<html><head></head><body><div style="font-family: Verdana;font-size: 12.0px;"><div>
<p style="margin-bottom: 0cm">Hallo,</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">bevor ich mich weiter der Lektüre des Staatsbürgersteuer-Textes zuwende, möchte ich mal eben abarbeiten, was mir quer dazu vor allem durch deinen Beitrag, lieb namenlos, in den Sinn gekommen ist. Nebenbei werde ich dabei ein paar Fragen an das Staatsbürgersteuer-Modell festhalten, die darin u. U. bereits bedacht sind. Weil ich das Gesamtkonzept noch nicht überblicke, kann ich das derzeit nicht beurteilen. Überblick:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">1. Leistung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">2. Konsens und die Lemming-Logik des Leistungsfetischismus</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">3. Ende der Geschichte</p>

<p style="margin-bottom: 0cm"> </p>

<p style="margin-bottom: 0cm">----1. Leistung----</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Du, lieb namenlos, schriebst:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">„Leistung und Einkünfte haben etwas miteinander zu tun. Dass Erbschaften etwas mit Großtantes Ersparnis zu tun haben, und dass sie für die Ersparnis erst einmal Einkommen haben musste, von dem sie sich das Ersparte abgezwackt hat, sei am Rande vermerkt. Und dass von dem Erbe in der Staatsbürgersteuer erst einmal 40% Abschlusssteuer an den Fiskus geht, und von den verbleibenden 60% noch einmal 40%, wenn der Erbe die Erbschaft konsumiert, so dass er also nur 36% verwenden darf, ist doch eine starke Umverteilung von oben nach unten- oder? Und noch einmal: Warum soll Moderation nicht vergütet werden, wenn sie mühsam ist? Wenn sie dagegen Vergnügen ist, ist das doch schön und fällt in die Kategorie Leistung, die man selbst konsumiert - vergleichbar dem Essen, das ich mir koche.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich will nicht entscheiden, ob eine Börsenzocker-Leistung produktiver oder unproduktiver ist, als die Bemühung einer Putzkraft. Wenn ich dringend Geld brauche hilft mir eher ein Börsianer, der mir meine Aktie abkauft, als eine Putzfrau. Ob der dann nach dem Kauf meiner Aktie mit ihr zockt und am Ende etwas verdient oder sich verspekuliert, ist mir egal. Gut das es die Zocker gibt, sonst wäre mein Vermögen für mich weniger wert, weil ich es nicht schnell verkaufen könnte und erst einen Makler bezahlen müsste, der gegen Gebühr einen käufer für mich sucht. Deshalb sind Wertpapiere attraktiver als z.B: Immoblien. Oder ist es böse, Notgroschen in Wertpapiere zu investieren, statt sie in dem Sparstrumpf unterm Kopfkissen dem inflationsbedingten Wertverlust auszusetzen?“</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Mir scheint, dass es hier tatsächlich um sehr Eingemachtes geht, nämlich um ein zentrales Idol des Markts: seine vorgebliche Leistungsgerechtigkeit. Auch wenn du, lieb namenlos, dich nicht entscheiden magst, ob eine Börsenzocker-Leistung produktiver oder unproduktiver als die einer Putzkraft sein mag, tendierst du dann doch zu einer Entscheidung. Alles in allem laufen deine Bemerkungen m. E. darauf hinaus, Einkünfte und Leistung einfach miteinander zu identifizieren. Das hat m. E. wiederum einen sehr spezifischen Grund: Außer den Wert-Einkünften haben wir einfach gar kein gesamtgesellschaftliches Kriterium zur Messung der Leistung einer menschlichen Tätigkeit. Da ich der Auffassung bin, dass jeglicher Vorschlag für ein Kriterium zu einer solchen Messung nur einen Fetisch durch einen anderen Fetisch ersetzen würde, menschliche Leistung an und für sich nichtidentisch ist und daher nicht messbar, kann ich das einerseits verstehen, muss es andererseits aber auch grundlegend kritisieren. Sieht man von den ideologischen Interessen der sogenannten Leistungsträger ab, aus denen heraus m. E. das Kernkonstrukt der Identifizierung von Wert und Leistung elitär propagiert und tiefenpsychologisch suggeriert wird, bleibt das Bedürfnis nach dieser Identifizierung m. E. auch bei dem Rest der Gesellschaft verständlich: Weil wir als gesellschaftliche Wesen gemeinsam unseren Stoffwechselprozess mit der Natur organisieren und auch organisieren müssen, daher einerseits gewisse Notwendigkeiten im Miteinander füreinander zwingend beachten müssen, andererseits uns gegenseitig nach zwar fiktiven, aber historisch tradierten Maßstäben für das Geleistete auf die Schulter klopfen möchten, akzeptieren wir den Wert-Fetisch. Vergegenwärtigt man sich radikal, dass Einkünfte aber auch schlichtweg gar nichts mit Leistung zu tun haben, hat das etwas zutiefst demoralisierendes: Wofür soll man sich in die Maschinerie einspannen, wenn man an ihre Vernünftigkeit nicht im Ansatz glauben kann? Dieser Demoralisierung wird auf allen möglichen Ebenen daher gesellschaftlich ausgewichen, wenn man denn ans Miteinander füreinander noch glauben möchte. Dazu ließe sich viel sagen, im Kern aber läuft es wie bei dir halt darauf hinaus, den gängigen Fetisch einfach doch wieder zu schlucken: Einkünfte und Leistung lassen sich miteinander identifizieren.