<html>
  <head>

    <meta http-equiv="content-type" content="text/html; charset=ISO-8859-15">
  </head>
  <body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF">
    Liebe Leser bzw. Mitleser,<br>
    hier gebe ich Euch die Fortsetzung unseres Austauschs:<br>
    <br>
    10.3. Bernd<br>
    <br>
    Hi Jochen,<br>
    Wie Du z.B.
    <a class="moz-txt-link-freetext" href="http://www.staatsbuergersteuer.de/TauschGeldZins.htm#TGZ3.5">http://www.staatsbuergersteuer.de/TauschGeldZins.htm#TGZ3.5</a>
    entnehmen kannst oder noch fundamentaler meiner Kritik des Capital
    Asset Pricing Modells in <a class="moz-txt-link-freetext" href="http://www.staatsbuergersteuer.de/CAPM.htm">http://www.staatsbuergersteuer.de/CAPM.htm</a>
    bin ich mit Dir der Meinung, dass bestimmte Ökonomie-Experten mit
    ihren Empfehlungen auf extrem unsicherem Boden operieren und sich
    mit ihren Theorien gegen die Wirklichkeit immunisiert haben, d.h.
    Zusammenhänge behaupten, die in der Realität nicht vorhanden sind.<br>
    In einem früheren Diskussionsbeitrag habe ich dies als Dummheit
    zweiter Art bezeichnet.<br>
    Das Problem ist, dass es in diesen Realitätsfeldern praktisch keine
    verlässlichen Modelle gibt, die noch dazu ihre eigenen Grenzen
    kennen. Dies verführt manche Theoretiker dazu, ihre Theorien als
    Glaubenssätze zu etablieren. Ihnen geht es ähnlich wie z.B.
    Regentänzern (<a class="moz-txt-link-freetext" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Regentanz">http://de.wikipedia.org/wiki/Regentanz</a>) bei
    primitiveren Völkern oder Teufelsaustreiber in manchen christlichen
    Sekten oder entsprechenden anderen religiösen Ritualen: Da man nix
    genaues weiß, etabliert man einen Mythos.<br>
    Er ist im besten Fall nicht schädlich, führt aber, insbesondere wenn
    der Glaube daran radikale Formen annimmt, oft zu unsinnigen und
    gelegentlich tödlichen Konsequenzen. ("Und willst Du nicht mein
    Bruder sein ..."<br>
    Wie weit Hegel zu den Philosophen gehört, die für ihre Theorie die
    totale Gültigkeit behaupten, weiß ich auch nicht. Ich kenne
    zumindest keine Stelle, an der er dies behauptet. "Ich finde aber
    schon Deine Forderung eines Philosophischen Systems mit sauber
    definierten Axiomen und ebensolchem Begriffssystem als einseitig
    rationalistisch." Ich fordere lediglich, dass etwas, auf das Gödels
    Satz anwendbar sein soll, auch den Voraussetzungen von Gödels Satz
    genügen muss. Dazu gehören eben sauber definierte Axiome und ein
    entsprechendes Begriffssystem. Über Philosophien mit unsauberen
    definierten Begriffen sagt Gödel lediglich, dass diese Philosophien
    erst mal ihre Begriffe klären müssen, bevor über Kosequenzen und
    logische Wahrheiten nachgedacht werden kann. Über empirische oder
    reale Wahrheiten sagt keine Philosophie etwas aus. Sie kann
    bestenfalls Modellaussagen machen, die sich empirisch überprüfen
    lassen müssen. Erfolgreiche Überprüfung stärkt das Vertrauen in
    diese Theorie. Eine Falsifikation zerstört das Vertrauen.<br>
    Ökonomie-Experten, die ihre Theorien als Glaubenssätze formulieren,
    geht es wie den Regentänzern. Sie versprechen hilflosen Politikern
    dann Regen, wenn diese nur die richtigen Tänze aufführen. Wie bei
    den Regentänzern klappt das ja, auch wenn man auf den Erfolg
    vielleicht lange warten muss. Früher waren Wetterfrösche in einer
    ähnlichen Lage: sie sagten so lange ein bestimmtes Wetter voraus,
    bis es einmal tatsächlich eintrat. Beim Wetter ist man inzwischen
    ein bisschen besser geworden. Auch bei der Medizin ist durch die
    Vier Säfte Lehre des Galenus viel Leben zerstört worden, ohne das
    diese Theorie als das erkannt worden wäre, was sie ist, nämlich
    Dummheit zweiter Art.<br>
    Was es noch schlimmer macht, ist das Denkverbot, mit dem
    Okonomie-Experten ihre Theorien und Empfehlung belegen, weil jeder
    Zweifel die Wirksamkeit ihrer Empfehlung reduziert und den von der
    Empfehlung Betroffenen zeigt, dass sie einer Illusion unterliegen
    könnten. Auch die katholische Kirche oder der Islam kennen und
    fordern Denkverbote.<br>
    Hier im Überfluss ausreichend produzierte Nahrung wird oft in
    Notstandsgebiete transportiert. Ob man den Menschen dort damit
    nachhaltig hilft, bezweifle ich. Damit untergräbt man alle
    Aktivitäten, vor Ort eine selbstversorgende Landwirtschaft
    aufzubauen. Schon unsere Verschickung der Altkleider durch das DRK
    nach Afrika zerstört dort die Textilindustie. Es ist sinnvoller, die
