<html>
  <head>

    <meta http-equiv="content-type" content="text/html; charset=ISO-8859-15">
  </head>
  <body text="#000000" bgcolor="#FFFFFF">
    <meta http-equiv="CONTENT-TYPE" content="text/html;
      charset=ISO-8859-15">
    <font face="Times New Roman, Times, serif">
      Hallo,<br>
      <br>
      ich habe mich die vergangenen Tage mal
      etwas intensiver mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens
      befasst und mich in ein paar Debattenbeiträge im Netz reingelesen.
      In dem Zusammenhang möchte ich Euch gerne "Daumen hoch!"
      sagen. Ihr macht echt eine gute inhaltliche Arbeit für ein
      vernünftiges
      politisches Projekt. Insbesondere diverse Texte von Ronald
      Blaschke
      sind mir sehr positiv aufgefallen.<br>
      <br>
      Neben dem Aussprechen dieser
      allgemeinen Ermutigung und Danksagung möchte ich Euch gerne als
      eine
      Art Zwischenbilanz für mich auf ein paar Aspekte hinweisen, die
      mir
      bei der Auseinandersetzung mit Beiträgen in der Debatte in den
      Sinn
      gekommen sind und die Euch vielleicht interessieren/inspirieren
      könnten. Ich bin neu auf der Debatten-Mailingliste und habe mich
      bislang nicht in das Mailinglisten-Archiv reingelesen. Von daher
      sage
      ich mal "sorry", falls mein Beitrag quer zu
      laufenden/gelaufenen Debatten steht bzw. Details davon wiederholt.
      <br>
      <br>
      Da der Text dann doch mal wieder etwas
      ausführlicher geworden ist, gebe ich erstmal einen Überblick:<br>
    </font>
    <ol>
      <li><font face="Times New Roman, Times, serif">Eine Anmerkung und
          eine Frage zum Modells des BAG Grundeinkommen in und bei der
          Partei DIE LINKE,<br>
        </font> </li>
      <li><font face="Times New Roman, Times, serif">ein Rettungsversuch
          für das reine Konsumbesteuerungsmodell, das sich wegen der
          gänzlichen Steuerfreiheit auf Kapital derzeit disqualifiziert,<br>
        </font> </li>
      <li><font face="Times New Roman, Times, serif">einen Hinweis auf
          ein anscheinend etwas untergegangenes gutes empirisches
          Argument gegen den Stammtisch-Glauben, dass ein
          bedingungsloses Einkommen zu massenhafter Arbeitsverweigerung
          führen würde,<br>
        </font> </li>
      <li><font face="Times New Roman, Times, serif">ein an Marx
          angelehntes Plädoyer fürs bedingungslose Grundeinkommen gegen
          marxistische, gewerkschaftliche und
          linkssozialdemokratisch-keynsianische Kritik daran,<br>
        </font> </li>
      <li><font face="Times New Roman, Times, serif">ein paar
          Bemerkungen zur Schizophrenie des Schwarzmarkt-Begriffs aus
          Sicht des bedingungslosen Grundeinkommens<br>
        </font>
      </li>
    </ol>
    <font face="Times New Roman, Times, serif">
      <br>
      <br>
      1. Eine Anmerkung und eine Frage zum
      Modells des BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE<br>
      <br>
      Beim
      Modell der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE war
      ich
      vor allem über die Berechnung dazu erstaunt, wer nach dem Modell
      Nettoempfänger/-zahler wäre (vgl.
      <a
href="http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress/wp-content/uploads/2014/05/BGE_2014_download1.pdf">http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress/wp-content/uploads/2014/05/BGE_2014_download1.pdf</a>
      , S. 47f). Je nach Haushaltszusammensetzung bleiben alle Personen
      mit
      einem Bruttomonatseinkommen von etwa 7.000 Euro oder etwas weniger
      in
      dem Modell Nettoempfänger, obwohl eine gute halbe Billion Euro im
      Jahr gegenfinanziert wird. Ich wüsste nicht, dass ich
      irgendjemanden
      persönlich kenne, der demnach Nettozahler wäre. Quantitativ kann
      ich die Berechnungsgrundlage nicht beurteilen, nach allem was ich
      über Gini-Koeffizienten und Reichtumsverteilung weiß, halte ich
      das
      Ergebnis aber erstmal für durchaus plausibel. Trotzdem ist es
      irgendwie immer wieder erstaunlich, sich klar zu machen, wieviel
      gesellschaftlicher Reichtum in der Hand von wie wenigen Menschen
      liegt. Da mir das eigentlich bekannt ist und ich dann doch immer
      wieder darüber erstaunt bin, will ich mal die These in den Raum
      werfen, dass es für die progressiven gesellschaftlichen Kräfte
      unter geldvermittelten Wertverwertungsbedingungen eine wirklich
      sinnvolle agitatorische Aufgabe wäre, so lange so intensiv auf die
      ungleiche Vermögens- und Einkommensverteilung hinzuweisen, bis es
      wirklich jedes Gesellschaftsmitglied im Schlaf runterbeten kann.
      Konkreter gesprochen würde mich interessieren, wieviel Prozent der
      Gesamtbevölkerung denn überhaupt Nettozahler wären. 20 %, 10 %, 5,
      3, eineinhalb? Der Berechnung müssen ja sehr konkrete Zahlen
      zugrunde liegen. In jedem Fall sollte den Otto-Normal-Verdienern
      sehr
      klar gemacht werden, dass sie in diesem Modell Nettoempfänger
      wären.
      Mehr nebenbei frage ich mich, warum der BAG nicht im Andenken an
      Brechts Frage, was der Überfall auf eine Bank gegen die Eröffnung
      einer Bank sei, nur ein P-Konto für alle Empfangspersonen des
      bedingungslosen Grundeinkommens fordert und nicht auch eine
      entsprechende öffentliche Bank, bei der alle automatisch ein Konto
      erhalten.<br>
      <br>
      <br>
      2. Ein Rettungsversuch für das reine
      Konsumbesteuerungsmodell, das sich wegen der gänzlichen
      Steuerfreiheit auf Kapital derzeit disqualifiziert<br>
      <br>
      Irgendwie
      finde ich es echt schade, dass das einfache
      Konsumbesteuerungsmodell
      von der Initiative um Götz Werner sich klar dadurch
      disqualifiziert,
      dass es Kapital gänzlich unbesteuert lässt. Es ist so charmant
      schlicht, sowohl aus Sicht der Finanzämter und damit des Souveräns
      wie auch aus Sicht der Unternehmen und erst recht aus Sicht von
      Privatpersonen, die davon nur indirekt etwas mitbekommen würden.
      Gerade wenn man sich gegen das peinliche Offenlegen der
      Privatsphäre
      bei Hartz4-Bedürftigkeitsprüfungen einsetzt, ist schwer
      einzusehen,
      warum man es bei der Einkommens-, Vermögens-, Erbschafts- oder
      Schenkungsbesteuerung selbstverständlich voraussetzt. Wirklich
      zukunftsweisend scheint mir die Konsumbesteuerung aber vor allem
      deshalb zu sein, weil sie den Gedanken ernst nimmt, dass die
      industrielle Arbeit und selbst weite Bereiche von
      Verwaltungstätigkeiten automatisiert worden sind und weiterhin
      automatisiert werden dürften, Marx' "automatisches Subjekt"
      (MEW23, S. 169) also auch stofflich zu sich selbst findet. Geht
      der
      Industriearbeitsgesellschaft wirklich zunehmend die Arbeit und
      damit
      Wertsubstanz aus oder verschiebt sie sich zumindest zunehmend in
      das
      weite Feld der tendenziell vom Wert abgespaltenen und über
      Transferzahlungen wie die öffentlichen Haushalte, das öffentliche
      Gesundheitssystem oder eben das bedingungslose Grundeinkommen ja
      nur
      sehr formell integrierten sozialen Kulturarbeit, dürfte eine
      Einkommensbesteuerung immer absurder werden als sie wegen der
      Absurdität unterschiedlicher Einkommenshöhen und unterschiedlicher
      Integration von Tätigkeiten in die Wertverwertung heute ohnehin
      ist.
      Den Steuerblick stattdessen darauf zu richten, was die
      Gesellschaft
      ihren Mitgliedern an konsumtiven Wohltaten angedeihen lässt,
      scheint
      mir langfristig tragfähiger, und zwar sowohl aus der
      Wertverwertungsperspektive einer sozialen
      Dienstleistungsgesellschaft
      wie auch aus der Perspektive einer Überschreitung der
      Wertverwertung
      zu einem "jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen
      Bedürfnissen!" (MEW19, S. 21). Das ist zwar nur ein
      Bauchgefühl, aber ein ziemlich manifestes. Also folge ich
      diesem Bauchgefühl mal und versuche das reine
      Konsumbesteuerungsmodell zu retten. <br>
      <br>
      Glasklar ist mir das Problem der
      vollkommenen Steuerfreiheit fürs Kapital bei der Initiative
      "Unternimm die Zukunft" um Götz Werner geworden, als ich
      in der auf ihrer Website verlinkten Dissertation von André Presse
      den Versuch las, eine Steuerprogressivität der Konsumbesteuerung
      durch den Quasi-Freibetrag des bedingungslosen Grundeinkommens zu
      begründen (vgl.
      <a
href="http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdf">http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdf</a>
      , S. 77-79 nach Eigenzählung der Dissertation, S. 97-99 nach
      PDF-Zählung). Ich unterstelle mal keine ideologische Absicht,
      sondern eher Betriebsblindheit bei André Presse an dieser Stelle.
      An
      anderen Stellen seiner Dissertation ist er sich durchaus darüber
      bewusst, dass es Kapital gibt. Zur Begründung der
      Steuerprogressivität der Konsumbesteuerung tut er aber so, als
      wäre
      es völlig undenkbar, dass ein Teil der Haushaltseinkommen in
      Kapital
      verwandelt, also in irgendeiner Form investiert wird. Stattdessen
      ist
      bei ihm das gesamte Haushaltseinkommen unmittelbar identisch mit
      den
      Ausgaben für Konsum, also voll durch die Konsumsteuer belastet.
      Bei
      dem Teil der Haushaltseinkommen, der unters Kopfkissen, ins
      Sparschwein oder unter die Geranien im Garten gesteckt wird, also
      für
      künftigen Konsum gespart wird, könnte man noch sagen: Ist egal.