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Nein, lassen sie sich nicht. Meine Beispiele hatten wie jedes Beispiel den Charakter von illustrierenden Einzelfällen, die etwas Typisches darstellen sollten. Du biegst an ihnen so herum, dass die Fetisch-Welt wieder heil erscheint. Sie ist aber zutiefst kaputt. Das ist schlicht ein Fakt, weshalb du dich da auch noch so lange am Biegen betätigen kannst, wie du willst. Du wirst sie nicht heile bekommen.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Konkret: Selbst wenn sich die Großtante ihre Einkünfte mühsam vom Mund abgespart haben sollte, was hätte dann die erbende Person mit ihrer Leistung zu tun? Das dicke Blut? Den Erben fällt das Vermögen der Sterbenden in der Regel ohne jegliches Zutun zu. Das hat mit Leistungsgerechtigkeit schon einmal gar nichts zu tun. Zudem war es mein Beispiel und ich hatte nicht gesagt, dass die Großtante sich etwas vom Munde aus der eigenen Leistung abgespart hatte. Vielleicht hat sie das Geld ebenfalls bloß geerbt. Vielleicht von jemandem, der es seinerseits bloß geerbt hat. Etc. Einer meiner Hochschullehrer hat einmal darauf hingewiesen, dass aus dem ausgezahlten Kopfgeld bei der Währungsreform 1948 (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Währungsreform_1948_(Westdeutschland)#Durchf.C3.BChrung_der_W.C3.A4hrungsumstellung ) der Mythos erwachsen sei, dass alle Deutschen mit gleichen Startbedingungen in die gerade geborene Bundesrepublik eintraten. Dieser Mythos war mir vorher unbekannt, aber er passt zum Thema. Wenn irgendwann einmal tatsächlich gleiche Marktbedingungen für alle Marktteilnehmer geherrscht haben würden, dann könnte man unter Umständen so etwas konstruieren wie Einkünfte = Leistung. Auch dann bliebe noch das Problem, wieso Kinder für die Leistungen und Fehlhandlungen ihrer Eltern (oder sonstigen Vererber) verantwortlich gemacht werden sollten. Aber viel grundlegender lässt sich erstmal festhalten, dass es einen solchen Augenblick gleicher Marktbedingungen einfach nie gegeben hat. In Bezug auf 1948 hält der genannte Wikipedia-Artikel diverse Umtauschmodalitäten für alte Geldbestände fest. Und das Sachvermögen, insbesondere die Eigentumstitel an Produktionsmitteln sind selbstverständlich von der Währungsreform auch nicht weiter berührt worden. Konkretisieren wir das mal. Schaut euch mal die Geschichte und die Vermögensrolle der Familie von Thurn und Taxis an (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Thurn_und_Taxis sowie http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_500_reichsten_Deutschen , dort Platz 206). Welche Leistung haben die heutigen Turner&Taxler wohl erbracht, die nicht letztlich von einem Vermögen zehren würden, das im 16. Jahrhundert, also vor fast einem halben Jahrtausend aufgehäuft worden ist?</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Es könnte aber auch anders sein. Vielleicht hat die vererbende Großtante in meinem Beispiel ein florierendes illegales Geschäft betrieben, sagen wir Drogen- und Menschenhandel. Sie war meinetwegen Bordell-Mama und hat in Kellerknästen osteuropäische Frauen gehalten, die sie neben Koks an die Schickeria-Ficker vertickte, welche sich gerne als Leistungsträger aufspielen. „Wenn es einen Unterschied zwischen gutem und schlechten Vermögen gibt, dann höchstens bei der eher kriminalistischen Frage, wie dieses Vermögen erworben wurde, Aber "... Pecunia non olet ..." (Geld stinkt nicht) wussten schon die Römer unter Kaiser Vespasian.“ (vgl. http://www.staatsbuergersteuer.de/Ideologie.htm ) Das Geld hat die für die Reichen wunderbare und für alle anderen schreckliche Eigenschaft, seine eigene Geschichte vergessen zu machen. Wer heute reich ist, mag etwas Großartiges für die Menschheit geleistet haben. Der Verdacht aber liegt nahe, dass die allermeisten, die heute reich sind, entweder selbst krasse Verbrecher sind oder solche zu ihren Erb-Ahnen zählen.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Marx' Klassenbegriff hängt sehr wesentlich an dem Nachweis, dass die bürgerliche Gesellschaft sich die Fiktion von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit leistet, der Markt aber durch Ungleichheit, doppelte Freiheit und Brutalität geprägt ist. Ungleich sind die Bürger, weil sie Produktionsmittel (also im weitesten Sinn: Vermögen) entweder als Kapitalisten besitzen oder als Proletarier nicht besitzen. Doppelt frei sind sie, weil sie einerseits vertragsfrei sind und andererseits als Kapitalisten im Zweifelsfall frei von Arbeit, als Proletarier frei von Produktionsmitteln und damit im Zwang, ihre Ware Arbeitskraft zu verkaufen. Die gesellschaftliche Brutalität ist einerseits eine Konsequenz, andererseits eine notwendige Bedingung des Klassencharakters, weil die Unterwerfenden die Unterworfenen immer wieder an den Zwang der Verhältnisse erinnern müssen. Wo die Verlaufsform dieser Brutalität der Arbeitsprozess ist, spricht Marx von Ausbeutung:„Zunächst ist das treibende Motiv und der bestimmende Zweck des kapitalistischen Produktionsprozesses möglichst große Selbstverwertung des Kapitals, d.h. möglichst große Produktion von Mehrwert, also möglichst große Ausbeutung der Arbeitskraft durch den Kapitalisten.“ (MEW23, S. 350)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Der Mehrwert ist auf der gesellschaftlichen Oberfläche stets der Schein eines tüchtigen Unternehmers: „In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.