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<p style="margin-bottom: 0cm">Lieber Peter,</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">ich überlege selbst immer wieder, ob
meine Beiträge hier (speziell die, welche von Bert Grashoffs
Äußerungen angeregt wurden) an der richtigen Stelle sind. Für mich
ist es keine Frage, daß da ein Zusammenhang zum BGE existiert,
aber
andere mögen diesen Verwicklungen vielleicht nicht folgen. Wenn
sich
tatsächlich eine Mehrheit der Listen-Teilnehmer in dem Sinne
aussprechen würde, daß sie solche "Abschweifungen" hier
nicht haben wollten, würde ich meinen Austausch mit Bert auf
andere
Weise führen. Solange es aber ein solches Votum nicht gibt,
empfehle
ich Dir, meine Beiträge einfach nicht zu lesen, wenn Du ihnen
nichts
abgewinnen kannst.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Ich versuche die Debatte auf dieser
Liste möglichst vollständig zu verfolgen und aus einigen Deiner
Äußerungen der letzten Tage lese ich eine Ungeduld über die
gesellschaftlichen Entwicklungen heraus, die ich sehr gut
verstehen
kann und auch teile. Ich habe für mich die Einführung eines
bedingungslosen Grundeinkommens schon 2006 oder 2007 beschlossen,
als
ich mit diesen Gedanken erstmals in Kontakt gekommen war. Nur
leider
bringt es eben nichts, wenn ich das beschließe, praktisch wird es
nur, wenn eine Mehrheit (eines jeweiligen Volkes oder der
Menschheit)
das beschließt. Und ich sehe auch keinen Sinn darin, die Forderung
nach einem BGE ziellos herauszuplärren. Ganz besonders hier, in
diesem Rahmen halte ich das für völlig unnütz, weil ich davon
ausgehe, daß die Mehrheit der Listenteilnehmer ja ohnehin schon
dafür ist.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Die schöne Parole "Wir sind das
Volk" sollte man auch nicht leichtfertig verschleißen. Ich
konnte letztens in Berlin eine Demo beobachten, zu der bundesweit
aufgerufen worden war; es fanden sich zirka 200 Leute vor dem
Reichstag zusammen und gelegentlich fing ein Teil davon an zu
rufen:
"Wir sind das Volk". Mir erschien das wie eine schlechte
Karikatur. Natürlich sind diese par hundert Leute auch das Volk,
aber alle, die sich sonst in der Gegend rumtrieben, sind es auch,
und
das waren mehr als die Demonstranten. Und die immer gern
beschworenen
Asozialen und Arbeitsscheuen und die vielen angeblich an Politik
nicht interessierten Menschen und die Arbeitssüchtigen und die
Politiker und Bürokraten und und und. Sie sind doch auch alle "das
Volk". Was kann also diese Parole noch bedeuten, wenn sich das
Volk in eine verwirrte und orientierungslose Masse verwandelt hat.
Als 1989 von allen professionellen Politikern unerwartet plötzlich
tausende und gar hunderttausende Menschen auf den Straßen
zusammenkamen und dieselbe Parole riefen, da war es keine Frage,
daß
das tatsächlich das Volk war, was da rief. Leider war diese
Energie
aber ebenso schnell wieder verpufft und das Ergebnis, welches
schließlich zustande kam, hatte mit dem, was den wirklich
politisch
aktiven Bürgern vorschwebte, nicht mehr viel gemein. Oder anders
gesagt, die Einigkeit des Volks ging ganz schnell in die Brüche,
als
es nicht mehr nur darum ging, was nicht mehr sein sollte.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Wenn es um die Einführung des
bedingungslosen Grundeinkommens heute geht, hilft es nichts, sich
darauf zu berufen, daß wir (die Befürworter) auch das Volk sind,
denn wir sind leider noch immer in der Minderheit. Mit diesem
Zustand
bin ich ebenso unzufrieden wie Du, ich glaube aber nicht daran,
daß
ein bloßes ständiges wiederholen unserer Forderung irgendwas
bewegen könnte. Mich bewegen deshalb Fragen nach den Ursachen für
den bisher zu geringen Erfolg der Grundeinkommensbewegung. Und
wenn
auch meine Beiträge hier Dir etwas abgehoben erscheinen mögen; es
geht dabei eben um die Klärung dieser Fragen. Dieser Klärung kommt
man nicht dadurch näher, daß man sich einem untertänigen Bierernst
in der Diskussion verpflichtet, deshalb freue ich mich darüber,
wenn
sich hin und wieder mal jemand eine "Abschweifung" erlaubt.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Mit einem herzlichen Gruß an alle.</p>
<p style="margin-bottom: 0cm">Jochen Tittel</p>
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