    Menschen vor Ort so zu unterstützen, dass sie sich selbst helfen
    können. Nur Ignoranten meinen, Almosen bewirkten etwas anderes als
    die Erziehung zu Almosenempfängern. Was dieser Versuch anrichten
    kann, zeigt sich z.B. in Griechenland. Die bösen Deutschen wollen
    diesen Armen einfach kein Geld mehr geben. Das ist das Gegenteil von
    Erfolg und Dankbarkeit, nämlich Hass auf die Deutschen, weil diese
    den Griechen die Hilfe und die Kredite aufgezwungen haben. Leider
    weiß ich nicht, wie eine Unterstützung aussehen soll, damit sie
    wirklich und nicht nur oberflächlich und kurzfristig hilft. Als
    Entwicklungshelfer im Sudan habe ich genug fehlgeschlagene Projekte
    gesehen, mit denen unsere Gutmeschen geglaubt haben, sie täten etwas
    Gutes. Auch in anderen Ländern, die ich bereist habe, sieht es nicht
    viel anders aus. Die Mentalität der Menschen und die Zusammenhänge
    der Gesellschaft sind eben komplizierter und unser Wissen darüber
    ist ähnlich wie der von Galenus über die medizinischen
    Zusammenhänge.<br>
    Bernd<br>
    PS. War Marx ein Philosoph oder ein Ökonom? Ich vermute, dass er
    sich als Ökonom gesehen hätte, wenn es diese Wissenschaft damals
    schon gab.<br>
    Bernd<br>
    <br>
    15.3. Jochen<br>
    <br>
    <meta http-equiv="CONTENT-TYPE" content="text/html;
      charset=ISO-8859-15">
    Lieber Bernd,
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">ich fange mal mit
      der Beantwortung von hinten an. Wenn man die Frage danach, was
      jemand
      war oder ist, so versteht, daß nach einem offiziell
      abgeschlossenen
      Bildungsgang gefragt ist, dann war Marx Jurist. Er selbst hat sich
      wohl als Philosoph und Ökonom verstanden. Aber den Beruf "Ökonom"
      und ein entsprechendes Studienfach hat es, denke ich, zu seiner
      Zeit
      noch nicht gegeben.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Der nächste Punkt
      betrifft die Nahrungsmittelfrage und Entwicklungshilfe. Ich kann
      dazu
      nur theoretisieren, da ich selbst keine praktischen Erfahrungen
      mit
      Entwicklungshilfe habe; ich bin kein Reisemensch und bewege mich
      vergleichsweise wenig über den Erdball. Ich bin mir darüber im
      klaren, daß jegliche Lieferungen von Überschußprodukten aus den
      Zentren der Zivilisation in "Entwicklungsländer" dort
      schädliche Nebenwirkungen haben und deshalb nur in akuten
      Notfällen
      stattfinden sollten. Das gleich trifft übrigens auch auf die
      "normale" Einbindung dieser Länder in den Weltmarkt zu.
      Wirkliche "Entwicklungshilfe" funktioniert wohl nur, wenn
      man diesen Ländern bzw. den Menschen dort hilft, mit ihren eigenen
      Gegebenheiten eine eigene Wirtschaft aufzubauen (zunächst
      abgekoppelt vom Weltmarkt). Das bedeutet zuallererst, daß den
      Menschen ihr tradiertes Nutzungsrecht auf die natürlichen
      Ressourcen
      in ihrem Lebensraum garantiert werden muß. Wo das bereits zerstört
      ist, muß es wieder hergestellt werden. Das heißt etwa, daß das
      fortschreitende Landgrabbing beendet und rückgängig gemacht werden
      muß. Wissens- und Technologiehilfe hilft nur wirklich zur
      Selbständigkeit, wenn sie den Gegebenheiten vor Ort und den
      Möglichkeiten der Menschen entspricht. Ich denke, daß alle
      Entwicklungshilfe, die von vornherein Weltmarktorientiert ist ein
      Schwindel oder mindestens ein Irrtum ist. Neben der unmittelbar
      wirtschaftlich orientierten Hilfe, die gut oder schlecht sein
      kann,
      ist sicher auch politische Unterstützung notwendig. Damit würden
      wir, wenn wir es gut mach, erstmal auch Wiedergutmachung für
      jahrhundertelange kolonialistische Verheerungen betreiben. Eine
      große
      Zahl gutgemeinter Entwicklungsprojekte scheitern ja wohl daran,
      daß
      sie in den Händen einer korrupten und von der Bevölkerung
      abgehobenen Herrschaftsschicht mißbraucht wurden und werden. Und
      dieser Umstand ist zumindest zum Teil der kolonialistischen
      Vergangenheit zu verdanken.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Zu Gödel und
      Philosophie</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Ich bin natürlich
      mit Dir einer Meinung, daß der formale Aspekt beim Denken beachtet
      werden muß, wenn man reproduzierbare Ergebnisse erlangen will -
      also
      Wahrheit. Gödels Unvollständigkeitssatz (oder Sätze) sind aber für
      mich die philosophische Aussage, daß die formale Richtigkeit
      alleine
      nicht hinreichend ist, gar nicht erreichbar. Gödel sagt also nicht
