[fessenheim-fr] 50 Jahre GKSS und Deutschlands Streben nach der Atombombe

Klaus Schramm 078222664-0001 at t-online.de
Mi Mai 17 13:14:41 CEST 2006


Hallo Leute!

Zum Thema >Atombomben-Versuche in der GKSS / Kontinuität der deutschen Politik, 
in den Besitz der A-Bombe zu gelangen / Geschichte und Vorgeschichte der
GKSS< sende ich den (unten einkopierten) Artikel. Mein Artikel ist in der 
heutigen Ausgabe der'JW' abgedruckt.

Ciao
   Klaus Schramm
   klaus.schramm at bund.net


50 Jahre GKSS und Deutschlands Streben nach der Atombombe

Das Kernforschungszentrum GKSS feiert heute 50-jährigen "Geburtstag". Die 
Gründer der GKSS forschten bereits in der Nazi-Zeit an der Atombombe. War der 
Brand am 12. September 1986 auf dem Gelände der GKSS Folge von 
Atombomben-Experimenten?

Klaus Schramm

Daß Wissenschaftler auch heute in Deutschland an der Atombombe forschen, wird 
offiziell geleugnet. Dennoch gibt es eine Vielzahl ernst zu nehmender Hinweise, 
daß eine solche Forschung seit Beginn der Bundesrepublik bis heute nicht nur 
geduldet, sondern mit öffentlichen Mitteln gefördert wird. So wurde bekannt, daß 
am IPP Garching bei München mit atomwaffenfähigem Uran hantiert wird. 

Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO hatte - noch unter ihrem 
früheren Vorsitzenden Hans Blix - von der deutschen Bundesregierung gefordert, 
auf den Einsatz hochangereicherten Urans im Forschungsreaktor Garching 2 zu 
verzichten. Dieser Forderung schloß sich der heutige Vorsitzende der IAEO, 
Mohammed al-Baradei, vor wenigen Jahren an. Doch selbst der Protest der USA an 
die deutsche Bundesregierung, in dem von einem Bruch des 
Non-Proliferations-Abkommens die Rede ist, blieb wirkungslos. Und wo überall in 
Deutschlands Forschungszentren an der Atombombe geforscht wird, ist selbst 
vielen Wissenschaftlern nicht bekannt.

In unmittelbarer Nähe des AKW Krümmel rund 30 Kilometer vor den Toren Hamburgs 
liegt das Kernforschungszentrum Geesthacht, kurz: GKSS. Heute feiert diese nach 
eigener Darstellung zivile Forschungseinrichtung mit etlichen Veranstaltungen 
ihren 50. Geburtstag. Zu einem Festakt in der Hamburger Fischauktionshalle sind 
laut GKSS "über tausend Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft" geladen. 
In einer offiziellen "Information zur Geschichte des GKSS-Forschungszentrums" 
findet sich kein einziges Wort zu Waffen-Forschung oder militärischen 
Verbindungen. Die Broschüre erweckt den Eindruck, bei der GKSS handele es sich 
um eine Forschungseinrichtung der Umweltbewegung.

Und gerade in jüngster Zeit hat die Bundesregierung allen Grund, jegliche 
Atomwaffen-Forschung geheim zu halten. Denn internationale Brisanz erhält dieses 
Thema durch die Kriegsdrohungen gegen den Iran. Der iranischen Führung wird 
vorgeworfen, nicht allein am Bau "friedlicher" Atomkraftwerke, sondern auch am 
Bau einer Atombombe interessiert zu sein. Dabei ist längst nachgewiesen, daß 
sämtliche Staaten, die in den Besitz des Know-hows zum Bau von Atomkraftwerken 
gelangten, auch Ambitionen zeigten, in den "Club der Atommächte" aufzurücken.

Nicht zuletzt die USA selbst haben längst in aller Öffentlichkeit eingeräumt, 
den Atomwaffensperrvertrag mißachtet zu haben, indem sie innerhalb der letzten 
zehn Jahre Mini-Atomwaffen ("Mini-Nukes") entwickelten. Groß ist offenbar die 
Versuchung, diese nun auch zu testen. Nun drohen die US-Regierung ebenso wie der 
französische Präsident Chirac dem Iran mit einem atomaren Erstschlag, um so 
angeblich zu verhindern, daß das iranische Regime sich die Besitzer von 
Massenvernichtungsmitteln zum Vorbild nimmt.

