[fessenheim-fr] Info-Serie Atomenergie - Folge 3
klausjschramm at t-online.de
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Mi Jul 15 18:02:29 CEST 2009
Info-Serie Atomenergie
Folge 3
Die Subventionierung der Atomenergie
Ein kleines Gedankenexperiment zu Beginn. E.on-Chef Wulf Bernotat
kommt zu Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, und
präsentiert ihm ein angeblich geniales Projekt: Ein neuartiges
Kraftwerk, das Patent ist bereits gesichert, mit der Stromproduktion
könne jährlich 300 Millionen Euro Gewinn eingefahren werden. Bernotat
will Kredit. Josef Ackermann stahlt von einem Ohr bis zum anderen -
fragt aber sofort: "Veranschlagte Baukosten?" Bernotat: "5 Milliarden
Euro." Da bricht Ackermann in schallendes Gelächter aus.
Warum wohl? Ackermann hat sofort im Kopf überschlagen, daß der
gesamte Gewinn nicht ausreichen würde, um in 16 Jahren auch nur 5
Milliarden Euro zu zahlen - geschweige denn Zinsen.
Nun gibt es allerdings auch eine Lösung für ein solches Problem: die
Politik. Selbstverständlich nicht bei irgendeinem Kraftwerk,
vielleicht aber, wenn es sich um Drogen handelt oder um...
Auf nichts sind alle Regierungs-Chefs und führenden Militärs so
scharf wie auf Atomwaffen. Wenn ihr also anbieten könnt, ihnen zum
Besitz von Atomwaffen zu verhelfen, sind euch 50 Milliarden Euro
schon so gut wie sicher.
Beginnen wir also mit der Geschichte der Subventionierung der
Atomenergie in den späten 1950er Jahren - als der zuständige Minister
in Deutschland noch selbstverständlich Atom-Minister hieß und nicht
etwa entsprechend orwellschem Neusprech Umwelt-Minister wie seine
Nachfolger Töpfer, Merkel, Trittin und Gabriel.
Der damals amtierende deutsche Atom-Minister hieß Franz Josef Strauß.
Und in seinen Memoiren legte er unumwunden offen, was heute kaum mehr
jemand weiß: Bereits 1958 hatten der deutsche, der französische und
der britische Außenminister bei einem Geheimtreffen ein Abkommen zur
geheimen Produktion von Atomwaffen unterzeichnet. Das
Kernforschungszentrum bei Geesthacht mit dem Tarnnamen GKSS,
"Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt
GmbH", war bereits seit seiner Gründung im Jahr 1956 in die
Entwicklung einer deutschen Atombombe verwickelt. Gegründet wurde die
GKSS von den Kernphysikern Erich Bagge und Kurt Diebner, die wenige
Jahre zuvor an führender Position am "Uranprojekt" der Nazis
beteiligt waren.
Professor Erich Bagge meldete zahlreiche Reaktorpatente an. Darunter
befinden sich unter anderem Patente zum Schnellen Brüter sowie zur
Plutoniumgewinnung und -separation - Schlüssel-Technologien, die für
den Bau einer Atombombe unabdingbar sind. Zwei Patentanmeldungen
erfolgten 1955 zusammen mit Dr. Friedwardt Winterberg zu
thermonuklearen Bomben. Bereits wischen 1941 und 1943 hatte Bagge die
Isotopenschleuse entwickelt, ein Gerät zur Anreicherung des Urans bis
zu einem bombenfähigen Grad.
Bagge unterhielt auch nach dem Zweiten Weltkrieg enge politische
Kontakte. So sicherte ihm sein Sitz in der Atomkommission Einfluß im
Atomministerium. Zudem konnte er sich freundschaftlicher Beziehungen
zu Franz Josef Strauß rühmen.
Die Grundlegung der Europäischen Union am 25. März 1957 mit den drei
Römischen Verträgen legte nicht zuletzt den Grundstein für die
Entwicklung der "friedlichen" - und militärischen - Anwendung der
Atomenergie. Denn was heute gerne verschwiegen wird: einer der drei
Römischen Verträge ist der EURATOM-Vertrag.
EURATOM ist die Grundlage für die Finanzierung der Entwicklung der
Atomenergie und für die Verteilung von Milliardenkrediten für Bau und
Erhalt von Atomkraftwerken. In manchen älteren Texten zum EURATOM-
Vertrag ist noch ganz ungeschminkt nachzulesen, daß "die Kernenergie
teuer war und die erforderlichen Investitionskosten die Möglichkeiten
der einzelnen Staaten" - und erst recht die der Konzerne -
überschritten. "Allgemeines Ziel des Vertrages war es, zur Bildung
und Entwicklung einer mächtigen Kernkraftindustrie in Europa
beizutragen."
