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  </head>
  <body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF">
    <div class="moz-cite-prefix">Hallo lieber Jochen,<br>
      <br>
      ich habe mich über die Bauchpinselei und auch sonst über deinen
      Beitrag gefreut. :o) Als Hartz4ler wird man ja strukturell nicht
      häufig gebauchpinselt ... und überhaupt zielt nicht sonderlich
      viel in der deutschen Kultur auf Ermutigung ab. Von daher sehr
      nett. :o)<br>
      <br>
      Da ich gerade andere Foki habe, möchte ich nur ein paar kleinere
      Anmerkungen zu deinen Ausführungen machen. <br>
      <br>
      "Für mich ist nach langem und gründlichem (?) Nachforschen klar
      geworden, daß dieses Menschenbild zusammen mit der
      Herrschaftsgesellschaft entstanden ist. In meinen Augen ist das
      eine Fehlentwicklung (ein Bruch in der vorherigen Entwicklung) der
      Menschheit, der vor ca. 7000 bis 8000 Jahren begonnen hat und
      seitdem ins Verderben führt."<br>
      <br>
      Ideologietaktisch finde ich es offenkundig, dass wir innerhalb
      eines christlichen Kulturkontextes frontal die alttestamentarische
      Erbsündenvorstellung angreifen müssen, die sich bis zur
      Paulus-Aussage im neuen Testament durchzieht: "Wer nicht
      arbeiten will, der soll auch nicht essen." (Thessalonicher 3,10)
      <title></title>
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                P { margin-bottom: 0.21cm }
        -->
        </style>Zwar halte ich das Christentum in wesentlichen und vor allem in
      seinen reaktionären Ausprägungen für kaum mehr als Heuchelei, als
      kulturgeschichtliche Tatsache aber wieder für einen so manifesten
      Fetisch, dass man solche Sachen nicht ignorieren kann, auch nicht
      mit 4. Feuerbachthese von Marx. Im Rahmen immanenter Kritik lässt
      sich m. E. zudem schlicht Nächsten- und Feindesliebe Jesu gegen
      die Herrscher- und Rachegott-Vorstellungen im Christentum
      ausspielen. Dürfte keine allzu schwierige Übung sein, aber eine,
      die aus bGE-Sicht m. E. notwendig ist.<br>
      <br>
      "Deshalb lese ich solche Äußerungen wie: "Wir wollen doch nicht
      zurück in die Steinzeit" immer mit gemischten Gefühlen."<br>
      <br>
      Och menno. Ich hatte doch schon in Auseinandersetzung mit Willi
      darauf hingewiesen, dass ich das selber als polemische Bemerkung
      kenntlich gemacht hatte. Außerdem ist eh klar, dass es kein Zurück
      zu früheren historischen Stadien geben wird. Sieht man mal von so
      Leuten wie den amish-people ab, wollen die meisten lokalen
      Autarkie-Bewegungen m. W. ja auf dem Niveau heutigen
      technologischen Verständnisses in eine Unmittelbarkeit von Natur
      und kleiner Gemeinschaft zurück. Mir ging's ohnehin um einen
      werttheoretischen Zusammenhang und nicht um's Eso-Öko-Bashing, das
      mir zwar geläufig ist, aber auch nicht so sonderlich sympathisch -
      und so wie du das zitierst, hatte ich es wirklich nicht
      geschrieben. Und klar, ich kann mir ohnehin keine hinreichende
      Vorstellung davon machen, wie steinzeitliches Leben sich so
      angefühlt hat. Liegt mir einfach zu fern.<br>
      <br>
      "Sowohl vergangene wie auch zukünftige gesellschaftliche Zustände
      sind nur Konstruktionen in unserem Bewußtsein, im Grunde hat es
      nie eine Vergangenheit gegeben und wird es nie eine Zukunft geben,
      da alles was geschieht hier und jetzt geschieht, in der Gegenwart.