      nur, daß die Philosophen ihre Begriffe klären müssen, sonder auch,
      daß sie, wenn sie alle ihre Begriffe geklärt haben sollten, die
      Sache allein nicht aufgeht. Bzw. daß sie es nie schaffen werden,
      alle ihre Begriffe zu klären. Damit wir dennoch mit unserem
      Denkvermögen etwas vernünftiges anfangen können, braucht es noch
      was zusätzliches und das ist die sinnliche oder empirische
      Wirklichkeit (hier im Sinne von dem, was wirkt). Du sagst: "Über
      empirische oder <strong>reale Wahrheiten sagt keine Philosophie
        etwas
        aus.</strong> " Ich würde das etwas spezifizieren: Über den
      Inhalt empirischer Sachverhalte kann Philosophie nichts (oder nur
      bedingt etwas) aussagen, aber über die mögliche Form und die
      Bedingungen der Möglichkeit durchaus. Und die Beantwortung der
      Frage, was "reale Wahrheiten" bedeuten soll, ist auch eine
      philosophische Aufgabe. Verifikation und Falsifikation sind
      schließlich Methoden, um den Geltungsbereich von theoretischen
      Aussagen zu bestimmen, also die Grenzen aufzuzeigen innerhalb
      derer
      sie Wahrheiten sind. {Kleine Spekulation von mir: vielleicht gibt
      es
      überhaupt keine Aussagen, die ganz und gar wahr oder ganz und gar
      falsch sind, weil der offene Bereich, in dem die Verifikation und
      Falsifikation stattfindet, gar nicht bestimmbar ist.}</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Zur Ökonomie und
      ihren Modellen</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Die von Dir
      bezeichneten Texte habe ich nur erstmal überflogen und stelle
      dabei
      fest, daß es noch zahlreiche Punkte gibt, an denen für mich
      Klärungsbedarf besteht. Ich hoffe, wir kommen mit der Zeit damit
      Schritt für Schritt voran. Was mich aber um so mehr wundert, daß
      Du
      trotz des Wissens um die vielen Schwächen der ökonomischen Modelle
      grundsätzlich kritische Betrachtungen zu diesen Themen - wie etwa
      Brodbecks Arbeiten - nicht zur Kenntnis nehmen willst oder für
      unbedeutend hältst.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Du erwähnst beim
      Thema Entwicklungshilfe nebenbei die Beziehung zwischen
      Deutschland
      und Griechenland. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie in der
      gängigen Ökonomie Probleme erzeugt werden. Deutschland rühmt sich
      gern als Exportweltmeister und Exportüberschuß-Weltmeister. (Daß
      ein so "erfolgreiches" Land dennoch selbst hoch verschuldet
      ist, ist ja auch schon sehr eigenartig.) Ein Land kann aber nur
      Exportüberschüsse erzielen, wenn andere bereit sind, sich zu
      verschulden. Hätten die südlichen EU-Länder eine "solide"
      Handelspolitik betrieben und sich nicht verschuldet, sähe es um
      unsere Bilanzen bedeutend schlechter aus. Im Grunde haben wir mit
      dieser Strategie unsere Schulden und unsere Arbeitslosigkeit
      exportiert. Das ist eine ganz normale Folge der ökonomischen
      "Gesetzmäßigkeiten". Wenn wir also eine wirkliche
      europäische solidarische Gemeinschaft anstreben, dürfen wir dem
      Markt bzw. den Märkten nicht die Macht über die Gestaltung dieser
      Beziehungen überlassen. Ich denke, daß Du das ähnlich siehst. Für
      mich bedeutet das aber auch, die Ökonomie mit grundsätzlich
      kritischem Blick zu betrachten.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Noch eine andere
      Episode in diesem Kontext: Im letzten Jahr ging es in irgendeiner
      Diskussionsrunde im Fernsehen auch um Deutschlands Rolle als
      Exportweltmeister. Da traten einige Diskutanten ernsthaft mit der
      Meinung auf, daß Deutschlands Weltmeisterrolle durch den
      wachsenden
      chinesischen Export bedroht würde und daß das eine Bedrohung für
      Deutschland überhaupt sei. In meinen Augen sind solche Äußerungen
      Anzeichen für ausbrechenden Wahnsinn.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Soweit erstmal
      heute zu diesen Themen. Zu der Auseinandersetzung zwischen Dir und
      Verena Nedden will ich auch noch meine Anmerkungen machen, die
      schicke ich aber als gesonderte mail.</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Herzlichen Gruß</p>
    <p style="margin-bottom: 0cm; font-style: normal">Jochen</p>
    <title></title>
    <meta name="GENERATOR" content="OpenOffice 4.1.1 (Win32)">
    <style type="text/css">
        <!--
                @page { margin: 2cm }
                P { margin-bottom: 0.21cm }
        -->
        </style><br>
  </body>
</html>