      Wenn das gesparte Geld irgendwann später dann doch für Konsum
      ausgegeben wird, fällt die Konsumsteuer ja wieder an. Und folge
      ich
      den Ausführungen auf
      <a
href="http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskreislauf#Erweiterter_Wirtschaftskreislauf_.28einschlie.C3.9Flich_Kreditvergabe.29">http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskreislauf#Erweiterter_Wirtschaftskreislauf_.28einschlie.C3.9Flich_Kreditvergabe.29</a>
      zum Sparguthaben bei Banken, ist's mit gespartem Geld auf
      irgendwelchen Konten letztlich genauso. Geld aber, das in
      irgendeiner
      Weise investiert wird, ist komplett raus aus der
      Konsumbesteuerung.
      Damit ist auch die von André Presse behauptete und ohnehin recht
      spärliche Progressionsrate bei der Konsumbesteuerung nicht
      haltbar:
      Gerade Haushalte mit hohen Einkommen werden einen relevanten Teil
      ihres Einkommens in Unternehmungen investieren und sind damit fein
      raus aus der Konsumbesteuerung, mithin aus der Finanzierung von
      Gemeinwesen und bedingungslosem Grundeinkommen, weil es ja
      abgesehen
      von der Konsumbesteuerung keine weiteren Steuern geben soll. Erst
      später nahm ich das Dilthey-Modell (vgl.
      <a
        href="http://www.psgd.info/templates/1/download/dilthey_modell.pdfz">http://www.psgd.info/templates/1/download/dilthey_modell.pdf</a>
      ) zur Kenntnis, das dieses Problem beim Konsumbesteuerungsmodell
      ebenfalls klar artikuliert und ensprechende Konsequenzen zieht,
      die
      unter anderem Einkommens- und Finanztransaktionsbesteuerung
      vorsehen.<br>
      <br>
      Um einen anderen Ausweg aus dem Problem
      als im Dilthey-Modell zu nehmen und damit das einfache
      Konsumbesteuerungsmodell zu retten, liegt es aus der eben
      skizzierten
      Problemperspektive nahe, den Teil der Einkommen, der nicht
      konsumiert, sondern in irgendeiner Form investiert wird,
      unmittelbar
      ebenso wie den Konsum zu besteuern. Damit wäre in erster Linie mal
      die Welt von André Presses Steuerprogressivität bei Kombination
      von
      ausschließlicher Konsumbesteuerung und bedingungslosem
      Grundeinkommen grundsätzlich in Ordnung. Wenn ich das näher
      durchdenke, so würde ich das Konzept von Mehrwertsteuer und
      Sozialumsatzsteuer im Dilthey-Modell
      (<a
        href="http://www.psgd.info/templates/1/download/dilthey_modell.pdf">http://www.psgd.info/templates/1/download/dilthey_modell.pdf</a>,
      S. 5-7) zugrunde legen, da mir dieses Konzept ökologischer,
      schwarzmarktunfreundlicher und international solidarischer
      erscheint
      als das im Effekt deutlich exportimperialistische Modell von der
      Initiative um Götz Werner. Die Sozial-Gewinnsteuer im
      Dithey-Modell
      (ebd. S. 8-10) würde ich allerdings verwerfen, weil sie einerseits
      eine Prüfung der Vermögensverhältnisse von Privatpersonen
      notwendig macht und damit der Hartz4-Bedarfsprüfung zumindest
      formell ähnelt und weil sie sich andererseits nur schwerlich als
      Konsumbesteuerung denken lässt, nämlich nur dann, wenn man
      Unternehmensgewinne inklusive Unternehmerlöhne als Konsum an der
      gesellschaftlichen Profitmasse auffassen wollte. Stattdessen
      schlage
      ich eine Steuer auf die Verwandlung von Geld in Kapital vor, also
      auf
      Vorgänge wie beispielsweise Unternehmensgründung, Beteiligung an
      einem Unternehmen oder Einspeisung von Geld ins Finanzsystem. Ich
      nenne das mal einfach Kapitalisierungssteuer. Eine solche Steuer
      lässt sich m. E. als Konsumsteuer auffassen, als Steuer auf den
      Konsum der Kapitalisten. Besteuern Mehrwertsteuer und
      Sozialumsatzsteuer die Wohltaten, die die Gesellschaft ihren
      Mitgliedern für den persönlichen Verbrauch bereitstellt, so
      besteuert eine solche Kapitalisierungssteuer die von der
      Gesellschaft
      zugestandene Wohltat, gewinnorientiert unter Rückgriff auf die
      Ressourcen der Gesellschaft handeln zu dürfen. Wer sein Geld ohne
      Gewinnabsicht institutionalisieren möchte, kann ja einen
      gemeinnützigen Verein oder eine gemeinnützige Stiftung gründen
      bzw. sich daran beteiligen, was ich glaube ich unbesteuert lassen
      wollen würde. Wer aber sein Geld mit Gewinnabsicht
      institutionalisiert, genießt ein gesellschaftliches Privileg, das
      entsprechend besteuert gehört. Und zwar ganz unabhängig davon, ob
      tatsächlich Gewinn erzielt wird oder nicht. Formell juristisch
      ließen sich die drei Steuerelemente von Mehrwertsteuer,
      Sozialumsatzsteuer und Kapitalisierungssteuer unter dem
      allgemeinen
      Titel Konsumsteuer zu einer einzigen Steuer zusammenfassen.
      Scheint
      mir auf den ersten Blick elegant, einfach, effektiv. <br>
      <br>
      Bei der Umstellung auf ein solches
      Steuersystem wäre selbstverständlich alles bereits kapitalisierte
      Vermögen so zu behandeln als würde es gerade erst kapitalisiert
      werden, es wäre also sofort steuerpflichtig. Dies wäre nur
      gerecht,
      da ja auch unterm Kopfkissen, im Sparschwein, unter den Geranien
      oder
      auf Bankkonten gespartes Geld bei einer Umstellung des
      Steuersystems
      plötzlich deutlich höher konsumsteuerpflichtig werden würde.
      Ansonsten aber wird immer nur dann Kapitalisierungssteuer erhoben,
      wenn sich Geld in Kapital verwandelt. Erwirtschaftet ein
      Unternehmen
      Gewinne und erhöht damit sein Eigenkapital, so ist beispielsweise
      zu
      jährlichen Stichtagen eine Kapitalisierungssteuer auf diese durch
      Gewinne bewirkte Kapitalerhöhung zu entrichten. Werden die Gewinne
      hingegen an die Eigentümer ausgeschüttet, unterbleibt eine
      Besteuerung. Die fällt ja wieder an, wenn die ausgeschütteten
      Gewinne entweder verkonsumiert werden oder irgendwo anders
      investiert
      werden. Auch bei Erstkapitalisierung, also bei der Verwandlung von
      Geld in Kapital liegt die Steuerpflicht bei der Unternehmung, der
      das
      Kapital zufließt. Sieht man von den unter Umständen immensen
      Problemen mit Schwarzmarkt und Kapitalflucht ins Ausland ab,
      könnte
      eine Einkommens- und Vermögensüberprüfung von Privathaushalten
      somit gänzlich entfallen. Ich traue mir nicht zu, quantitative
      Vorschläge zu den jeweiligen Steuern zu machen. Plausibel
      jedenfalls
      scheint mir zu sein, dass eine hohe Kapitalisierungssteuer (bei
      Unterbindung von Vermögensflucht ins Ausland) Anreize dafür geben
      würde, auf gewinnorientiertes Handeln von vornherein zu verzichten
      und Vermögen entweder zu verkonsumieren und damit
      Wertschöpfungsanreize für andere Unternehmen zu setzen oder direkt
      in gemeinnützige Tätigkeiten zu stecken, die dadurch vielleicht
      sogar konkurrenzfähig gegenüber gewinnorientierten Unternehmungen
      werden könnten. Auf diese Weise könnte quasi naturwüchsig aus der
      kapitalistischen Ökonomie eine Wohlfahrtsökonomie erwachsen. Sieht
      man von der grundsätzlichen Anreizfeindlichkeit durch die
      Kapitalisierungssteuer ab, bliebe der Faktor Arbeit und das
      Kapital
      überhaupt komplett unbesteuert und zudem über das bedingungslose
      Grundeinkommen subventioniert, was bei der Initiative um Götz
      Werner
      nicht ganz zu Unrecht als geradezu paradiesischer Anreizzustand im
      Verhältnis von Kapital und Arbeit dargestellt wird. Angesichts
      dessen, dass der qualitative Inhalt des Verhältnisses von Kapital
      und Arbeit jenseits des Primärzwecks der Wertverwertung vor allem
      in
      der gesellschaftlichen Synthesis, des kooperativen Miteinanders
      füreinander besteht, ließe sich an solchen Anreizeffekten erst
      einmal nicht so sonderlich viel Böses finden, jedenfalls nicht im
      Verhältnis zu heute. <br>
      <br>
      Abgesehen von der Schwierigkeit, ein
      solches Steuermodell gegen die Interessen der heutigen Besitzer
      von
      Vermögen politisch durchzusetzen, sehe ich im Moment nur drei
      strukturelle Probleme: Die Zäsur bei der Einführung eines solchen
      Modells, der strategische Nachteil von jungem Kapital gegenüber
      altem Kapital und die tendenziell ungerechte Steuerfreiheit von
      heutigem Vermögen, das in gegenständlicher Form vorliegt, also z.
      B. als Villa, Yacht oder Picasso-Gemälde etc. <br>
      <br>
      i. Zäsur bei Einführung eines solchen
      Modells: <br>
      <br>
      Folge ich einfach mal dem Modell von
      André Presse, aus der derzeitigen Staatsquote von knapp 50 % einen
      allgemeinen Konsumsteuersatz von 50 % des Endpreises bzw. 100 %
      Aufschlag auf den Preis vor Steuern abzuleiten, hieße das in Bezug
      auf die Kapitalisierungssteuer, dass alles heute in Deutschland
      ansässige Kapital bei der Einführung des Modells in der Hälfte
      seines Volumens steuerpflichtig werden würde. Ich will mir gar
      nicht
      ausmalen, was BDI, FDP oder mittelständische Unternehmer von
      dieser
      Idee halten und befürchte da auch ein wenig Probleme mit dem
      Verfassungsgericht. Grundsätzlich aber scheint mir dieses Problem
      lösbar. Denn erstens funktioniert die Kapitalisierungssteuer ja
      als
      so etwas wie die Eintrittskarte ins gewinnorientierte Handeln.
      Einmal
      bezahlt, lockt das potentiell ewige Reich einer gänzlich
      unbesteuerten gewinnorientierten Unternehmung. Das könnte sich
      vielleicht schon nach ein paar Jahren gegenüber heute rechnen.