Mit EURATOM war von Beginn an in einem Schlüssel-Bereich der Ökonomie
die sogenannte Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt. Dem Protokoll
einer Kabinettssitzung zufolge hatte der damalige deutsche
Bundeskanzler Konrad Adenauer 1956 vor dem Bundeskabinett erklärt, er
"möchte über Euratom auf schnellstem Weg die Möglichkeit erhalten,
selbst nukleare Waffen herzustellen." Und am Ende des Jahres 1957
hatte sogar der französische Verteidigungsminister Chaban-Delmas
Westdeutschland und Italien den Vorschlag einer gemeinsamen
Atomwaffenproduktion unterbreitet.
Auch wenn der EURATOM-Vertrag in der öffentlichen Diskussion kaum
einmal erwähnt wird, ist er bis heute äußerst bedeutsam. Über ihn
wird nach wie vor ein Großteil der Subventionierung der Atomenergie
in Europa abgewickelt. Und obwohl beispielsweise Österreich bereits
1978 den Atom-Ausstieg vollzog, muß das Land seit seinem EU-Beitritt
am 1. Januar 1995 jährlich 40 Millionen Euro für die "Förderung der
Atomenergie" in Europa überweisen. So war der EURATOM-Vertrag einer
der wenig beachteten Anhänge der mittlerweile gescheiterten
Europäischen Verfassung und unter Staatsrechtern ist umstritten, ob
ein EU-Mitgliedsstaat überhaupt den EURATOM-Vertag kündigen kann,
ohne zugleich aus der EU auszuscheiden.
Laut OECD wurden im Zeitraum zwischen 1950 und 1973 umgerechnet 150
Milliarden US-Dollar für die "Atom-Forschung" verausgabt. Dabei sind
die EU-Fördermittel nicht eingerechnet. Im entsprechenden Zeitraum
wurde für erneuerbare Energien nichts zur Verfügung gestellt. In den
18 darauffolgenden Jahren zwischen 1974 bis 1992 wurden laut OECD 168
Milliarden US-Dollar für die "Atom-Forschung" verteilt. Auch in
dieser Summe sind die EU-Fördermittel nicht eingerechnet. Im gleichen
Zeitraum wurde für erneuerbare Energie gerade mal ein Achtel dieser
Summe, 22 Milliarden US-Dollar - für alle erneuerbaren Energien
zusammen - locker gemacht.
Alleine über den EURATOM-Vertrag jedoch wurden seit 1957 - ohne
parlamentarische Kontrolle - rund 400 Milliarden Euro "Fördermittel"
gezahlt.
Seit 1950 wurden in Deutschland in 50 Jahren umgerechnet rund 20
Milliarden Euro allein für den Bau von Forschungsreaktoren
aufgewendet. Die Bundesregierung hat ferner zwischen 1969 und 2000
durch Exportkredite mit Bundesbürgschaften in Höhe von umgerechnet 6
Milliarden Euro den Export deutscher Atomtechnologie nach Brasilien,
Argentinien, in den Iran und andere Länder gefördert (sogenannte
"Hermes-Bürgschaften"). Wurde der Betreiber im Empfängerland
zahlungsunfähig, zahlte der Bundeshaushalt den Exporteur aus.
Für gescheiterte Projekte wie den Schnellen Brüter in Kalkar und den
Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) Hamm-Uentrop wurden umgerechnet
mehr als 9 Milliarden Euro verschleudert. Für AKW-Stilllegungen,
Rückbauten, Sanierung von Lagerstätten und für die "Endlagerung"
schwach- und mittelradioaktiven Mülls mußten bislang umgerechnet 14,5
Milliarden Euro aufgewendet werden. Allein die staatlichen Mittel für
die Sanierung des Uran-Tagebaugebiets Wismut betrugen 6,6 Milliarden
Euro. Bis zum Jahr 2000 wurden aufgrund der Steuerfreiheit der
"Rückstellungen" der Energie-Konzerne für die spätere "Entsorgung"
der atomaren Ruinen und für die "Endlagerung" des hochradioaktiven
Atommülls, umgerechnet rund 20 Milliarden Euro vom Staat verschenkt.
Bei all diesen Beträgen sind die Kosten für polizeiliche
Sicherungsmaßnahmen beispielsweise bei CASTOR-Transporten, Ausgaben
von Universitäts-Institutionen sowie die Grundfinanzierung von
Forschungseinrichtungen wie beispielsweise der GKSS nicht einmal
eingerechnet.