“ (MEW 23, S. 169)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">In Wirklichkeit aber ist der Mehrwert die Leistung der Arbeitenden, die über den Preis ihrer Ware Arbeitskraft hinausgeht: „Der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft ist zugleich der Produktionsprozeß von Ware und von Mehrwert.“ (MEW23, S. 189)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Denn die Ware Arbeitskraft hat den spezifischen Gebrauchswert, mehr Wert zu setzen als zu ihrem Einkauf vonnöten ist: „Was aber entschied, war der spezifische Gebrauchswert dieser Ware, Quelle von Wert zu sein und von mehr Wert, als sie selbst hat. Dies ist der spezifische Dienst, den der Kapitalist von ihr erwartet.“ (MEW23, S. 208)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Unabhängig von allen Problemen, die vielleicht an Marxens Kritik der politischen Ökonomie hängen: Hat man dies auch nur ein einziges Mal klar verstanden, kann man nie mehr glauben, dass Vermögen irgendetwas mit persönlicher Leistungsfähigkeit zu tun hat. Vermögen ist vor allem immer eins: Ein gesellschaftliches Privileg, das darin besteht, mehr gesellschaftliche Gestaltungsmacht als andere zu haben, und das daraus resultiert, dass die Gesellschaft meistens durch den Zwang der Verhältnisse, gelegentlich auch aus anerkennendem Wohlwollen ihre gesellschaftliche Gestaltungsmacht von den Vielen in die Hände der Wenigen spielt.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Und genau das macht den Charme der bGE-Idee aus: Ein bGE wäre die Entscheidung der Gesellschaft, diesen Prozess wenigstens tendenziell umzukehren, wenigstens tendenziell sich dafür zu entscheiden, die gesellschaftliche Gestaltungsmacht von den unnötig und häufig aus verbrecherischen Gründen privilegierten Eliten wieder dahin zu verschieben, woher sie resultiert: zu den vielen Einzelnen, von denen mindestens im globalen Maßstab die meisten arm, wenn nicht extrem arm sind.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Auch bei dem anderen Beispiel, der ehrenamtlichen Moderation, reagierst du schulterzuckend: Wer ehrenamtlich tätig ist, hat wohl da so seinen Jux dran. Das mag im Einzelfall stimmen, übersieht aber drastisch den historischen Entstehungsprozess vieler ehrenamtlicher Tätigkeiten: Sie wollten unmittelbare Not lindern (vgl. bspw. „Selbsthilfe der Arbeiterschaft“ in http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterwohlfahrt#Geschichte ). Klar, wer selber in unmittelbarer Not steckt, kann sich karitative Bemühungen nicht leisten. Das ändert aber nichts daran, dass karitative Ehrenamtlichkeit häufig nicht bloß aus Luschtigkeit heraus motiviert ist, sondern aus einem ethischen Empfinden, das durchaus etwas mit Pflichtgefühlen und Schuldigkeit zu tun hat. Letztlich ist das aber auch eh wurscht für's Argument: Denn auch Leistung aus Lustigkeit ist Leistung, die nicht unbedingt mit Einkünften einhergehen muss.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Dein Beispiel, das Essen, das du dir kochst, sei ja schließlich auch dein Konsum und insofern keine gesellschaftliche Leistung, ist übrigens keineswegs so trivial wie du denkst. Ich habe hier im Verteiler schon einmal darauf hingewiesen, dass es innerhalb des feministischen Postmarxismus die m. E. hochplausible Idee der Wert-Abspaltung gibt (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wertkritik#Positionen ). Die Reproduktionstätigkeiten der Proletarier wurden und werden zumeist weiblich ausgelagert und als Leistung nicht wertmäßig gewürdigt.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Man muss nicht immer auf die Börsenmakler kloppen. Auch Google- oder Apple-Aktionäre oder meinetwegen auch Top-Arbeitnehmer dürften in den letzten Jahren Einkünfte erzielt haben, die mit einem Leistungsbegriff sehr schwer einzufangen sind. Bleiben wir bei den Börsenmaklern, so verdienen die Top-Leute im Jahr Milliardensummen (vgl. http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/tid-5500/boersenhaendler_aid_53208.html ). Ihre Leistung soll also locker 100.000 mal so hoch sein wie die von einer Putzkraft mit einem Jahressalär von 12,5 Tausendern? Wenn du das tatsächlich meinen solltest, lieb namenlos, dann scheinst du komplett verdrängt zu haben, dass jede individuelle Leistung im System immer nur eine Leistung innerhalb des Systems ist. Diejenigen, die im System besonders hohe Einkünfte zu generieren in der Lage sind, besetzen einfach bloß irgendwelche Schlüsselpositionen, die ihnen das ermöglichen. Ohne die systemische Leistung, also letztlich die aller, wären sie auch bloß arme Kirchenmäuse, die mit Wasser kochen müssten. Das führt darauf, dass die Einkünfte nie individuelle Leistungen messen, sondern wenn überhaupt gesellschaftliche Leistungen, die auf verschiedene Individuen in verschiedenen Gewichtungen aufgeteilt werden. Diese Gewichtungen sind nicht neutral gegenüber dem Leistungsbegriff, sondern haben etwas mit Macht zu tun. Das einfach wegignorieren zu wollen, ändert das auch nicht. Wie gesagt: Es bleibt eine Fiktion, dass es irgendein direktes Verhältnis zwischen Einkünften und Leistung gäbe. Gibt’s nicht. Gab's auch niemals in den bürgerlichen Gesellschaften. Vielleicht sogar noch nie nirgends.