Daß auch Deutschland bis in die jüngste Vergangenheit Ambitionen zeigte, die in 
der Folge des Ersten Weltkriegs auferlegte Beschränkung in der 
Atomwaffen-Forschung zu beseitigen, zeigt sich nicht nur am Beispiel Garching. 
Auf der Ebene internationaler Vertragswerke werden beachtliche Verschiebungen 
deutlich. Seit 1990 das Kriegswaffenkontrollgesetz geändert wurde, ist es der 
Bundesrepublik nunmehr erlaubt, im "Rahmen der NATO" Atomwaffen-Forschung zu 
betreiben. Doch wo in Deutschland wird solche Forschung betrieben?

Am 12. September 1986 wurde bei einem Brand auf dem Gelände der GKSS in 
Geesthacht radioaktives Material freigesetzt. Immer mehr Fakten deuten darauf 
hin, daß es sich um einen Unfall bei Experimenten zur Entwicklung von 
Mini-Atombomen ("Mini-Nukes") handelte. Über Jahre hin wurde von Atom-Lobby, 
Behörden und Politik versucht, diesen Unfall zu vertuschen. Nach der für 
Leukämie typischen Latenzzeit von vier Jahren mußte ab 1990 in einem engen Kreis 
um die Atom-Anlagen eine eklatante Häufung von Leukämie-Erkrankungen überwiegend 
bei kleinen Kindern registriert werden. Eine Häufung von Leukämie-Fällen in 
dieser Konzentration ist bisher weltweit sonst nirgendwo beobachtet worden. 

Durch international anerkannte Wissenschaftler einer Untersuchungskommission, 
mit Hilfe der atomkritischen Ärzte-Organisation IPPNW, der 'Bürgerinitiative 
gegen Leukämie in der Elbmarsch' und nicht zuletzt durch einen couragierten 
Dokumentarfilm im Auftrag des ZDF, gesendet am 2. April 2006 um 23.30 Uhr, kommt 
nun allmählich Licht ins Dunkel eines "Skandals, der in Deutschland 
seinesgleichen sucht" (Frankfurter Rundschau). Zeugen meldeten sich erstmals 
öffentlich zu Wort, die den Brand beobachtet hatten. Radioaktive Kügelchen, die 
sich an einer Vielzahl von Stellen um die GKSS fanden, erwiesen sich - nachdem 
sie mehrfach durch Institute in staatlichem Auftrag als völlig harmlos 
qualifiziert worden waren - als industriell gefertigt und in ihrer 
Zusammensetzung hochgefährlich. 

Diese sogenannten Mikrosphären enthalten Plutonium, Americium, Curium und 
Thorium in Konzentrationen, die so in der Natur nicht vorkommen. Eine 
Untersuchung an der Minsker Sacharow-Universität durch den international 
renommierten Experten für Plutoniumverortung Professor Mironov ergab zudem, daß 
es sich weder um Fall-Out früherer oberirdischer Atomwaffenversuche, noch um 
Spaltprodukte aus der Wolke der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl handeln kann. 
Diese Mikrosphären sind mit einer Titan-Ummantelung versehen. Art und Aufbau der 
Mikrosphären verweisen darauf, daß sie aus einer Hybridanlage stammen, bei der 
Kernreaktionen zur Energiefreisetzung genutzt werden sollten. Wurden an der GKSS 
Experimente durchgeführt, die der Entwicklung von Mini-Atombomben dienten?

In der schleswig-holsteinischen Landesregierung ist das Sozialministerium für 
die Reaktorsicherheit zuständig. Die GKSS mit ihrem Forschungsreaktor fällt in 
dessen Zuständigkeit. Auf Anfrage erklärte die Pressesprecherin des 
Sozialministeriums Randy Lehmann, es seien keine weiteren Untersuchungen der an 
der Sacharow-Universität Minsk untersuchten Mikrosphären vorgesehen. Im übrigen 
sei die Übergabe von Proben von Seiten der Bürgerinitiative 'Leukämie in der 
Elbmarsch' sowohl dem Ministerium als auch der GKSS verweigert worden. Die 
Umweltschützer verweisen darauf, daß diese Kügelchen ohne großen Aufwand in der 
Umgebung der Atomanlagen zu finden seien. Im übrigen wurden die Proben, die an 
der Sacharow-Universität untersucht wurden, in Anwesenheit eines Notars 
genommen.