      Zweitens könnte man politische Verfahren finden, die den Druck auf
      die Unternehmen abfedern, sofort die Hälfte ihres Eigenkapitals
      ans
      Finanzamt zu überweisen. Z. B. wäre ein längerer Zeithorizont für
      die Umstellung des Steuersystems denkbar, meinetwegen 25 Jahre mit
      einer Kapitalisierungssteuer auf altes Kapital in Höhe von dann
      nur
      2 % im Jahr. Oder man bietet den Unternehmen an, die Steuerschuld
      ganz oder teilweise in Form einer Beteiligung des Gemeinwesens am
      Unternehmen zu begleichen und schafft auf kommunaler Ebene
      politische
      Gremien, die dann Mitspracherechte an der Unternehmenspolitik und
      Anteile des Unternehmensgewinns erhalten. Angesichts dessen,
      welche
      Zäsur die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ohnehin
      für das Verhältnis von Kapital und Arbeit bedeuten würde, scheint
      mir eine hälftige Steuer auf heutiges Kapital eher das kleinere
      Problem zu sein.<br>
      <br>
      ii. Strategischer Nachteil von jungem
      gegenüber altem Kapital: <br>
      <br>
      Für jede neue Unternehmung stellt sich
      die Kapitalisierungssteuer als Kostenfaktor und somit Nachteil in
      der
      Konkurrenz dar. Die Kapitalien, die die "Eintrittskarte"
      Kapitalisierungssteuer bereits vor langer Zeit bezahlt haben, sind
      besser dran. Daraus ließe sich ein Problem stricken, das ich
      erstmal
      einfach nur mit allgemeineren Überlegungen abzuweisen versuchen
      möchte. Verhindert die Staatsbürokratie wie auch immer weitgehend
      Schwarzmärkte und steuerflüchtigen Vermögenstransfer ins Ausland,
      muss jedes Vermögen ja irgendwo hin. Sieht man von der Möglichkeit
      ab, Papiergeld zum Anheizen des Kamins zu nutzen, bleiben im
      Prinzip
      nur Konsum, gemeinnützige Institutionalisierung oder
      Kapitalisierung. Konsum gibt Produktionsanreize für
      gewinnorientierte Unternehmen und gemeinnützige
      Insitutionalisierung
      steigert die Wohlfahrt. Traut sich ein junges Vermögen nicht, die
      Kapitalisierungssteuer zu bezahlen, weil sie einen
      Konkurrenznachteil
      gegenüber altem Kapital darstellt, tut es somit irgendetwas
      anderes
      Nützliches. Auch ok. Zudem werden die alten Einzelkapitalien ja
      zumindest teilweise ihre Gewinne auch wieder kapitalisieren und
      werden insofern teilweise selbst zu jungem Kapital mit
      entsprechendem
      Konkurrenznachteil. Da das Vermögen irgendwohin muss, wird es sich
      häufig genug für eine Kapitalisierung entscheiden. Darüber hinaus
      ließe sich freilich überlegen, ob man die Vererbung/Verschenkung
      von kapitalisiertem Vermögen nicht ebenfalls der
      Kapitalisierungssteuer unterwerfen möchte oder sogar müsste. Um
      die
      Kapitalisierungssteuer über die Unternehmen sinnvoll einziehen zu
      können, müssten diese per Gesetz wohl dazu gezwungen werden, in
      ihren Büchern klar festzuhalten, von welchen Personen das Kapital
      stammt. Ansonsten wäre schwer zu verhindern, dass sich findige
      Banker ein Geschäftmodell überlegen, bei dem der Austritt des
      einen
      Vermögens aus der kapitalisierten Sphäre einen
      steuerhinterziehenden Eintritt eines anderen Vermögens in die
      kapitalisierte Sphäre ermöglicht. Mit anderen Worten müsste jede
      Veränderung bei der personellen Zuordnung von kapitalisiertem
      Vermögen in den Unternehmen zur Steuerpflicht in Bezug auf das
      personell neu zugeordnete kapitalisierte Vermögen führen. Im
      Effekt
      wäre dies auch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, insofern
      jede
      personelle Übertragung von kapitalisiertem Vermögen zu einer
      Kapitalisierungssteuerpflicht führt. Damit würde die
      Kapitalisierungssteuer nicht mehr eine Eintrittskarte ins ewige
      Reich
      des gewinnorientierten Handelns sein, sondern nur noch eine
      Eintrittskarte ins lebenslange Reich des gewinnorientierten
      Handelns.
      Das würde den Konkurrenznachteil von jungem Kapital gegenüber
      altem
      Kapital zumindest deutlich relativieren. Geht man grundsätzlicher
      davon aus, dass die Zeit für ein bedingungsloses Grundeinkommen
      tatsächlich reif ist, wie in der Broschüre des BAG Grundeinkommen
      in und bei der Partei DIE LINKE (vgl.
      <a
href="http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress/wp-content/uploads/2014/05/BGE_2014_download1.pdf">http://www.die-linke-grundeinkommen.de/WordPress/wp-content/uploads/2014/05/BGE_2014_download1.pdf</a>
      ) mehrfach betont wird, also mit an Marx angelehnten Worten die
      Produktivkräfte in einen derart qualitativen Widerspruch mit den
      Produktionsverhältnissen getreten sind, dass einerseits die eher
      formelle Egalität der bürgerlichen Rechtsformen mit der
      Etablierung
      eines bedingungslosen Grundeinkommens reif geworden ist für einen
      Übergang zu einer wenigstens teilweisen materiellen Egalität,
      andererseits die vom Wert abgespaltenen gesellschaftlichen Sphären
      sich als politisches Selbstbewusstsein einer
      wohlfahrtsorientierten
      sozialen Kulturökonomie innerhalb des Verwertungsregimes gegen
      dieses zu behaupten vermögen, dann würde ich über den
      Konkurrenznachteil von jungem Kapital gegenüber altem Kapital eh
      nur
      noch mit den Achseln zucken. Wünschenswert wäre ja eher, dass
      Vermögen zunehmend in gemeinnützige Insitutionalisierung wandert
      und das gewinnorientierte alte Kapital zu einem zunehmend stärker
      eingehegten Zoo überkommener Sozialpsychologeme, zu einer Art
      lebendigem Musem bürgerlicher Charaktermasken in einer
      postbürgerlichen Gesellschaft verkommt. <br>
      <br>
      iii. Tendenziell ungerechte
      Steuerfreiheit von heutigem Vermögen, das in gegenständlicher Form
      vorliegt: <br>
      <br>
      Die skizzierte Konsumsteuer würde
      alles heute vorhandene und später für Konsum ausgegebene
      Geldvermögen und alles heute vorhandene Kapital besteuern, nicht
      jedoch den immensen Reichtum, der in materieller Form in
      Privathänden
      liegt, also beispielsweise weder Gold noch privat genutzte
      Immobilien, weder private Kunstschätze noch die drei Privatjets
      auf
      dem Rollfeld im mondänen Garten. Das empfinde ich durchaus als
      ungerecht wie ich es ohnehin als ungerecht empfinde, dass
      irgendwer
      einen privilegierten Zugriff auf gesellschaftlichen Reichtum als
      irgendjemand anders hat. Da aber die Produktivkapazitäten der
      Gesamtgesellschaft immens sind und ihre Früchte über den
      qualitativen Sprung in eine Gesellschaft mit bedingungslosem
      Grundeinkommen hinein den unteren Einkommensgruppen schwerer
      vorenthalten werden könnten, kann man damit meines Erachtens leben
      und wiederum achselzuckend sagen: Ab in den lebendigen Zoo
      bürgerlicher Charaktermasken mit privat gehaltenen Dingen wie
      Gold,
      Privatjets, Villen und Kunstschätzen.<br>
      <br>
      Vielleicht habe ich einfach gerade ein
      Brett vorm Kopf, aber momentan sehe ich tatsächlich keinen
      wirklich
      guten Einwand gegen ein solch schlichtes Modell von
      Konsumbesteuerung
      einschließlich Kapitalisierungsbesteuerung bei gleichzeitiger
      Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Und wenn sich
      eine
      Kapitalisierungsbesteuerung bereits heute kapitalisierten
      Vermögens
      politisch einfach nicht durchsetzen ließe, wäre ich auch noch
      damit
      einverstanden, die Kapitalisierungssteuer nur auf alles Geld zu
      legen, das sich künftig in Kapital verwandeln wird.<br>
      <br>
      Mehr nebenbei möchte ich noch
      erwähnen, dass ich keinen Grund für einen einheitlichen Steuersatz
      einer solchen Konsumsteuer sehe. Insbesondere die von André Presse
      herausgearbeitete Progression ist dürftig. Produkte und
      Dienstleistungen des Grundbedarfs (Nahrung, Wohnung, Strom,
      Wasser,
      Gesundheit etc.) würde ich lieber niedrig, vielleicht sogar
      negativ
      besteuern wollen, also subventionieren. In der Broschüre des BAG
      Grundeinkommen in und bei der Partei
      DIE LINKE wird ja auch für eine Ausweitung kostenloser
      öffentlicher
      Dienstleistungen plädiert, was ich sinnvoll finde, was sich über
      eine entsprechende Konsumsteuerpolitik aber auch an die
      individualistischen Marktteilnehmer delegieren ließe. Für den
      Normalbedarf könnte man die 100 % von André Presse anvisieren, für
      insbesondere ressourcenaufwändigen Luxusbedarf meinetwegen auch
      200
      % oder mehr. Ebenso ließe sich ein eigenständiger Steuersatz für
      die Kapitalisierungssteuer veranschlagen. Einerseits hätte eine
      solche Aufsplittung von Steuersätzen den Vorzug, eine materiell
      begründete Progression zu etablieren. Andererseits wäre die
      Eingruppierung von Waren und Dienstleistungen in die jeweiligen
      Steuersätze genauso wie das Verändern der Steuersätze ein gutes
      wirtschafts-, sozial- und ökologiepolitisches Instrumentarium.<br>
      <br>
      Außerdem möchte ich in dem
      Zusammenhang noch auf ein Argument von André Presse für die
      Konsumbesteuerung hinweisen: "So werden Importe aus Ländern mit
      geringen Sozialstandards, etwa China, in Deutschland lediglich mit
      der Mehrwertsteuer belastet (vgl. WERNER (2008, S. 194)). Die
      Preise
      für in Deutschland hergestellte Produkte enthalten hingegen die
      Steuer- und Abgabenlast des deutschen Sozialstaates. Würde an
      Stelle
      aller Steuern und Sozialabgaben nur noch die Konsumsteuer
      verbleiben,
      würde diese voll auf die Importgüter angewandt."
      (<a
href="http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdfS">http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdf</a>
      , S. 74 in Eigenzählung / S. 94 in PDF-Zählung, vgl. auch S.
      79-91/99-101) Solange die Menschheit sich in nationalstaatlichen
      Konstrukten gegeneinander abgrenzt, scheint mir das ein ziemlich
      gutes Argument zu sein. Es ist nicht einzusehen, warum
      Importprodukte
      weniger Anteil an der Finanzierung von Gemein- und Sozialwesen
      haben
      als Binnenmarktprodukte.<br>
      <br>
      <br>
      3. Ein Hinweis auf ein anscheinend
      etwas untergegangenes gutes empirisches Argument gegen den
      Stammtisch-Glauben, dass ein bedingungsloses Einkommen zu
      massenhafter Arbeitsverweigerung führen würde<br>
      <br>
      Die
      Dissertation von André Presse legt übrigens ein gutes empirisches
      Argument gegen den Stammtisch-Glauben vor, dass ohne Erwerbszwang
      niemand mehr arbeiten würde, dass folglich ein bedingungsloses
      Grundeinkommen zum Zusammenbruch der Wirtschaft führen könnte. Es
      gibt zwar eine Menge guter Argumente gegen diesen
      Stammtisch-Glauben,
      die mir in den beim Netzwerk Grundeinkommen verlinkten Dokumenten
      begegnet sind. Das von André Presse scheint aber ein wenig
      untergegangen zu sein. Da ich schätze, dass die Durchsetzung eines
      bedingungslosen Grundeinkommens über den Weg parlamentarischer
      Demokratie von kaum etwas so sehr abhängt wie davon, diesen
      Stammtisch-Glauben zu bekämpfen, möchte ich daher auf dieses
      Argument hinweisen: André Presse schaut sich das Verhältnis von
      Arbeitseinkommen und Nichtarbeitseinkommen in verschiedenen
      Einkommensgruppen an und kommt zu dem "<font size="3">Ergebnis:
        Das durchschnittliche Haushaltseinkommen (d. m. H.) aus Arbeit
        ist
        pro Euro des d. m. H. aus Nichtarbeit umso größer, je größer das
        d. m. H. aus Nichtarbeit ist.</font><br>
      <font size="3"><i>Dieses
          empirische Ergebnis kann als Gegenargument zur häufig zu
          hörenden
          Meinung dienen, dass umso weniger Arbeitswillige zu finden
          sein
          werden, je höhere Einkommen aus Nichtarbeit bereitstehen.</i></font>"
      (vgl.
      <a
href="http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdf">http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-</a><a
href="http://www.unternimm-die-zukunft.de/media/medialibrary/2011/06/andre-presse_dissertation.pdf">presse_dissertation.pdf</a>
      , S. 114f nach Eigenzählung der Dissertation, S. 134f nach
      PDF-Zählung)<br>
      <br>
      Methodisch ist die Schlussfolgerung
      leider nicht haltbar. Es ist denkbar, dass die aggregierten
      Einkommensgruppen insbesondere der gutverdienenden Haushalte sich
      aus
      Personen zusammensetzen, von denen die einen ein hohes
      Arbeitseinkommen ohne nennenswertes Nichtarbeitseinkommen haben,
      die
      anderen ein hohes Nichtarbeitseinkommen ohne nennenswertes
      Arbeitseinkommen, die Schlussfolgerung also auf der Aggregierung
      zu
      Gruppen von Einkommenshaushalten beruht. Außerdem ließe sich die
      Frage stellen, inwieweit Unternehmerlöhnen tatsächlich "Arbeit"
      gegenübersteht. Sollte sich André Presses empirisches Ergebnis
      aber
      durch eine methodisch haltbare Argumentation bestätigen, wäre es
      ein Argument, das kein Stammtisch so leicht vom Tisch wischen
      könnte.
      M. E. wäre es daher lohnenswert, dieses Ergebnis noch einmal
      methodisch korrekt zu hinterfragen.<br>
      <br>
      <br>
      4. Ein an Marx angelehntes Plädoyer
      fürs bedingungslose Grundeinkommen gegen marxistische,
      gewerkschaftliche und linkssozialdemokratisch-keynsianische
      Kritik:<br>
      <br>
      Ein
      wenig irritiert hat mich, dass es deutliche Kritiken am
      bedingungslosen Grundeinkommen aus marxistischer,
      gewerkschaftlicher
      und linkssozialdemokratisch-keynsianischer Perspektive gibt. Die
      marxistische Fundamentalkritik, die jegliches Herumdoktern an der
      notwendig ausbeuterischen, kriegerischen, krisenbehafteten und
      materiell ungleichen Ordnung von Privateigentumsgesellschaften
      blöde
      findet, als ein Zerbrechen des Kopfs der Herrschenden, finde ich
      zwar
      grundsätzlich richtig. Bloß dabei stehen zu bleiben, dass es kein
      richtiges Leben im falschen gibt und sich ansonsten mit
      Aufklärungsverbissenheit und Revolutionsphantasien bis zum St.
      Nimmerleinstag zu trösten, macht den Scheiß aber auch nicht
      besser.
      Zudem hat das Reich der Freiheit in meiner Vorstellung wenig
      Gemeinsamkeit mit einer Diktatur leninistischer Parteikader. Und
      es
      bleibt wahr, dass wir unsere Leben in der Binnenperspektive
      kapitalistischer Vergesellschaftung fristen und es daher durchaus
      einen Unterschied macht, ob man bei Arbeitslosigkeit einfach dem
      Verhungern überantwortet wird oder dem Hartz4-Regime, selbst wenn
      man noch so prägnant zynisch durchdeklinieren kann, dass die
      Bismarcksche Sozialgesetzgebung nur den allgemeinen Boden für den
      Erfolg des deutschnationalen Verwertungsregimes absichert. Und
      vielleicht hat sich ja hinter dem Rücken der materiellen Gewalten
      in
      den kulturindustriell überfluteten Köpfen der tendenziell
      nivellierten Mittelschichtgesellschaften sogar wirklich ein
      zivilgesellschaftlicher Horizont aufgetan, der Habermas'
      'zwanglosem
      Zwang des besseren Arguments' eine Chance gegen Adornos triftigere
      Einsicht zuzugestehen bereit ist: "Zuinnerst ahnt der Geist, daß
      seine stabile Herrschaft gar keine des Geistes ist, sondern ihre
      ultima ratio an der physischen Gewalt besitzt, über welche sie
      verfügt." (Adorno, Negative Dialektik, GS6, S. 179) In
      Gremlizas <i>konkret</i>
      stand vor einer Weile sinngemäß zu lesen, dass sich der Kampf für
      ein bedingungsloses Grundeinkommen deshalb nicht lohne, weil das
      Kapital ein solches in relevanter Höhe niemals zulassen würde und
      man stattdessen gleich ein Ende der Privateigentumskategorie
      fordern
      könne, weil beides gleichermaßen auf revolutionären Klassenkampf
      hinauslaufe. Das finde ich durchaus nicht lapidar gesagt. Ich
      halte
      es zumindest für möglich, dass in einer Situation, in der es eine
      parlamentarische Mehrheit für ein bedingungsloses Grundeinkommen
      in
      relevanter Höhe gebe, sich ein empirischer Beweis für den alten
      Schnack ergeben würde, dass Wahlen nichts ändern, weil sie sonst
      verboten wären. Aber auch das wäre eine historische Zäsur, die mir
      besser erschiene als bloß tatenlos der schleichenden Restauration
      aller gesellschaftlichen Verhältnisse zuzusehen und sich ansonsten
      mit der reinen Lehre einzuigeln. Es wäre sozusagen die empirische
      Probe auf die These, dass wir in einer zivilen Gesellschaft leben.<br>
      <br>
      Was
      die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens aus Marxscher Sicht
      so
      sympathisch macht, ist das in ihr liegende Potential einer
      zumindest
      tendenziellen materiellen Überwindung des schmerzlich vermittelten
      Auseinanderreissens von Gattungswesen und Individuum durch die
      Kategorie des Privateigentums. Während aus der Binnenperspektive
      der
      Privateigentümer sich ja immer irgendwie Maggie Thatchers
      Behauptung
      aufdrängt, dass es keine Gesellschaft gebe, sondern nur
      Individuen,
      wovon die anderen zudem noch die Satresche Hölle insofern
      darstellen, als an ihrer Freiheit die eigene zu enden habe, müsste
      eigentlich jeder vergesellschaftete Narr unmittelbar einsehen, was
      Marx zum Verhältnis von Gesellschaft und Individuum sehr prägnant
      sagt: "Das individuelle und das Gattungsleben des
      Menschen sind nicht <i>verschieden</i>, so sehr auch – und dies
      notwendig – die Daseinsweise des individuellen Lebens eine mehr
      <i>besondre</i> oder mehr <i>allgemeine</i> Weise des
      Gattungslebens
      ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr <i>besondres</i>
      oder
      <i>allgemeines</i> individuelles Leben ist." (MEW40, S. 539) Die
      Freiheit des Individuums ist daher auch weniger durch die anderen
      Individuuen beschränkt, sondern vielmehr überhaupt erst
      ermöglicht.
      Mag der frühbürgerliche Naturrechts-Unfug von Maggie Thatcher, die
      entgegen der Guillotine-Sehnsüchte von Morrissey friedlich und alt
      im Bett entschlief, auch den ideellen Anarchisten diesseits und
      jenseits der Klassenschranke die Herzen erwärmen. Der bis zur
      Volksgemeinschaftshölle verhausschweinte und bis über beide Ohren
      vernetzte deutsche Michel kann im Ernst nicht auch nur für einen
      Moment glauben, dass seine Individualität abgesehen vielleicht von
      einem kläglich überschießenden Rest des Nichtidentischen etwas
      anderes sei als "das
      ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" (MEW3, S. 6). Die
      Idee des bedingungslosen Grundeinkommens nimmt diese Tatsache
      ernst
      und fordert aus der Perspektive des Kategorienapparats von Marx'
      <i>Kapital</i> die Implementierung der bloßen, politisch
      anerkannten
      Existenz jedes Individuums als eines Teils der Gesellschaft in die
      durch historisch überaus willkürliche Prozesse quantitativ
      bestimmte Wertsubstanz der abstrakten Arbeit. Anders gesagt: Durch
      das bedingungslose Grundeinkommen wäre ein Teil der Wertsubstanz
      nicht länger abstrakte Arbeit, sondern abstraktes politisches
      Selbstbewusstsein der Gattung in der Form politischer Anerkennung
      jeglicher Individualität unabhängig von der Arbeit. Das wäre kein
      Kommunismus, aber zumindest ein Fortschritt in der
      kapitalistischen
      Binnengeschichte von der abstrakten Individualität des
      Privateigentums fort und hin zu einer konkreten Individualität
      innerhalb des politisch selbstbewussten Gattungswesens. Es würde
      insofern wohl Marx' wohlwollenden Blick auf die Nachgeborenen
      finden.