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Diese ganze Argumentation beruht darauf, den Leistungsbegriff überhaupt mit zielgerichteter menschlicher Tätigkeit in einen Zusammenhang setzen zu können. Das mag eine Facette des Leistungsbegriffs sein, kaum aber seine gesamte Bedeutungsvielfalt. Gehen wir mal in einen sprachwissenschaftlichen Ausflug dazu:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Nach http://www.duden.de/rechtschreibung/Leistung ist Leistung:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">1. das Leisten</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">2. a. etwas Geleistetes; geleistete körperliche, geistige Arbeit; unternommene Anstrengung und das erzielte Ergebnis</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Beispiele:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">eine hervorragende, gute, schlechte, mangelhafte, schwache Leistung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">eine große sportliche, technische Leistung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die Leistungen des Schülers lassen nach</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">eine ansprechende Leistung als Verteidiger liefern</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">gute Leistungen vollbringen, bieten, aufweisen können, erzielen</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die Mannschaft hat eine reife, geschlossene Leistung gezeigt</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">(umgangssprachlich) Leistung bringen (etwas leisten)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die Leistungen steigern, erhöhen</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">das beeinträchtigte ihre Leistung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">(umgangssprachlich) reife Leistung! (großartig!)</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">2. b. durch eine Tätigkeit, ein Funktionieren [normalerweise] Geleistetes</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Beispiele:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die Leistung eines Mikroskops, des menschlichen Auges, des Herzens, des Gedächtnisses, des Gehirns</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die Leistung (den Ausstoß, die Produktion) einer Maschine steigern, verbessern</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">2. c. Verhältnis aus der (bei einem physikalischen Vorgang) verrichteten Arbeit zu der benötigten Zeitspanne; Fähigkeit, in der Zeiteinheit eine bestimmte Arbeit zu verrichten</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Beispiel:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">der Motor hat eine Leistung von 100 PS, von 85 kW</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">3. a. (im Rahmen einer [finanziellen] Verpflichtung) Geleistetes, Gewährtes, besonders geleisteter, gezahlter Betrag</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Beispiele:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">die sozialen Leistungen der Firma, der Krankenkasse</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Leistungen beziehen</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">3. b. Dienstleistung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm"> </p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Erst die Punkte unter 3. weisen in deine Interpretationsrichtung. Die in 1. und 2. sind diffiziler: Ehrenamtliche Leistung ist eben auch eine. Geleistet werden kann sogar etwas, das völlig ziellos ist, etwa Gesellschaft in schwerer Stunde. Wenn ich Pius' Vorschlag in Richtung Lenkungsabgabe richtig verstehe, geht er in die Richtung, den Leistungsbegriff der Ökonomie irgendwie in der physikalischen Definition à la 2c. zu erden. Fände ich nicht unvernünftig, aber auch erstmal ziemlich schwer denkbar.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Nach http://wortschatz.uni-leipzig.de gibt’s folgende Synonym-Felder zu Leistung:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Synonyme: Arbeit, Arbeitskraft, Aufwendung, Erfolg, Ergebnis, Großtat, Kraft, Kunststück, Leistungsfähigkeit, Leistungspotential, Leistungsvermögen, Meisterwerk, Meriten, Potential, Produkt, Schöpfung, Tat, Verdienst, Werk, Zahlung</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">vergleiche: Arbeit, Dienst, Effekt, Ertrag, Funktion, Tat</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">ist Synonym von: Absolvierung, Bedienung, Betätigung, Funktion, Gebühr, Leistungsfähigkeit, Meriten, Spannkraft, Stärke, Tat, Verdienst, Werk</p>

<p style="margin-bottom: 0cm"> </p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Naja, ich will das gerade nicht in allen Details diskutieren. Klar dürfte aber sein, dass der Leistungsbegriff weitaus vielschichtiger ist als der der Einkünfte (und umgekehrt). Will man also die Behauptung setzen, dass Einkommen = Leistung, dann erschleicht man sich mindestens eine ganze Reihe von Wortbedeutungen des Leistungsbegriffs, die mit Einkommen schlichtweg überhaupt nichts zu tun haben.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Das ist m. E. auch für das Staatsbürgersteuer-Modell von immenser Bedeutung. Nehmen wir mal an, ich gehe da komplett mit und finde das wirklich ein vernünftiges Steuermodell (wozu ich gerade neige, was ich aber noch nicht gänzlich beurteilen kann, weil ich noch mitten im Text stecke), dann hätten wir damit zwar ein vernünftiges Steuermodell, aber noch immer eine unvernünftige Steuerbasis. Die Steuerbasis sind die Einkünfte. Diese sind aber in sich nicht vernünftig. Ergo: Selbst ein vernünftiges Steuermodell bleibt unvernünftig – solange die Basis der Steuer unvernünftig bleibt.