[fessenheim-fr] "Black Box" für Atomkraftwerke?
klausjschramm at t-online.de
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Do Feb 26 16:57:50 CET 2009
25.02.2009
"Black Box"
für Atomkraftwerke?
Audioüberwachung für AKW Krümmel angeordnet
Für die Rekonstruktion von Störfällen hat das für "Reaktorsicherheit"
zuständige Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein
Tonaufzeichnungen im Leitstand des AKW Krümmel angeordnet. "Damit
können wir etwa bei Störfällen besser nachvollziehen, was auf der
Warte des Werks passiert ist." Auch für die AKW Brunsbüttel und
Brokdorf werden dem Ministerium zufolge demnächst solche
Aufzeichnungen angeordnet. Bislang zeichnet kein deutsches AKW die
Gespräche der Verantwortlichen im Leitstand auf. Die Meiler in
Krümmel und Brunsbüttel waren im Juni 2007 nach "Pannen" abgeschaltet
worden und stehen mittlerweile 20 Monate still.1
Offenbar sind auch den Behörden mittlerweile die Diskrepanzen
zwischen der Darstellung der Vorgänge im AKW Krümmel am 28. Juni 2007
durch den Betreiber und den nicht zu leugnenden Fakten aufgefallen.
Im Reaktordruckbehälter war es nach dem Brand des Transformators zu
einem schnellen und gefährlichen Sinken des Pegels gekommen. Der
Pegel des Kühlwasser fiel unter die Normhöhe von 14,07 Meter bis auf
11,6 Meter und der Druck von 65 auf 20 bar. Bei einem
Füllstandsabfall im Reaktordruckbehlter werden die Brennstäbe
freigelegt. Innerhalb kürzester Zeit führt dies zu einer Überhitzung
und zur gefürchteten Kernschmelze.
Vieles deutet darauf hin, daß am 28. Juni 2007 im Leitstand des AKW
Krümmel zwischen 15 Uhr und 15:30 Uhr Panik geherrscht hat. Wie
bereits am 17. Juli 2007 bekannt wurde, haben sich im Leitstand im
genannten Zeitraum nicht etwa wie normal lediglich fünf, sondern
insgesamt 37 Personen aufgehalten. Welche Schalter zu welchem
Zeitpunkt betätigt wurden und der Einsatzzeitpunkt von Pumpen wird in
einem AKW automatisch protokolliert. Merkwürdigerweise sind jedoch
die automatischen Aufzeichnungen, die per Computer ausgeführt werden,
ausgerechnet im fraglichen Zeitraum wegen einer "Panne" nicht
vorhanden.
Die schleswig-holsteinische Aufsichtsbehörde will nun dennoch - nach
eigenen Auskünften - keine technischen Auflagen erteilen, wie die
gewünschte "Black Box" realisiert werden muß. So ist auch in Zukunft
nicht ausgeschlossen, daß Aufzeichnung der "Black Box" wegen einer
"Panne" gelöscht wird. Die "Black Box" eines Flugzeuges dagegen ist
gegen Manipulationen gesichert und kann bei einem Flugzeugabsturz aus
dem Cockpit heraus nicht gelöscht werden.
Offenbar wird hier also für die Öffentlichkeit eine Schmierenkommödie
inzeniert, bei der die Rollen bereits vorher abgesprochen sind. Die
Auflage sei gegen den Widerstand des Betreibers erfolgt, sagte ein
Ministeriumssprecher am heutigen Mittwoch. Vattenfall verkündete,
"die technischen, arbeitspsychologischen und rechtlichen Details" der
Audioüberwachung sorgfältig zu prüfen." Die Situation in der 120
Quadratmeter großen Kraftwerkswarte sei nicht mit einem Flugzeug-
Cockpit zu vergleichen, sagte Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-
Bukow. Wegen der Größe und der vielen MitarbeiterInnen sei es
schwierig, die komplexe Kommunikation zuzuordnen. Zudem verwies das
Unternehmen auf eine mögliche Verunsicherung der MitarbeiterInnen
durch Gesprächsaufzeichnungen. Dies sei in Gutachten nachgewiesen
worden.
Was sich am 28. Juni 2007 im AKW Krümmel im Einzelnen zutrug, wird
vermutlich erst bekannt werden, wenn unabhängige Sachverständige die
Innenwände des Reaktodruckbehälters untersuchen können.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu auch unseren Artikel:
AKW Krümmel und AKW Brunsbüttel seit 20 Monaten außer Betrieb
Was steckt dahinter? (13.02.09)
2 Siehe hierzu auch unseren Artikel:
AKW Krümmel knapp an GAU vorbei
Schnellabschaltung infolge des Brands gefährdete Reaktor
(3.07.07)
Siehe auch unsere Artikel:
Abgeschaltetes AKW Krümmel mit "normalen" Pannen
War "AKW-Tuning" Ursache des Beinahe-GAU am 28. Juni?
(28.12.07)
Der deutsche "Atomausstieg"
Folge 2 der Info-Serie 'Atomenergie'
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