[fessenheim-fr] Fessenheim - 30 Jahre tödliche Gefahr
Klaus Schramm
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Do Mär 8 01:25:04 CET 2007
Fessenheim - 30 Jahre tödliche Gefahr
Das Atomkraftwerk Fessenheim hat zwei Druckwasserreaktoren à 880 MW und liegt -
nur 24 Kilometer vom Stadtzentrum von Freiburg entfernt - im erdbebengefährdeten
Rheingraben.
Es ist mit 30 Jahren (heute am 7. März feierte es Betriebs-"Jubiläum") das
älteste AKW Frankreichs.
Der frz. Stromkonzern Edf will die Laufzeit jedoch bis 2017 verlängern- das
wären dann geschlagene 40 Jahre.
Die Betonhülle des Containments besteht aus 80 cm Spannbeton und könnte dem
gezielten Absturz einer Chessna nicht standhalten, geschweige denn dem eines
gekaperten Linienflugzeugs nach Vorbild des 11. September 2001.
Im März 1978 gelang es den badisch-elsässischen Bürgerinitiativen, Teile des
geheimen Katastrophenschutzplanes zu veröffentlichen. Diese waren aus dem
Landratsamt Lörrach gestohlen worden. In den Medien wurde allerdings mehr
Skandal um den Diebstahl gemacht als um den skandalösen Katastrophenschutzplan.
Obwohl dieser doch die Hilflosigkeit der Behörden im
Fall eines Super-GAU des AKW Fessenheim dokumentierte.
Im Herbst 1979 machte ein vormaliger Sicherheits-Ingenieur sein Wissen um
Risse an den Stutzen des Reaktordruckbehälters öffentlich. Konsequenzen wurden
daraus - wie kaum anders zu erwarten - nicht gezogen. EdF berief sich auf
"bruchmechanische Berechnungen", die trotz der Risse die Sicherheit des
Druckbehälters beweisen sollten.
Aus einer langen Liste der jährlich zwischen 8 und 20 Störfälle des AKW
Fessenheim seien aus den willkürlich herausgegriffenen Jahren 1995, 96 und 97
hier nur ein paar besonders erschreckende aufgezählt:
6. Juni 1995
radioaktive Kontamination eines Mitarbeiters
15. Februar 1996
Eine Bombenattrappe wird in der Eingangshalle des AKW
Fessenheim gefunden
7. Juni 1996
Brand an einer Ölpumpe
Ebenfalls im Juni 1996 werden Risse im Deckel von Block 2 entdeckt. Er wird zwei
Jahre später ausgetauscht. In Block 1 wird der 54 Tonnen schwere Deckel im Juli
1996 ersetzt.
7. August 1996
Schnellabschaltung wegen des Defekts eines Schiebers
18. Oktober 1996
Überschreitung des Sollwerts des Borgehalts im Sekundärkreislauf. Der Reaktor
muß manuell heruntergefahren werden.
Im November 1996
stand eines von drei Sicherheitsventilen über einen Monat lang offen, ohne daß
es bemerkt wurde. Dies wird am 8. Dezember öffentlich.
April 1997
Es werden Fehler an den Röhren des Primärkreislaufs entdeckt
Juni 1997
Ein vorgeschriebener Test wird doppelt ausgeführt. Die Endkontrolle der
Testserie wird vergessen.
Einige weitere peinliche Informationen, die im Laufe der Jahre an die
Öffentlichkeit drangen:
Im November 1998 wird eine defekte Schweißnaht im Noteinspeisekreislauf publik.
Im August 2000 muß die EdF eingestehen, daß die Wasserbecken des Notkühlsystems
und das Abklingbecken für verbrauchte Brennelemente nicht erdbebensicher sind.
Am 22.02.2003 rüttelt ein Erdbeben der Stärke 5,4 auf der Richterskala mit
Epizentrum St. Dié die gesamte Region wach. Es erinnerte daran, daß es sich beim
Rheingraben zwischen Schwarzwald und Vogesen um ein ausgesprochenes
Erdbebengebiet handelt. Das gerade mal 60 km von Fessenheim entfernte Basel war
das Zentrum des stärksten überlieferten Erdbebens in Mitteleuropa. Die
Erschütterungen, die dieses Beben 1356 auslöste und Basel in Schutt und Trümmer
legte, würde das AKW Fessenheim mit Sicherheit nicht überstehen.