      Überhaupt gewinnt das sozialdemokratische Renegatenprojekt, der
      Ware
      Arbeitskraft einen einigermaßen erträglichen Platz in der
      bürgerlichen Ordnung durch langwierige Stellschraubenkorrekturen
      angedeihen zu lassen, durch die im Kern ja durchaus bloß
      sozialdemokratische Forderung eines bedingungslosen
      Grundeinkommens
      vielleicht mal einen echten Sinn in Hinblick auf die Abschaffung
      der
      Ware Arbeitskraft. Vielleicht lehne ich mich damit etwas weit aus
      dem
      Fenster, aber ich will mal die geschichtsphilosophische These
      wagen,
      dass der Untergang des Realsozialismus auch etwas damit zu tun
      hat,
      dass der marktanarchische Kapitalismus formell näher am Verein
      freier Menschen steht als die partei- und staatsbürokratisch
      verwalteten sogenannten Diktaturen der Proletariate. Während Marx
      sich im Verein freier Menschen die Ausschöpfung des vollen
      Entfaltungspotentials der Individuen im Gehaltensein durch die
      Gattung ausmalt, betrieben die Realsozialismen ja eher
      volksgemeinschaftliche Abwehrkämpfe gegen die Bedrohung durch den
      imperialistischen Klassenfeind einerseits, durch die ewige
      Naturnotwendigkeit des Stoffwechsels mit der Natur andererseits.
      Das
      war im Detail sicherlich auch ehrenhaft, im großen Wurf aber blieb
      es ein ziemlich widerwärtiges Herrschaftssystem. Kann man dem
      Kapitalverhältnis der bürgerlichen Gesellschaft bis zum Ende
      seiner
      Tage vorwerfen, dass es den Individuen nur eine formelle, nicht
      aber
      eine materielle Freiheit im Gehaltensein der Gattung erlaubt, mit
      zunehmender Spezialisierung und institutionalisierter
      Differenzierung
      vielleicht sogar zunehmend weniger erlaubt, so konstruiert es für
      die am Markt erfolgreich Unternehmenden und als Funktionseliten
      erfolgreich ihre Arbeitskraft Verkaufenden aber zumindest den
      Schein
      materieller Freiheit der eigenen Lebendigkeit und durch die
      dramatische Produktivkraftentfesselung für immer breitere
      Bevölkungsschichten zumindest den konsumtiven Lifestyle-Glauben
      eines freien Lebens. Dieser Schein von Freiheit dürfte die
      sozialpsychologische Basis für den Glauben an eine einfache
      Umsetzbarkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens abgeben. Würde
      es in relevanter Höhe eingeführt, würde die bürgerliche
      Gesellschaft einen kleinen Schritt über die formelle Freiheit
      hinaus
      tun. Und zwar weniger deshalb, weil niemand sich mehr als
      Individuum
      gesellschaftlich unnötig gewordene Existenzsorgen machen müsste,
      sondern vielmehr, weil die asketischen Individuen, die mit einem
      bedingungslosen Grundeinkommen auszukommen imstande sind, ein
      emanzipiertes Verhältnis zu den vom Kapital besessenen
      Produktivkapazitäten und den mit ihnen organisch verwachsenen
      Funktionseliten einnehmen würden und damit dem freien Tätigsein
      überhaupt erst zu einem nachbürgerlichen Begriff verhelfen
      könnten.
      Mit anderen Worten könnte das bedingungslose Grundeinkommen das
      Nadelöhr sein, durch das die formelle Freiheit der bürgerlichen
      Gesellschaft gezwungen werden muss, um der Menschheit eine
      materiell
      freie Lebendigkeit, einen Verein freier Menschen abzugewinnen.
      Dass
      Marx sich den Verein freier Menschen als nomadischen Lebensstil
      innerhalb der sesshaften Produktionsmittel ausmalt, halte ich für
      richtungsweisend: "Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden
      anfängt, hat jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der
      Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht heraus kann;
      er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder kritischer Kritiker und muß
      es
      bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will –
      während in der kommunistischen Gesellschaft, wo jeder nicht einen
      ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem
      beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine
      Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies,
      morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen,
      abends
      Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich
      gerade
      Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden."
      (MEW3, S. 33) Anders lässt sich ein Ende dessen, wofür Marx den
      denunziatorischen Begriff der Charaktermaske verwendet, kaum
      denken,
      ein Ende des Verwachsenseins der Individuen mit ihrer mehr oder
      weniger lebenslang ausgeführten spezifischen Funktion in der
      Wertverwertungsgesellschaft. Ehrlich gesagt ist mir kein Vorschlag
      einer Transformation der kapitalistischen in eine tendenziell
      kommunistische Geellschaft bekannt, der so friedlich und
      naturwüchsig
      funktionieren könnte wie die Einführung eines bedingungslosen
      Grundeinkommens. Ich weise darauf hin, dass diese Argumente fürs
      bedingungslose Grundeinkommen nicht neu sind, sondern mir im
      Wesentlichen bereits in diesem Text von Katja Kipping und Ronald
      Blaschke begegnet sind:
      <a
href="http://www.archiv-grundeinkommen.de/kipping/Und-es-geht-doch-um.pdf">http://www.archiv-grundeinkommen.de/kipping/Und-es-geht-doch-um.pdf</a>
      . Bemerkenswert wiederum finde ich, dass die Initiative um Götz
      Werner ohne jede Nähe zu Marx meines Erachtens am schönsten und
      prägnantesten für eine Befreiung lebendiger menschlicher Tätigkeit
      vom Joch der Verwertungslogik und des Eigentums an
      Produktionsmitteln
      plädiert.<br>
      <br>
      Irgendwie wundert's mich immer, dass es
      marxistische Strömungen gibt, die viel lieber ideelle Anarchisten
      auf ihren fiktiven Inseln der höheren theoretischen Wahrheit
      bleiben
      möchten als auch nur einmal zuzugeben, dass Marx und der gesamte
      Marxismus ein Produkt der bürgerlichen Gesellschaft ist, das die
      zivilisatorische Kraft dieser Vergesellschaftungsform neben
      anderen
      Phänomenen belegen kann. Die Matrix hat uns weit mehr als Neo,
      Morpheus und Trinity je ahnen werden. Dass die Antroposophen um
      Götz
      Werner und offenbar auch etliche Christengemeinschaften sich
      durchaus
      mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens anfreunden
      können,
      weil sich in ihren spezifischen Religionsinhalten die
      Vermitteltheit
      von Individuum und Gattung ohnehin deutlich spiegelt, wenn auch
      vielleicht spirituell überhöht, könnte man als marxistischer
      Gegner des bedingungslosen Grundeinkommens auch so deuten, dass es
      mal wieder ernsthaft Zeit für bestimmte Negation aktueller
      Religionstrends ist, weil die Geschichte ja selbst im Kapitalismus
      nicht stillsteht und Marx recht klar konstatierte: "die Kritik
      der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik" (MEW1, S. 378).
      Wenn selbst Antroposophen und Christen halbbewusst wittern, dass
      der
      Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen
      zum qualitativen Sprung anhebt und die Überproduktionskrisen
      zombieesk ihre Kinder fressen, dann dürfte das doch irgendetwas
      über
      den aktuellen Stand der historischen Selbstüberschreitungsaufgabe
      des Kapitalverhältnisses aussagen. Würde ich zumindest mutmaßen.<br>
      <br>
      Da mir aufgefallen ist, dass es
      Tendenzen innerhalb der Debatte ums bedingungslose Grundeinkommen
      gibt, historische Protagonisten der Idee des bedingungslosen
      Grundeinkommens auszugraben, und mir dabei der Name Mandel nicht
      aufgefallen ist, möchte ich nebenbei darauf hinweisen, dass mir
      irgendwann in den 90ern erstmals die Idee des bedingungslosen
      Grundeinkommens begegnete, nämlich in Schriften des Marxisten
      Ernest
      Mandel (vgl. <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Ernest_Mandel">http://de.wikipedia.org/wiki/Ernest_Mandel</a>
      ), die glaube ich aus den 70ern stammten, also aus der Periode des
      Wiedereintritts der westlichen Gesellschaften in eine
      Verwertungsphase mit Massenarbeitslosigkeit. Ich erinnere mich
      nicht
      mehr sehr detailliert, fand Mandel aber recht nett und klar zu
      lesen.
      Sein Kernargument für ein bedingungsloses Grundeinkommen dürfte
      die
      damit verbundene Stärkung der Verhandlungsposition der Ware
      Arbeitskraft/der Gewerkschaften gegenüber dem Kapital gewesen
      sein.<br>
      <br>
      Dass es innerhalb der Gewerkschaften
      Leute gibt, die der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens
      skeptisch gegenüberstehen, mag viele Gründe haben. Um sich eine
      allgemeinere Folie zu denken, wie man diesen absurd wirkenden
      Umstand
      erklären kann, scheint mir folgender Absatz von Karl Reitter
      richtungsweisend: "Als ein Faktor der Auflösung traditioneller
      sozialer Identitäten ist die technologische und organisatorische
      Umstrukturierung der Produktion, aber auch der Verwaltungs- und
      Forschungsinstitutionen, zu nennen. Idealtypisch läßt sich
      folgende
      Struktur feststellen: Das Zentrum des Betriebes besteht aus einer
      kleinen Gruppe fest angestellter Personen, entlohnt und
      beschäftigt
      nach geltenden kollektivvertraglichen Bedingungen. In
      konzentrischen
      Kreisen lagern sich um diesen Kern die Gruppe der Teil- und
      Leiharbeiter, diejenigen, die auf Basis von Werkverträgen arbeiten
      und schließlich die Gruppe der scheinbar Selbständigen, die
      zumeist
      auf Gedeih und Verderb auf die Aufträge ihres maskierten
      Arbeitgebers angewiesen sind. Dieses Muster findet sich quer durch
      alle gesellschaftlichen Bereiche, Produktionsstätten sind davon
      ebenso betroffen, wie Dienstleistungsbetriebe, Forschungs- und
      Verwaltungseinrichtungen und die Universitäten. Sie betrifft
      Bereiche mit hochqualifizierter Tätigkeit ebenso wie
      Reinigungsbetriebe, Frauen ebenso wie Männer. Dieses Zentrum –
      Peripheriemodell findet sich weiters nicht nur auf
      arbeitsrechtlichem
      Gebiet, es umfaßt die Organisation der Produktion selbst. Die
      Phase
      des Fordismus, mit gigantischen Produktionsstätten, tausenden
      Arbeitern, die täglich das selbe Fabrikstor durchschritten und zu
      den gleichen Bedingungen arbeiteten, gehört der Geschichte an. Der
      gigantischen Konzentration der Kapitale entspricht keineswegs die
      Konzentration der Produktion, im Gegenteil. Auslagerungen, kleine,
      flexible Einheiten sind das Gebot der gegenwärtigen Epoche. Die
      technologischen Erfindungen, das Anschwellen des sogenannten
      tertiären Sektors (Dienstleistungen, Verwaltung) zu Lasten der
      materiellen Produktion, haben sein übriges getan. Der ehrwürdige
      Beruf, die kontinuierliche Ausübung der Erwerbsarbeit, gestützt
      auf
      fachlich erworbenes Wissen und speziellen Fähigkeiten, verbunden
      mit
      einem gesellschaftlich klar umrissenen Habitus, wird vom Job
      abgelöst. Im Job Karriere zu machen erfordert vor allem formale
      Qualifikationen. Ungebrochene Mobilität, die Bereitschaft, sich
      ohne
      Widerspruch den Erfordernissen eines sich ständig wandelnden
      Arbeitsmarkt anzupassen, vorauseilenden Gehorsam und
      bedingungslose
      Identifikation mit gesellschaftlichen Werten und Normen." (vgl.