Das Kernforschungszentrum bei Geesthacht mit dem Tarnnamen GKSS, "Gesellschaft 
für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt GmbH", ist bereits seit 
seiner Gründung in die Entwicklung von Militär-Technologie verwickelt. 1989 
erschien eine Dokumentation mit dem Titel 'Atomforschung in Geesthacht - 
Schleichwege zur Atombombe?' Eine fünfköpfige Redaktionsgruppe deckte auf, daß 
die GKSS mit anderen Kernfoschungszentren zusammen eine Infrastruktur aufgebaut 
hatte, die Plutoniumwirtschaft im Labormaßstab ermöglichte. Der frühere SPD 
Forschungsminister Volker Hauff wird mit der Äußerung zitiert, es handele sich 
dabei um eine ausreichende Infrastruktur zum Bau einer Atombombe. Die 
Geesthacher Forscher beschäftigten sich demnach bereits seit den 50er Jahren mit 
Atombomben-Technologie. 

Atomtransporte aus Geesthacht fuhren unter anderem direkt in die militärische 
"Wiederaufarbeitungsanlage" im französischen Marcule. Ein weiterer in dieser 
Schrift dokumentierter Transport erweist sich aus heutiger Sicht als weitaus 
brisanter: Im Zeitraum zwischen dem 15.9.1986 - also drei Tage nach dem Brand - 
und dem 14.9.1987 wurden "bestrahlte Brennstabsegmente" ins bayerische Karlstein 
verfrachtet (oder handelte es sich um Karlstein am Main, dem Sitz der KWU?). Von 
"Segmenten" ist in Transport-Protokollen sonst nie die Rede. Brennstäbe sind 
versiegelt und unterliegen der Spaltstoffkontrolle der IAEO. Auch der Zielort 
Karlstein ist als "Endlager" reichlich dubios. Eigentlich ein Fall für die 
Staatsanwaltschaft.

Gegründet wurde die GKSS 1956 von den Kernphysikern Erich Bagge und Kurt 
Diebner. Wer sich mit der Geschichte der Entwicklung einer deutschen Atombombe 
in der Nazi-Zeit befaßt hat, kennt diese Namen. Sie stehen neben Otto Hahn, Carl 
Friedrich Freiherr von Weizsäcker und Werner Heisenberg auf der Liste der zehn 
deutschen Kernphysiker, die von den Alliierten vom 3. Juli 1945 bis zum 3. 
Januar 1946 im englischen Farm Hall interniert wurden.

Kurt Diebner war von Beginn an Leiter der NS-"Uranprojekts" und Gründer einer 
Forschungseinrichtung in Gottow auf dem Gelände der Heeresversuchsstelle 
Kummersdorf. Im Herbst 1944 begann Diebner in Gottow mit einem neuen 
Reaktorversuch, in dessen Verlauf es zu einem Unfall kam. Die Umstände sind bis 
heute nicht eindeutig geklärt, aber es müssen bei diesem Unfall mehrere 
Mitarbeiter verstrahlt worden sein.

Nachgewiesen sind Versuche Diebners zwischen 1943 und 1944 mittels Implosion 
thermonukleare Reaktionen einzuleiten. Ein "Verfahren zur Verwertung der 
Fusionsenergie von Deuterium und Tritium mit Hilfe konvergenter, periodischer 
Verdichtungsstöße" hat Diebner nach dem Zweiten Weltkrieg alsbald zum Patent 
angemeldet (Patent 1414759). Diese später als ICF-Verfahren (Inertial 
Confinement Fusion oder Trägheitseinschlußfusion) bekannte Methode hat 
Jahrzehnte später bei der US-amerikanischen Entwicklung von Mini-Atombomben, den 
sogenannten Mini-Nukes, zum Durchbruch geführt. Forschungsschwerpunkte auf dem 
ICF-Gebiet existierten in den 80er Jahren nicht nur im GKSS, sondern auch im 
Kernforschungszentrum Karlsruhe, der GSI in Darmstadt und am IPP Garching.

1947 gründete Diebner in Hamburg die Firma Durag. Ab Mai 1955 meldete er auch 
gemeinsam mit Professor Erich Bagge zahlreiche Reaktorpatente an. Darunter 
befinden sich unter anderem Patente zum Schnellen Brüter sowie zur 
Plutoniumgewinnung und -separation. Zwei Patentanmeldungen erfolgten 1955 
zusammen mit Dr. Friedwardt Winterberg zu thermonuklearen Bomben (Mini-Nuke, 
boosted weapon).