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich sehe unterdessen durchaus, dass es löbliche Tendenzen zur Umverteilung im Staatsbürgersteuer-Modell gibt. Das ändert aber nichts daran, dass prima vista der gesamte Wirtschaftsprozess von krasser Unvernunft geprägt ist und auch mit einem solchen Steuermodell aller Wahrscheinlichkeit nach bleiben wird. Das wirft bei mir erstmal die Fragen auf: Welche Regulierungsfunktionen der Gesamtwirtschaft ermöglicht dieses Steuermodell eigentlich? Konkret: Wie können wir im großen Stil einen ökologischen Umbau über Steuerpolitik generieren? Dass wir das müssen, scheint mir unabweislich. Also müssen wir uns auch überlegen, wie wir das hinbekommen können. Ich bin noch nicht so weit im Text, dass mir das klar geworden ist. Wie können wir etwa ökologisch belastenden Luxuskonsum in diesem Modell systematisch steuerbestrafen?</p>

<p style="margin-bottom: 0cm"><br/>
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<p style="margin-bottom: 0cm">----2. Konsens und die Lemming-Logik des Leistungsfetischismus----</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Du, lieb namenlos, schriebst:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">„Vergessen wir nicht, dass auch die Finanziers des Bürgergelds zustimmen müssen, damit ein Konsens zustande kommt. Ich halte gar nichts von einem Modell. bei dem eine Fraktion versucht, die andere auszubeuten. Die werden sich nämlich nicht ausbeuten lassen und im Zweifel abhauen oder ihre Leistung so runter fahren, dass am Ende nichts mehr für die Umverteilung übrig bleibt. Das gilt auch umgekehrt: der Versuch einer völligen Ausbeutung führt zu einem Streik oder Aufstand der Auzubeutenden, der auch das Vermögen der Ausbeuter reduziert. Am Ende verlieren immer beide.“</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Und ähnlich mehr dies:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">„Bei einem Steuersatz von 100% wird keiner mehr etwas tun, was Mühe macht, denn für die Mühe wird er nicht entscheidigt. Macht er es trotzdem ihn bleibt nix mehr übrig - er schafft nur noch für den Staat. Die Lust daran wird ihm schnell vergehen. Die Idealisten, die trotzdem weiter arbeiten, werden bald aussterben. Das Steueraufkommen ist dann schlicht null. Davon kann man nicht einmal mehr die Beamten oder den Staat bezahlen, geschweige denn ein BGE.“</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich hatte hier im Verteiler schonmal darauf hingewiesen, dass ich während meiner Zeit als individueller Assistent von Schwerstbehinderten klar bekommen habe, dass es ethisch gänzlich unmöglich war zu streiken. Bei Krankenhäusern mag das noch angehen, insofern diese großen Betriebe zumindest einen Teil ihrer Routinetätigkeiten einstellen können. Wo's aber lebensbedrohlich wird, geht Streik nicht. Selbst wenn Streik tatsächlich ein Gleichgewicht der Kräfte herzustellen fähig wäre (was m. E. nicht der Fall ist, sonst hätte irgendein Streik das Kapital nämlich irgendwann längst mal aus der Geschichte herausgewischt), lässt sich nicht ignorieren, dass bestimmte gesellschaftliche Sphären nicht streikfähig sind. Das noch eher so als Ergänzung zum Leistungsthema oben.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Demokratietheoretisch bin ich nicht der Meinung, dass die Finanziers der Bürgergelds konsensual einer Kulturrevolution Richtung bGE und meinetwegen Staatsbürgersteuer zustimmen müssen. Ich hatte das vor ein paar Wochen mal klar gezogen: Quantitativ sind die Hochverdiener in der Gesellschaft drastisch in der Minderheit. Die kann man locker überstimmen. Du malst das Schreckgespenst der massenhaften Flucht von sogenannten Leistungsträgern aus dem Land an die Wand. Würde man nicht andere Gesellschaften mit denen dann belasten, fände ich das ehrlich gesagt eine einzige Erleichterung. Denn nicht die Elite ist wichtig, sondern die Produktionskapazitäten und wie man sie nutzt. Die Produktionskapazitäten massenhaft abzubauen und ins Ausland zu verfrachten, wäre ein ziemlich umständliches und langwieriges Verfahren. Das muss man nicht fürchten, könnte man im Zweifelsfall auch politisch unterbinden. Und wenn die Leute abhauen, die meinen, sie hätten ein gottgegebenes Recht darauf, mehr als die anderen zu haben, wichtiger als die anderen zu sein, besser, toller, reicher, sexyer, einfach geiler, tja, wie gesagt: Würde man mit denen nicht andere Gesellschaften bei ihrer Flucht belasten, hätte ich damit nun wirklich überhaupt kein Problem. Ich halte das allerdings für ein weitgehend fiktives Problem, das rein ideologisch seit Jahrzehnten aufgebaut und scharf gemacht wurde. Erstens gibt es auch heute eine Abwanderung von hoch ausgebildeten Kräften, zweitens sind die überhaupt nicht so wichtig wie sie selber immer alle, einschließlich sich selbst, glauben machen wollen. Und drittens ist überhaupt nicht einzusehen, warum nicht auch die hoch ausgebildeten und die unternehmerisch aktiven Leuten viel zufriedener in einer Gesellschaft sein würden, die allgemein gerechter, freundlicher und fairer wäre.