[fessenheim-fr] Atommüll-Transporte - Glaskokillen nicht stabil
klausjschramm at t-online.de
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Fr Feb 5 19:53:58 CET 2010
5.02.2010
Atommüll-Transporte
Glaskokillen nicht stabil
Eine deutsch-amerikanische Forschungsgruppe warnt davor, daß
Glaskokillen, die mit hochradioaktivem Müll befüllt sind, unter
bestimmten Bedingungen bersten können. Radioaktivität kann dann in
die Umwelt gelangen. Die WissenschaftlerInnen erheben im Fachmagazin
'Angewandte Chemie' Zweifel an den bei Transport und Lagerung von
hochradioaktivem Material eingesetzten Techniken.
Wie die ForscherInnen herausgefunden haben, kann das für die
Herstellung von Transportsystemen von Atommüll-Behältern eingesetzte
Borat-Glas bei der Berührung mit Wasser instabil werden. Es besteht
ein nicht unbeträchtliches Risiko, daß eine ganze Reihe gefährlicher
Substanzen entstehen, die das Glas bröckeln lassen. Nach Aussage der
WissenschaftlerInnen handele es sich dabei um chemische Verbindungen,
die aus der Natur bislang nicht bekannt sind. Unter Laborbedingungen
ließen sich verschiedene Borat-Verbindungen mit Uran, Neptunium und
Plutonium nachweisen. Diese sogenannten Aktinoide sind allesamt
Bestandteile des Atommülls. Sie können daher für die Stabilität des
Glases schwerwiegenden Folgen haben. Wird Atommüll aus geborstenen
Atommüll-Behältern freigesetzt, besteht die Gefahr, daß er vom Wasser
ausgeschwemmt wird und in die Umwelt gelangt. Besonders große Sorgen
macht den ForscherInnen das radioaktive Isotop Neptunium-237, das
über eine Halbwertzeit von mehr als zwei Millionen Jahren verfügt.
Glaskokillen sollen zwar in der Regel in Gußeisen- oder Stahl-
Behältern eingeschlossen werden. Wie lange jedoch ein solcher
Behälter darin enthaltenen geborstenen Glaskokillen mit Atommüll
standhält, ist bislang ungeklärt. Je nach Aggressivität der Korrosion
kann ein solcher Behälter bereits nach rund tausend Jahren undicht
werden, wie das Institut für Sicherheitstechnologie (ISTec) aus Köln
im vergangenen Jahr ermittelt hat.
Die heute eingesetzten CASTOR-Behälter werden mit Glaskokillen mit
einem Gewicht von jeweils rund 400 Kilogramm beladen. Diese sind
aufgrund des darin enthaltenen wärmenetwickelnden Atommülls an der
Oberfläche bis zu 180 Grad heiß. Die sogenannten HAW-Kokillen sollen
Atommüll für mehrere Millionen Jahre sicher einschließen können. Bis
zu 28 dieser Kokillen passen in einen CASTOR-Behälter. Da diese
Transport-Behälter zu groß sind, um sie in ein unterirdisches
Endlager absenken zu können, sollen die Glaskokillen vor der
"Endlagerung" nochmals in kleine POLLUX-Behälter umgeladen werden.
Aus den fälschlich als Wiederaufarbeitungsanlagen genannten
Plutoniumfabriken in La Hague (Frankreich) und Sellafield
(Großbritannien) wird Atommüll immer wieder - meist Anfang November -
in das oberirdische "Zwischenlager" Gorleben transportiert. Dort
müssen sie zunächst abkühlen, bevor die Glaskokillen umgeladen werden
können.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat kürzlich einen neuen CASTOR-
Behälter vom Typ HAW28M genehmigt. Auch vor dieser Genehmigung wurden
keine realistischen Falltests vorgenommen. Im Herbst dieses Jahres
ist erneut damit zu rechnen, daß 11 CASTOR-Behälter mit
hochradioaktivem Müll aus der Plutoniumfabrik La Hague ins
"Zwischenlager" Gorleben transportiert werden. Dort stehen bereits 91
solche Behälter. Weltweit gibt es nach wie vor kein Endlager für
hochradioaktiven Müll.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg - eine der
langjährigen tragenden Säulen des Widerstands im Wendland gegen ein
Endlager Gorleben - weist darauf hin, daß mittlerweile die
behälterlose Einlagerung von Glaskokillen im Salzstock Gorleben
vorgesehen sei, da das Umfüllen in die vorgesehenen POLLUX-Behälter
auf unlösbare technische Probleme stieß. Allein schon die Aussicht
auf 500 Jahre Sicherheit durch die technische Barriere "Behälter" sei
eine zweifelhafte Angelegenheit. Die mit der Erforschung der
Einlagerung von hochradioaktivem Müll beauftragte Deutsche
Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) erprobt nach
Informationen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg
derzeit eine behälterlose Einlagerung. Doch aus den Erfahrungen mit
Wassereinbrüchen beim "Versuchs-Endlager" Asse II ist hinlänglich
bekannt, daß ein unterirdischer Salzstock keine Gewähr für eine
trockene Endlagerung bietet.