So erklärte der SPD-Energieexperte und Bundestagsabgeordnete Hermann
Scheer, daß allein wegen der Steuerfreiheit der "Rückstellungen" die
Atomenergie bis heute jährlich mit 5 bis 7 Milliarden Euro
subventioniert wird - und dies nicht nur unter der gegenwärtigen
"schwarz-roten" Regierung, sondern ununterbrochen auch in den sieben
Jahren der "rot-grünen" Regierung von Gerhard Schröder und Joseph
Fischer.
"Die Konzerne dürfen ihre steuerfreien Rückstellungen für die atomare
Entsorgung nach belieben verwenden. Sie hatten vom Atomkonsens einen
jährlichen Vorteil von fünf bis sieben Milliarden Euro." (Hermann
Scheer in einem Interview in der 'Badischen Zeitung', 29. Oktober
2005)
Zur Erläuterung, wie die Kosten für den Rückbau von Nuklear-Anlagen
falsch eingeschätzt wurden und völlig aus dem Ruder laufen können,
kann das Beispiel der Versuchs-WAA im Kernforschungszentrum Karlsruhe
dienen. Die Mainstream-Medien behandeln den sich seit Jahren
zuspitzenden Skandal konsequent "unter ferner liefen...". Die Atom-
Konzerne handelten bereits 1991 Vertragsklauseln aus, nach denen sie
mit der Zahlung eines Festbetrags von lediglich 511 Millionen Euro
aus der Verantwortung entlassen wurden. Der "Rest" soll aus
Steuermittel aufgebracht werden. Im Jahr 2007 mußte die Schätzung der
Kosten für die bisher wegen technischer Probleme noch nicht einmal
begonnen Verglasung der "Atom-Suppe" von Karlsruhe von 1,9 auf 2,2
Milliarden Euro angehoben werden. Der voraussichtlichen Starttermin
für die heiße Betriebsphase, in der mit der Verglasung der
"Atomsuppe" begonnen werden sollte, wurde auf die erste Jahreshälfte
2008 verlegt. Dabei wurde die Anlage bereits 1990 stillgelegt. Im
Januar 2008 mußte das Stuttgarter Wirtschaftsministerium den
Finanzbedarf zum wiederholten Male nach oben korrigieren: auf 2,6
Milliarden Euro.
Dabei handelt es sich bei der "Atom-Suppe" um ein äußerst
gefährliches Erbe: Rund 80.000 Liter strahlende und
wärmeentwickelnde, radioaktive Flüssigkeit. Die nach der
experimentellen Separierung von Brennstäben aus Atomkraftwerken
zurückgebliebene "Atomsuppe" enthält 504 Kilogramm Uran und 16,5
Kilogramm hochgiftiges Plutonium als Einlage. Sie dümpelt hinter drei
Meter dicken Stahlbetonwänden vor sich hin und muß permanent gekühlt
werden, da sie sich durch radioaktive Spaltprozesse selbst erhitzt
und hoch explosiv ist. Kühlung und Bewachung kosten Tag für Tag
immense Summen und treiben die Kosten um so höher, je länger sich die
geplante Verglasung hinauszögert.
Allein für den Rückbau eines einzigen Atomkraftwerks müssen je nach
Schätzung zwischen 4,5 und 6 Milliarden Euro (Greenpeace) aufgewandt
werden. Die dafür laut Gesetz vorgeschriebenen Rückstellungen der AKW-
Betreiber von insgesamt rund 30 Milliarden Euro (Stand 2005) stehen
diesen jedoch über lange Zeiträume - bis zum Eintritt des jeweiligen
Rückstellungszwecks - operativ für beliebige Investitionen zur
Verfügung. Sie haben damit die Funktion steuerfreier Gewinne, mit
denen die AKW-Betreiber einzigartige Wettbewerbsvorteile in der Hand
haben.
Selbst die EU-Kommission hat in einer Mitteilung an den Rat - KOM 794
- vom 17. Dezember 2007 schwerwiegende Bedenken gegen die deutsche
Rückstellungspraxis für die atomare Entsorgung erhoben, weil diese
den EU-Binnenmarkt verzerrt.
Ob die Rückstellungs-Gelder jedoch nach Fusionen oder Konzern-Pleiten
- Beispiel Enron - noch zur Verfügung stehen werden, wenn sie
eingesetzt werden sollen, ist keineswegs gesichert. Diese
Milliardenbeträge sind in anderweitigen Investitionen der Strom-
Konzerne gebunden und so auch Kurs- und Konkurs-Risiken ausgesetzt.
