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</head>
<body bgcolor="#FFFFFF" text="#000000">
<p>Lieber Ronald,</p>
<p>regionale Modifizierung von Wohngeld widerspricht m. E. unserem
dritten Kriteritum der Bedürftigkeitsprüfungslosigkeit. Auch wenn
wohl niemand den Erstwohnsitz so häufig wechselt wie die
Unterwäsche und der Erstwohnsitz ja eh gemeldet werden muss, diese
Form der Bedürftigkeitsprüfung also sozusagen vollautomatisch im
System eh mitläuft, insofern auch antragslos vollautomatisch als
Bestandteil eines bGE je nach Erstwohnsitz ausgeschüttet werden
könnte, ist sie m. E. aus der Sicht des Individuums dennoch
lästig. Vor jedem Umzug müssten zumindest einkommensarme Menschen
recherchieren, wie das regionale Wohngeld der Zielregion
konzipiert ist. Gut, das muss kein gigantischer Aufwand sein, man
könnte per Gesetz ja z. B. den Vermietern aufdrücken, bei Angaben
zur Miethöhe zugleich auch die regionale Wohngeldhöhe anzugeben,
so dass der Aufwand da gegen null ginge. Ich find's einfach nicht
pure, es bliebe eine Bedürftigkeitsprüfung, es wäre nicht
egalitär. Mindestens für meinen Vorschlag, bGE einfach über
Geldmengenerhöhung zu finanzieren, wäre diese Nicht-Egalität ein
Problem. Wieso sollen denn die Vermieter in teuren Mietregionen
mehr Knete vom Staat erhalten als die Vermieter in billigen
Mietregionen? Bei einem egalitären bGE mit egalitärem
Wohngeldanteil ist die Antwort einfach: Weil die Individuen sich
dafür entscheiden, in einer teuren Mietregion zu wohnen und
entsprechend weniger von ihrem bGE für übrige Zwecke zu haben.
Selbst wenn ein regional modifiziertes Wohngeld fair in dem Sinne
ausgestaltet wird, dass es in jeder Region vergleichbaren Wohnraum
finanziert, hätte es einen entmündigenden Charakter: Den
Individuen könnte ihre Wohnlage hinsichtlich der Finanzierung
schlicht egal sein, während sie bei einem egalitären bGE gewichten
müssten, ob ihnen eine teurere Wohnung z. B. wegen des Standorts
wichtiger ist oder eher mehr verfügbares bGE jenseits der
Mietkosten.</p>
<p>Wenn ich das richtig sehe, wird Wohngeld und Mietanteil in ALG II
heute kommunal finanziert. Was bedeutet, dass Kommunen mit
geringer Wirtschaftskraft auf doppelte Weise überproportional
belastet werden: weniger Steuereinnahmen und höhere
Sozialausgaben. Da ich davon ausgehe, dass wir uns im Zweifelsfall
bei der Gegenfinanzierung eines bGE auf Bundes- oder EU-Ebene
bewegen (wenn halt nicht auf EZB-Ebene), wäre ein egalitäres bGE
mit egalitärer Wohngeldhöhe eine Entlastung von Kommunen mit
schwacher ökonomischer Performance. Das wäre ein Nebenaspekt der
'Förderung strukturell abgehängter Regionen'. <br>
</p>
<p>Deine Bemerkungen zum Mietwucher überzeugen mich wenig. Im
Prinzip ist das ein Teilaspekt all der Debatten, die wir hier zu
den reinen Mehrwertsteuermodellen führen. Man könnte ja genauso
gut sagen, dass ein bGE die Profitrate von ALDI, dm und sonstigen
Einzelhändlern absichert, perspektivisch den
Einzelhändler-Oligopolen eine bequeme Position für höhere
Profitraten (=Wucher) einräumen könnte. Die Verfechter reiner
Mehrwertsteuermodelle reiten immer darauf herum, dass letztlich
alle Steueranteile vom Endverbraucher bezahlt werden. Abgesehen
davon, dass sie davon abstrahieren, dass Einkommen <span
id="zeichen">≠ Konsumausgaben, weil Einkommen = Konsumausgaben
plus Sparen/Investieren/Kapitalisieren, abstrahiert ihre
Betrachtungsweise selbstverständlich auch davon, dass es ganz
unterschiedliche Märkte für unterschiedliche Konsumarten gibt
und kein einziger Markt in der Realität dem WiWi-Modell ideal
freier Märkte entspricht (sogenanntes bilaterales Polypol oder
vollkommener Markt, vgl. z. B.
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://de.wikipedia.org/wiki/Vollkommener_Markt">https://de.wikipedia.org/wiki/Vollkommener_Markt</a> ). Wenn wir mal
optimistisch davon ausgehen, dass ein bGE dazu führen würde,
dass der Arbeitsmarkt zumindest tendenziell ein solch
vollkommener Markt wird, lässt sich dein Hinweis auf Mietwucher
als Indiz dafür auffassen, dass wir bei den bGE-Märkten, also
denen der Existenzsicherung, wegen der impliziten
Staatssubventionierung hingegen alles andere als vollkommene
Märkte bekommen. Der Wohnungsmarkt erscheint mir da das kleinere
Problem gegenüber den oligopolen Einzelhandelsstrukturen, weil
er ja grundsätzlich relativ stark diversifiziert ist und ein bGE
z. B. dazu führen könnte, dass viele zur Sesshaftigkeit neigende
Leute sich für günstigere Eigenheim- als für Mietvarianten
entscheiden, er also noch diversifizierter werden würde.