Mittlerweile wurde auch bekannt, daß die DBE in ihrer Versuchsanlage
in Landsbergen/Weser, einem alten Kohlekraftwerk, Versuche mit dem
Hantieren von sogenannten BSK-3-Kokillen durchführt. Ursprünglich war
vorgesehen, die CASTOR-Behälter nach einer mindestens zehnjährigen
Abkühl-Zeit in der Pilot Konditionierungsanlage (PKA) Gorleben zu
entladen. Die Glaskokillen mit dem hochradioaktiven Inventar sollten
dabei in kleinere POLLUX-Behälter umgepackt werden. Nur diese
kleineren Behälter können im Schacht in den unterirdischen Salzstock
abgesenkt werden. Die dickwandigen POLLUX-Behälter galten als erste
Barriere in einem Mehrbarrieren-Konzept bei der Endlagerung
radioaktiver Abfälle. Nun sollen jedoch nach Informationen der
Bürgerinitiative lediglich Abschirmungen beim Hantieren mit den BSK-3-
Kokillen verwandt werden, um die Strahlenbelastung des Personals zu
minimieren - auf Gußeisen- oder Stahl-Behälter würde verzichtet. Die
Bürgerinitiative ruft daher dazu auf: "Der geplante CASTOR-Transport
nach Gorleben muß gestoppt werden und wird deshalb auch die Gerichte
beschäftigen. Hier wird offensichtlich, daß die Endstation ein
Zwischenlager ist, wenn die Kokillen gar nicht endlagerfähig sind."
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sieht jedoch durch die neuen
Forschungsergebnisse "keinen Handlungsbedarf".
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel zum Thema:
Einsturzgefahr im "Versuchs-Endlager" Asse II
Atommüll wird rückgeholt (15.01.10)
Endlager-Standort Gorleben
Bei der Auswahl spielte Geologie kaum eine Rolle (10.01.10)
"Versuchs-Endlager" Asse II:
Mit Spezialbeton Hohlräume verfüllt (8.12.09)
CASTOR-Transporte ins Zwischenlager Ahaus
Der Weg zum illegalen Endlager (14.11.09)
"Versuchs-Endlager" Asse II:
Decke eingestürzt (9.10.09)
Endlagerpläne in Schweden hinfällig
Auch Kupfer hält nicht dicht (30.09.09)
Karlsruhe: "Atomsuppe" wird verglast
Verbleib nach wie vor ungeklärt (17.09.09)
Gorleben: Regierung Kohl setzte 1983
Gutachter unter Druck (9.09.09)
Sargnagel für Endlager Gorleben
Verträge laufen 2015 aus (22.08.09)
Illegaler Ausbau unter Gorleben
1,5 Milliarden Euro bereits für Ausbau als "Endlager"
investiert
(28.05.09)
Nach dem Wahljahr 2009:
Im Jahr 2010 drei CASTOR-Transporte? (15.04.09)
US-Regierung gibt atomare Endlager-Pläne auf
Yucca Mountain ungeeignet (9.03.09)
Nachtrag zum Gorleben-CASTOR:
Amt mußte Strahlenmeßgeräte leihen (17.02.09)
Kein Atommüll-Zwischenlager in Hanau
Kommunales Verbot von Gericht bestätigt (3.02.09)
Atom-Ausstieg selber machen!
Der deutsche "Atom-Ausstieg"
Folge 2 der Info-Serie Atomenergie
Das ungelöste Problem der Endlagerung
Folge 12 der Info-Serie Atomenergie
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