Im Januar 2004 werden Konstruktionsfehler im Notkühlsystem der französischen
Druckwasserreaktoren bekannt - ohne Folgen für Fessenheim.
Ebenfalls im Januar 2004 werden bei Reparaturarbeiten am Primärkreislauf des AKW
Fessenheim sieben Arbeiter verstrahlt. Über vier Tage hin versuchte die
Kraftwerksleitung den Unfall zu verheimlichen.
Ende Februar 2004 wird bekannt, daß am Samstag, 14. Februar, weitere drei
Arbeiter einer Fremdfirma bei Arbeiten am Reaktordruckbehälter kontaminiert
wurden. In den darauf folgenden Tagen sickern Informationen durch, daß die
Gesamtzahl der Kontaminierten mindestens 12 beträgt.
Juni 2004
Das Uralt-AKW Fessenheim wird in einer internen Beurteilung durch die
französische Nuklearaufsicht ISRN als eines der unsichersten AKWs beurteilt.
5. Dezember 2004
Ein weiteres Erdbeben der Stärke 5,4 auf der Richterskala mit Epizentrum beim
nur 35 Kilometer von Fessenheim entfernten Waldkirch erschüttert den
Südschwarzwald und das angrenzende Elsaß.
23. März 2005
drei Feuerwehrzüge - unter anderem aus dem mehrere Kilometer entfernten Mulhouse
- werden zum AKW Fessenheim gerufen. Eine Erklärung wird nicht bekannt.
Atomkraftwerk Fessenheim: Ja Bitte?
Selbstverständlich gibt es in Frankreich und Südbaden auch eine einflussreiche,
mächtige Atomlobby. In Sachen Fessenheim geht es um viel Geld. Seit Jahrzehnten
überschüttet der französische Stromkonzern EdF mit Steuergeldern und
"Zuwendungen" Gemeinden, Vereine und Politiker. Jedes Jahr Laufzeitverlängerung
bringt mehr Gefahren und den AKW-Betreibern pro Reaktor im Mittel Zusatzgewinne
von etwa 300 Millionen Euro. Und auch bei den Plänen neue Reaktoren im AKW
Fessenheim zu bauen, geht es um riesige Geldbeträge. 3,2 Milliarden Euro soll
der erste Europäische Druckwasserreaktor, der sogenannte EPR kosten. Dieser wird
jetzt zu einem Dumpingpreis in Olkiluoto in Finnland gebaut. Realistisch sind
nach Expertenansicht eher 4 Milliarden Euro. Beim Neubau von zwei neuen
Reaktorblöcken in Fessenheim geht es also um die Summe von ca. 8 Milliarden
Euro. Gehen wir erfahrungsgemäß von rund 5 Prozent "Werbung" und
"baubegleitenden Maßnahmen" zur politischen Akzeptanzgewinnung aus, dann handelt
es sich um einen Betrag von 400 Millionen Euro. Aus Überzeugung für das AKW
Fessenheim? "It's the economie, stupid!" - wie der frühere US-Präsident Clinton
einmal ausplauderte, als seine Beratern ihn nicht rechtzeitig stoppen konnten.
Was tun?
Sich an Demonstrationen zu beteiligen, genügt nicht.
Atomkraft-GegnerInnen beziehen atomenergie-freien Strom:
Beispielsweise von Greenpeace energy oder den Energiewerken Schönau
Auch im eigenen Umfeld gibt es Möglichkeiten zur Energieeinsparung oder zum
Einsatz regenerativer Energien.
Jedes einzelne Gespräch im Zug oder in der Kantine über Atomenergie hilft gegen
die weitverbreitete Verdrängung der Gefahren.
Kontakte zu Atomkraft-GegnerInnen über die Ländergrenzen - nach Frankreich oder
in die Schweiz sind außerordentlich wichtig.
An vielen Orten - wie beispielsweise in Freiburg - gibt es noch aktive Gruppen
der Anti-Atom-Bewegung, bei denen Ideen und Kreativität gefragt sind.
Mehr Informationen über die Mailingliste fessenheim-fr