verfolgen.
Skepsis war allerdings auch gegenüber dieser Expertise angebracht, da
nach historischen Erfahrungen noch jeder Staat, der mit dem Bau von
Atomkraftwerken begann, letztlich versuchte, in den Besitz der
Atombombe zu gelangen. Das Dementi des iranischen Regimes wäre also
erst dann glaubwürdig, wenn der Iran auf die "friedliche" Nutzung der
Atomenergie verzichtet. Dieses Argument gewinnt insbesondere vor dem
Hintergrund an Gewicht, daß der Iran zum einen über gigantische
Vorräte an Erdöl verfügt und derzeit der weltweit viertgrößter
Erdölproduzent ist, und zum anderen über das Potential verfügt,
innerhalb weniger Jahre seinen gesamten Energiebedarf aus
erneuerbaren Energien zu decken. Des weiteren ist die zwiespältige
Rolle der IAEA in Rechnung zu stellen, die ihre Aufgabe einerseits im
Promoting der "friedlichen" Nutzung der Atomenergie und dem
Verharmlosen deren Folgen und andererseits in der Verhinderung der
Weiterverbreitung von Atomwaffen sieht.
Das "geistliche Oberhaupt" des Irans, Ayatollah Ali Chamenei,
erklärte gestern im iranischen TV, sein Land strebe nicht nach der
Atombombe. "Wir glauben keineswegs an die Atombombe, und wir
versuchen nicht, sie zu bekommen", sagte er vor ranghohen Militärs.
Um die Glaubwürdigkeit einer solchen Aussage zu beurteilen, darf
sicherlich an die Aussage der katholischen Kirche erinnert werden,
die seinerzeit behauptete, nicht mit dem deutschen Nazi-Regime
zusammenzuarbeiten. Auch der iranische Präsident hat in den
vergangenen Jahren mehrfach öffentlich beteuert, der Iran habe nicht
die Absicht, eine die Atombombe zu bauen.
In der aktuellen Expertise der IAEA, die diese am gestrigen
Donnerstag den Mitgliedern ihres Gouverneursrates zugeleitet hat,
wird nun darauf abgehoben, daß das iranische Programm zum Einsatz von
Atomenergie für die Stromerzeugung lediglich Uran mit einem
Anreicherungsgrad von weniger als 4 Prozent benötigt, der Iran jedoch
den - verdächtigen - Anspruch auf Uran mit einem Anreicherunggrad von
20 Prozent erhebe. Nun ist jedoch bekannt, daß zum Bau der Atombombe
Uran mit einem Anreicherungsgrad von über 80 Prozent benötigt wird.
Und das iranische Regime begründet seinen Anspruch auf Uran mit einem
Anreicherungsgrad von 20 Prozent mit dem Bedarf eines
Forschungsreaktors, der unter anderem dazu diene, Radionukleide für
die Medizin zur Verfügung zu stellen. Diese Begründung ist
glaubwürdig und auch ein von der IAEA ausgearbeiteter
Kompromißvorschlag vom Oktober 2009, beruht auf der Anerkenntnis, daß
dem Iran das "Recht" auf Uran mit einem Anreicherungsgrad von 20
Prozent nicht abgesprochen werden könne. Unberücksichtigt bleibt bei
solch relativistischen Rechtsbetrachtungen, wonach dem einen Staat
nicht verweigert werden dürfe, was anderen zugebilligt wird,
allerdings die Tatsache, daß es aus wissenschaftlicher und
medizinischer Sicht keinerlei Notwendigkeit für den fraglichen
Forschungsreaktor gibt. Die Situation ist (wurde) jedoch mittlerweile
soweit eskaliert, daß das iranische Regime sich kaum mehr ohne
"Gesichtsverlust" von seinem Anspruch auf den Forschungsreaktor
verabschieden könnte.
