[fessenheim-fr] Tritium im Neckar
Klaus Schramm
078222664-0001 at t-online.de
Di Jun 24 23:24:40 CEST 2008
23.06.2008
AKW Neckarwestheim:
Hohe Tritium-Konzentration im Neckar
Untersuchungen des Abwassers des Atomkraftwerkes Neckarwestheim
im Auftrag des 'Bundes der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V.'
(BBMN) brachten eine Tritiumbelastung von 48,9 Becquerel pro Liter zu
Tage. Bei Tritium handelt es sich um ein Gas, das radioaktive Isotop des
Wasserstoffs. Seine Halbwertzeit beträgt 12 Jahre. Die Ausbreitung
dieses Gases ist nahezu unkontrollierbar. Es entweicht aus Tanks
verschiedenster Materialien, ob Stahl, Beton oder Kunststoff.
Bereits vor einem Jahr stellte der BBMN in Zusammenarbeit mit dem
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) im Neckar
bei Mannheim eine Tritiumbelastung von 16 Becquerel pro Liter fest.
Unbelastete Flüsse weisen eine Tritiumaktivität von unter einem
Becquerel pro Liter auf. Bei Tritium handelt es sich um einen äußerst
gefährlichen Stoff, da er sich - wie nach Erfahrungen aus der
Uhrenindustrie bekannt ist - im menschlichen Organismus anreichern
kann. Da Tritium sich ebenso wie Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser
verbindet, wird es vom Körper leicht aufgenommen und führt zu einer
Strahlenbelastung aller Organe. Und da es organisch gebunden wird,
kann es bei seinem radioaktiven Zerfall noch nach Jahren Krebs
hervorrufen.
Im Dezember 2007 wurde die amtliche KiKK-Studie bekannt, wonach
die Kinderkrebs-Rate in der Nähe der 17 deutschen Atomkraftwerke
deutlich erhöht ist.1 Aus den Reihen der Anti-Atom-Bewegung war seit
über 25 Jahren immer wieder darauf hingewiesen worden, daß bereits
der sogenannte Normalbetrieb eines AKW zu einer Erhöhung der
Krebsfälle führt.
Nach Angaben der Bundesregierung und des Bundesamtes für
Strahlenschutz (BfS) wurden zeitweise sogar noch höhere Belastungen
festgestellt. So wurde 2006 im Abwasser des AKW Neckarwestheim
sogar eine Tritiumaktivität von 234 Becquerel pro Liter festgestellt.
Trotz
der sehr schwankenden und zum Teil sehr hohen Meßwerte wird die
Tritiumbelastung des Neckars durch die Aufsichtsbehörden nur
stichprobenartig erfaßt. Die durchschnittliche Belastung kann somit
nicht ermittelt werden.
Mit seinem Projekt 'Tritiumbelastung der Gewässer', an dem Initiativen
im gesamten Bundesgebiet beteiligt sind, will der BBU die Gefährdung
für Mensch und Umwelt durch den Betrieb der Atomkraftwerke
aufzeigen. Hierfür werden eigene Messungen durchgeführt und die
Ergebnisse veröffentlicht.
Die vorgebliche High-Tech-Ausstattung der Kraftwerksbetreiber ist
nicht in der Lage diesen radioaktiven Stoff aus dem Kühlwasser der
Reaktoren zu entfernen. Deshalb wird er in die Flüsse geleitet. Die
Genehmigungsbehörden bescheinigen die Unschädlichkeit.
Die Kinderkrebsstudie ist nun aber nicht mit dieser
Genehmigungspraxis vereinbar. Ihr Ergebnis zeigt, daß ein Fehler in der
Gefahrenabschätzung vorliegt. Gerade weil die stoffliche Ursache für
das nachweisbare hohe Krebsrisiko bei Kleinkindern nicht bekannt ist,
stellt sich auch die Frage nach der Richtigkeit des angesetzten
Trinkwassergrenzwertes von 100 Becquerel pro Liter beim Tritium.
"Als Mutter mehrerer Kinder bekommt man das ungute Gefühl, daß hier
ein Trinkwassergrenzwert festgelegt wurde, nicht um das Leben der
Kinder zu schützen, sondern den Betrieb der Atomkraftwerke zu
ermöglichen," so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende des
VSR-Gewässerschutz.
Der BBMN fordert, daß die Genehmigungen für die Einleitung von
Tritium aus Atomkraftwerken in die Flüsse aufgehoben wird, solange
von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen deren Betrieb und
der Krebshäufigkeit bei Kindern ausgegangen werden muß. Die
Festlegung der Einleitergenehmigungen dürfe sich nicht am Bedarf der
Betreiber orientieren, sondern müsse eine Gefährdung für Menschen
und Umwelt ausschließen. Wenn die Energieversorgungsunternehmen
nicht in der Lage sind, ihr Abwasser von dem radioaktiven Tritium zu
reinigen, dann müsse der Betrieb eingestellt werden. Es dürften nicht
noch mehr Kinder an Krebs und Leukämie erkranken.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
1 Siehe hierzu unseren Artikel
Krebs-Häufung in der Nähe von AKWs
Neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
(7.12.07)
Siehe auch unsere Artikel
Schwerer Störfall im AKW Philippsburg I
Reaktor heruntergefahren (6.06.08)
AKW Neckarwestheim I heruntergefahren
Reaktordruckbehälter undicht (23.05.08)
Minderwertiger Beton bei Bau des "Zwischenlagers"
beim AKW Neckarwestheim? (8.05.08)
Atommüll-Lager beim AKW Neckarwestheim erdbebengefährdet
Erdbeben-Experte entdeckt Fehler im offiziellen Gutachten (16.01.05)
Informationen zum deutschen "Atom-Ausstieg"
Atom-Ausstieg selber machen!
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr