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<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Lieber
Bert,</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">das
Verständnis
und Unverständnis des ökonomischen Wertbegriffs, und
da speziell die Frage, wie hat Marx diesen Begriff definiert,
treibt
mich mittlerweile seit mehr als 15 Jahren um (im weiteren Sinne
sind
es eher 30 Jahre). In der Regel bin ich bei meinen Versuchen,
Antworten zu finden auf immer mehr und immer neue Fragen
gestoßen,
weshalb ich mich auch in laufenden Diskussionen lange
zurückgehalten
habe. Ich habe da zwar oft den Eindruck gehabt, daß viel
Falsches
oder nur halb Richtiges gesagt wurde, konnte aber nicht deutlich
genug sagen, warum. Bei jedem Ansatz, eine Erklärung zu
formulieren,
bin ich immer wieder auf Fragen gestoßen, die ich nicht wirklich
beantworten konnte. In den letzten Jahren hat es nach meinem
Eindruck
und meinen leider immer noch beschränkten Kenntnissen in der
Auseinandersetzung über die Themen Wirtschaft, Wert und Geld
aber
wesentliche Bewegungen gegeben und ich bemühe mich, meine
Ansichten
dazu in eine vor allem zunächst mir selbst verständliche Form zu
bringen. Erst dann kann man ja sinnvoll mit anderen darüber
sprechen. Im Augenblick bin ich gerade dabei, mir nochmal einen
Überblick über die Marxschen Schriften zu verschaffen und ich
hoffe, daß ich das in absehbarer Zeit bewältigen kann. Dann
werde
ich mich auch auf dieser Plattform hier ausführlicher dazu
äußern.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Was
die
Erstellung von Rechenmodellen zum BGE betrifft, so bin ich
überzeugt, daß sie für die Debatte in politischen Institutionen
notwendig sind, weil Politik heute ganz und gar der Ökonomie
hinterherläuft. Wir müssen also zeigen, daß selbst unter diesen
verdrehten Verhältnissen, die allgemein als Normalität gelten,
ein
Grundeinkommen möglich und sinnvoll ist. Darüberhinaus haben
diese
Modelle aber keine Bedeutung. Dich muß ich deshalb sicher nicht
beknien, aber es gibt auch innerhalb der
Grundeinkommensbefürworter
noch viele Leute, die sich für Realisten halten, bloß weil sie
die
Paradigmen der kapitalistischen Epoche für ausgemachte
Wahrheiten
halten.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Zum
Thema:
Sintflut, Erdbeben von Lissabon und Leibniz´ Theodizee:</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Welche
Vorstellung
haben wir von der, und welches Verhältnis zur Natur? Und
welches Verhältnis hat "die Natur" zu uns, der Menschheit?
</font>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Obwohl
die
meisten Katastrophen, die uns zum Nachdenken über diese Fragen
bewegen und die wir als Naturkatastrophen bezeichnen, auch
Kulturkatastrophen sind - damit meine ich, daß sie ihre Ursachen
wenigstens zu einem Teil im kulturellen Bereich haben - ist nach
heutigem Wissen nicht auszuschließen, daß durch irgendeine für
uns
unglückliche Fügung das Leben auf der Erde oder zumindest
menschliches Leben ausgelöscht werden könnte. Das könnte durch
kosmische Ereignisse, wie einen Kometeneinschlag, aber auch
durch
irdisch-geologische Prozesse, wie dem Ausbruch eines
Supervulkans
geschehen (andere Möglichkeiten liegen noch ganz außerhalb
unseres
Horizonts). Es gibt also keine Existenzgarantie. Dennoch hat
sich auf
der Erde Leben entwickelt und bisher alle Katastrophen nicht nur
überstanden, sondern sich immer höher entwickelt. Höher
bedeutet,
immer neue Komplexitätsebenen erreicht.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Das
Erdbeben,
welches 1755 Lissabon zerstörte, hat zwar das Weltbild
einiger Philosophen erschüttert und auch in der Gesellschaft
seiner
Zeit zu Diskussionen Anlaß gegeben, aber soweit ich weiß hat
damals
niemand darüber nachgedacht, daß wir Menschen unsere Art zu
siedeln