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Wirklich abstrus finde ich diese Lemming-Vorstellung der massenhaften Leistungsverweigerung bei egalitären gesellschaftlichen Verhältnissen. Wo kommt die bloß her? Ich würde mutmaßen, dass das ein Kampf-Ideologem aus Zeiten der Systemauseinandersetzung ist, oder? So etwas wie eine übersteigerte Wahnphantasie, entwickelt aus der Vorstellung, die realsozialistischen Staaten seien irgendwie unproduktiver als der kapitalistische Westen gewesen. Die orthodoxen Marxisten weisen in dem Zusammenhang schlicht darauf hin, dass die sozialistische Revolution nirgends in der industrialisierten Welt gelang, sondern bloß in der Peripherie des Weltmarkts. Angesichts der infrastrukturellen Rückschrittlichkeit der Weltregionen, die realsozialistisch übernommen worden sind, ist es im Gegenteil viel eher ein Beleg für die Produktivität des Realsozialismus, dass er trotz kalten Kriegs dennoch immerhin 70 Jahre existierte. Ich bin kein Freund der Realsozialismen, auch wenn ich den Versuch verständlich finde. Ich würde mit der Staatsbürgersteuer-Favorisierung eines dritten Wegs, einer sozialen Marktwirtschaft mitgehen. Marx' Verein freier Menschen wird nicht durch staatsmonopolistische Hierarchien gedeihen können. Wenn die Realsozialismen etwas gelehrt haben, dann wohl das. Die ganze Klassenkampf- und Klassenfeind-Scheiße wird ja aber vom Kapitalismus den progressiven Kräften aufgenötigt, ist nicht etwa umgekehrt eine Aggression der progressiven Kräfte, sondern Reaktion auf eine ursprünglichere Aggression des Kapitals. Die bGE-Idee ist m. E. der beste Kandidat, um einen dritten Weg zu versuchen. Etwas, das fähig ist, das Kapital als gesellschaftliches Verhältnis zu transzendieren – ohne dafür einen Kampfbund der Unterworfenen aufbauen zu müssen. In Europa dürfte sich so ein Kampfbund ohnehin nicht mehr aufbauen lassen. Dafür sind die progressiven Kräfte viel zu antiautoritär formiert und schwach. Mag allerdings sein, dass das bald anders aussieht, wenn das Kapital weiterhin auf alle historisch erkämpften Errungenschaften von Klassenkompromiss und sozialem Frieden nicht nur in der Welt, sondern auch in den westlichen Zentren scheißt. Je mehr man gereizt wird, desto gereizter reagiert man halt. Faktisch sieht's ja aber eher danach aus, dass Europa in der Krise eher in den diversen nationalistischen und faschistischen Strömungen unterzugehen droht.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Auch wenn ich nach allen Erfahrungen mit Ex-DDRlern sehr klar der Meinung bin, dass zumindest in der DDR weniger soziale Kälte und daher wohl auch tendenziell weniger Druck existierte, waren die Realsozialismen ja nun alles andere als druckfreie Gesellschaften. Es gab Fünfjahrespläne, gesellschaftliche Hierarchien, Sanktionsmaschinerien. In der ideologischen Verlängerung scheint die Lemming-Vorstellung also etwa folgende zu sein: Wenn man eine Gesellschaft ohne allen Druck konstruieren würde, beispielsweise durch eine vollständige Egalisierung der Einkünfte, dann würde niemand mehr irgendeinen Finger rühren, sondern wir alle bloß nur noch auf dem Sofa lungern und Eier bzw. Schamlippen schaukeln. Das ist eine steile These, die im bGE-Kontext agitationstaktisch von immenser Bedeutung ist. Auch gegenüber einem geringen bGE gibt es ja bereits die Vorstellung, dass niemand mehr Bock aufs Arbeiten hätte. bGE-VerfechterInnen verweisen darauf, dass Umfragen ergeben, dass drei Viertel der Leute meinen, dass alle anderen ihre Tätigkeiten einstellen würden, sie selbst hingegen nicht. Die gesellschaftliche Schizophrenie, die alle anderen für schlechter als sich selbst hält. Die sozialpsychologische Arbeitslosenforschung hat immer und immer und immer wieder nur das eine Ergebnis zutage gefördert: Wer nichts Sinniges zu tun hat, verkommt in Sinnlosigkeit. Die Leute wollen sich engagieren, einbringen, Teil des Sozialen sein. Das wollen sie so oder so. Die Vorstellung, dass wir wie Lemminge alle in die vollständige Inaktivität gehen würden, wenn es beispielsweise komplett egalitäre Einkommensverteilung gäbe, ist schon deshalb nicht haltbar. Selbstverständlich aber auch nicht, weil wir dann ja mittelfristig verhungern würden und es daher irrational wäre, so zu handeln. Umgekehrt wird viel eher ein Schuh draus: Je mehr ich für die Gesamtgesellschaft leiste, desto mehr werden alle haben.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Das ist ja alles fiktiv. Als würde sich die Gesellschaft auf so etwas einlassen wollen wie absolute Nivellierung aller Einkünfte. Aber wenn sie es täte, würde ich folgende Konsequenzen vermuten: Sowohl der Arbeitsumfang, die Arbeitsproduktivität als auch die Disziplin während des Arbeitens würden sinken. Dafür würden im gesellschaftlichen Schnitt vermutlich mehr Leute tätig werden und zudem ein Haufen vollkommen irrsinniger Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden. Zudem sind wir auf einem Produktivitätsniveau, das gen Vollautomation geht. Ist ja fast schon gar nicht mehr so wirklich wichtig, wie produktiv die Leute sind. Wieviel Arbeit wird schon heute eher simuliert als geleistet? In der Summe würde es vermutlich einen sehr dezenten Rückgang des gesamtgesellschaftlichen Leistungsoutputs geben, mit dem aber alle vermutlich gut und heiter leben könnten.