[fessenheim-fr] schwedische Atom-Renaissance?
klausjschramm at t-online.de
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Sa Feb 7 16:44:18 CET 2009
5.02.2009
Schwedische Regierung wünscht neue Atomkraftwerke
Kommt nun doch die "Renaissance der Atomenergie"?
In den Mainstream-Medien (so auch in der heutigen Ausgabe der 'taz')
wird mit Hilfe einer Absichtserklärung der schwedischen Regierung,
den Neubau von Atomreaktoren zu unterstützen, zum wiederholten Male
versucht, eine "Renaissance der Atomenergie" zu suggerieren. Bereits
vor acht Jahren hatte der neue US-amerikanische Präsident George W.
Bush angekündigt, fünfzig neue Atomkraftwerke zu bauen. Kein einziges
wurde realisiert. Schon seit der Jahrtausendwende stagniert die Zahl
der weltweit stromproduzierenden Atomreaktoren bei rund 440.
1980 hatte sich in Schweden bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit
von rund 79 Prozent gegen Atomenergie ausgesprochen. Doch anders als
in Österreich, wo ein Atomausstieg 1978 nach einem Volksentscheid
durchgesetzt werden konnte und anders als in Italien, wo ein
Volksentscheid gegen Atomenergie 1987 mit viel Glück innerhalb eines
Jahres zum Atomausstieg führte[1], blieb der schwedischen Anti-Atom-
Bewegung der Erfolg versagt.[2]
"Das Gesetz zum Atomausstieg wird zurückgezogen", erklärte der
schwedische Ministerpräsident am heutigen Donnerstag. Ein Witz
angesichts der Bilanz der vergangenen 28 Jahre. Zwar wurden zwei von
insgesamt zwölf Atomreaktoren in Schweden stillgelegt: 1999 Block 1
und 2005 Block 2 des AKW Barsebäck, so daß nur noch drei der
ursprünglich vier Atomkraftwerke in Betrieb sind. Doch durch
riskantes Tuning der verbliebenen zehn Reaktoren ist deren
Stromproduktion - falls sie einmal alle gleichzeitig funktionieren -
höher als die der zwölf Reaktoren vor 1999. Hinzu kommt, daß der
schwedische Staats-Konzern Vattenfall mit den Entschädigungsgeldern
für das AKW Barsebäck die Hamburgischen Electricitätswerke samt deren
Anteilen an den Atomkraftwerken Stade, Brunsbüttel, Krümmel und
Brokdorf aufkaufte. Nach dem Beginn des "Atomausstiegs" besitzt
Schweden also mehr Atomkraftwerke als vorher. Und Vattenfall wurde so
neben E.on, RWE und EnBW zu einem der "Großen Vier", die den
deutschen Strommarkt beherrschen.
Die schwedische Industrie hatte Anfang dieses Jahres eine PR-Kampagne
für neue Atomkraft gestartet. Zugleich werden von den Mainstream-
Medien AtomkraftgegenerInnen hofiert, die viel von einem Kampf gegen
die angeblich drohende "Renaissance der Atomenergie" reden, aber über
den schwedischen Atomausstieg kein Wort mehr verlieren. Dabei ist vor
dem Hintergrund der immer mehr um sich greifenden
Weltwirtschaftskrise kaum mehr mit dem Neubau von Atomkraftwerken zu
rechnen. Und gerade erst gestern wurde eine aktuelle Studie der
Unternehmensberatung A.T. Kearney publik, laut der sich der Neubau
von Kraftwerken nicht mehr rechnet und so die Überalterung des
europäischen Kraftwerksparks voranschreiten wird.[3]
Wohlweislich hat auch die schwedische Regierung ihrer Ankündigung
einen Passus beigefügt, wonach staatliche Finanzmittel für den Ausbau
der Atomenergie nicht zur Verfügung stünden. Doch hierüber wird von
den Mainstream-Medien nicht berichtet. Bekanntlich aber wurde
weltweit noch kein einziges Atomkraftwerk ohne staatliche
Subventionen gebaut. Und wer sich die schwedische Ankündigung genauer
durchliest, erfährt, daß nur ausgediente Atomreaktoren durch neue
ersetzt werden sollen und so die Gesamtzahl von zehn Reaktoren nicht
überschritten wird. Wie Deutschlands "Atomausstieg" läuft dieser
schwedische "Atomeinstieg" also auf eine Bestandsgarantie hinaus.
Uninformierte - oder zur Desinformation ihrer LeserInnen neigende -
JournalistInnen schrieben dennoch wohlgemut, ein positives Beispiel,
an dem sich die schwedische Regierung hätte orientieren sollen, sei
der von "Rot-Grün" im Jahr 2000 beschlossene deutsche "Atomausstieg".
Darin seien "genaue Laufzeitvorgaben festgezurrt". Um festzustellen,
daß dies nicht mit den Tatsachen übereinstimmt, würde allein ein
Blick in den Vertagstext genügen. Und ebenso ein Blick auf die
Tatsache, daß noch vor wenigen Jahren in einer Veröffentlichung des
Bundes-"Umwelt"-Ministeriums zu lesen war, das AKW Biblis A werde am
26. Februar 2007 abgeschaltet. Inzwischen befinden wir uns
bekanntlich im Februar 2009.[4]
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu auch
Der italienische Atomausstieg
Folge 9 der Info-Serie 'Atomenergie'
2 Siehe hierzu auch
Schwedens "Atomausstieg"
Folge 10 der Info-Serie 'Atomenergie'
3 Siehe hierzu auch
Weltwirtschaftskrise trifft Energie-Konzerne
Keine Investitionen für AKW-Neubauten (4.02.09)
4 Siehe hierzu auch
Gabriel läßt AKW Biblis A in Betrieb
Abschaltung war für 26.02.2007 angekündigt
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