Zudem wäre es naiv zu glauben, daß Menschen, denen das Leben und die
Gesundheit von Kindern, die in der Umgebung von AKWs an Leukämie
erkranken, gleichgültig ist, in Zukunft Verantwortungsbewußtsein
zeigen. Schließlich ist es in dieser Branche Usus, die größten Kosten
auf die Allgemeinheit abzuwälzen. In Großbritannien veruntreute die
Betreibergesellschaft die für den Rückbau von Atomkraftwerken an sie
gezahlten staatlichen Subventionen vor ihrem Konkurs.
Thema Haftpflicht. Für deutsche Atomkraftwerke müssen die Betreiber-
Konzerne lediglich völlig unzureichende Haftpflichtversicherungen
abschließen. Dagegen muß jede Windenergie- und Solaranlage voll
haftpflichtversichert sein.
Mit der Haftpflicht für Atomkraftwerke wird weniger als 0,1 Prozent
der bei einem Super-GAU zu erwartenden Schäden gedeckt. Tatsächlich
handelt es sich dabei um eine Sonderregelung für die Atomindustrie,
die weder die "rot-grüne" Bundesregierung (1998 - 2005) noch die
gegenwärtige "schwarz-rote" anzutasten wagte. Auch dies ist eine
massive verdeckte Subventionierung des real nicht konkurrenzfähigen
Atomstroms.
Laut der vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen
Prognos-Studie muß bei einem Atomunfall mit Schäden von über 5000
Milliarden Euro gerechnet werden. Die Haftungsobergrenze für ein
Atomkraftwerk liegt aber nur bei 2,5 Milliarden - also weniger als
0,1 Prozent. Die Deckungsvorsorge beträgt jedoch pro Atomkraftwerk
nur 0,5 Milliarden Euro.
Die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl forderte bisher rund 70.000
Todesopfer. 350.000 Menschen mußten aus den - dünn besiedelten -
betroffenen Regionen evakuiert werden, bis zu 800.000 eingesetzte
Liquidatoren erkrankten größtenteils an Herz-Kreislauf, Magen-Darm-
und Augenkrankheiten, 162.000 Quadratkilometer sind radioaktiv
verseucht, insgesamt rund 9 Millionen Menschen unmittelbar betroffen.
In Weißrußland stieg die Krebsrate um 40 Prozent. Auch im übrigen
Europa nahmen Fehlbildungen zu.
Bei einem Unfall im AKW Krümmel an der Elbe müßten je nach
Windverhältnissen rund 1,2 Millionen Menschen evakuiert werden.
40.000 bis 110.000 Menschen würden an Krebs erkranken und nach 50
Jahren wären rund zwei Drittel der Stadt Hamburg noch unbewohnbar.
Vor diesem Hintergrund ist nur logisch, daß alle privaten
Haftpflichtversicherungen in Deutschland Schäden durch Nuklearunfälle
ausdrücklich ausschließen.
Frank Winkler, ehemaliger Chef-Manager der weltgrößten Firma für
thermische Solaranlagen 'Solahart' berichtet: "Als ich vor Jahren den
Vertrieb der australischen Firma 'Solahart' in Deutschland und
Österreich aufgebaut habe, mußte ich für Europa eine
Produkthaftpflichtversicherung abschließen. Ohne
Produkthaftpflichtversicherung wäre eine Einfuhr und der Vertrieb der
damals bereits 500.000-fach erprobten 'Solahart'-Solaranlage in
Europa nicht genehmigt worden." Für ihn ist es daher völlig
unverständlich, "warum ausgerechnet die sehr gefährliche
Atomindustrie die einzige deutsche Industrie ist, die Kraftwerke
betreiben darf, die völlig unzureichend haftpflichtversichert sind.
Der Versicherungs-Skandal der praktisch völlig fehlenden
kostendeckenden AKW-Haftpflichtversicherung wurde in einer
offiziellen Broschüre des Bundesumweltministeriums bestätigt."
Der Rechtswissenschaftler Norbert Pelzer stellte schon auf dem
'Ersten Deutschen Atomrechts-Symposium' 1972 zu recht fest: "In
unserem Schadensersatzrecht gilt der Grundsatz der vollen
Ersatzleistung, § 249 BGB. Summenmäßige Haftungsbegrenzungen sind die
Ausnahme. (...) Es muß eine vernünftige Relation zwischen
Haftungssumme und Schadenspotenzial bestehen, anderenfalls kann man
von 'Schadensersatz' schwerlich sprechen." Auf dem 'Sechsten
Deutschen Atomrechts-Symposium' sagte Pelzer, daß man mit dem
Atomhaftungsrecht "für die haftpflichtigen Inhaber von Kernanlagen
Privilegien schuf, die dem sonstigen Haftungsrecht unbekannt waren."