Nun trifft die aktuelle Expertise der IAEA - wohl kaum zufällig - in
eine bereits extrem zugespitzte Situation. Der Atomstreit zwischen
dem iranischen und der US-amerikanischen Führung sowie deren
Verbündeten hat in den vergangenen Wochen einen neuen unerfreulichen
Höhepunkt erreicht, nachdem der iranische Präsident Ahmadinedschad am
2. Februar ein Kompromiß-Angebot darlegte, das von der anderen Seite
brüsk und ohne nachvollziehbare Argumente zurückgewiesen wurde. So
ist es kaum verwunderlich, daß US-Vizepräsident Joe Biden die IAEA-
Expertise prompt zum Anlaß nahm, um die in den vergangenen Tagen
angekündigte Verschärfung von Sanktionen gegen den Iran als
gerechtfertigt zu erklären. "Gemeinsam mit unseren internationalen
Partnern arbeiten wir daran sicherzustellen, daß der Iran wirkliche
Konsequenzen dafür zu spüren bekommt, daß er sich nicht an die
internationalen Abmachungen hält", sagte Biden in Washington.
Unter den gegenwärtigen Umständen erscheint es als zweifelhaft, ob
die US-Regierung und ihre Verbündeten überhaupt an einem Kompromiß
mit dem Iran interessiert sind. Die US-Regierung gab in den
vergangenen Tagen bekannt, die Stationierung von land- und
seegestützten "Raketenabwehrsystemen" im persischen Golf auszuweiten,
was als Vorbereitung auf einen Krieg gegen den Iran gewertet werden
kann. Zudem wurden neue Patriot-Raketenstützpunkte in den vier Golf-
Staaten Kuwait, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Bahrain
errichtet. US-Präsident Barack Obama kündigte an, von nun an
permanent Schiffe im persischen Golf zu stationieren, die mit Raketen
ausgerüstet sind. Eine Deeskalation des Konflikts würde voraussetzen,
daß die über Atomwaffen verfügenden Staaten, USA, Rußland,
Großbritannien, Frankreich, China, Israel (bestätigt durch Aussagen
der US-Regierung), Indien, Pakistan, Nordkorea (nach eigener
Darstellung) und Deutschland ("atomare Teilhabe"), ernsthaft
darangingen, die weltweiten Arsenale von weltweit insgesamt über
30.000 Atomsprengköpfen abzubauen.
Zur Zeit ist es recht schwierig, die neue IAEA-Expertise zu
beurteilen, da sie nicht öffentlich vorliegt und lediglich Teile
davon durchgesickert sind (wurden). Laut diesen nicht-autorisierten
Ausschnitten der Expertise lägen nun "reichhaltige Beweise" vor,
wonach das iranische Regime "früher und zum gegenwärtigen Zeitpunkt
geheime Aktivitäten" unternommen habe, um einen Atomsprengkopf zu
entwickeln. Die Anschuldigung, die einmal als Tatsachenbehauptung,
einmal lediglich als Befürchtung wiedergegeben wird, steht
bekanntlich im Gegensatz zu einem US-Geheimdienst-Bericht von 2007,
der die Aufgabe der iranischen Pläne zur militärischen Nutzung von
Atomenenergie bestätigte.
Nach Darstellung der 'New York Times' enthält die IAEA-Expertise die
Anschuldigung, der Iran arbeite mit den IAEA-InspekteurInnen nicht in
dem Maße zusammen, wie dies internationale Verpflichtungen verlangen
würden. Des weiteren sei in der Expertise enthalten, daß der Iran -
wie von diesem selbst angekündigt - die Urananreicherung fortsetze.
Neu ist allerdings die Behauptung, daß der Iran mehrere Waffen- und
Detonationstests durchgeführt und sich intensiv mit dem Bau von
Atomsprengköpfen befaßt habe. Diese Behauptung basiert jedoch
offensichtlich ausschließlich auf dubiosen Geheimdienst-Dossiers,
welche angeblich "diverse Mitgliedstaaten" der IAEA zukommen ließen.
Ob für diese Behauptung auch Fakten angegeben werden, ist beim
derzeitigen Stand der Veröffentlichungen nicht zu beurteilen.