      Alle Gedankenkonstruktionen über Zukünftiges und Vergangenes haben
      nur Sinn als Hilfsmittel zur Gestaltung unserer Gegenwart. (Ich
      bin versucht, noch anzufügen: in Ewigkeit amen.)
      "<br>
      <br>
      Völlig d'accord, aber zu bedenken geben möchte ich in dem
      Zusammenhang: "Der Konstellation gewahr werden, in der die Sache
      steht, heißt soviel wie diejenige entziffern, die es als
      Gewordenes in sich trägt." (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S.
      165) Gegenwart resultiert vielfältig aus Vergangenem, über dessen
      Aufklärung Gegenwärtiges wiederum bestimmt wird. Menschen sind
      geschichtliche und geschichtsbewusste Wesen ... und
      selbstverständlich auch sehr geschichtsunbewusste Wesen. Kleine
      Anekdote aus meiner Spätpubertät dazu ... Jochi: "Wir schreiben
      alle in jedem Augenblick Geschichte." Jan: "Kommt drauf an, wie
      schnell man schreiben kann." So viel widersprüchliche Wahrheit in
      so kurzer Zeit war in meinem Leben selten. :o) <br>
      <br>
      "Ich habe mich bisschen von Berts flottem Stil anstecken lassen,
      wenn diese Debatte ganz öffentlich wäre, würde ich das alles (in
      den letzten Sätzen) moderater formulieren.
      "<br>
      <br>
      Ich bin mir nicht sicher, was du mit "ganz öffentlich" meinst. Da
      aber mehr als www-öffentlich m. E. kaum geht, irrst du dich.
      Deinen Beitrag findest du hier:
<a class="moz-txt-link-freetext" href="https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/003964.html">https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/003964.html</a><br>
      Inhaltlich sehe ich aber kein Problem ... wollte dich nur drauf
      hinweisen.<br>
      <br>
      "Mit der Einführung seines Begriffs der Erwartungen hatte Keynes
      den Schlüssel zur Erkenntnis in der Hand, daß menschliches
      Wirtschaften kein mechanischer Automatismus ist, der quasi
      Naturgesetzlich abläuft. Er hat diesen Schritt nicht getan, genau
      so wie Marx aufgrund seiner materialistischen Überzeugung nicht
      von dieser Vorstellung eines gesetzmäßigen Verlaufs der Wirtschaft
      und der ganzen Geschichte loskommen konnte (und wollte). Aber
      Wirtschaft wie auch menschliche Geschichte sind von Menschen
      gemacht, also nicht naturgesetzlich;"<br>
      <br>
      In Bezug auf Marx halte ich das für falsch. Große Teile des
      Marxismus im 19. und 20. Jahrhundert haben einfach komplett die
      theoretische Sprengkraft des Fetischbegriffs ignoriert und damit
      auch die Marxschen Frühschriften. Es verhält sich bei Marx
      grundlegend ziemlich exakt so, wie ich es mit Bezug auf die 28.
      Fußnote in seinem Kapital Willi gegenüber ausführte: Die
      fetischisierten Verhältnisse sind mit der materiellen Wirklichkeit
      der Menschen verwachsen und daher von naturgesetzlichem Charakter.
      Weil sie aber als Fetisch erkannt und potentiell verändert werden
      können, sind sie auch nicht-naturgesetzlichen Charakters. Weder
      das eine noch das andere, sondern sowohl als auch. Dialektik halt.
      Die ganze Diskussion um den über Hegel tradierten Begriff zweiter
      Natur spielt da eine entscheidende Rolle. Vgl. z. B. wieder Teddy:
      "Die Hegelsche Wendung fußt auf Montesquieus Polemik gegen die
      altertümlich geschichtsfremden gängigen Staatsvertragstheorien:
      die staatsrechtlichen Institutionen wurden von keinem bewußten
      Willensakt der Subjekte geschaffen. Geist als zweite Natur jedoch
      ist die Negation des Geistes, und zwar desto gründlicher, je mehr
      sein Selbstbewußtsein gegen seine Naturwüchsigkeit sich abblendet.