      <a
href="http://www.linke-buecher.de/arbeitslosigkeit/Warum-garantiertes-Grundeinkommen---von---mailbox.univie.ac.at-Karl.Reitter.htm">http://www.linke-buecher.de/arbeitslosigkeit/Warum-garantiertes-Grundeinkommen---von---mailbox.univie.ac.at-Karl.Reitter.htm</a>
      )<br>
      <br>
      Ich würde mutmaßen, dass sich ein
      größerer Teil der aktiven Leute in den Gewerkschaften eher dem
      Produktionszentrum zugehörig fühlt und am liebsten so tun würde,
      als gäbe es die ganzen Phänomene der prekarisierten Peripherie
      nicht. Wenigstens wohl sollte es sie im Angedenken an den
      Wirtschaftswunder-Korporatismus nicht geben und daher erscheint
      ein
      bedingungsloses Grundeinkommen als falscher Weg. Richtiger wäre
      demnach wohl, per Arbeitskampf die Peripherie wieder ins Zentrum
      zu
      ziehen und mit guter Wirtschaftspolitik für Vollbeschäftigung zu
      sorgen. Dann würde sich auch niemand mehr auf der faulen Haut
      ausruhen und jaja, wir schaffen das Bruttosozialprodukt.
      Vielleicht
      irre ich mich da ja auch, aber sozialpsychologisch finde ich es
      naheliegend, dass insbesondere Gewerkschaftsleute mit den aus
      meiner
      Elterngeneration überkommenen sogenannten Normalarbeitsbiographien
      sich nicht mit einem über das bedingungslose Grundeinkommen
      etablierten Recht auf Faulheit anfreunden können. Ich bin Jahrgang
      1977, in meiner Generation dürften solche sogenannten
      Normalarbeitsbiographien schon deutlich seltener geworden sein.
      Und
      ich kann nicht sehen, dass die Gewerkschaften diesem Trend seit
      mindestens der Wende 1989 irgendetwas Substantielles
      entgegenzusetzen
      fähig gewesen wären, eher wohl im Gegenteil. Versöhnlich gedacht,
      sollte man in Diskussionen mit solchen Menschen in den
      Gewerkschaften
      wohl auf dieser Erosion der alten Arbeitswelt herumreiten und
      immer
      wieder klarstellen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen eine
      derart mächtige Verbesserung der Verhandlungsposition der
      Gewerkschaften gegenüber den Unternehmen darstellen würde, dass es
      wie gesagt nicht sehr realistisch, aber darum um so wichtiger ist,
      dem Kapital dieses Zugeständnis abzuringen. Da ich mir eine breite
      Anhängerschaft für die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens
      wünsche, möchte ich unversöhnliche Betrachtungen in diesem
      Zusammenhang lieber nicht anstellen, obgleich sie sich mir mit
      Blick
      auf das Transformationspotential eines bedingungslosen
      Grundeinkommens in Bezug auf kapitalistische Charaktermasken bzw.
      verhärtete Identitäten aufdrängen. Also doch zumindest dieser
      Satz: Die Abweisung der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens
      in
      Gewerkschaftskreisen verteidigt besitzstandschauvinistisch das
      Privileg des gutsituierten Teils der arbeitenden Bevölkerung
      gegenüber dem prekarisierten und arbeitslosen Teil der
      Arbeitsbevölkerung, sich relativ stabil in den Produktionszentren
      der Wertverwerung angesiedelt zu haben, und denunziert darüber
      hinaus womöglich das mit einem bedingungslosen Grundeinkommen
      faktisch etablierte Recht auf Faulheit, während es sich mit dem
      faulen Luxuskonsum der oberen Zehntausend genauso arrangiert und
      abgefunden hat wie mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln.<br>
      <br>
      Nebenbei lässt sich in diesem
      Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass das
      Zentrum-Peripherie-Modell sehr deutlich macht, dass die in
      unterschiedliche Löhne, Arbeitsbedingungen und Risikoabsicherung
      diversifizierte Arbeiterklasse schillernd belegt, dass die
      Marxsche
      Wertsubstanz abstrakte Arbeit nicht nur quer zum
      Verwertungsregime,
      sondern wesentlich auch innerhalb des Verwertungsregimes ein
      Produkt
      höchst vielfältiger sozialer Auseinandersetzungsformen ist und
      daher unmöglich quantitativ bestimmbar.<br>
      <br>
      Während ich wohl wenig Zweifel daran
      gelassen habe, dass ich theoretische Wahrheit eher bei Marx und
      der
      alten Frankfurter Schule sehe als bei kapitalismusimmanenten
      Theorien, sind mir die Leute um Flassbeck oder etwa die
      Memorandum-Gruppe zumindest ein wenig sympathisch. Ich würde
      vermuten, dass das damit zu tun hat, dass ich einem
      kleinbürgerlichen
      Milieu entstamme, dessen subjektives Interesse eher in einer
      keynsianischen Binnenmarktsstärkung als in einem Verein freier
      Menschen oder dem vermeintlich objektiven Interesse des
      Proletariats
      liegt. Außerdem ist es freilich auch immer weit weniger psychisch
      belastend, sich mit aufs reiche Deutschland fixierten
      Zivilgesellschaftstheorien zu befassen, während sich mit Marx und
      der alten Frankfurter Schule ja so unangenehme internationale
      Phänomene wie Krieg, Hunger und Sklaverei systematisch nicht
      ausblenden lassen. Wenn ich das halbwegs richtig überblicke, finde
      ich die Binnemarktsstärkungs-Theorien vor allem deshalb daneben,
      weil sie sich im Wesentlichen nur über In- und Output sowie
      Verteilung den Kopf zerbrechen, weniger aber über die qualitativen
      Formen der Lebenszusammenhänge, in denen Produktion und Konsum
      stattfinden. Ich mag da ein wenig sensibel sein, insofern mir
      schon
      der weithin anerkannte Spruch, dass Lehrjahre keine Herrenjahre
      seien, einen großen Ringelreigen von Alltagsbarbareien vors innere
      Auge stellt. Ein Miteinander füreinander, das nicht auf
      wechselseitigem Verständnis, Einsicht in gesellschaftlich
      vermittelte Naturnotwendigkeiten und inhaltlicher Autorität
      beruht,
      sondern auf irgendwelchen weisungskoordinierenden Abhängigkeiten
      und
      einem ungleichen Zugriff auf gesellschaftliche Ressourcen, scheint
      mir ganz grundsätzlich eklig. Aber selbst wenn man gewillt ist, in
      der Debatte von der qualitativen Gestaltung der Lebenszeit der
      Gesellschaft zu abstrahieren und sich stattdessen nur auf
      volkswirtschaftliche Kreislaufvorstellungen reduziert, dürfte es
      gänzlich unmöglich sein, einen irgendwie kohärenten inneren
      Zusammenhang zwischen der Höhe eines heutigen Einkommens und der
      gesellschaftlichen Produktivität der diesem Einkommen zugrunde
      liegenden Tätigkeiten zu behaupten. Nur z. B.: Was soll an der
      Tätigkeit einer Steuerberaterin produktiver sein als an der
      Tätigkeit eines Straßenmusikers, was an der Tätigkeit eines
      Arbeisvermittlers produktiver als an der Tätigkeit eines
      Hausmanns,
      was an der Tätigkeit eines Rüstungsingenieurs produktiver als an
      der Tätigkeit einer Krankenschwester? Die Einkommensverteilung
      gaukelt heute immer bloß vor, dass es einen inneren Zusammenhang
      zwischen den Leistungen eines Individuums und der
      gesamtgesellschaftlichen Produktivität gibt, während dieser
      Zusammenhang in Wirklichkeit das Resultat höchst willkürlicher und
      komplexer historischer Prozesse ist. Deshalb können sich die
      Marxologen ja auch bis zum Ende aller Tage über die metaphysische
      Substanz des Werts bei Marx wundern: Abstrakte Arbeit,
      gesellschaftlich notwendige Durchschnittsarbeitszeit, was mag das
      bloß sein? Der Inbegriff eines historisch sedimentierten Fetischs
      halt, nicht mehr, nicht weniger. <br>
      <br>
      Zudem ist mir völlig unklar, wo bei
      den Kreislaufmodellen der Keynsianer eigentlich der gesamte
      aufgehäufte Reichtum in materieller Form, die Produktions- und
      langlebigen Konsumtionsmittel, also Marx' tote Arbeit überhaupt
      theoretische Beachtung findet.<br>
      <br>
      Argumentieren Flassbeck und Co.
      sinngemäß, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht nur das
      Lumpenproletariat zur Arbeitsvermeidung animieren würde, sondern
      auch die anscheinend bei der FDP abgeguckten Leistungsträger, und
      dass dies ein Problem für die Gesamtproduktivität der Gesellschaft
      wäre (vgl.
      <a
href="http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/11/09.mondeText1.artikel,a0014.idx,6">http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/11/09.mondeText1.artikel,a0014.idx,6</a>
      ), dann würde ich sie erstmal auffordern, einen schlüssigen Beleg
      für die These zu erbringen, dass es tatsächlich einen inneren
      Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe und individueller
      Produktivität
      gibt. Sofern sich denn überhaupt ein schlüssiger Begriff von
      individueller Produktivität konstruieren lässt. Ein solcher Beleg
      ist meiner Einschätzung nach systematisch nicht zu erbringen.