den natürlichen Bedingungen besser anpassen sollten. Das mag
damit
zusammenhängen, daß es damals noch zu wenig Kenntnisse über die
natürlichen Ursachen gab und man zuviel über göttlichen Zorn
spekulierte. Aber bis heute bauen Menschen Städte in Risikozonen
oder produzieren selbst Risikozonen mit dem Bau von
Atomkraftwerken,
Staudämmen und anderem. Der Grund ist die Abwägung von "Nutzen"
und Risiko zugunsten von Profitinteressen. Das ist es, was ich
mit
Kulturkatastrophe meine. Die Wahnvorstellung, wir seien Herren
über
die Natur, die mit der Errichtung der patriarchalen
Herrschaftsgesellschaften in die Welt gekommen ist, wird ja noch
heute von vielen für wahr gehalten. Es ist ein feiner, aber
bedeutender Unterschied, ob wir uns für die Krone der Schöpfung
oder das höchstentwickelte Produkt der Evolution halten, oder ob
wir
uns der Natur als vermeintliche Herren entgegenstellen.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Der
Umstand
etwa, daß die Wahrscheinlichkeit größerer kosmischer
Treffer in unserem Sonnensystem nach seiner Entstehung so weit
abgenommen hat, daß wir gegenwärtig mit einem Einschlag pro
einiger
zehn- oder hunderttausend Jahre rechnen müssen, also relativ
gute
Chancen haben, diesen Umstand kann man als einfach ganz
natürlich
interpretieren oder aber dahinter einen wohlmeinenden Gott bzw.
eine
Göttin vermuten. Ich bin der Meinung, mit kenntnisreichem
Realismus
tun wir am besten, wenn wir uns um ein friedliches und
harmonisches
Verhältnis zu der uns umgebenden und durchdringenden Natur
bemühen.
Dazu gehört wohl auch, sich zu überlegen, wie wir eventuellen
katastrophalen Ereignissen begegnen können. </font>
</p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Mein
Versuch
einer Antwort auf die Grundfragen unserer Existenz aus einer
Perspektive, die man vielleicht als spirituell bezeichnen
könnte:
Die AllEinheit, das Vollkommene, kann nur wirklich vollkommen
sein,
wenn es sein Gegenteil auch enthält. Das ist eigentlich nur
logisch,
wenn es auch die Logik in die Verzweiflung treiben kann. Und
Erscheinungswelt kann es nur geben, wenn es Unterscheidung gibt;
im
Ununterschiedenen erscheint nichts. In diesem Sinne ist also
auch das
Andere, welches manche für das Böse halten, Gottes Wille. Wenn
man
aber daraus den Schluß ziehen wollte, daß alles was geschieht,
also
auch alle Katastrophen, mit Notwendigkeit geschehen muß, ist man
auf
dem Holzweg. Was den Determinismus zu Fall bringt, ist die
unerklärliche Tatsache unserer Entscheidungsfreiheit. Natürlich
gibt es unendlich viele Situationen, in denen die Freiheit
unserer
Entscheidung nur eine Illusion ist, weil wir die Bedingtheiten
einfach nicht erkennen; aber das bedeutet eben nicht, daß wir
diese
Freiheit nicht hätten. Und diese Freiheit ist noch
bedingungsloser
als das bedingungslose Grundeinkommen (damit ist wieder der
Nachweis
erbracht, daß wir hier über diese Themen diskutieren dürfen).
Mit
der Inanspruchnahme dieser Freiheit kommt auch die Moral wieder
ins
Spiel, denn für diese unsere Entscheidungen sind wir
verantwortlich;
vor uns selbst in erster Linie und vielleicht noch sonst wem.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Deinen
pragmatischen
Überlegungen zur Strukturierung der Debatten-Plattform
möchte ich zustimmen. Es geschieht schon jetzt, daß auf Grund
der
Unübersichtlichkeit bisher geführter Debatten bestimmte Ansätze
immer wieder von vorn angefangen werden. Zwar kann man das nicht
grundsätzlich vermeiden, aber eine überschaubare Strukturierung
der
bisherigen Debatten könnte doch helfen, den einen oder anderen
Umweg
nicht immer wieder gehen zu müssen.</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Herzlichen
Gruß
an alle Mitleser/innen</font></p>
<p style="margin-bottom: 0cm; font-weight: normal"><font size="3">Jochen</font></p>
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