      Das vollstreckt sich an Hegel. Sein Weltgeist ist die Ideologie
      der Naturgeschichte. Weltgeist heißt sie ihm kraft ihrer Gewalt.
      Herrschaft wird absolut, projiziert aufs Sein selber, das da Geist
      sei. Geschichte aber, die Explikation von etwas, das sie immer
      schon soll gewesen sein, erwirbt die Qualität des Geschichtslosen.
      Hegel schlägt sich inmitten der Geschichte auf die Seite ihres
      Unwandelbaren, der Immergleichheit, Identität des Prozesses, deren
      Totalität heil sei. So unmetaphorisch ist er der
      Geschichtsmythologie zu zeihen." (Adorno, Negative Dialektik, GS6,
      S. 350)<br>
      <br>
      Liebe Grüße,<br>
      <br>
      Bert<br>
      <br>
      Am 08.09.2014 12:40, schrieb Jochen Tittel:<br>
    </div>
    <blockquote cite="mid:%3C540D87AE.5040909@web.de%3E" type="cite">Liebe
      MitstreiterInnen
      <br>
      Ich hatte meine Antwort auf die Diskussionen zu Berts Äußerungen
      am 27.8. schonmal abgeschickt, aber wohl die falsche Adresse
      erwischt; deshalb hier nochmal der Text, ohne aufdringlich sein zu
      wollen.
      <br>
      <br>
      Lieber Bert und liebe Mitdebattierer,
      <br>
      ich gehöre mal wieder zu den - hoffentlich zahlreichen - stillen
      Mitlesern Eurer Auseinandersetzung und ich freue mich über den
      frischen Wind, den Berts Beitrag hat aufkommen lassen. Von den
      vielen Aspekten, die im Zusammenhang mit dem bedingungslosen
      Grundeinkommen innerhalb der BGE-Bewegung noch weiterer Klärung
      bedürfen, hat Bert die meisten und wichtigsten angesprochen, denke
      ich. Bevor ich auf einige dieser Aspekte eingehe will ich aber
      zunächst (wieder) etwas zur Form der Debatte sagen.
      <br>
      Wie mir scheint, ist Willi ein Heißsporn; er hat bei jeder Debatte
      Kritik und Urteile und absolute Wahrheiten bereit, mit denen er
      uns traktiert. Jedesmal ist meine Befürchtung, daß jetzt ein
      verbales Gemetzel losgehen könnte. Aber erfreulicherweise
      reagieren die Angegriffenen sehr friedlich und freundlich und das
      führt in der Regel dazu, daß auch Willi erkennt, daß dieser
      Austausch hier nur zu etwas positivem führt, wenn wir uns
      gegenseitig zunächst mal anerkennen, so wie wir hier auftreten und
      niemandem Böswilligkeit oder Dummheit unterstellen.
      <br>
      Ich denke, ich verstehe, woher Willis heftige Reaktionen kommen.
      Aus den Orten, die er als Absender angibt, schließe ich, daß er
      sich in Südamerika herumtreibt und aus seinen Äußerungen, daß er
      nicht bei der reichen Oberschicht zu Besuch ist. Was die
      einheimische Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten - nein: in den
      letzten Jahrhunderten - an Demütigungen und Leid und Not ertragen
      mußte, das macht für mich verständlich, wie es zu einer
      Radikalisierung kommen kann, in der dann auch bewußt und unbewußt
      Gewalt als Mittel der Veränderung eine Rolle spielt. Ich bin aber
      der Meinung - natürlich nicht ich alleine - , daß Gewalt nur in
      einem einzigen Fall nützlich und zu rechtfertigen ist: wenn es
      darum geht andere Gewalt durch Gegengewalt zu stoppen. Für alles
      andere, was darüber hinaus geht, ist Gewalt ein untaugliches
      Mittel.