Am 4. März 1957 erschien Diebners Name in der deutschen Presse mit der 
Ankündigung, er habe das "Geheimnis der Kernverschmelzung" enträtselt. Das 
Nachrichtenmagazin 'spiegel' brachte am 20. März 1957 ein größerer Artikel 
hierüber, doch die wissenschaftlichen Erwartungen konnten nicht erfüllt werden. 
Die Erforschung der Fusion blieb dennoch weiterhin Diebners Spezialgebiet und 
führte zu weiteren Patentanmeldungen.

Erich Bagge arbeitete in der NS-Zeit in der "Gruppe Diebner", benannt nach dem 
Leiter des Kernforschungsreferats in Hitlers Heereswaffenamt, Dr. Kurt Diebner. 
Die mit großem Enthusiasmus vorangetriebene Aufgabe dieser Gruppe bestand in der 
Entwicklung einer deutschen Atombombe. 1939 war das Jahr, in dem der globale 
Wettlauf um den Erstbesitz der Atombombe begann. Von den Nazis wurde bereits 
Anfang 1939 der Präsidenten der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und 
Mitglied im Reichsforschungsrat, Prof. Abraham Esau, mit der Organisation einer 
Geheimkonferenz beauftragt. Auf dieser Konferenz zum "Uranproblem", die in 
Berlin am 29. April 1939 stattfand, wurden eine Reihe von wichtigen Festlegungen 
getroffen. So wurden umgehend die in den böhmischen Gruben von Joachimsthal 
geförderten Uranerze der alleinigen deutscher Nutzung unterstellten. Das 
NS-"Uranprojekt" wurde ins Leben gerufen und deutsche Kernphysiker in 
Forschungsgruppen zusammengefaßt, um effektiv an der Entwicklung der Atombombe 
zu arbeiten.

Parallel arbeiteten im Nazi-Deutschland Forschergruppen um Paul Harteck an der 
Uni Hamburg (später in Celle: Isotopentrennung!), um Heisenberg und Döpel an der 
Uni Leipzig, um Bothe am Kaiser-Wilhelm-Institut für Medizin Heidelberg,  und um 
von Weizsäcker und Wirtz am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin an 
derselben Zielsetzung. Das Heereswaffenamt beschlagnahmte in der Folgezeit das 
KWI in Berlin und setzte dort Diebner als Leiter ein. Ziel der ab 1939 im 
"Uranprojekt" koordinierten Forschergruppen war - wie eine Reihe erhaltener 
Unterlagen beweist - die Schaffung der technischen Grundlagen zum Bau der 
Atombombe. Bereits im März 1943 hatte die Gruppe um Harteck herausgefunden, daß 
durch die Hintereinanderschaltung mehrerer Zentrifugen die nötige Anreicherung 
von Uran-235 erreicht werden kann.

Bagge bestritt zwar in späteren Jahren gelegentlich, jemals etwas mit der 
Entwicklung der NS-Atombombe zu tun gehabt zu haben. Doch seine eigenen 
Schriften legen Zeugnis darüber ab, daß er eine zentrale Rolle bei dieser 
"kriegswichtigen Forschung" gespielt hatte. Zusammen mit Diebner veröffentlichte 
er 1957 ein Taschenbuch, in dem auch sein Tagebuch über diese Zeit 
veröffentlicht ist (Bagge/Diebner/Jay: Von der Uranspaltung bis Calder Hall, 
Reinbek 1957). Zwischen 1941 und 1943 entwickelte Bagge die Isotopenschleuse, 
ein Gerät zur Anreicherung des Urans bis zu einem bombenfähigen Grad.

Auch Erich Bagge faßte nach dem Zweiten Weltkrieg in der jungen Bundesrepublik 
schnell wieder Fuß. Bereits 1948 wurde Bagge zum Außerordentlichen Professor und 
Abteilungsleiter des Physikalischen Staatsinstituts in Hamburg berufen. Er 
gründet das Institut für Reine und Angewandte Kernphysik der Uni Kiel. Durch 
Professor Bagge bestand von Anfang an eine enge Verbindung mit dem 
Forschungsreaktor Geesthacht, der später durch die Gesellschaft für 
Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt (GKSS) als Trägerorganisation 
betrieben wurde.