      Zudem
      stehen Teile der Argumentationen für ein bedingungsloses
      Grundeinkommen ja nicht ganz willkürlich auf dem Standpunkt, dass
      die Automatisierungstendenzen in Produktion und Verwaltung zu
      einer
      gesamtgesellschaftlichen Verschiebung des Begriffs der
      Produktivität
      führen, der sich mit klassisch fordistischen Vorstellungen
      überhaupt
      nicht mehr deckt. Dienstleistungsgesellschaften verschieben die
      Wertbestimmtheit der Arbeit dem reinen Volumen nach notwendig
      deutlich von einer stofflichen Warenbindung fort und hin zu einer
      entstofflichten Form sozialer und kultureller Beziehungsmuster und
      ideell-symbolischer Güter. Ansonsten finde ich die Beiträge von
      Harald Schauff (vgl. <a
        href="http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18773">http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18773</a>
      ) und Ronald Blaschke (vgl.
      <a
href="https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2012/11/rb-hw_rezension-irrweg-grundeinkommen_121114.pdf">https://www.grundeinkommen.de/content/uploads/2012/11/rb-hw_rezension-irrweg-grundeinkommen_121114.pdf</a>
      ) ziemlich prägnante Kritiken an diesem keynsianisch orientierten
      Angriff gegen die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens und
      möchte nur auf ein kleines Detailargument hinweisen, das sich in
      dem
      Zusammenhang noch anbringen ließe: Die Aufblähung des Volumens an
      Konsumentenkrediten und die Zunahme von Privatinsolvenzen dürfte
      zwar angesichts des Umverteilungsvolumens eines bedingungslosen
      Grundeinkommens in relevanter Höhe kaum der Rede wert sein, stellt
      aber zumindest ein Detailbeleg dafür dar, dass die Inflationsangst
      von Flassbeck und Co. so begründet kaum sein kann.<br>
      <br>
      Zudem lässt sich bei den Keynsianern
      ja immer die Frage aufwerfen, wer denn eigentlich die soziale
      Basis
      für die Umsetzung ihrer Pläne sein soll. Rot-Grün, die vor gar
      nicht langer Zeit Oscar Laffontaine dissten und Hartz4 einführten?
      Da es seit Wende und Wiedervereinigung meines Wissens in der EU
      nirgends ernsthafte sozialpolitische Fortschritte, sondern nur
      Rückschritte gegeben hat, betreibt die Keynsianer-Fraktion nicht
      weniger Wunschdenken als die Anhängerschaft der Idee eines
      bedingungslosen Grundeinkommens. Letzteres könnte immerhin die
      Wahlbeteiligung der Unterschichten wieder in die Höhe treiben und
      so
      etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner für alle sein, die das
      starke Gefühl haben, dass es so ja nun wirklich nicht mehr weiter
      gehen kann.<br>
      <br>
      Angesichts der internationalen
      Spannungen im Zuge einer kriselnden Wertverwertung fände ich es
      übrigens nicht falsch, für die Idee eines bedingungslosen
      Grundeinkommens Rosa Luxemburgs "Sozialismus oder Barbarei"
      als Slogan zu annektieren: "bedingungsloses Grundeinkommen oder
      Barbarei". Denn mindestens aus keynsianischer Perspektive müsste
      völlig klar sein, dass die Einführung eines bedingungslosen
      Grundeinkommens insofern ein Jungbrunnen fürs Kapital darstellt,
      als
      es immense zusätzliche konsumtive Anreizimpulse für die
      Produktionssphären setzt. Durch internationale Konflikte die
      Abschöpfung ausländischen Mehrwerts zu organisieren und/oder
      Überproduktionskapazitäten zu zerstören, könnte dann fürs
      Kapital weniger attraktiv bzw. notwendig erscheinen. <br>
      <br>
      Ansonsten möchte ich zumindest auch
      positiv zu Flassbeck und Co. vermerken, dass mir noch nirgends
      sonst
      der sich aufdrängende Gedanke so klar formuliert begegnet ist,
      dass
      der sogenannte Neoliberalismus in seiner Konsequenz die
      Restauration
      bis zum Rückfall ins Feudalsystem betreibt: "Gehören
      zunehmende Ungleichheit und Verarmung der unteren
      Einkommensschichten
      auf Dauer und unter den Bedingungen der Globalisierung
      unvermeidlich
      zum Marktmechanismus dazu? Wenn ja - davon sind die Neoliberalen
      überzeugt -, muss die Frage gestellt und beantwortet werden, ob
      die
      Marktwirtschaft heute und vor allem in Zukunft noch mit einer
      demokratischen Gesellschaftsordnung in Einklang zu bringen ist.
      Denn
      wenn die Reparaturversuche der sozialen Schäden, die die
      Marktwirtschaft dann offenbar systematisch anrichtet, mittels der
      Sekundärverteilungsmöglichkeiten des Staates das System
      Marktwirtschaft selbst wiederum schädigen oder zumindest
      beeinträchtigen, scheinen sich die Anforderungen des
      Wirtschaftssystems und die des politischen Systems logisch zu
      widersprechen. <br>
      Dann aber wäre der Kampf gegen Armut
      und gesellschaftliche Spaltung innerhalb eines
      marktwirtschaftlichen
      Systems letzten Endes zum Scheitern verurteilt. Aufrichtiger wäre
      dann schon die Suche nach einem anderen politischen System, in dem
      sich ökonomische Ungleichheit und politische Teilhabe entsprechen
      (etwa in einem Ständestaat mit Klassenwahlrecht)." (vgl.
      <a
href="http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/11/09.mondeText1.artikel,a0014.idx,6">http://www.monde-diplomatique.de/pm/2012/11/09.mondeText1.artikel,a0014.idx,6</a>
      ) New Model Army freilich sangen bereits 1990 und damit lange vor
      dem
      Höhepunkt der "Standort Deutschland"-Debatte: "<font size="3">The
        council tries to bribe the rich just to stay in town". </font>
      <br>
      <br>
      <br>
      Ich kann zwar nicht behaupten, dass er
      sich ernsthaft auf irgendwelche Erfahrungstatsachen stützen
      könnte,
      aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass der Hegelsche Weltgeist
      in
      den nächsten Jahrzehnten einen politischen Fortschritt der
      Menschheit wenn überhaupt, dann wohl eher von Asien, wesentlich
      wohl
      China und Indien her organisieren wird. Verzichtet der Weltgeist
      auf
      ein grundlegendes Neumischen der Karten durch drastische
      Klimakatastrophe und im Zuge der Verwertungskrisen sich
      aufdrängende
      gesellschaftliche Katastrophen à la world war 3, dann findet er im
      Anschluss an die Phase der nachholenden Industrialisierung in
      Asien
      vielleicht mal Muße, die bürgerliche Egalität in eine materielle
      umzuformen. Vielleicht sehe ich das zu optimistisch, aber wenn
      Asien
      erstmal ökonomisches und militärisches Zentrum des Globus geworden
      ist, könnte aus Maos Wühlmausarbeit und der Liebe zur Oppulenz im
      Hinduismus heraus ja ein asiatischer Exportimperialismus den
      Europäern und vielleicht sogar den Amis ein bedingungsloses
      Grundeinkommen nach dem Muster aufzwingen, das im Dilthey-Modell
      skizziert wird. Und Afrika hoffentlich einfach schenken. Während
      ich
      für Deutschland und damit wohl leider auch Europa eher befürchte,
      dass es sich für absehbare Zeit aus einem manifest-vorbewussten
      Glauben der Mehrheit an eine Wahrheit der guseisernen "Arbeit
      macht frei"-KZ-Sprüche der Nazis heraus verbietet, der Liebe
      zur freien Tätigkeit von Antroposophen und Marxschen Frühschriften
      und dem Recht auf Faulheit der Spaßgesellschaftsfraktionen durch
      ein
      bedingungsloses Grundeinkommen auch nur den Hauch einer Chance
      einzuräumen. Aber selbst wenn dem so sein sollte, wer will so
      lange
      bloß warten und hoffen?<br>
      <br>
      <br>
      5. Ein paar Bemerkungen zur
      Schizophrenie des Schwarzmarkt-Begriffs aus Sicht des
      bedingungslosen
      Grundeinkommens<br>
      <br>
      Der kritische Beitrag von
      Antje Schrupp (vgl. <a
        href="http://antjeschrupp.com/2013/06/29/7244/">http://antjeschrupp.com/2013/06/29/7244/</a>
      ) zu einem anderen Artikel der Mitautorin des eben erwähnten
      Angriffs auf die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens von
      Flassbeck und Co., Friederike Spiecker, der ziemlich ähnlich
      gestrickt ist wie der Artikel in Le Monde (vgl.
      <a
href="http://www.flassbeck-economics.de/grundeinkommen-falsches-mittel-aufgrund-falscher-analyse/">http://www.flassbeck-economics.de/grundeinkommen-falsches-mittel-aufgrund-falscher-analyse/</a>
      ), hat mich dazu animiert, mal ein wenig über den
      Schwarzmarktbegriff zu meditieren. Ist für Dialektiker abstrakt ja
      immer klar, dass sich jeder beliebige Gegenstand als schizophren
      erweist, wenn er nur genau genug angeschaut wird, so ist es doch
      immer wieder überraschend, was sich konkret an den jeweiligen
      Gegenständen ergeben kann. Schwarzmärkte sind aus der Perspektive
      der Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens einerseits
      aus
      Gerechtigkeitsüberlegungen heraus wenig wünschenswert,
      andererseits
      potentiell ein Riesenproblem, da sie sich dem Kapital neben
      Landesflucht geradezu als Antwort auf eine wie auch immer
      gestaltete
      Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in relevanter
      Höhe
      aufdrängen könnten. Dem dürfte zwar der hohe Grad an
      Systemintegration der meisten Wertkreisläufe entgegen stehen, aber
      ich würde dieses Problem dennoch nicht unterschätzen.<br>
      <br>
      Am Rande möchte ich in dem
      Zusammenhang erwähnen, dass schon heute bspw. die Illegalität von
      vielen Rauschsubstanzen nicht nur wegen der damit einhergehenden
      unnötigen Verelendung von Konsumenten ein Skandal ist, sondern
      auch
      wegen der in dieser illegalisierten ökonomischen Sphäre
      vorfindlichen Arbeitsbedingungen und wegen der immensen
      Steuerhinterziehung dieser wegen der Illegalität freilich gar
      nicht
      erst besteuerten Märkte. <br>
      <br>
      Antje Schrupp legt implizit wohl das
      von Roswitha Scholz in die marxistische Debatte eingeführte
      Wertabspaltungstheorem (vgl.