      <br>
      Ich lebe in Deutschland auf dem in mancher Hinsicht ziemlich
      idyllischen Land und meine Kenntnis von den politischen
      Entwicklungen in Südamerika ist sicher sehr lückenhaft, aber ich
      habe den Eindruck, daß zumindest große Teile der
      "Befreiungsbewegungen" (ich habe das jetzt in Anführungszeichen
      gesetzt, weil es eine sehr pauschale Bezeichnung ist), die
      Untauglichkeit der Gewalt für eine andere Vergesellschaftung
      erkannt haben.
      <br>
      Das also wollte ich voranschicken, um zu sagen: ich habe
      Verständnis für Willis impulsive Äußerungen.
      <br>
      Da ich gerade bei Südamerika bin, will ich Bert auch gleich darauf
      hinweisen, daß die BGE-Debatte in Deutschland und Europa durchaus
      nicht blind für die Verhältnisse im großen Rest der Welt ist. Es
      gibt Überlegungen darüber, daß die Einführung eines
      Grundeinkommens auf keinen Fall auf das relativ wohlhabende
      Deutschland oder Europa beschränkt werden kann, daß es eher
      sinnvoll wäre, damit in den ärmsten Regionen der Welt zu beginnen.
      Als einen prominenten Vertreter dieser Haltung nenne ich Werner
      Rätz; er ist aber nicht alleine. Welche Auswirkungen ein BGE nur
      für Europa für die Migrationsbewegungen auf unserem Globus nach
      sich ziehen würde, kann sich jeder ausmalen.
      <br>
      Zur Berechnung von BGE-Finanzierungsmodellen
      <br>
      Ich bin wie viele andere auch der Meinung, daß solche Modelle
      keine Prognosen liefern können, wie die Wirtschaft mit einem BGE
      künftig laufen wird, deshalb schenke ich diesen Modellen keine
      große Aufmerksamkeit. Dennoch sind sie wohl unter den
      gegenwärtigen Umständen unverzichtbar, denn solange wir in
      bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften leben, ist ohne
      berechnete Modelle eine politische Durchsetzung im
      parlamentarischen Verfahren aussichtslos. Ich bin nicht der
      Meinung, daß der Grundgedanke des BGE an die Geldform gebunden
      ist, im Gegenteil läßt er sich geldlos sehr einfach erklären. Aber
      solange wir uns zentral über das Geld vergesellschafteten, müssen
      auch BGE-Verfechter sich die Mühe machen, über Geld nachzudenken.
      Was ist eigentlich Geld? Wie entsteht es? Was kann es und was
      nicht? Oder besser: Was können wir über das Geld erreichen und was
      nicht? Diese Fragen treiben mich schon länger um, als die
      BGE-Frage und sie scheinen mir noch sehr unterbelichtet in den
      BGE-Kreisen. Da in dieser Debatte hier schon der Name Brodbeck
      gefallen ist, möchte ich darauf hinweisen, daß Karl-Heinz Brodbeck
      ein äußerst aufklärendes Buch mit dem Titel "Die Herrschaft des
      Geldes ..." geschrieben hat, das für mein Verständnis an Bedeutung
      dem Marxschen "Kapital" gleichkommt und mit dem er zentrale
      Fragen, die bei Marx offen geblieben sind beantwortet.
      <br>
      Unter anderem kann man nach der Lektüre dieses Buches auch
      verstehen, warum es mit der Abschaffung des Geldes bisher immer
      gründlich schief gegangen ist. Geld ist eine unserer
      Vergesellschaftungsformen (neben der Sprache u.a.) und die
      Abschaffung des Geldes würde die Abschaffung unserer
      Vergesellschaftung bedeuten, wenn wir nicht andere Formen finden,
      welche die Aufgaben übernehmen (und besser machen), die wir bis
      jetzt über das Geld lösen.