Als Publikations-Organ gab Professor Erich Bagge die Zeitschrift 
'Atomkernenergie' heraus. Mitherausgeber war Professor Kraut von der 
Bundeswehrhochschule in Neubiberg. Im erweiterten Herausgeberkreis sind die 
Namen Friedwardt Winterberg und Prof. W. Seifritz zu finden. Letzterer ein 
Schweizer Atomwaffenspezialisten vom Atomzentrum Würenlingen. Winterberg 
veröffentlichte in dieser Fachzeitschrift 1956 einen Beitrag, der technische 
Details verschiedener thermonuklearer Reaktionen behandelt und spezifische 
Kenntnisse von der Funktionsweise der Wasserstoffbombe verrät. Bei der 
Wasserstoffbombe handelt es sich um eine Atombombe, deren Wirkungsweise auf der 
Energiefreisetzung durch Kernfusion beruht.

Bagge unterhielt auch immer enge politische Kontakte. Nach dem Zweiten Weltkrieg 
sicherte ihm sein Sitz in der Atomkommission Einfluß im Atomministerium. Er 
konnte sich zudem freundschaftlicher Beziehungen zu Franz Josef Strauß rühmen. 

Neben Diebner und Bagge waren beim Aufbau des GKSS weitere Personen mit 
unrühmlicher Vergangenheit beteiligt. So Paul Harteck (auch er stand auf der 
Liste der zehn brisantesten deutschen Kernphysiker und gehörte während der 
NS-Zeit zur "Gruppe Diebner") und der zum Generaldirektor der AG Weser 
aufgestiegene Heinrich Schliephake, der 1944 als Direktor bei Blohm + Voss 
maßgeblich bei der Einrichtung eines KZ-Außenlagers mitgewirkt hatte.

Nachgewiesen werden können darüber hinaus Auftragsarbeiten der GKSS für die 
Bundeswehr in den 60er Jahren. Franz Josef Strauß, 1955 und 1956 Atomminister, 
von 1956 bis 1962 Rüstungsminister und von 1966 bis 1969 Finanzminister in einer 
"schwarz-roten" Bundesregierung bekannte in seiner Autobiographie stolz: Bereits 
1958 hatten der deutsche, der französische und der britische Außenminister bei 
einem Geheimtreffen ein Abkommen zur geheimen Produktion von Atomwaffen 
unterzeichnet.

Die wissenschaftlichen Einrichtungen und Erkenntnisse der GKSS wurden 
insbesondere von der deutschen Industrie genutzt. Darunter befanden sich 
prominente Rüstungs-Konzerne wie MTU München, Rheinmetall, Rohde & Schwarz, HDW 
Kiel und das durch seine U-Boot-Blaupausen bekannte Ingenieurkontor Lübeck 
(IKL). Mehrfach arbeitete die GKSS auch direkt mit militärischen Einrichtungen 
zusammen, so mit den Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München. In den 80er 
Jahren führte die Wehrwissenschaftliche Dienststelle der Bundeswehr für 
ABC-Schutz Bestrahlungsversuche in den Forschungsreaktoren der GKSS durch.

Im November 2004 äußerte der Münchner Strahlenmediziner Edmund Lengfelder, 
Mitglied der Leukämie-Kommission, gegenüber der 'Süddeutschen Zeitung' 
(2.11.2004) den Verdacht, daß es sich bei den gefundenen Mikrosphären um 
PAC-Kügelchen handele. Die Bezeichnung PAC leitet sich ab von den drei Isotopen 
Plutonium, Americium und Curium. Solche Kügelchen wurden als Bestandteile der 
Brennstoffkugeln des Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm-Uentrop produziert, 
der nach nur zweijährigem Betrieb im Jahr 1989 stillgelegt werden mußte. 

Die im THTR eingesetzten Brennelementkugeln mit einem Durchmesser von rund 6 
Zentimeter enthalten jeweils mehrere tausend PAC-Kügelchen. Diese oder ähnlich 
aufgebaute Mikrosphären könnten - so Lengfelder - auch benutzt werden, um damit 
unter Laser-Beschuß nukleare Mini-Explosionen auszulösen. Etlichen Physikern aus 
dem Umfeld des GKSS veröffentlichten Publikationen in Fachzeitschriften, die ihr 
Interesse an eben solchen Experimenten belegen. Lengfelder vermutet, daß es am 
12. September 1986 bei solchen illegalen Experimenten zu einem schweren Unfall 
kam. Ein solcher Hintergrund des Unfalls wäre ein plausibles Motiv für die 
hartnäckige "Mauer des Schweigens" (ZDF). Darüber hinaus ist es naheliegend, daß 
mit einem solchen Skandal 1986 in Deutschland - nur ein halbes Jahr nach der 
Reaktorkatastrophe von Tschernobyl - ein tatsächlicher Ausstieg aus der 
Atomenergie, wie er in Italien zu jener Zeit realisiert wurde, auch in 
Deutschland besiegelt gewesen wäre. "Das Geständnis eines Unfalls (...) hätte 
den Atomenergie-Konzernen das Geschäft vermutlich auf Dauer verdorben", so die 
'Frankfurter Rundschau'.