Zentrales Problem des Mietmarkts ist das Thema, das Karin,
Stefan und Egge gerade eigentlich verhandeln, aber
seltsamerweise übersehen: Nicht nur Löhne stecken in den
Preisen, sondern auch Kapitalrenditen. Eine Form dieser
Kapitalrendite ist die Grundrente, also die aus dem
Eigentumsfetisch resultierende Bezahlung von Landnutzung an den
Eigentümer des Landes (im Miet-/Pachtfall) bzw. der Preis von
Land (im Kauffall). Immobilienpreise, ob nun als Kauf- oder
Mietpreis, sind in attraktiven Innenstadtlagen deutlich höher
als z. B. in unattraktiven Provinzlagen, die Grundrente
entsprechend höher bis zum Mietwucher (analog bei z. B.
ressourcenhaltigem Land). Man kann sich zwar grundsätzlich viele
Möglichkeiten überlegen, wie dem entgegengetreten werden kann,
etwa durch sozialen Wohnungsbau, aber wenn wir nicht beliebig
hohe Wolkenkratzer in die Innenstadtbereiche knallen wollen,
haben wir strukturell immer eine angebotsseitige Beschränktheit,
die für die nachfragenden Individuen</span> ätzend ist: Selbst
wenn wir politisch die Marktmechanismen komplett abschalten, also
das Ganze planwirtschaftlich angehen und die Immobilienpreise
komplett egalisieren würden, bliebe bei objektivem Mangel
ausreichend vorhandenen Wohnraums dieser Markt unfair, weil nicht
alle gleichermaßen in den attraktivsten Gegenden wohnen könnten.</p>
<p>M. E. ist es daher sinnvoll, das Pferd komplett andersrum
aufzuzäumen. Du sagst "<font face="Arial, Helvetica, sans-serif"
color="black" size="2"><span style="font-size: 10pt;">jede
staatliche Finanzierung dieses Wuchers ist faktisch eine
Förderung des Einkommens relativ Einkommensstarker.</span></font>"
Das gilt nur unter der Bedingung, dass die staatliche Finanzierung
auf der Gegenfinanzierungsseite diesen Wucher nicht kompensiert,
also Einkommensstarke nicht entsprechend stärker besteuert. Wenn
wir verhindern wollen, dass ein existenzsicherndes bGE zu einer
Subventionierung der Anbieter von existenzsichernden Gütern und
Dienstleistungen wird, also quasi zu einem Selbstbedienungsladen
für diese Anbieter, müssten wir steuerpolitisch eine Struktur
schaffen, die es unattraktiv macht, hohe Profite aus den
bGE-Märkten zu quetschen. Wenn wir diese Märkte nicht in
planwirtschaftliche Staatsregie nehmen wollen (oder nicht
zumindest bürokratielastige strenge Kontrollgesetze für diese
Märkte erlassen wollen), dann bietet sich m. E. nur das
Standardmittel einer echten und deutlichen Steuerprogression (bei
möglichst intensiver Verhinderung von Steuerflucht) an, die ja
ohnehin innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen das einzig
wirksame Mittel (neben Erbschafts-/Schenkungssteuer oder einem
System-Crash) sein kann, die Schere zwischen reich und arm wieder
mehr zu schließen. Wie gesagt: M. E. ist das mit Blick auf die
Einzelhandels-Oligopole im Zweifelsfall inhaltlich viel wichtiger
als mit Blick auf die Immobilienmärkte. Vgl. dazu dann für nähere
Detailüberlegungen meine parallel über den Verteiler verschickte
Mail an Bernd.</p>
<p>Liebe Grüße,</p>
<p>Bert<br>
</p>
<br>
<div class="moz-cite-prefix">Am 30.01.2017 um 11:33 schrieb <a
class="moz-txt-link-abbreviated" href="mailto:rblaschke@aol.com"><a class="moz-txt-link-abbreviated" href="mailto:rblaschke@aol.com">rblaschke@aol.com</a></a>:<br>
</div>
<blockquote
cite="mid:%3C159eef01b60-4e6f-103e5@webprd-m64.mail.aol.com%3E"
type="cite"><font face="Arial, Helvetica, sans-serif"
color="black" size="2">
<div
style="font-family:arial,helvetica;font-size:10pt;color:black">
<div id="AOLMsgPart_2_561068e0-3aa5-4d23-8444-0b73bc5d1edf">
<div bgcolor="#FFFFFF" text="#000000"
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<div>Lieber<span style="font-size: 10pt;"> Bert, </span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;"><br>
</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;">ich kann
nachvollziehen, was du meinst.</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;">Für große
Preisunterschiede bei Mieten gibt es in vielen
Grundeinkommenskonzepten das Wohngeld (regional
modifiziert - wie es jetzt schon - ungenügend - ist,
auf Bruttowarmmiete bezogen und individualisiert).</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;"><br>
</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;">Natürlich kann auch
das Grundeinkommen an einem sehr hohen Maßstab
bemessen werden, was einer Förderung strukturell
abgehängter Regionen gleich käme.</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;"><br>
</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;">Der weitere Punkt ist,
dass der Mietwucher endlich enden muss - jede
staatliche Finanzierung dieses Wuchers ist faktisch
eine Förderung des Einkommens relativ
Einkommensstarker.</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;"><br>
</span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;">Herzlich, Ronald </span></div>
<div><span style="font-size: 10pt;"> </span></div>
<div> <br>
</div>
</div>
</div>
</div>
</font></blockquote>
<br>
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