      <br>
      Willi ist der Meinung, daß es ganz einfach ist, wenn wir alles
      lokal und vielleicht noch regional Organisieren und ich bin auch
      ein Anhänger und Mittäter in dieser Sache. Aber wie Bert bin ich
      auch überzeugt, daß der Zustand der Menschheit gegenwärtig nicht
      einfach umgestellt werden kann. Wenn wir nicht mit den gleichen
      totalitären Wahnvorstellungen wie die großen Diktatoren des
      letzten Jahrhunderts über Leichen gehen wollen, müssen wir uns
      überlegen, wie eine Umkehr menschlich machbar ist. Ob und wie dann
      die Menschen in der Zukunft ihre Existenz lokal, regional oder
      auch global (wahrscheinlich auf allen drei Ebenen) organisieren,
      darüber müssen wir uns nicht den Kopf zerbrechen; das ist nicht
      unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist, einen verträglichen Übergang
      in eine gerechtere und friedlichere Form der Vergesellschaftung zu
      ermöglichen.
      <br>
      Untrennbar mit dem Verständnis des Geldes ist der Wertbegriff. Was
      Bert dazu schreibt kann ich unterstützen. Zu Willis Wertbegriff
      will ich nur etwas relativierendes anmerken. Der Gedanke, daß
      meine Arbeitstätigkeit an der Zeit gemessen und entsprechend
      vergolten wird, ist doch gebunden an die Vorstellung, daß Arbeit
      nur als Mühe, als Quälerei betrachtet wird, die ich nur mache,
      weil ich dazu irgendwie gezwungen bin. Unter
      Herrschaftsverhältnissen ist das die Regel, deshalb scheint diese
      Denkweise so selbstverständlich. Wenn ich eine Tätigkeit aber
      ausführe, weil ich daran Freude habe und/oder einsehe, daß es
      irgendwie wichtig und sinnvoll ist, denke ich gar nicht oder
      jedenfalls viel weniger darüber nach, ob mir das jemand bezahlt
      oder sonstwie mich entschädigt; weil es keinen Schaden gibt. Also
      ist "Wert" in diesem Falle überflüssig, zumindest als berechenbare
      Größe. Wertschätzung meiner (nützlichen) Tätigkeit durch andere
      Menschen wird zwar mit dem abstrakten Wert in der Geldform in
      Zusammenhang gebracht, ist aber eine ganz andere Sache.
      <br>
      Aus dieser Perspektive könnte Geld also in einer herrschaftsfreien
      Gesellschaft schon verschwinden. Aber Geld hat eben noch andere
      Funktionen in den Massengesellschaften, in denen wir leben: die
      Vermittlung der Vielzahl verschiedener Bedürfnisse der Individuen
      mit der Vielzahl der produktiven Fähigkeiten. In kleinen
      Gemeinschaften kann diese Vermittlung durch direkte Kommunikation
      erfolgen. Aber wir leben heute größtenteils nicht mehr in kleinen
      Gemeinschaften und es ist auch nicht möglich, daran so schnell
      etwas zu ändern (sofern das auch gewollt wäre), daß nicht
      zwischendurch die meisten verhungern oder sonstwie zugrundegehen
      müssten. Das Mittel zur Abwendung einer Katastrophe bei
      Abschaffung des Geldes ist noch nicht gefunden. Auch Berts
      geäußerter Wunsch nach einer Planwirtschaft 2.0 ist da nicht ohne
      weiteres erfüllbar, denn bisher basiert jeder Wirtschaftsplan
      genauso auf dem zweifelhaften Wertbegriff wie eine Geldwirtschaft
      und droht daher mit unberechenbaren Risiken und Nebenwirkungen für
      die es eben noch keinen Arzt oder Apotheker gibt. Trotzdem bin ich
      aber auch der Meinung, daß Wirtschaften irgendwie ein planvolles
      Handeln sein sollte und (mit Sicht auf die "Realsozialismen")
      nicht identisch mit Kommandowirtschaft sein muß.