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich finde den Anreizgedanken nicht völlig falsch. Wenn ich mit Rio Reiser König von Deutschland wäre, würde ich per Dekret glaube ich bestimmen, dass die Steuer- und bGE-Politik so zu gestalten ist, dass es etwa einen fünf- bis zehnprozentigen Abweichungskorridor für die Einkünfte gibt. Das scheint mir zu reichen, um bestimmte Aktivitäten anzureizen. Mehr als 10 Prozent mehr als irgendjemand anders muss echt niemand haben. Und wer das gerne will, würde sich halt anstrengen, in die Sphären zu gelangen, wo dieses bisschen Mehr zu erzielen ist.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich bin ja darauf gestoßen, dass ein bGE ergänzt werden sollte durch ein bWE, ein bedingungsloses Wirtschaftseinkommen, also durch Gelder, die zweckgebunden für wohlfahrtswirtschaftliches Handeln an jedes Gesellschaftsmitglied ausgeschüttet werden. Ich sehe einerseits nicht, wie wir ansonsten einen Übergang von einer fordistisch geprägten Wert-Synthesis hin zu einer sozialen und kulturellen Wohlfahrtsökonomie hinbekommen sollen. Andererseits glaube ich nicht, dass man die Organisationen der Arbeiterklasse mit ins Boot ziehen kann, wenn man nicht über ein bWE die Integration der Massen in den Wirtschaftsprozess gewährleistet. Daher wäre unmittelbar erstmal meine Frage an das Staatsbürgersteuer-Modell: Gibt's eine leichte Design-Möglichkeit dieses Modells, ein bWE zu etablieren?</p>

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<p style="margin-bottom: 0cm">----3. Ende der Geschichte----</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Du, lieb namenlos, schriebst:</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">„Auch zeigt die historische Erfahrung, dass die Verelendung der Massen nicht eingetreten ist und dass bösen Kapitalisten erfolgreicher wirtschaften, innovativer sind und dass der Marktmechanismus erfolgreicher ist, als jede Alternative.“</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Das ist gleich wodurch belegt? Durch die bis an die Zähne hightech-bewaffneten Soldaten des Westens? Durch die in Jahrhunderten des Kolonialismus, Imperialismus und der Sklaverei angehäuften Schätze im Westen? Durch den Patentschutz geistigen Produktiveigentums im Zeitalter des Internets? Wie gesagt: Auch die Realsozialismen haben drastische Produktivkraftsteigerungen bewirkt, gemessen an der Rückständigkeit der betroffenen Gebiete vermutlich sogar drastischere als der kapitalistische Westen. Die Verelendung der Massen ist immer so eine relative Geschichte. Erstens: Doch, die Massen sind verelendet. Global betrachtet stimmt das in einem absoluten Sinn. Auf die westlichen Metropolen bezogen, stimmt das in einem relativen Sinn: Die Verelendung ist weniger eine materielle als eine sozialpsychologische. Zweitens: Was du, lieb namenlos, hier dem Marktmechanismus zubilligen willst, ist im Kern eigentlich eine Wirkung der Verwissenschaftlichung der Produktion: Produktivitätssteigerung und damit Hebung des allgemeinen Lebensstandards. Die gab's auch in den Realsozialismen und haben mit dem Markt eher weniger zu tun.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Ich dachte ja eigentlich, dass die Geschichte von Fukuyamas wirrer These vom Ende der Geschichte spätestens im September 2001 an dem Tag zu Ende ging, als NY verwundet wurde, und durch das, was mit dem anschließenden war on terror folgte. Wie der Westen mit dem Islam perspektivisch verfahren wird, finde ich für mich nicht beurteilbar. Ist ja aber nun nicht so, dass es nicht etwa mit Cuba und Nordkorea gar keine Realsozialismen mehr gäbe. Wenn ich das richtig verstehe, emanzipiert sich der südamerikanische Hinterhof der imperialen Weltmacht zunehmend in Richtung eines linken Sozialdemokratismus, der in Europa so kaum noch vorstellbar ist. Wichtiger aber wird wohl Asien sein. Ich glaube es zwar nicht so recht, hoffe es aber, dass der Westen nicht die Eier haben wird, einen ww3 zu riskieren, um den absehbaren Aufstieg Asiens doch noch irgendwie zu verhindern. Wenn das Reich der Mitte erst wieder seinem Namen gerecht werden und auf allen Ebenen die potenteste Weltmacht geworden sein wird, dürfte die Frage erst entschieden werden, ob die chinesische KP mehr auf Kapitalismus oder doch mehr auf Sozialismus setzt. Schaut man sich die chinesischen Positionen zu Menschenrechten an, erscheinen die ziemlich vernünftig: „Entsprechend den UNO-Richtlinien lehnt die Volksrepublik China eine Rangfolge von Menschenrechten gestützt auf die euro-amerikanische Vorstellung eines so genannten harten Kerns von Menschenrechten ab. Nach chinesischen wie von UNO Vorstellungen sind die Rechte auf Entwicklung, Nahrung und Arbeit genauso als vollgültige Menschenrechte zu werten wie z. B. der Schutz vor Folter. China leitet daraus die Vorstellung ab, dass ein wirtschaftlich weit entwickelter Staat, der ausreichende Wirtschaftshilfe an wirtschaftlich unterentwickelte Staaten verweigert und damit das Völker-Menschenrecht auf Entwicklung und Solidarität missachtet, seinerseits unmöglich die Beachtung der politischen Menschenrechte durch einen wirtschaftlich unterentwickelten Staaten einfordern kann.