      <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Roswitha_Scholz">http://de.wikipedia.org/wiki/Roswitha_Scholz</a>
      ) zugrunde, das ich inhaltlich richtig finde. Der gender pay gap
      ist
      dafür ja nur ein soziologisch-empirischer Ausdruck. Ich würde
      sagen, dass die Wertabspaltung ein Teilaspekt von dem ist, was es
      unmöglich macht, Marx' Begriff der Wertsubstanz, also die
      abstrakte
      Arbeit, in irgendeiner Weise sinnvoll quantitativ zu bestimmen.
      Grundlegend fasst die abstrakte Arbeit das Ergebnis aller
      möglichen
      sozialen Auseinandersetzungsformen in Geschichte und Gegenwart in
      einer Kategorie zusammen und wäre daher nur aus einer göttlichen
      Perspektive konkret bestimmbar. Alle Wertkategorien sind halt
      geschichtlich-gesellschaftlicher Natur, so sehr ihr Verwachsensein
      mit Dingen und ihr höchst abstrakter Bezug auf Lebenszeit auch
      darüber hinwegtäuschen mag. <br>
      <br>
      Interessant in Bezug auf den Begriff
      des Schwarzmarkts ist das Wertabspaltungstheorem, weil es den
      Blick
      auf alle nicht-monetären Tätigkeitsformen weitet. Antje Schrupp
      kann sich zwar angesichts der monetären Missachtung von
      kulturgeschichtlich weiblich konnotierten Tätigkeiten, also
      angesichts von gender pay gap und dem Aufladen von Tätigkeiten zur
      Reproduktion der Ware Arbeitskraft auf vornehmlich weibliche
      Schultern, darüber belustigt zeigen: "Haha. Hausfrauen als
      passionierte Steuerhinterzieherinnen, das finde ich geradezu mal
      lustig." (<a href="http://antjeschrupp.com/2013/06/29/7244/">http://antjeschrupp.com/2013/06/29/7244/</a>
      ) Und Friederike Spiecker ist so sehr in ihrem
      arbeitsfetischistischen Wahn drin, Inflationsgespenster aus der
      möglichen Arbeitszeitreduzierung von imaginierten Leistungsträgern
      abzuleiten, dass sie gegenüber der Wertverwertungsarbeit nur zwei
      alternative Tätigkeitsformen sieht, die beide mehr oder weniger
      auf
      Eigenbrödlerei hinauslaufen: "Wieviel Steuern sollte der Staat
      z.B. für das Bild eines Malers kassieren, das der an
      irgendjemanden
      verschenkt oder bei sich zu Hause ausstellt? Solange das Bild
      keinen
      Käufer findet, kann der Staat darauf bzw. auf die Arbeit des
      Malers
      keine Steuern erheben. Das gilt natürlich auch für alle Arbeiten,
      die jemand für sich selbst erledigt, die sozusagen weg von der
      Arbeitsteilung und hin in Richtung Autarkie gehen. Lasse ich meine
      Wohnung putzen und bezahle dafür, kann der Staat diese Aktivität
      besteuern. Mache ich selbst sauber, kann der Staat meine Arbeit
      nicht
      besteuern." (vgl.
      <a
href="http://www.flassbeck-economics.de/grundeinkommen-falsches-mittel-aufgrund-falscher-analyse/">http://www.flassbeck-economics.de/grundeinkommen-falsches-mittel-aufgrund-falscher-analyse/</a>
      ) <br>
      <br>
      Es gibt aber neben privatistischer
      Tätigkeit für sich selbst oder für Freunde und Bekannte eine
      dritte Alternative, die für die Gruppe um Flassbeck viel
      erschütternder sein müsste und den eigentlich emanzipatorischen
      Gehalt des bedingungslosen Grundeinkommens verdeutlich:
      nicht-gewinnorientierte, nicht-monetär vermittelte Kooperativen
      mit
      ausreichendem Zugriff auf Produktionsmittel. Ich hatte das oben im
      Zusammenhang mit meinem Rettungsversuch des reinen
      Konsumbesteuerungsmodells angedacht: gemeinnützige Vereine könnten
      auf der Basis eines bedingungslosen Grundeinkommens eventuell
      durchaus konkurrenzfähig gegenüber gewinnorientierten
      Unternehmungen werden. Das würde ich sogar geradezu als
      Notwendigkeit empfinden, weil ansonsten das bedingungslose
      Grundeinkommen doch nur Armutsbekämpfung, Recht auf Faulheit und
      Hilfe im Klassenkampf für die unterliegende Klasse wäre, nicht
      aber
      Transzendierung der Klassengesellschaft. Auch dazu ließe sich
      "immerhin" sagen, aber das Herz will, was das Herz will,
      und das ist nun einmal unter anderem der Verein freier Menschen. <br>
      <br>
      Es
      gibt freilich auch heute nicht-gewinnorientierte, nicht-monetär
      vermittelte Kooperativen, etwa die Open-Source-Bewegung oder
      bestimmte Aspekte von Religionsgemeinschaften, Wohlfahrtsverbänden
      und vieles mehr. Aber auf der Basis eines bedingungslosen
      Grundeinkommens wäre hoffentlich eine drastische Ausweitung
      solcher
      Kooperativen zu beobachten. Um's mal plastisch auszupinseln: Was
      würde die deutsche Autolobby dazu sagen, wenn ein paar reiche
      Ökofreaks mit der Hilfe vieler ehrenamtlich Aktiver ein
      flächendeckendes Car-Sharing-Modell mit Elektroautos in der
      gesamten
      EU zum Nulltarif oder niedrigem Vereinsmitgliedsbeitrag als
      gemeinnützigen Verein aufziehen würden? Wettbewerbsverzerrung?
      Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und Schwarzmarkt á la
      Friederike
      Spiecker im großen Stil? Um's ein bisschen allgemeiner zu sagen:
      Sollte Adorno Recht haben und "die Menschen sind immer
      noch besser als ihre Kultur" (Adorno, Minima Moralia, GS4, S.
      51), dann würde sich auf der
      Grundlage eines bedingungslosen Grundeinkommens die Möglichkeit
      ergeben, dass alle als unethisch empfundenen Aktivitäten von
      gewinnorientierten Unternehmen relativ flott durch als zumindest
      weniger unethisch empfundene Aktivitäten auf gemeinnütziger Basis
      ersetzt werden würden. Alle als unethisch empfundene Aktivitäten
      von gewinnorientierten Unternehmen? Ja, was bliebe denn da noch
      vom
      Kapitalismus?<br>
      <br>
      Als jemand, der eine solche Entwicklung
      begrüßen würde, könnte man freilich sagen: Fein. Hoffen wir
      einfach mal, dass das in vernünftigen Bahnen geschieht, die
      Gemeinnützigkeit nicht bloß gefaked wird, sich das bedingungslose
      Grundeinkommen sukzessive durch eine andere Form der Ökonomie
      ohnehin erübrigt und mit der Wertverwertung alsbald Schluss ist. <br>
      <br>
      Aber
      zumindest könnte man dann als Verfechter eines bedingungslosen
      Grundeinkommens auch zugestehen, dass die Argumente von Flassbeck
      und
      Co. gar nicht so sehr an den Haaren herbeigezogen sind: Eine
      Wohlfahrtsökonomie, die der monetär vermittelten Wertverwertung
      das
      Wasser abgraben würde, würde auch die Steuermasse und damit die
      Basis des bedingungslosen Grundeinkommens erodieren lassen. Ich
      würde
      einfach mal hoffnungsfroh davon ausgehen, dass die
      Gesamtgesellschaft
      vernünftig genug wäre, den sukzessiven Einbruch beim
      bedingungslosen Grundeinkommen durch nicht-monetär vermittelte
      gemeinnützige Tätigkeiten auszugleichen. Es wäre aber immerhin
      auch denkbar, dass die bei gemeinnützigen Tätigkeiten fehlende
      gesamtgesellschaftliche Regulation über Marktmechanismen zu großen
      Diskrepanzen führen könnte, zu großer Wohlfahrt hier und Mangel am
      Nötigsten dort. Zumindest im Hinterkopf sollte diese Möglichkeit
      bleiben. Vielleicht kann ja mal jemand eine App namens
      "Planwirtschaft 2.0 " basteln, die den Bedarf der
      Gesellschaft am Nötigsten im Blick behält ...<br>
      <br>
      <br>
      <br>
      By the way: Falls jemand eine Idee hat,
      wie ein Magister-Philosoph das täglich Brot für sich, seine Frau
      und unsere beiden Katzen während des Wartens auf die Einführung
      eines bedingungslosen Grundeinkommens erwirtschaften könnte,
      vielleicht z. B. mit polit-theoretischer Arbeit, dann wäre ich für
      einen Hinweis wirklich dankbar. Erwerbslosigkeit rockt nicht im
      Ernst. Könnte ja sein. Ansonsten hilft vielleicht
      Hartz4-Regime-Drangsalierten das Konzept des
      Initiativbewerbungs-Spammens, das ich hiermit mal versuche. Als
      ich
      letzten Oktober erstmals den ALG2-Status ergatterte, hat mir meine
      Arbeitsvermittlerin per Eingliederungsvereinbarung 8
      Bewerbungsinitiativen pro Monat aufgedrückt. Trotz relativ
      engagierter Sichtung der Stellenmärkte komme ich nicht einmal auf
      die Hälfte der Vorgabe, und das auch nur, weil ich diverse
      Bewerbungen verschickte, die so ernst nicht gemeint waren. In
      dieser
      Form eine Initiativbewerbung an eine Mailingliste von x Personen
      zu
      verschicken, dürfte Planübererfüllung bedeuten. Falls mir jemand
      sagen kann, wie groß x ist, könnte ich kommende Woche während
      meines nächsten Gesprächs mit einem neuen Arbeitsvermittler
      vielleicht sogar argumentieren, dass mein Soll nach der Formel (x
      +
      43 abgeschickte Bewerbungen - 10 Monate * 8 Bewerbungen) / 8
      Bewerbungen für entsprechend viele künftige Monate eigentlich
      erfüllt ist. Vermutlich weiß kaum jemand so viel über die
      Absurditäten von Hartz4 wie die Leute, die in der Arbeitsagentur
      arbeiten. Ihnen zu spiegeln, dass auch ALG2-Empfänger diese
      Absurditäten zumindest ein Stück weit klar haben, kann aber wohl
      dennoch kaum schaden. Fast unnötig zu erwähnen, dass ich in den 18
      Monaten seit der Kündigung meines letzten Jobs und des damit
      verbundenen Erstkontakts zur Arbeitsagentur keinen einzigen
      Vermittlungsvorschlag von irgendeinem Arbeits"vermittler"
      erhalten habe. <br>
      <br>
      <br>
      Mit lieben Grüßen aus Bremen,<br>
      <br>
      Bert Grashoff<br>
      <br>
      <br>
      <br>
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