      <br>
      So, wie ich ein bedingungsloses Grundeinkommen für einen genial
      einfachen Schritt in diese Richtung halte, sehe ich auch den
      Gesellschen Geldreformgedanken als eine geniale Übergangslösung
      an, beides sind Möglichkeiten, die uns Freiraum verschaffen
      können, um dann gründlich über alles Weitere nachzudenken. Ich
      weiß, daß die Vorstellungen zu einer Geldreform umstritten sind
      und beobachte seit Jahren, wie durch gegenseitige Ignoranz und
      Unterstellungen Fronten aufgebaut bzw. zementiert werden. Eine
      vorurteilsfreie Auseinandersetzung würde manche geistige
      Verkrampfung lösen können und Wege eröffnen zu freundlicheren
      Entwicklungen.
      <br>
      Was das BGE betrifft, entscheidet sich das "für" oder "gegen"
      letztlich an dem Bild, das ein Mensch von sich und von den anderen
      Menschen hat. Deshalb ist für mich eine der entscheidendsten
      Fragen, zu klären, woher das (nach meiner Überzeugung) falsche
      Menschenbild der BGE-Gegner kommt. Für mich ist nach langem und
      gründlichem (?) Nachforschen klar geworden, daß dieses
      Menschenbild zusammen mit der Herrschaftsgesellschaft entstanden
      ist. In meinen Augen ist das eine Fehlentwicklung (ein Bruch in
      der vorherigen Entwicklung) der Menschheit, der vor ca. 7000 bis
      8000 Jahren begonnen hat und seitdem ins Verderben führt.
      Inzwischen ist es höchste Zeit diesen falschen Weg zu verlassen,
      also zu einer Umkehr.
      <br>
      Deshalb lese ich solche Äußerungen wie: "Wir wollen doch nicht
      zurück in die Steinzeit" immer mit gemischten Gefühlen. Das Bild,
      welches wir uns von vergangenen Gesellschaften machen, ist in der
      Regel verzerrt von ideologischen Absichten. Genau wie der "real
      existiert habende Sozialismus" versucht auch der "real
      existierende Kapitalismus" seine Existenz durch eine entsprechende
      Umfärbung der Geschichte zu rechtfertigen. Sowohl vergangene wie
      auch zukünftige gesellschaftliche Zustände sind nur Konstruktionen
      in unserem Bewußtsein, im Grunde hat es nie eine Vergangenheit
      gegeben und wird es nie eine Zukunft geben, da alles was geschieht
      hier und jetzt geschieht, in der Gegenwart. Alle
      Gedankenkonstruktionen über Zukünftiges und Vergangenes haben nur
      Sinn als Hilfsmittel zur Gestaltung unserer Gegenwart. (Ich bin
      versucht, noch anzufügen: in Ewigkeit amen.)
      <br>
      Vielleicht habe ich mich jetzt etwas vergaloppiert, aber ich lasse
      das trotzdem stehen.
      <br>
      Zur Auseinandersetzung mit keynesianischen BGE-Gegnern (also
      Flassbeck usw.)
      <br>
      Keynesianische oder neokeynesianische Literatur zur jüngsten
      Wirtschaftsgeschichte kann sehr Aufschlussreich sein, was die
      Mechanismen der verrückt gewordenen Finanzmärkte betrifft.
      Allerdings scheint ihre Perspektive für die Zukunft (!?) einzig
      darin zu bestehen die Beute (den Profit) etwas "gerechter" zu
      verteilen (Vollbeschäftigung bei hohen Löhnen) und ansonsten so
      weiter zu machen,wie bisher: ewiges Wachstum. Die Plünderung des
      Planeten und (unausgesprochen) der "Dritten Welt" bzw. der
      kapitalistischen Peripherie wird verdrängt.
      <br>
      Und mir scheint, daß sich bei den Keynesianern bestätigt, was ich
      gerade über das Menschenbild gesagt habe: Keynesianer können sich
      offensichtlich nicht vorstellen, daß Menschen menschlich
      vernünftig Handeln, ohne unter Druck gesetzt zu werden. Sachzwänge
      sind da immer schnell gefunden.
      <br>
      Ich habe mich bisschen von Berts flottem Stil anstecken lassen,
      wenn diese Debatte ganz öffentlich wäre, würde ich das alles (in
      den letzten Sätzen) moderater formulieren.