“ (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte_in_der_Volksrepublik_China#Menschenrechte_aus_chinesischer_Sicht )</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Wir sollten uns, wenn schon nicht aus kosmopolitisch humanistischen, dann wenigstens aus egoistischen Gründen überlegen, wie der absehbare Niedergang der Bedeutung des Westens auf dem Globus auf uns zurückzuschlagen fähig ist. Wie lange wird das wohl noch dauern? Wohl kein halbes Jahrhundert mehr, oder? Insofern wir die Politik unserer Eliten decken und tragen, könnte das die zukünftigen Mächte der Menschheit ziemlich schlecht auf uns zu sprechen machen. Wenn wir nicht jetzt so langsam mal anfangen, uns nicht länger auf unseren neokolonialen Strukturen auszuruhen, sondern mal ganz im Ernst etwa mit meiner bGE 0.2-Idee damit beginnen, der Welt eine versöhnliche Hand zu reichen, dürften wohl spätestens unsere Kinder die Menschen zweiter Klasse werden, als die wir in unseren Überheblichkeiten den Großteil der verarmten Welt heute betrachten mögen. Allein die gut 20.000 Schengen-Toten seit der Jahrtausendwende (vgl. http://www.infosperber.ch/FreiheitRecht/Schengen-Grenze-Migranten-Tote-Todesopfer-NZZ ) lassen nicht nur jeden politischen Funktionär, der über die paar hundert innerdeutschen Mauertoten zur Diskreditierung der LINKEN schwadroniert, als den chauvinistischen Heuchler erscheinen, der er offenbar ist, sondern werfen auch ein grelles Licht auf die Heuchelei des westlichen Menschenrechts-Humanismus.</p>

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<p style="margin-bottom: 0cm">Naja, bis zur Entdeckung Australiens glaubten die Europäer, es gäbe bloß weiße Schwäne. Die schwarzen gab's nur in down under. Nur weil uns gerade nicht gänzlich klar ist, wie sich die Menschheit positiv weiterentwickeln könnte, heißt das nicht, dass wir uns in alte ideologische Grabenkämpfe verbuddeln müssen. Die bGE-Idee hat m. E. tatsächlich das Zeug dazu, den Konflikt zwischen Ego und Polis auf eine ganz neue Weise zu lösen, die mit dem zweiten Jahrtausend einfach nicht mehr viel gemein hat. Ein schwarzer Schwan sozusagen.</p>

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<p style="margin-bottom: 0cm">Solange ich auf den alljährlichen Erdbesuch des Christkindls warte, meditiere ich ja gerne darüber, was sich down to earth eigentlich im Kern so tut. Nicht erst der Ukraine-Konflikt muss einem mal wieder klar machen, was für uns Westler wirklich zählt: Rohstoffzugang. Politökonomisch sind wir in einer irrwitzigen Situation: Dem Fordismus geht die Arbeit aus, die Automatisierung verarbeitet die Rohstoffe zunehmend wie von selbst. Das heißt, dass wir binnenökonomisch vor der Frage stehen, wie wir vom Fordismus ohne allzu krasse Krisen loskommen können. Hinein in eine soziale, kulturelle und ökologische Wohlfahrtsökonomie. Außenökonomisch aber basiert dieser gesamte Fordismus auf Jahrhunderten des (Neo-)Kolonialismus, dessen Ende mit dem Aufstieg Asiens naht. Kurzes Gegoogle stieß mich auf diesen Text, den ich trotz seiner Länge wirklich lesenswert finde: http://www.imi-online.de/download/2014_01_renz_web.pdf</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Er zieht viele Dinge klar, über die im Mainstream ein ideologischer Kitsch-Schleier liegt. Er zieht insbesondere klar, wie sehr die gesamte Ökonomie des Westens auf dem homo humini lupus basiert. Wir mögen uns noch so sehr als aufgeklärte Humanisten fühlen. In Wahrheit sind wir pulsierendes Blut im Herzen einer reißenden Bestie, die nicht einmal für uns kuschelig oder behaglich ist. Es wird echt Zeit, ihr die Zähne zu ziehen.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Interessant fand ich an dem Text z. B. auch, dass er mein Statement gegenüber Peter revidiert. Betrachtet man's nüchtern, sind wohl weder 10 noch 50 Prozent der menschlichen Energien im globalen Maßstab durch Angst gebunden, sondern ein n, das sehr steil gegen 100 % geht. Denn global verhindern wir systematisch das Wohlergehen von Milliarden von Menschen. Würden wir das nicht tun, wäre die Produktivität der Menschheit vermutlich so viel höher als heute, dass wir bei strengem Blick eigentlich nur Angst sind mit kleinen Einsprengseln von Licht, Liebe und Lust. Down to earth sehen die Dinge so erbärmlich aus, dass die spekulativen Höhenflüge von bGE-Verfechtern in Richtung love, peace and harmony nicht einmal ein Fünkchen dessen erahnen, wozu ein globaler Verein freier Menschen wirklich in Liebe und Glückseligkeit fähig wäre.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">In Bezug auf das Staatsbürgersteuer-Modell ruft das für mich die Frage auf: Wie lassen sich in dem Modell denn eigentlich die Import-Export-Beziehungen gestalten? Ließe sich beispielsweise die Idee einer sozialen Zollgrenze aus dem Dilthey-Modell leicht implementieren?</p>

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<p style="margin-bottom: 0cm">Naja, sind nur einerseits so Klarstellungen, die ich wichtig fand, andererseits Fragen, die ich hoffentlich auch einfach durch weitere Lektüre des Staatsbürgersteuer-Modells selbst geklärt bekomme. Dass es Potential hat, scheint mir unterdessen auf jeden Fall für mich offensichtlich.</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Liebe Grüße,</p>

<p style="margin-bottom: 0cm">Bert<br/>
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