Eine weitere verdeckte Subventionierung des Atomstroms besteht darin,
daß den Großen Vier, den Konzernen RWE, Vattenfall, E.on und EnBW,
Gewinne aus überzogene Durchleitungs-Preisen für das in ihrem Besitz
befindliche Übertragungsnetz zugestanden werden. Im April 1998 hatte
die "schwarz-gelbe" Regierung unter Helmut Kohl ein
Energiewirtschaftsgesetz zur Liberalisierung des Strommarktes
verabschiedet. Dieses Gesetz sollte - so ein Versprechen von "Rot-
Grün" - um eine Regulierungsbehörde ergänzt werden. Erst 2005 wurde
die Regulierungsbehörde in Form der Bundesnetzagentur eingeführt, auf
ultimativen Druck der EU-Kommission. Zwischen 1999 und 2004 lagen die
Umsätze aus dem Betrieb des Übertragungsnetzes bei rund 33 Milliarden
Euro, wovon aber lediglich 15 Milliarden für Netzinvestitionen
verwendet wurden. Die übrigen 18 Milliarden fielen in die Kriegskasse
der Stromkonzerne. Mittlerweile stellte sich jedoch auch die
Bundesnetzagentur als zahnloser Tiger heraus.
In einer 2005 veröffentlichten Studie von Bettina Meyer
(Umweltministerium des Landes Schleswig-Holstein) und Kai
Schlegelmilch (stellvertretende Vorsitzendes des Fördervereins
Ökologische Steuerreform) wurde die Gesamtsumme der Subventionen der
Atomenergie in Deutschland für das Jahr 2003 auf 17,6 Milliarden Euro
berechnet. Dabei wurde lediglich die Subventionierung über "Forschung
und Entwicklung" sowie die Vorteile bei der Einkommensteuer aufgrund
der Rückstellungen berücksichtigt. Zitat aus der Studie: "Es gibt
weitere versteckte staatliche Leistungen, die aber bisher noch nicht
quantifiziert werden konnten." Im Subventionsbericht der
Bundesregierung wird jedoch nicht einmal die Steuerbefreiung für
Kernbrennstoff aufgeführt, die im Vergleich zu den hier dargestellten
Subventions-Arten nicht sonderlich ins Gewicht fällt.
Zurück zu Bernotat und Ackermann:
Die rein betriebswirtschaftlichen Erzeugungskosten einer
Kilowattstunde Atomstrom können unter den gegenwärtigen Bedingungen
auf bis zu 1 Cent gesenkt werden. Damit lassen sich durch Verkauf zum
Strombörsenpreis Gewinnmargen von bis zu 500 Prozent erzielen. Daraus
resultieren Nettogewinne von jährlich rund 300 Millionen Euro je
Atomkraftwerk. Dies steht jedoch in keinem Verhältnis zu dem
Milliarden und Aber-Milliarden an Euro, die der Allgemeinheit
aufgebürdet werden. Und zur bisherigen Subventionierung der
Atomenergie kommen auf Tausende zukünftiger Generationen die Kosten
für die "Endlagerung" und Bewachung des radioaktiven Erbes hinzu.
Allein unter Einberechnung der Subventionen würde Atomstrom mehr als
2 Euro pro Kilowattstunde kosten. Dabei sind die zukünftigen Kosten
noch gar nicht berücksichtigt. Strom aus Windkraftanlagen verbilligte
sich dank des technischen Fortschritts von 18 Cent je Kilowattstunde
im Jahr 1991 auf heute 8 Cent pro Kilowattstunde. Unter fairen
Bedingungen wäre Atomstrom niemals konkurrenzfähig.
NETZWERK REGENBOGEN
Die übrigen Folgen der Info-Serie:
1 Grundlagenwissen
2 Der deutsche "Atom-Ausstieg"
4 Der siamesische Zwilling: Atombombe
5 Umweltverbrechen Uran-Abbau
6 Uran-Ressourcen und die Zukunft der Atomenergie
7 Die Geschichte der Atom-Unfälle
8 Die stille Katastrophe
9 Der italienische Atom-Ausstieg
10 Schwedens "Atom-Ausstieg"
11 Atomenergie in Frankreich
12 Das ungelöste Problem der Endlagerung
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