      <br>
      Keynes selbst hatte ja durchaus auch das Ende des Kapitalismus in
      seinem Horizont; er erhoffte sich dieses Ende, wenn der
      Kapitalismus so viel Reichtum geschaffen hat, daß "der Rentier in
      einem Meer von Kapital ersäuft", also in etwa das, was Marx mit
      dem tendenziellen Fall der Profitrate zu beschreiben versuchte.
      Mit der Einführung seines Begriffs der Erwartungen hatte Keynes
      den Schlüssel zur Erkenntnis in der Hand, daß menschliches
      Wirtschaften kein mechanischer Automatismus ist, der quasi
      Naturgesetzlich abläuft. Er hat diesen Schritt nicht getan, genau
      so wie Marx aufgrund seiner materialistischen Überzeugung nicht
      von dieser Vorstellung eines gesetzmäßigen Verlaufs der Wirtschaft
      und der ganzen Geschichte loskommen konnte (und wollte). Aber
      Wirtschaft wie auch menschliche Geschichte sind von Menschen
      gemacht, also nicht naturgesetzlich; die neueste Hinterhältigkeit
      menschlicher Kreativität im Dienste der Herrschaftsverhältnisse
      ist die Erfindung des "green new deal", womit die notwendige
      Reparatur der ökologischen Schäden profitabel umgelenkt wurde. Auf
      diesem Wege eröffnet sich eine wahrhaft unendliche Möglichkeit der
      Vollbeschäftigung. Kein Naturgesetz hilft uns aus dieser Misere
      heraus; es hängt wirklich alles nur an unserer Entscheidung,
      endlich damit aufzuhören.
      <br>
      Manfred Bartl macht einige Bemerkungen über den Zusammenhang von
      BGE und Inflation. Im großen ganzen kann ich ihm beistimmen,
      allerdings nicht bei der Behauptung, steigende Preise seien keine
      Inflation, solange die Kaufkraft gleich schnell steigt. Das kann
      sie ja nur, indem die für Konsumtion verausgabte Geldmenge im
      selben Tempo steigt. Würde das wirklich gleichzeitig mit der
      Preissteigerung geschehen, würden zwar die Folgen der
      Preissteigerung kompensiert, aber Inflation bleibt es trotzdem.
      Und in der Regel hinkt die Lohnsteigerung hinter der
      Preissteigerung hinterher und folglich entstehen auf der Lohnseite
      immer Verluste.
      <br>
      Auch den Gedanken, das BGE einfach durch Gelddrucken zu
      finanzieren halte ich für keine gute Idee. Was das für
      Entwicklungen auslöst sollte vielleicht mal detaillierter
      ausgemalt werden, ich fürchte das ist dann nicht mehr steuerbar.
      <br>
      Schließlich will ich noch ein paar Worte zu der Debatte über den
      Staat sagen.
      <br>
      Genau wie die Rolle des Geldes ist die Rolle des Staates eine
      zwiespältige. Einmal ist er Herrschaftsinstrument oder
      Machtinstrument der herrschenden Klasse (so haben wir es in der
      DDR in der Schule gelernt und das ist nicht falsch), andererseits
      erfüllt er aber eine Vielzahl von Aufgaben, die wir nicht einfach
      liegenlassen können (obwohl ich durchaus auch sehe, daß es
      zahlreiche Aufgaben bzw. Funktionen gibt, die erst durch die
      Existenz eines Herrschaftsstaats erzeugt werden). Aus unserer
      gegenwärtigen Wirklichkeit heraus können wir also "den Staat"
      genauso wenig abschaffen, wie das Geld. Aber in der Gestaltung
      eines anderen Staatsgebildes sind der menschlichen Kreativität
      keine grenzen gesetzt; und natürlich können wir das auch anders
      nennen.
      <br>
      Herzlichen Gruß an alle Beteiligten.
      <br>
      Jochen Tittel
      <br>
      <br>
    </blockquote>
    <br>
  </body>
</html>