Ein weiterer Fund bestätigt die Vermutung Lengfelders: Der Berliner Physiker 
Sebastian Pflugbeil von der 'Gesellschaft für Strahlenschutz' stieß auf 
Stasi-Dokumente über bundesdeutsche Nuklearforschungen. In diesen Unterlagen der 
Abteilung 5 der Hauptabteilung XVIII von 1987 ist tatsächlich von "Mininukes" 
die Rede, an denen in der BRD gearbeitet werde und die man mit Hilfe eines 
Röntgen-Lasers zur Explosion bringen könne. Darin heißt es: "Interessanterweise 
sind in der letzten Zeit die Erfolg versprechendsten Fusionskonzepte in einer 
ganz anderen Richtung angelegt worden", die ergeben haben, daß bei 
"Fusions-Fissions-Kügelchen eine andere Anwendung wesentlich interessanter ist". 
Das werde "durch die Zielrichtung der US-amerikanischen Atompolitik 
unterstützt", bei der "das Streben der Kernwaffenforschung eindeutig zu 
kleineren und leichteren Kernladungen (...) geht". Weiter ist in diesem 
MfS-Dokument die Rede von Kügelchen mit Abmessungen im Millimeter- bis 
Zentimeter-Bereich, die gigantische Sprengstärken entwickeln. Gegen diesen 
Dokumenten-Fund des früheren DDR-Bürgerrechtlers Pflugbeil wird auffallend 
schnell das Totschlag-Argument in Stellung gebracht, sämtliche Stasi-Unterlagen 
seien allein zur Desinformation produziert worden.

Der Brand in der GKSS war nicht der einzige größere Unfall in jener Zeit, der 
unter den Teppich gekehrt werden sollte. Im Januar 1987 ereignete sich eine 
Explosion im NUKEM-Werk in Hanau, die nicht völlig vertuscht werden konnte. Nach 
offiziellen Angaben wurde bei der "Panne" lediglich eine Person durch 
Freisetzung von Plutonium aus einer kleinen Probe kontaminiert. Laut Aussagen 
eines mit der Untersuchung der Betroffenen betrauten Wissenschaftlers seien 
jedoch tatsächlich 36 Arbeiter einer Strahlendosis weit über dem zulässigen 
Grenzwert ausgesetzt gewesen. Viele dieser Arbeiter seien heute an Krebs 
erkrankt, doch sie würden nicht an die Öffentlichkeit gehen, weil sie um ihre 
Betriebsrente fürchteten.

Als das von der Explosion zerstörte Gebäude in Hanau 2003 abgerissen und nach 
den entsprechenden Entsorgungsrichtlinien abgetragen wurde, war die Beteiligung 
der örtlichen Behörden unvermeidbar. NUKEM-Ingenieur Paul Börner äußerte während 
dieser Arbeiten gegenüber einem Beamten: "Jetzt, wo es verjährt ist, kann ich es 
ihnen ja sagen: Das ist das Gebäude, das uns damals hochgegangen ist." 
Protokolliert ist diese Aussage in den Akten der Hanauer Staatsanwaltschaft. 
Anfang 1987 war Joseph Fischer "Umwelt"-Minister in Hessen. Laut Zeugen war er 
vom Ausmaß des Unfalls in Hanau, sowohl von den Hintergründen als auch von den 
Folgen, umfänglich informiert. Auch er hielt dicht.

In der Umgebung der Unfallstelle in Hanau fanden sich ebenfalls ominöse 
Brennstoffkügelschen. Im Unterschied zu jenen in der Umgebung von Geesthacht 
hatten sie jedoch keine auffällige Häufung von Leukämie-Fällen zur Folge. Wurde 
in Geesthacht und in Hanau an verschiedenen Konzepten zur Entwicklung der 
Mini-Atombombe geforscht? Eine genauere Untersuchung der verschiedenen 
Mikroshären mit Durchmessern von 5, 20 und 50 Mikrometern hätte längst darüber 
Aufschluß geben können. Doch eine Aufklärung konnte bislang von einer 
gemeinsamen Front aus Atom-Mafia, Behörden und Politikern jeglicher Couleur 
blockiert werden.




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