Offenbar beruht die entsprechende Behauptung nicht auf eigenen
Ermittlungen. Neu ist allerdings, daß die IAEA in der aktuellen
Expertise auf Geheimdienst-Dossiers zurückgreift, während dies unter
den IAEA-Chefs al-Baradei und Blix noch abgelehnt worden war. Die
IAEA hat bei solchen Informationen keine Möglichkeit, diese auf
Korrektheit oder Vollständigkeit zu überprüfen, sondern kann
lediglich deren technische Plausibilität bewerten. So wird in der
'New York Times' wie folgt aus der IAEA-Expertise zitiert: "Die der
IAEA zur Verfügung stehende Information ist umfassend (...)
weitgehend schlüssig und glaubwürdig soweit sie sich bezieht auf
technische Details, den zeitlichen Rahmen, indem die Aktivitäten
stattfanden, und die Personen und Organisationen, die darin
verwickelt sind. (...) Insgesamt erwachsen hieraus Bedenken über die
mögliche Existenz vergangener oder gegenwärtiger geheimer Aktivitäten
im Iran, um einen Atomprengkopf zu entwickeln." (The information
available to the agency is extensive (...) broadly consistent and
credible in terms of the technical detail, the time frame in which
the activities were conducted and the people and organisations
involved. (...) Altogether this raises concerns about the possible
existence in Iran of past or current undisclosed activities related
to the development of a nuclear payload for a missile.) Diese in der
'New York Times' wiedergegebenen Zitate erwecken den Eindruck, daß es
sich bei der IAEA-Expertise um eine Auftragsarbeit im Dienste der US-
Regierung handelt.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
Verbrecherische Menschenversuche
bei französischen Atombomben-Tests (17.02.10)
Westen reagiert auf Verhandlungsangebot des Iran
mit verschärften Drohungen (9.02.10)
Ahmadinedschad kompromißbereit
Lösung im Streit um Uran-Anreicherung? (3.02.10)
Unverantwortlicher Umgang
mit dem hochgiftigen Bombenstoff Plutonium (15.10.09)
Atombombe und Wahnsinn
"..., weil sie das Leben nicht lieben" Erich Fromm (6.08.09)
Hiroshima, Nagasaki und die Atomkraft - strahlende Folgen
Vortrag von Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake in Freiburg
(8.07.09)
Atombombentest in Nordkorea
Weiterdrehen an der Spirale des Irrsinns (25.05.09)
US-Regierung bricht Schweigen über Israels Atombombe
Neue Perspektive bei Verhandlungen mit dem Iran? (11.05.09)
Euratom,
Milliarden-Subventionen und die Bombe (22.04.09)
Frankreichs Verbrechen auf Moruroa
188 Atom-Bomben und die Folgen (29.09.08)
Schweizer Atomwaffen-Skandal
Zehn Millionen Dollar von der CIA (26.08.08)
Putin reiht sich in die Polonaise
der Atom-Irren ein / Bau neuer Atomraketen angekündigt
(19.10.07)
Neue Fakten über atomaren Unfall
in der WAA Sellafield im Jahr 1957 (8.10.07)
Zwei Irre und die A-Bombe
Sarkozy offeriert Gaddafi AKW als Eintritt in den Club
(27.07.07)
Brasiliens Präsident Lula auf dem Atom-Trip
Ein weiterer Irrer giert nach der A-Bombe (11.07.07)
50 Jahre GKSS
und Deutschlands Streben nach der Atombombe (17.05.06)
Menschenversuche der britischen Atom-Mafia aufgedeckt
Der 'Observer' veröffentlicht brisante Dokumente (23.04.07)
Ein weiterer Irrer outet sich
Chirac droht dem Iran mit der Atombombe (20.01.06)
Israels Spiel mit der Atombombe (23.03.04)
Gedanken zu Hiroshima
von Robert Jungk, 1985 (6.08.03)
Sind Kernwaffen notwendig?
Rede von Lee Butler, 1999 (14.01.02)
Der Anschlag auf Greenpeace
Dokumentation der Geheimdienst-Aktion von 1985
Der siamesische Zwilling: Atombombe
Info-Serie Atomenergie - Folge 4
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr