[fessenheim-fr] AKW Cruas: Notabschaltung

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Do Dez 3 22:01:25 CET 2009


2.12.2009

Notabschaltung
im französischen AKW Cruas

Hauptkühlsystem verstopft

Einer der vier Reaktorblöcke des AKW Cruas mußte in der vergangenen 
Nacht wegen eines "Problems" im Hauptkühlsystem per Notabschaltung 
heruntergefahren werden. Der "Störfall" in dem Atomkraftwerk in der 
Nähe der südostfranzösischen Stadt Montélimar wird nach Angaben der 
Atomaufsichtsbehörde ASN als der Schwerste der vergangenen vier Jahre 
eingestuft.

Der französische Energie-Konzern EdF löste angeblich einen 
"Notfallplan" aus, nachdem der Zufluß des Kühlsystems durch Treibgut 
der Rhône verstopft war. Der Fluß dient dazu, Abfall-Wärme 
aufzunehmen. Rund zwei Drittel der Wärme, die im Reaktorkern erzeugt 
wird, kann nicht in Elektrizität umgewandelt werden.

Nach Auskunft der EdF habe in der vergangenen Nacht weder eine Gefahr 
für die Bevölkerung noch für die Umwelt bestanden. Der Reaktorkern 
sei von dem Ausfall nicht betroffen gewesen, sagte der 
stellvertretende ASN-Chef, Olivier Gupta. Er sei "mit anderen 
Mitteln" gekühlt worden. Mehr als diese ominöse Auskunft war bislang 
nicht zu erhalten. Weiter hieß es, die Behörde sei um kurz vor 
Mitternacht von dem "Störfall" unterrichtet worden und habe umgehend 
zwei Experten ins AKW Cruas entsandt.

Bereits heute (Mittwoch) morgen teilte die EdF mit, das Kühlsystem 
funktioniere wieder. Als Betreiber von 19 Atomkraftwerken mit 
insgesamt 58 Reaktoren sei das Unternehmen "auf derartige Ereignisse 
vorbereitet", erklärte die ASN. Der nächtliche "Störfall" habe 
gezeigt, daß das vorgeschriebene Vorgehen in einem solchen Fall "gut 
funktioniert". Die ASN stufte den Zwischenfall auf Stufe Zwei der 
internationalen Meldeskala INES ein, also in der dritten der von Null 
bis Sieben reichenden Kategorien. Entsprechend der damit verknüpften 
Nomenklatur soll es sich also in der vergangenen Nacht nicht nur um 
ein meldepflichtiges "Ereignis" oder eine "Störung", sondern um einen 
"Störfall" gehandelt haben. Aus den INES-Vorgaben ist zu schließen, 
daß sich zumindest ein "begrenzter Ausfall der gestaffelten 
Sicherheitsvorkehrungen" ereignet hat. Bei einem vollständigen 
Ausfall der Kühlung des Reaktorkerns kann es zu einer Kernschmelze 
und in der Folge zu einem "Super-GAU" mit der Freisetzung von 
Radioaktivität kommen. Ein Reaktor mittlerer Größe enthält ein 
radioaktives Inventar, das in einem solchen Fall ausreicht, um eine 
Fläche von der Größe der Schweiz für Jahrzehnte unbewohnbar zu 
machen.

Am 15. Oktober war bekannt geworden, daß bereits im Juni bei Arbeiten 
in der französischen Atomanlage Cadarache überraschend 39 Kilogramm 
Plutonium gefunden worden waren, die nirgendwo verzeichnet waren. 
Auch dieses Ereignis war auf der INES-Skala in der Kategorie Zwei 
eingestuft worden. Für Schlagzeilen hatten vergangenes Jahr mehrere 
Vorfälle im flußabwärts gelegenen AKW Tricastin gesorgt. Erst liefen 
Anfang Juli 2008 dreißig Kubikmeter uranhaltige Flüssigkeit aus und 
gelangten in die Umwelt. Elf Tage darauf wurde über die Brennelemente-
Fabrik in Romans-sur-Isère im Südosten Frankreichs gemeldet, daß dort 
ein undichtes unterirdisches Rohr entdeckt wurde, aus dem ebenfalls 
Uran austrat. Kurz darauf verkeilten sich beim Austausch von 
Brennelementen im AKW Tricastin zwei der uranhaltigen Stäbe. Mitte 
Juli wurden 15 Angestellte im AKW Saint-Alban radioaktiv kontaminiert 
und Ende Juli 2008 kam es erneut zu einer "Panne" im AKW Tricastin, 
bei der 100 Angestellte radioaktiv kontaminiert wurden.

19 französische Atomkraftwerke mit 58 Reaktoren

Anfang November waren in Frankreich 18 der 58 Reaktoren wegen Pannen 
oder Wartungs-Arbeiten abgeschaltet. Das Land werde im Winter 
"massiv" Strom importieren müssen, meldet die französische 
Tageszeitung 'Le Monde'. Dies ist eine realistische Prognose, da in 
Frankreich parallel zum Aufbau des AKW-"Parks" ab Mitte der 1970er-
Jahre massiv der Einbau von energetisch unsinnigen Elektro-Heizungen 
in Eigenheimen gefördert wurde. Trotz nachgewiesener 
Sicherheitsmängel der französischen Atomkraftwerke - insbesondere der 
ältesten wie dem AKW Fessenheim und dem AKW Tricastin - drängt der 
französische Energie-Konzern EdF auf längere Laufzeiten.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel zum Thema:

      Streit um die neue Atomkraftwerks-Linie EPR in Frankreich
      Sicherheitsbehörden kritisieren elektronisches Steuerungs-
System
      (3.11.09)

      AKW Fessenheim undicht
      13.000 Liter Diesel-Öl versickerten im Boden (29.10.09)

      Unverantwortlicher Umgang mit dem hochgiftigen
      Bombenstoff Plutonium (15.10.09)

      EU: Siemens an Kartell beteiligt
      Straffreiheit wegen Kooperation (7.10.09)

      Demo gegen Atomkraft mit 10.000 TeilnehmerInnen in Colmar
      Massive Behinderungen durch Polizei (4.10.09)

      Ende des finnischen AKW-Neubaus Olkiluoto?
      Areva droht mit Baustop (1.09.09)

      AKW-Laufzeitverlängerung in Spanien
      "Sozialistischer" Regierungs-Chef Zapatero
      bricht Wahl-Versprechen (3.07.09)

      Der Rhein wird aufgeheizt
      AKW Fessenheim mit maßgeblichem Beitrag (30.06.09)

      Terrorziel Atomkraftwerk
      TV-Magazin 'Frontal21' veröffentlicht Geheimbericht (17.06.09)

      Erdbeben der Stärke 4,5 bei Steinen
      AKW Fessenheim nach wie vor unsicher (5.05.09)

      EURATOM,
      Milliarden-Subventionen und die Bombe (22.04.09)

      IAEA: AKW Fessenheim
      entspricht nicht internationalen Standards (8.04.09)

      Greenpeace in Frankreich bespitzelt
      Kam der Auftrag von EdF? (1.04.09)

      AKW Fessenheim undicht
      Reaktor seit Samstag abgeschaltet (6.03.09)

      Weltwirtschaftskrise trifft Energie-Konzerne
      Keine Investitionen für AKW-Neubauten (4.02.09)

      Siemens steigt bei Areva aus
      Ist das Atomkraftwerk-Modell EPR am Ende? (27.01.09)

      Renaissance der Atomenergie?
      Wo in aller Welt? (7.01.09)

      AKW Fessenheim für weitere Jahrzehnte?
      Versprecher oder Insider-Wissen? (4.12.08)

      EdF schluckt British Energy
      Wirtschaftliche Konzentration nimmt zu (24.09.08)

      Prestigeobjekt als Rohrkrepierer
      Fortlaufende Pannen beim Bau
      des neuen EPR-Atomkraftwerks in Flamanville (27.08.08)

      Erneut Atom-Unfall in Frankreich
      100 Menschen radioaktiv kontaminiert (24.07.08)

      Erneut Atom-Unfall in Frankreich
      15 Menschen radioaktiv kontaminiert (22.07.08)

      Französische Atom-Industrie bleibt im Gespräch
      Erneute Leckage (18.07.08)

      Nach Unfall beim AKW Tricastin
      Überprüfung des Grundwassers bei französischen AKW (17.07.08)

      AKW Tricastin:
      Flüsse in Südfrankreich radioaktiv kontaminiert (8.07.08)

      AKW-Unfall in Spanien
      Greenpeace ortet Radioaktivität bei Tarragona (8.04.08)

      1,5 Milliarden Zusatzkosten beim EPR-Atomkraftwerk
      Siemens blamiert sich mit "Vorzeige-Kraftwerk" Olkiluoto 
(30.03.08)

      AKW Fessenheim: Block 2 abgeschaltet
      Leck im Primärkreislauf (20.02.08)

      Atom-Ausstieg selber machen!

      Der deutsche "Atom-Ausstieg"
      Folge 2 der Info-Serie Atomenergie

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      Folge 11 der Info-Serie Atomenergie




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